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Kurt Masur

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Kurt Masur am Pult der Dresdner Philharmonie, Dezember 2012

Kurt Masur (* 18. Juli 1927 in Brieg, Niederschlesien; † 19. Dezember 2015 in Greenwich, Connecticut[1]) war ein deutscher Dirigent. Neben seinem musikalischen Wirken war er auch für sein politisches Engagement insbesondere während der Friedlichen Revolution in Leipzig bekannt.

Leben

Kurt Masur mit seiner Frau Tomoko Masur, Sohn Ken-David und Tochter Carolin, 1981

Kurt Masur war der Sohn eines Elektroingenieurs, der ein Elektrofachgeschäft betrieb. Kurt Masur absolvierte eine Ausbildung zum Elektriker; zeitweise arbeitete er in der Firma seines Vaters. Er sagte von sich selbst, er habe viel Freude an praktischer Arbeit.[2]

Der Klavierunterricht seiner älteren Schwester weckte bei ihm das Interesse am Klavierspiel. Mit 10 Jahren bekam er Klavierunterricht von der zweiten Organistin der Brieger Kirche, und er begann Orgel zu spielen. Ab 1942 war er zwei Jahre Schüler an der Landesmusikschule Breslau in den Fächern Klavier und Violoncello. Mit 16 Jahren bekam er die ärztliche Diagnose, dass der kleine Finger seiner rechten Hand nicht mehr streckbar sei, was eine Karriere als Pianist ausschloss. So reifte der Entschluss, stattdessen zu dirigieren.

1944/45 wurde er zum Kriegsdienst bei den Fallschirmjägern eingezogen. Nach seiner Rückkehr studierte er von 1946 bis 1948 an der Leipziger Mendelssohn-Akademie Klavier bei Sigfrid Grundeis, Fritz Weitzmann und Franz Langer, Komposition und Orchesterleitung bei Heinz Bongartz und Kurt Soldan, brach das Studium jedoch ab. Später bezeichnete er sich deswegen als „Amateur“.[3]

Masur war bis 1966 mit seiner ersten Ehefrau Brigitte Stütze verheiratet; sie haben zusammen drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter. 1971 heiratete er die Mutter der gemeinsamen Tochter Carolin,[4] die Tänzerin Irmgard Elsa Kaul (* 1938). Sie starb 1972 bei einem von Masur verursachten Autounfall, der noch zwei weitere Todesopfer forderte. Zu einer Anklage kam es nicht.[5] In dritter Ehe war er seit 1975 mit der japanischen Sopranistin Tomoko Sakurai verheiratet.[6] Aus dieser Ehe stammt der Sohn Ken-David (* 1977), der Dirigent ist.[7] Insgesamt hat Masur fünf Kinder.

Am 10. Oktober 2012 wurde öffentlich bekannt gemacht, dass Kurt Masur bereits seit einigen Jahren an der Parkinson-Krankheit litt.[8]

Nach mehreren Stürzen (April 2012[9] und Februar 2013[10]) trat Masur nur noch selten auf; zuletzt dirigierte er im Rollstuhl sitzend.[11][12] Am 19. Dezember 2015 ist Kurt Masur im US-amerikanischen Greenwich (Connecticut) verstorben.[13]

Wirken

Kurt Masur prägte als Gewandhauskapellmeister fast dreißig Jahre das Leipziger Musikleben. Nach seinem Studium war er von 1948 bis 1951 Solorepetitor und Kapellmeister am Landestheater Halle an der Saale. Nach der Tätigkeit als Erster Kapellmeister an den Städtischen Bühnen Erfurt (1951–1953) und den Städtischen Theatern Leipzig (1953–1955) wurde er 1955 Dirigent der Dresdner Philharmonie. Von 1958 bis 1960 war er Musikalischer Oberleiter am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und von 1960 bis 1964 an der Komischen Oper Berlin. Er gastierte 1964 bis 1967 in verschiedenen europäischen Ländern und in Brasilien; von 1967 bis 1972 leitete er die Dresdner Philharmoniker als Chefdirigent.

