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Kopftuchstreit

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Der Kopftuchstreit bezieht sich auf die Frage, ob das Tragen einer Kopfbedeckung (vor allem eines Schleiers oder Kopftuches) als Symbol einer bestimmten Auslegung des Islams in bestimmten Bereichen der Öffentlichkeit, insbesondere im öffentlichen Dienst und in seinen Ausbildungseinrichtungen, rechtlich gestattet ist oder untersagt werden soll.

Hintergrund

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Die Artikel Schleier#Islam, Kopftuch#Islam, Hidschāb, Kopftuchstreit#Hintergrund und Verschleierung in Saudi-Arabien überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen. Bitte entferne diesen Baustein erst nach vollständiger Abarbeitung der Redundanz. Zulu55 (Diskussion) Unwissen 09:40, 18. Aug. 2015 (CEST)

Ein Gebot für die muslimische Frau, ihren Kopf zu bedecken, leiten viele Muslime aus dem Koran (Sure 24, Vers 31 sowie Sure 33, Vers 53 und 59)[1] ab. In dieser Suren ist die Rede von einem – nicht näher definierten – Kleidungsstück, das sich die Muslima über ihren Oberkörper legen soll, sodass sie „als Gläubige erkannt und nicht belästigt“ wird. In einem Hadith[2] fordert der Prophet Mohammed die Muslimas dazu auf, ihren Körper, außer Gesicht und Hände zu bedecken. Die Authentizität des präzisierenden Hadith ist unter muslimischen Gelehrten aller Strömungen weitgehend anerkannt, während andere, vorwiegend nichtmuslimische Islamwissenschaftler die vollständige Authentizität der Hadithe insgesamt anzweifeln. Muslime verweisen in der Diskussion auf ihre „kritische Hadithwissenschaft“, die die Authentizität von Überlieferungen untersucht.

Eine klärende Instanz zu dieser Frage fehlt im Islam grundsätzlich. Islamische Gelehrte (Muftis) können zwar zur Beratung in Anspruch genommen werden, ihre Ratschläge (Gutachten/Fatwas) sind aber Einzelmeinungen und für Muslime nicht bindend. Es gibt deshalb unter Muslimen große Unterschiede in der Ausübung religiöser Pflichten. Allerdings beinhaltet der Koran mit Sure 2/256 eine Aussage, nach der es keinen Zwang im Glauben geben dürfe, was sich u.a. auch so interpretieren lässt, dass jede muslimische Frau für sich selbst entscheiden kann, ob sie das Kopftuch für eine religiöse Pflicht hält und diese Verpflichtung erfüllen will. Äußerer Zwang diesbezüglich ist daher unzulässig; er existiert aber in vielen islamischen Staaten gleichwohl – teilweise sogar, wie z.B. in Saudi-Arabien, von staatlicher Seite.

Auswirkung davon war in Saudi-Arabien z.B., dass am 11. März 2002 in Mekka fünfzehn Mädchen, die versucht hatten, aus einer brennenden Schule zu entkommen[3], von Mitgliedern der saudi-arabischen Religionspolizei trotz ihrer berechtigten Todesangst in das Gebäude zurückgeprügelt, durch weitere Prügel am Verlassen des brennenden Gebäudes gehindert wurden und deswegen bei lebendigem Leib verbrannten, weil die Mädchen nicht den in Saudi-Arabien für Frauen vorgeschriebenen schwarzen Ganzkörper-Schleier trugen, als sie aus dem brennenden Gebäude zu stürzen versuchten, so dass die Feuerwehrmänner das Haar der Frauen hätten sehen können, was die Religionspolizei („Kommission zur Wahrung der Tugend und zur Vermeidung des Lasters“, CPVPV) aus religiösen Gründen des in Saudi-Arabien gelebten fundamentalistischen weil wahhabitischen Islams unbedingt, mit allen Mitteln und selbst unter Inkaufnahme des Todes der Frauen zu verhindern suchte. Aufgrund dieses Vorkommnisses wurde nach einem längeren Diskussionsprozess acht Jahre nach dem Vorfall, im Mai 2010, vom Erziehungsministerium erlaubt, dass auch nicht vollständig korrekt gekleidete Frauen von der Feuerwehr gerettet werden dürfen.[4]

Neben religiösen und politischen Gründen spielen dabei vielfach auch traditionelle, kulturelle und ethnische Motive eine Rolle. Für männliche Muslime gibt es ebenfalls Kleidungsvorschriften, denen zufolge sich Männer unauffällig kleiden sollen. Mohammed selbst trug stets einen Turban – und die Muslime sollten seiner Sunna (Lebenspraxis) nach Möglichkeit folgen. Deswegen tragen männliche Muslime ebenfalls häufig in der Öffentlichkeit eine Kopfbedeckung.

Einzelne neofundamentalistische Muslime, zum Beispiel der deutsche Konvertit Pierre Vogel, vertreten die Auffassung, das Tragen eines Kopftuches sei eine religiöse Pflicht im Islam und kein Ausdruck einer politischen Haltung.

Zu einem expliziten „Kopftuchstreit“ kam es in der jüngeren Vergangenheit vor allem in Frankreich und Deutschland, unter anderem, nachdem Muslimas das Tragen des Kopftuches auch im Staatsdienst und als Rechtsanwältinnen beim Auftreten vor Gericht[5] gerichtlich durchzusetzen versuchten. Wegen der divergierenden Religionspraxis in den Glaubensgemeinschaften wird das Tragen eines Kopftuches als besonders „muslimisch“ wahrgenommen oder politisch gedeutet. So gilt das Kopftuch im europäischen Kulturkreis oft als Symbol der Unterordnung der muslimischen Frauen und wird als Stärkung fundamentalistisch-muslimischer Kreise gewertet. In manchen europäischen Ländern gibt es eine größere staatliche Akzeptanz des Kopftuches (vgl. exemplarisch Österreich und Großbritannien). Auch im Christentum hat das Tragen von Schleiern oder Kopftüchern Tradition. Dabei handelt es sich in Ländern wie Deutschland oder Schweiz um einen Konflikt zwischen der Religionsfreiheit der Bürger einerseits und der religiösen Neutralitätspflicht des Staates andererseits. Mit dem Kopftuchstreit korrespondiert auch die Frage nach einem Verschleierungsverbot, wie es seit Anfang 2010 von einigen europäischen Ländern geplant ist bzw. bereits praktiziert wird.

Das Kopftuch im privaten und öffentlichen Diskurs

Aus linguistischer und diskursanalytischer Perspektive versucht Peter Kühn herauszuarbeiten, dass der Streit um das Kopftuch als Stellvertreterdebatte angesehen werden muss. Es geht ihm nicht in erster Linie darum, eine Position für oder wider das Kopftuchtragen nachzuweisen, sondern um den Diskurs über das Kopftuch in unserer Gesellschaft. Dabei zeigt sich, dass das Kopftuch als Symbol mit polysemem Symbolwert anzusehen ist. Die Alltags- und Mediendiskurse sind dabei vor allem durch kulturkonträre Symbolisierungen gekennzeichnet. So gilt beispielsweise für die einen das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung, für die anderen ist es dagegen ein Symbol der Befreiung. Symbolisierungen, die mit dem Kopftuch in den Diskursen transportiert werden, wirken als Diskussionsblockaden: Im augenblicklichen Kopftuchstreit stehen sich Kulturpositionen unvereinbar gegenüber. Peter Kühn gibt jedoch auch Hinweise, wie der scheinbar unauflösbare Konflikt zwischen den bipolaren Positionen aufgeweicht werden könnte. Hierzu muss der Kulturbegriff neu definiert werden, ein Kulturbegriff, der über Symbolisierungen auf Herkunft, Abgrenzung oder Fremdheit ausgerichtet ist, ist zu statisch. Kultur muss mit Dirk Baecker demgegenüber verstanden werden als „niemals stattfindende Ankunft“. Symbolisierungen, wie sie in der Auseinandersetzung um das Kopftuch typisch sind, verhindern solche interkulturellen Kommunikationsprozesse.

Wissenschaftliche Analysen Rommelspachers

Birgit Rommelspacher arbeitete heraus, dass das Kopftuch schon früh in der westlichen Orientalistik als ein Zeichen für Rückständigkeit und Frauenunterdrückung galt. Der europäische Kolonialismus in den arabischen Ländern verstärkte diese Haltung. „So wurden Frauen von den französischen Militärs aus den Dörfern in die Städte gebracht und gezwungen, auf öffentlichen Plätzen den Schleier abzulegen. Nicht nur sie, sondern auch die algerischen Männer haben dies als eine symbolische Vergewaltigung empfunden.“ Kamen früher kopftuchtragende Frauen aus den ärmeren und bildungsfernen Schichten aus den jeweiligen Ländern, so sind es heute oft junge Frauen, gebildet und aus städtischem Milieu. So kann das Kopftuch auch als mögliches Emanzipationsvehikel interpretiert werden: „Der Schleier dient den Frauen als Sicherheit und Schutz, indem der private Raum in die Öffentlichkeit mitgenommen wird. In diesem Sinne ist die Übernahme des Schleiers Ausdruck eines Aufbruchs in die Moderne unter Indienstnahme der Tradition. … Im heutigen Deutschland sehen die jungen Frauen, die sich für das Kopftuch entschieden haben, ähnlich wie … befragte Frauen in der Türkei, darin in erster Linie einen selbstbestimmten Akt. … Es geht ihnen vor allen darum, für sich einen individuellen Standort zu finden zwischen der Tradition ihrer Eltern und der Kultur der Aufnahmegesellschaft sowie einen eigenständigen Bezug zu weltanschaulichen und religiösen Fragen.“

In westlicher bzw. kulturell moderner Sicht ist das Kopftuch zu einem Symbol der Frauenunterdrückung geworden. Die Kolonialmächte verstanden den nach Maßgabe der Scharia ungleich behandelnden Islam als frauenunterdrückend. Hinter dem Argument der „Befreiung“ konnten sich Interessen des dominanteren Teils der Gesellschaft verbergen und zur Legitimation anderer Interessen dienen. Rommelspacher verweist auf das koloniale Beispiel eines Lord Cromer Evelyn Baring, Generalkonsul der britischen Kolonialbehörde in Ägypten, der im Namen von Frauenemanzipation und Freiheit nachdrücklich die Entschleierung der muslimischen Frauen forderte. In England war er jedoch Gründungsmitglied eines männlichen Vereins gegen das Wahlrecht von Frauen. Verweisend auf heute zu beobachtende Bündnisse zwischen Feministinnen und konservativen Politikern gegen das Kopftuch, erinnert Rommelspacher an eine Haltung, die als kolonialer Feminismus bezeichnet wurde.