Von 1970 bis 1997 war Masur Gewandhauskapellmeister in Leipzig; er gab mit dem Gewandhausorchester über 900 Tournee-Konzerte. In dieser Funktion setzte er den Neubau des neuen (dritten) Gewandhauses für das Orchester durch (Eröffnung 1981), das seit der Zerstörung im Krieg 1943 ohne eigene Spielstätte war. Von 1991 bis 2002 wirkte er zudem als Chefdirigent des New York Philharmonic Orchestra. Von 2000 bis 2007 war er Musikdirektor des London Philharmonic Orchestra. Von 2002 bis 2008 oblag ihm auch die musikalische Leitung des Orchestre National de France in Paris. Seit 1997 war Kurt Masur Ehrendirigent des Gewandhausorchesters. Zudem war er seit 1992 Ehrengastdirigent beim Israel Philharmonic Orchestra.[14]

Am 9. Oktober 1989, dem Tag der Leipziger Montagsdemonstrationen, gehörte Masur zu den sechs prominenten Leipzigern (neben den Sekretären der SED-Bezirksleitung Kurt Meyer, Jochen Pommert und Roland Wötzel, dem Kabarettisten Bernd-Lutz Lange und dem Theologen und Stasi-Mitarbeiter Peter Zimmermann), die den Aufruf Keine Gewalt! verfassten. Dieser Aufruf wurde während der Demonstration mehrfach über die Lautsprecher des Leipziger Stadtfunks verbreitet und trug maßgeblich zu deren friedlichen Ablauf bei. Am 27. Dezember 1989 wurde Masur erster Ehrenbürger der Stadt Leipzig nach dem Fall der Mauer. 2014 erhielt Masur für sein Engagement bei der Friedlichen Revolution die Goldene Henne in der Kategorie „Politik“.[15]

1991 wurde unter Masurs Vorsitz die Internationale Mendelssohn-Stiftung e. V. für den Erhalt und die Wiederherstellung des Leipziger Mendelssohn-Hauses gegründet, in der er sich bis zuletzt engagierte. 2007 wurde ihm der Internationale Mendelssohn-Preis zu Leipzig verliehen, und er war Präsident der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung.

Schon früh wurden Masur Ehrungen zuteil: Die DDR zeichnete ihn mit dem Leipziger Kunstpreis und dem Nationalpreis aus. Im Jahr 1975 wurde er zum Professor an der Leipziger Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ ernannt. Im Jahr 1984 wurde ihm der Ehrendoktorgrad der Universität Leipzig verliehen. Am 26. Januar 1990 gehörte Masur zu den Gründern der Kulturstiftung Leipzig und wurde zu deren erstem Präsidenten (bis 1995) gewählt. 1994 wurde er Vorstandsmitglied der Deutschen Nationalstiftung. Masur war Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und der Akademie der Künste Berlin.

Datei:Portrait-Büste von Kurt Masur.jpg
Portrait-Büste von Kurt Masur

Diskografie

Gesamtwerk, Überblick

Masurs Arbeit umfasste ein reiches Repertoire[16][17]; zu seinen bekanntesten Aufnahmen zählen die Werke von Bruckner, Dvořák, Liszt, Mendelssohn, Prokofjew und Tschaikowski und die neun Sinfonien von Beethoven. Letztere spielte er mit dem Gewandhausorchester mehrfach ein. Von Masur gibt es zudem Aufnahmen von Bach, Brahms, Britten, Bruch, Cerha, Debussy, Mahler, Schostakowitsch, Schubert, Schumann und Sibelius; aber auch von Gershwin, dessen Werke er 1975 auf Schallplatte veröffentlichte.

Zusammen mit Annerose Schmidt spielte er sämtliche Klavierkonzerte von Mozart ein; gemeinsam mit Emil Gilels und dem Staatlichen Sinfonieorchesters der UdSSR die Klavierkonzerte Beethovens. Sowohl mit Yehudi Menuhin als auch mit Anne-Sophie Mutter nahm er das Violinkonzert von Brahms auf und begleitete Mutter auch bei Werken von Beethoven und Mendelssohn. Masur konzertierte ebenso mit Cyprien Katsaris, Hélène Grimaud und Helen Huang.

Mussorgskis Bilder einer Ausstellung nahm er mehrfach in der weniger bekannten Orchestrierung von Sergei Gortschakow auf.

Unter der Leitung von Masur wurden auch die Opern Fidelio (Beethoven), Ariadne auf Naxos (Strauss) und Genoveva von Robert Schumann aufgezeichnet. Für den Deutschen Fernsehfunk wurde Walter Felsensteins Inszenierung von Giuseppe Verdis Othello aufgezeichnet, bei der Masur die musikalische Leitung innehatte.