In ihrer Untersuchung der Kopftuchdebatte in Deutschland stellte Rommelspacher auch die Sicht der Kopftuchträgerinnen selbst vor und verwies auf Studien über die Situation in der Bundesrepublik Deutschland von Yasemin Karakasoglu, Sigrid Nökel und Gritt Klinkhammer. Sie berichten übereinstimmend, dass die jungen Frauen, die sich für das Kopftuch entscheiden, darin einen selbstbestimmten Akt sehen. Sie wollen einen individuellen Standpunkt zwischen der Tradition der Eltern und der Kultur der Aufnahmegesellschaft finden; dabei setzen sie sich vom eher traditionell geprägten Islam ihrer Eltern ab und entwickeln ihre eigenen Ansichten. Rommelspacher fragt, welche Bedeutung die Selbstbestimmung der Frau spielt, wenn Frauen im Namen der Emanzipation der Zugang zum Beruf verwehrt wird und was Emanzipation denn bedeutet, wenn man die Stimme der betroffenen Frauen aus der Debatte völlig ausblendet. Sie vermutet, dass es um die Frage geht, welches Konzept von Geschlechterverhältnis für unsere Gesellschaft verpflichtend gemacht werden soll. Die zweite wichtige Frage, die hinter dem Kopftuchstreit stehe, sei die nach dem Stellenwert von Pluralismus und Religionsfreiheit in der deutschen Gesellschaft.

Rommelspacher macht hier drei zentrale Konflikte aus:

  • Widersprüche im westlichen Emanzipationskonzept
  • Dominanzverhältnisse zwischen Frauen und
  • Säkularismus versus Religiosität

Sie zeigt, wie der soziale Aufstieg der deutschen Frauen zu einem erheblichen Teil auf eine soziale Unterschichtung der Migrantinnen zurückzuführen sei. Die Migrantinnen übernahmen die schlecht angesehenen und schlecht bezahlten Arbeiten, und die 'Alteingesessenen' konnten aufsteigen. Die berufliche Emanzipation sei also weniger der Arbeitsteilung der Geschlechter zu verdanken als der Tatsache, dass die Einwanderinnen diese Arbeiten übernahmen. Der Emanzipationsdiskurs, so Rommelspacher, diene außerdem der Legitimierung einer besseren Stellung der deutschen Frau auf dem Arbeitsmarkt. Sie weist auch auf eine gewisse Doppelmoral hin: Die Gesellschaft verstehe sich als säkular, weise aber der christlichen Religion im öffentlichen Leben einen zentralen Platz zu. Christliche Religiosität sei im öffentlichen Raum kein Problem, islamische aber schon, und dieses Messen mit zweierlei Maß zeige, dass es im Kern um die Frage der Anerkennung einer anderen Kultur als einer gleichwertigen gehe. Sie will hierdurch aufzeigen, dass über das Kopftuch Themen angesprochen werden, die auch in der westlichen Kultur umstritten sind, teilweise sogar überhaupt nicht thematisiert werden und tabuisiert sind.[6]

Weitere Beiträge

In ihrer ausführlichen Analyse des Kopftuchstreites kommt Heide Oestreich zu einer ähnlichen Abwägung und zieht daraus den Schluss, dass ein Kopftuchverbot die Frauen eher diskriminiert und ihnen ein Weg verschlossen wird, sich gegenüber ihren Eltern bzw. ihren Ehemännern zu emanzipieren: "Sie beruhigen vielleicht ihre Eltern oder Ehemänner, die Angst um ihre moralische Integrität haben, damit, dass sie besonders wohlerzogen islamisch sind und ein Kopftuch tragen. Manche dagegen: Das Kopftuch gibt mir Schutz, wie anderen die Lederjacke, der Nadelstreifen-Anzug oder das perfekt sitzende Kostüm. … Wer das Tuch im öffentlichen Raum dagegen diskreditiert, setzt eine unglückselige Tradition deutscher Integrationspolitik fort."

Andere sehen im Kopftuch einen Stolperstein auf dem Weg zur Integration. So vertritt die deutsch-türkische Rechtsanwältin Seyran Ateş einen klaren Gegenstandpunkt, wenn sie sagt: "Es ist leicht, aus der Ferne und ohne eigene Betroffenheit das Kopftuch zu tolerieren. Für mich ist das jedoch keine Toleranz, sondern Ignoranz. Das Kopftuch und der Tschador symbolisieren in meinen Augen die Unterwerfung der Frau. Aber solange das Kopftuch fremdbestimmt, also vom Mann bestimmt ist, werde ich mich mit den Frauen solidarisieren, die endlich das Kopftuch oder den Tschador ablegen wollen."

In die gleiche Richtung argumentierte der damalige Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, 2004 in einer Stellungnahme: "Das Tragen des Kopftuchs für Lehrerinnen oder gar Forderungen nach einer Trennung von Jungen und Mädchen beim Schwimm- und Sportunterricht, wie wir dies in Hamburg seit einigen Wochen erleben, haben mit dem seinem Wesen nach sehr toleranten Islam nichts zu tun... Dies ist ein Versuch zahlenmäßig kleiner, radikaler Gruppen innerhalb der islamischen Bevölkerung, die Religion für ihre politisch-ideologische Gesinnung zu instrumentalisieren. Ihr Endziel ist ein Staat nach dem Gesetz der Scharia. Dies sollte jedem klar sein."[7]

Frauen in zahlreichen muslimischen Ländern wie z. Bsp. Iran, Saudi-Arabien, Sudan und Afghanistan haben mit Repressionen bis hin zur Ermordung zu rechnen, wenn sie dem dort geltenden Schleierzwang nicht Folge leisten. In Deutschland erhielt die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ekin Deligöz, Schmähungen und Morddrohungen von radikalen Moslems, nachdem sie am 15. Oktober 2006 im Printmedium Bild am Sonntag, zusammen mit einer Gruppe von deutsch-türkischen Politikerinnen, die Musliminnen dieses Landes aufgefordert hatte, das Kopftuch („Zeichen der Unterdrückung der Frau“) abzulegen.[8]

Empirische Untersuchungen

Die derzeit einzige, ausdrücklich nicht repräsentative Studie wurde 2006 von der Konrad-Adenauer-Stiftung erstellt.[9] Gegenstand waren die Motive der Frauen, die sich, unterschiedlich bedingt, freiwillig für das Kopftuch entschieden, und ihre gesellschaftlichen und politischen Einstellungen. Die Angaben beruhen ausschließlich auf Selbstauskunft der Teilnehmerinnen; die Autoren nahmen Wertungen vor. Dies führte zu deutlicher Kritik und Zweifeln an der Aussagekraft der Studie.[10] Bei 75 Prozent spielte der Vater bei der Entscheidung keine Rolle, bei 40 Prozent war die Rolle der Mutter eine große oder mittlere. Die Befragten seien aber in der Regel in einem Umfeld aufgewachsen, in dem das Kopftuch der „Normalfall“ sei; eine „bewusste rationale Abwägung“ sei nicht anzunehmen. Druck der Familie sei bei dieser „selbstverständlichen“ Entscheidung nicht nötig gewesen.

Eine eindeutige Mehrheit sprach sich für die Demokratie aus. Wie viele gläubige Muslime auch, seien die Teilnehmerinnen aber von der Überlegenheit des Islam überzeugt. Im Gegensatz zu 91 Prozent der deutschen Bevölkerung und 98 Prozent der sehr mit der Kirche Verbundenen[11] sähen deswegen offenbar etwa ein Drittel die Menschen vor Gott als ungleich an und zählten sich selbst zu einem „auserwählten, besseren Teil der Menschheit.“ Dies nehme, im Gegensatz zu Befragten Christen, mit dem Grad der Religiosität zu. Zu klären sei somit, ob „Teile des Islams eine Überlegenheits- oder Ungleichheitsideologie“ propagierten, ferner der Verbreitungsgrad dieser Interpretation und folglich ein möglicher Widerspruch zu Demokratie und den allgemeinen Menschenrechten. Der weitgehend unkontrollierte Islamunterricht in Deutschland sei daher zu beenden. Die vermittelten Inhalte „durch selbsternannte Geistliche“ seien zu kontrollieren.

Feministische Aspekte

Einige Frauenrechtler weisen auf die eher politische als religiöse Bedeutung des Kopftuchs hin. Ihnen gilt das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung der Frau, als „Flagge des Islamismus“ (Alice Schwarzer).[12] Frauenrechtlerinnen wie Sérénade Chafik, Wafa Sultan, Irshad Manji oder Ayaan Hirsi Ali kritisieren den Islamismus und den Islam. Sie stellen fest, dass Vertreter des Islamismus vor dem Hintergrund von Wirtschaftsmigration und einer missglückten Integrationspolitik, die mangelnde Bildung genutzt haben, um zu agitieren. So sei die eher politische als religiöse Bedeutung des Kopftuchs entstanden.

Das Tragen des Tuches gehe meist auf den Einfluss der konservativen, das Leben der Frauen bestimmenden, patriarchalischen Gewalt aus und sei daher keine wirklich freie Entscheidung. Ein Problem einer multikulturellen Gesellschaft ergebe sich daraus, dass viele Muslime Frauen als Menschen zweiter Klasse betrachten, denen man mit Kopftuch und Ganzkörperschleier eine schwere Behinderung und Einschränkung ihrer Bewegung und Kommunikation aufzwinge.

Ekin Deligöz formuliert: „Das Kopftuch ist ein Symbol der Frauenunterdrückung. Wer von Frauen verlangt, dass sie Kopftuch tragen, macht sie zu einem Sexualobjekt, das sich verhüllen muss.“ Die Ablehnung des Kopftuchs sei nicht nur im aufgeklärten Islam, sondern auch in den säkular-europäischen Demokratien geboten, um gleiche Menschenrechte (Selbstbestimmung und sexuelle Unversehrtheit ungeachtet der getragenen Kleidung) für alle einzufordern. Das Kopftuchtragen solle daher in staatlichen Schulen auch Schülern untersagt werden.[13] Die Emanzipation der Muslima wird so zu einem Motor der Forderungen nach liberalen Reformen innerhalb des Islam.

Gerdlin Friedrich weist auf die Rolle des Kopftuchs als religiöses Symbol – und religiöser Pflicht – mit sexuellem Hintergrund hin: Die Kopfbedeckung bringe im Judentum und Christentum nur die Beziehung des Menschen zu Gott zum Ausdruck; das Kopftuch habe seine Bedeutung nur innerhalb der Geschlechterverhältnisse; die Muslimin dagegen sei zum Tragen des Kopftuchs verpflichtet, sei ein Mann auch nur in der Nähe zu vermuten – es stehe ihr aber ansonsten frei, dies nicht zu tun.[14]