Die zahlreichen Einspielungen Masurs wurden hauptsächlich von Eterna und Philips (Aufnahmen mit dem Gewandhausorchester), aber auch von Teldec (Aufnahmen mit dem Gewandhausorchester und mit den New Yorker Philharmonikern) veröffentlicht; die meisten der Aufnahmen sind auf CD erhältlich. Aufnahmen mit dem Orchestre National de France erschienen bei Naïve Records.

Ausgewählte Aufnahmen

Auszeichnungen

Literatur

  • Johannes Forner: Kurt Masur – Zeiten und Klänge. Biografie. Propyläen, Berlin / München 2002, ISBN 3-549-07153-1.
  • Dieter Härtwig: Masur, Kurt. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Band 16, Bärenreiter, Kassel 1976, S. 49716 f.
  • Dieter Härtwig: Kurt Masur (= Für Sie porträtiert). Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1976, OCLC 2817813.
  • Dieter Härtwig: Kurt Masur. In: Dietrich Brennecke, Hannelore Gerlach, Mathias Hansen (Hrsg.): Musiker in unserer Zeit. Mitglieder der Sektion Musik der Akademie der Künste der DDR. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1979, S. 231 ff.
  • Christiane Niklew: Masur, Kurt. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 2.
  • Ulla Schäfer (Hrsg.): „Mut und Zuversicht gegeben …“ Briefe an Kurt Masur, 9. Oktober 1989 bis 18. März 1990. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin 1990, ISBN 3-550-07412-3.
  • Jonathan L. Yaeger: The Leipzig Gewandhaus Orchestra in East Germany, 1970-1990, Bloomington, IN 2013, OCLC 892728780 (Dissertation Indiana University Bloomington 2013, 339 Seiten, (englisch)).
  • Karl Zumpe (Hrsg.): Kurt Masur. Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin 1990, ISBN 3-550-06590-6.

Weblinks

 Commons: Kurt Masur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Margalit Fox: Kurt Masur Dies at 88; Conductor Transformed New York Philharmonic in: The New York Times, 19. Dezember 2015 (englisch)
  2. Arte-Interview mit Kurt Masur vom 8. Oktober 2004
  3. Rezension zu Kurt Masur. Zeiten und Klänge. auf amazon.de
  4. Wie schwer ist es, die Tochter von Masur zu sein? B.Z., 31. August 2005
  5. "Eine feste Burg" von Andreas Günther
  6. Jan Brachmann: Ich bin radikaler geworden. In: Berliner Zeitung, 11. Oktober 2003; Interview mit Kurt Masur
  7. Homepage
  8. Dirigent Kurt Masur an Parkinson erkrankt. In: Die Welt
  9. Dirigent Masur bei Konzert gestürzt - welt.de
  10. Kurt Masur hat sich die Hüfte gebrochen - welt.de
  11. tagesspiegel.de 19. Juni 2014: Kurt Masur leitet Mendelssohn-Abend in Berlin - Glaube, Liebe, Harmonie
  12. welt.de: Es gibt für mich nur eins: Weitermachen
  13. Dirigenten-Legende Kurt Masur ist tot. In: Welt Online, 19. Dezember 2015. 
  14. Dirigent Kurt Masur. Biographie. arte.tv vom 24. September 2004
  15. Goldene Henne 2014 Kategorie Politik: Kurt Masur
  16. Johannes Forner: Kurt Masur – Zeiten und Klänge. Biografie. Propyläen, Berlin / München 2002, S. 375-385.
  17. Discography auf kurtmasur.com
  18. www.wroclaw.pl Zasłużeni dla Wrocławia (polnisch)
  19. Der Rabbi und der Dirigent. Kurt Masur erhält die Leo-Baeck-Medaille. In: Jüdische Allgemeine, 22. Juli 2010; abgerufen am 19. September 2010
  20. Kurt Masur wird mit dem ECHO Klassik 2010 für sein Lebenswerk geehrt. In: Neue Musikzeitung, 1. Oktober 2010, abgerufen am 22. November 2011
  21. Saarbrücker Zeitung, 17. Dezember 2010, S. B4
  22. Kurt Masur erhält Kulturpreis der Freimaurer. In: Stern, 30.März 2012; abgerufen am 5. April 2012
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