Frauenrechtlerinnen, die ein selbstbestimmtes Tragen des Kopftuches befürworten, wehren sich hingegen gegen eine Sichtweise, die Muslimas zum Objekt der Deutungsversuche westlicher Frauenrechtlerinnen degradiere und ihnen die emanzipatorische Fähigkeit abspreche, sich als Subjekt selbst darzustellen und zu definieren. Weder sei die Verhüllung ein Zeichen für Unterdrückung, noch die Enthüllung ein Zeichen der Befreiung.[15] Niemand dürfe einer Frau ihre Bedeckung vorschreiben, niemand dürfe sie ihr verwehren. Verhüllungsgebote seien ebenso eine Menschenrechtsverletzung, wie es Verhüllungsverbote seien.[16]

Hayrünissa Gül, Ehefrau des ehemaligen türkischen Präsidenten Abdullah Gül, die dafür eintritt, mit Kopftuch studieren zu können, sagte: „Das Kopftuch bedeckt meinen Kopf und nicht mein Hirn.“[17]

Die Debatte, welche oft mit hohem emotionalen Anteilen geführt und teilweise zum Politikum wurde, weist in letzter Zeit zunehmend auch Zwischentöne auf. So weisen beispielsweise die Frauenrechtlerinnen Naomi Wolf und Irshad Manji darauf hin, dass das Kopftuch bzw. die gesamte, oft als restriktiv dargestellte „islamische“ Bekleidung nicht zwangsläufig etwas über die Beweggründe und Empfindungen der sie tragenden Frau aussagt; vielmehr wird der Charakter einer Art „Schutzschicht“ betont, deren Einsatz aus unterschiedlichen Gründen erfolgt.[18]

Andere Berichte beschreiben am Beispiel des Jemen die Notwendigkeit der Kleidung, um in der „Männerwelt“ ernst genommen zu werden und so die erkämpften Rechte der Frauen wahren zu können, was sich der westlichen Sichtweise üblicherweise verbirgt. Als besonders problematisch erweist sich dabei die Tatsache, dass der Einsatz der freiheitlichen Rechte zu Missverständnissen führt, da „westliche“ Frauen nicht nachvollziehen können, warum andere Frauen derartige Bekleidung als Ausdruck ihrer Freiheit freiwillig tragen. Dennoch wird darauf hingewiesen, dass es auch Frauen gibt, denen solche Bekleidung aufgezwungen wird.

Historische Aspekte

Nach Tamim Ansarys Werk Die unbekannte Mitte der Welt über die Geschichte des Islam war das Fehlen der Kopfbedeckung bei muslimischen Frauen im 17. Jahrhundert ein Indikator dafür, dass es sich um Angehörige der unteren Schichten handelte, um Bäuerinnen etwa (im Gegensatz zu europäischen Bräuchen, wo Kopftücher oftmals von Bäuerinnen getragen wurden), s. Seite 200. Auch Krünitz' Oeconomische Encyclopädie aus dem 18. Jahrhundert geht auf derartige Schichtzugehörigkeiten ein, indem im Artikel Kopf-Putz europäische Handelnde in Ägypten beschrieben werden, die es sich zum Brauch gemacht hatten, Kopftücher zu tragen, um nicht vom „Pöbel“ angesprochen zu werden. Es ist davon auszugehen, dass derartige Traditionen auch heute noch unterschwellig fortleben, obwohl das ursprünglich auf materiellen Wohlstand hinweisende Distinktionsmerkmal in Zeiten der modernen Textilmanufakturen nichtig geworden ist. Die Differenzierung findet heute nicht mehr auf der Ebene des Habens oder Nicht-Habens statt, sondern manifestiert sich am gekauften Modell: Kopftücher können sich in ihrer Qualität und in ihrem Warenpreis zum Teil erheblich unterscheiden.

Deutschland

Überblick über Verbote in den Bundesländern (rot) das Kopftuch im Schuldienst zu tragen. Stand: 2007

Folgende Bundesländer führten ein Kopftuchverbot für ihre Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen ein: Bayern,[19] Berlin,[20] Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Saarland.[21] Schleswig-Holstein hatte die Absicht, ein Kopftuchverbot im Januar 2007 einzuführen, nahm davon jedoch 2008 wieder Abstand. In Nordrhein-Westfalen schlossen sich betroffene Lehrerinnen, Lehramtstudentinnen und Sozialarbeiterinnen zur „Initiative für Selbstbestimmung in Glaube und Gesellschaft“ (ISGG) zusammen und wollen gegen das Gesetz vorgehen. Ende Januar 2015 befand das Bundesverfassungsgericht ein pauschales Kopftuchverbot in öffentlichen Schulen nach einem Grundsatzbeschluss[22] als nicht mit dem Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit vereinbar,[23] so dass mit Gesetzesänderungen neben dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in den Schulgesetzen weiterer Bundesländern gerechnet wird. Ein Verbot sei nur dann gerechtfertigt, wenn durch das Tragen eine „hinreichend konkrete Gefahr“ für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ausgehe. Eine abstrakte Gefahr reiche jedoch nicht aus.[24]

Baden-Württemberg

Bekannt in Deutschland ist vor allem der Fall, bei dem die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin 1999 ihre Einstellung als Beamtin auf Probe in den Schuldienst von Baden-Württemberg anstrebte. Dies wurde ihr verweigert, da sie nicht bereit war, während des Unterrichts auf das Tragen eines Kopftuchs zu verzichten. Die Begründung der Schulbehörde lautete, das Kopftuch sei Ausdruck kultureller Abgrenzung und damit nicht nur religiöses Symbol, sondern auch politisches Symbol. Die mit dem Kopftuch verbundene ‚objektive‘ Wirkung kultureller Desintegration lasse sich mit dem Gebot des Grundgesetzes einer staatlichen Neutralität in Glaubensfragen nicht vereinbaren. Das Bundesverfassungsgericht entschied dazu (vgl. Kopftuchurteil), dass ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine gesetzliche Grundlage findet, jedoch als staatlicher Eingriff einer Gesetzesgrundlage bedarf (Wesentlichkeitstheorie). Eine entsprechende Regelung könne nicht durch eine Behördenentscheidung (oder auf untergesetzlicher Normsetzungsebene) getroffen werden, sondern müsse durch Landesgesetz geschaffen werden – ein Weg, der den Landesparlamenten freisteht, jedoch bis dann nicht beschritten wurde. Auf die Frage, ob das Kopftuch ein politisches und damit zugleich unzulässiges Symbol sei – ein Punkt auf dem die staatliche Argumentation und der öffentliche Diskurs fußten –, ging das Verfassungsgericht nicht ein. 2004 wurde dem Schulgesetz von Baden-Württemberg in § 38 folgende Formulierung hinzugefügt: „(2) Lehrkräfte an öffentlichen Schulen nach § 2 Abs. 1 dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrkraft gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die 'freiheitlich-demokratische' Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Artikel 12 Abs. 1, Artikel 15 Abs. 1 und Artikel 16 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1. Das religiöse Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht nach Artikel 18 Satz 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg.“

2006 gab das Verwaltungsgericht Stuttgart in erster Instanz einer muslimischen Lehrerin Recht, die gegen ein Verbot auf Grundlage dieses Gesetzes geklagt hatte, da die Eingriffsermächtigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.[25] Das Gericht bezog sich dabei darauf, dass etwa im Schwarzwald katholische Nonnen im Habit unterrichteten. Beim Nonnenhabit könne jedoch nicht das Missverständnis entstehen, Mädchen und Frauen müssten grundsätzlich auch einen solchen Nonnenhabit tragen, um sittlichen Geboten oder der Stellung der Frau in der Gesellschaft angemessen Rechnung zu tragen. Der Nonnenhabit entspreche auch von der geschichtlichen Entwicklung und der öffentlichen Wahrnehmung her den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten.[26] Auf die Berufung des Landes bestätigte der Verwaltungsgerichtshof am 14. März 2008 die ursprüngliche Weisung des Oberschulamts Stuttgart und hob die Entscheidung des Stuttgarter Verwaltungsgerichts auf. Die Lehrerin verstoße gegen eine Dienstpflicht aus dem Schulgesetz; die Weisung, nur ohne Kopfbedeckung zu unterrichten, sei rechtmäßig. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sah das Gericht nicht, weil das Schulgesetz religiös motivierte Kleidung oder andere äußere religiöse Bekundungen unabhängig von dem Geschlecht der betroffenen Lehrkraft verbietet und sich nicht speziell gegen das von Frauen getragene islamische Kopftuch oder eine entsprechende Kopfbedeckung richtet.[27]

Bayern

In Bayern gilt Artikel 59 Abs. 2 Satz 3 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes als rechtliche Grundlage. Richtungweisend war hier das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 15. Januar 2007 (Vf. 11-VII-05).[28] Eine islamische Religionsgemeinschaft erhob Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof und griff mit dieser den Artikel 59 Abs. 2 Satz 3 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes an. Sie begründete die Popularklage zum einen damit, dass die Vorschrift gegen Artikel 107 der Bayerischen Verfassung verstoße und muslimische Lehrerinnen in ihrer im Artikel 107 der Bayerischen Verfassung gewährten Religionsfreiheit verfassungswidrig beeinträchtige. Zum anderen sah die islamische Religionsgemeinschaft einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Artikel 118 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung. Demnach würden Nonnen, die ihre Nonnentracht beim Unterrichten weiterhin tragen dürften, verfassungswidrig bevorzugt. Dies verletze die muslimischen Lehrerinnen im Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, im Sinne des Artikels 118 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof sah die Popularklage als unbegründet an. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Religionsfreiheit der muslimischen Lehrerinnen zwar beeinträchtigt sei, dass allerdings ein Spannungsverhältnis zwischen der Religionsfreiheit der muslimischen Lehrerinnen und den Grundrechten der Eltern und Schüler bestehe. Bei genauer Abwägung kam der Bayerische Verfassungsgerichtshof aber zu dem Schluss, dass in diesem Fall die Grundrechte selbiger Vorrang hätten. So hielt der Bayerische Verfassungsgerichtshof insgesamt fest, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich erlaubt sei, Lehrerinnen und Lehrern Tragen weltanschaulicher oder religiöser Symbole zu verbieten. Hinsichtlich der Beeinträchtigung der Religionsfreiheit war die Popularklage also unbegründet. Was die Bevorzugung der christlichen Konfessionen vor dem Gesetz anging, entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, dass die Popularklage auch dahingehend unbegründet sei. Dies begründete er damit, dass eine muslimische Lehrerin die in der nicht werteneutralen Bayerischen Verfassung fest verankerten christlich-abendländischen Grund- und Kulturwerte im Gegensatz zur Nonne in ihrer Tracht nicht glaubhaft vermitteln könne. Ferner könne eine muslimische Lehrerin den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag gemäß dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz nicht erfüllen. So war die Popularklage also auch dahingehend unbegründet. Deshalb war die Popularklage im ganzen als unbegründet anzusehen. Die angegriffene Rechtsnorm, der Artikel 59 Abs. 2 Satz 3 des BayEUG, bleibt also bestehen.

Berlin

In Berlin erging ein Gesetzesverbot unter anderem für Kopftücher von Lehrkräften; das Gesetz geht mit einem Totalverbot religiöser Symbole im öffentlichen Dienst weit über das Kopftuchverbot hinaus, wogegen die beiden großen Kirchen Protest einlegten.

Bremen

Die gesetzlichen Verbote des Kopftuches sind nicht anwendbar auf Referendare, also auf angehende Lehrkräfte, die das Referendariat absolvieren wollen. Der Staat hat ein Ausbildungsmonopol in der Lehrerausbildung, jedoch kann der Beruf, beispielsweise an Privatschulen, auch bei freien und privaten Trägern ausgeübt werden. Eine Bestimmung im bremischen Schulgesetz, die auch Referendarinnen das Kopftuch verbot, wurde vom Bundesverwaltungsgericht für nicht anwendbar erklärt, sofern der Schulfrieden nicht gestört werde.[29]

Hessen

In Hessen bestätigte der Staatsgerichtshof am 10. Dezember 2007, dass ein im Herbst 2004 verabschiedetes Gesetz mit der Landesverfassung vereinbar ist. Dieses Gesetz gilt als eines der strengsten in Deutschland, da es nicht nur Lehrern und Professoren, sondern allen Beamten das Tragen von Kleidungsstücken verbietet, welche den politischen Frieden gefährden können.[30] Allerdings erging die Entscheidung mit der knappsten denkbaren Mehrheit von 6 gegen 5 Stimmen, sodass eine präjudizierende Wirkung auf andere Bundesländer nur bedingt anzunehmen ist.

Nordrhein-Westfalen

Das nordrhein-westfälische Schulgesetz verbietet Lehrkräften in § 57 Absatz 4, politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche äußere Bekundungen abzugeben, welche die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den Schulfrieden gefährden können. Das gilt besonders, wenn der Eindruck entstehen könnte, dass Lehrkräfte gegen Menschenwürde, Gleichberechtigung nach Artikel 3 Grundgesetz oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftreten. Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen sind ausgenommen.[31]

Einer Lehrerin wurde daraufhin 2007 wegen Tragen eines Kopftuches gekündigt, was bis zum Bundesarbeitsgericht bestand hatte.[32] Im selben Jahr wurde einer langjährigen Beamtin, die 1990 zum Islam konvertiert war, das Kopftuch im Unterricht als „religiöse Bekundung“ untersagt. Ihre Gegenklage wurde vom Verwaltungsgericht Düsseldorf abgewiesen.[33] In einem weiteren Fall wollte eine türkische Lehrerin mit einer Baskenmütze statt Kopftuch unterrichten. Mit der Begründung, dies sei nur Ersatz für das Kopftuch, wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ihre Berufungsklage zurück. Die Lehrerin lehnte den Vergleichsvorschlag des Gerichts ab, statt der Baskenmütze eine Perücke zu tragen.[34] Das Bundesverfassungsgericht entschied im Januar 2015, dass ein pauschales Kopftuchverbot mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit nicht vereinbar sei und § 57 Absatz 4 des Schulgesetzes dahingehend eingeschränkt werden müsse, dass das Tragen einer Kopfbedeckung als Erfüllung religiöser Pflicht nur bei konkreter Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität verboten werden dürfe.[35]

Kopftuch in Kindertagesstätten

Für den Bereich der Kindertagesstätten haben bisher lediglich zwei Bundesländer eine rechtliche Regelung für den Umgang mit religiösen Symbolen und Bekleidung getroffen: Baden-Württemberg[36] und Berlin.[37] Die Regelung in Baden-Württemberg ist nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg[38] mit dem Grundgesetz vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen die positive Glaubensfreiheit der Trägerin eines Kopftuches.

Kopftuch bei kirchlichen Arbeitgebern

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. September 2014 in Erfurt dürfen kirchliche Arbeitgeber ihren Mitarbeitern am Arbeitsplatz grundsätzlich das Tragen anderer konfessioneller Symbole verbieten, da Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen zumindest zu neutralem Verhalten verpflichtet seien. Das Kopftuch als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben sei damit nicht vereinbar.[39]

Österreich

In Österreich ist die islamische Glaubensgemeinschaft seit der Annexion Bosniens und der darauf folgenden Verkündung des Islamgesetzes 1912 offiziell anerkannt und mit anderen Religionsgemeinschaften gleichgestellt. Die Muslime besitzen eine weitreichende innere Autonomie. Das Tragen eines Kopftuchs gilt als eine Inanspruchnahme des Rechtes auf Religionsfreiheit, das in Artikel 14 Abs. 1 des Staatsgrundgesetzes 1867 sowie in Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieft ist. Es gibt daher in Österreich kein Kopftuchverbot.

Schweiz

In der Schweiz beteiligten sich vor allem die beiden größten Detailhandelsketten Migros und Coop an der Kopftuchdebatte. Migros-Mitarbeiterinnen dürfen – wenn es hygienisch verantwortbar ist – Kopftücher tragen; Coop dagegen entschied, keine Kopftücher zuzulassen, weil die Kleidungsvorschriften darauf nicht ausgelegt seien.

Im Kanton Genf untersagten die Behörden 1996 einer Primarlehrerin, während ihrer Berufsausübung ein Kopftuch zu tragen. Der Entscheid wurde vom Bundesgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestützt.[40]

Frankreich

In Frankreich ist seit der Verabschiedung des Gesetzes über die Trennung von Staat und Kirche im Jahr 1905 der Laizismus offizielle Staatsdoktrin. Seitdem ist es Lehrern an staatlichen Schulen und Universitäten untersagt, im öffentlichen Unterricht „auffällige religiöse Symbole“ zur Schau zu stellen. Unklar ist, wieweit dieses Verbot auch Symbole politischer Ideologien (Roter Stern, Che-Guevara-Symbolik) betrifft. Nach langer Debatte beschloss das Parlament am 10. Februar 2004, dass das Tragen größerer religiöser Zeichen wie Kippa, Voile (Kopftuch) und Habit auch Schülern und Studenten verboten ist. Erlaubt sind lediglich kleine religiöse Zeichen, wie z. B. kleine Davidsterne oder Kreuze. In Frankreich ist der Laizismus in großen Bevölkerungsgruppen anerkannt. Kritiker sehen in dem o.g. Beschluss eine ernsthafte Einschränkung der Religionsfreiheit, während Befürworter auf republikanische Werte wie Gleichheit hinweisen. Die französische Debatte wurde auch von dem sozialen Druck und durch gewalttätige Vorfälle bestimmt, denen junge Frauen in vorwiegend muslimischen Umfeldern ausgesetzt sind. Die französische Frauenrechtsorganisation „Ni putes, ni soumises“ („Weder Huren noch Unterworfene“) spricht sich für die Beibehaltung des Schleierverbotes in öffentlichen Einrichtungen aus, da sie einigen dieser jungen französischen Frauen der Vorstädte Freiräume böte, während im Stadtteil der Schleier vielmals unumgänglich sei, um Angriffe männlicher Jugendlicher zu vermeiden. Anlässlich eines Besuches des damaligen französischen Innenministers Nicolas Sarkozy im Dezember 2003 in Ägypten erklärte Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich der renommierten al-Azhar-Universität in Kairo, dass das Tragen eines Kopftuchs ein göttliches Gebot sei, aber dass Frauen, die in nichtmuslimischen Ländern unter Verbotszwang lebten, von dieser Verpflichtung ausgenommen seien. Auch Soheib Bencheikh, der Großmufti von Marseille und religiöse Instanz der französischen Mittelmeermetropole, äußerte Verständnis für ein Nichttragen des Kopftuchs unter Verbotszwang. Das Kopftuchverbot für Schülerinnen zog weite Kreise. Dabei wurden im August 2004 während des Irak-Krieges die beiden französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot von der militant-islamistischen Gruppe Islamische Armee im Irak entführt, die von Frankreich die Aufhebung des Verbotes forderte. Die Entführung endete im Dezember 2004, ohne dass Frankreich der Erpressung nachgegeben hätte.[41] Das Verbot ist seit Schulbeginn am 2. September 2004 in Kraft. Am ersten Schultag weigerten sich 70 Schülerinnen, das Kopftuch abzulegen. Viele wichen auf andere Kopfbekleidungen aus. Einige Schülerinnen wechselten auf islamische Schulen oder verließen die Schule unter familiärem Zwang ohne Schulabschluss. Schülerinnen, die sich trotz Verbots weigerten, ihr Kopftuch abzulegen, mussten mit Verweisen rechnen.

Großbritannien

Da das Vereinigte Königreich eine lange Tradition im Umgang mit Migranten aus Commonwealth-Staaten hat, ist die Gesellschaft sehr multikulturell geprägt. Dort sowie in Kanada erreichten die Sikhs vor den Muslimen, dass das Tragen von Turbanen für Lehrkräfte geduldet wird. Daher wurde auch den Muslimen keine Kleidung verboten. Bei Schülern gilt allgemein die Pflicht zur Schuluniform, die einen gewissen Rahmen vorgibt (z. B. Länge des Kopftuchs, etc.). Das Kopftuch ist im Allgemeinen geduldet. Weiblichen Polizeikräften ist es ebenfalls gestattet, ein Kopftuch zu tragen.[42][43]

Türkei

In der Türkei ist das Tragen von Kopftüchern (türban) in Behörden nicht mehr verboten. Alle öffentlich Bediensteten wie Beamte und Lehrerinnen, aber auch Schülerinnen und Studentinnen waren von dieser Regelung betroffen, die für Studentinnen 2008 aufgehoben worden war, was der AKP ein Verbotsverfahren vor dem Verfassungsgericht eingetragen hatte, dass sie nur äußerst knapp überstanden hatte: zwar war die Mehrheit der Richter für ein Verbot der AKP gewesen, aber an der für ein Verbot erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit der Richterstimmen fehlte eine einzige Stimme. Aus diesem Grund studierten viele wohlhabende Frauen aus streng religiösen Familien bis zur Aufhebung des Kopftuchverbots für Studentinnen in Westeuropa, wo es eine solche Einschränkung nicht gibt. Bei Arbeitgebern außerhalb des öffentlichen Dienstes war das Kopftuch gesetzlich nicht verboten; hier galten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen. Außerhalb des Arbeitslebens besteht nie ein Verbot. Einige Frauen umgingen das Verbot durch Tragen einer Perücke. Das Kopftuchverbot wurde auch mit polizeilichen Maßnahmen durchgesetzt (so wurde Studentinnen mit Kopftuch das Betreten von Universitäten verboten), was in der Vergangenheit oft Thema hitziger Debatten war. Die kemalistische Elite betrachtet das Tragen eines Kopftuchs, vor allem bei Studentinnen, als politisches Symbol einer islamistischen Bewegung. Aus deren Sicht geht es bei dem Streit nicht primär um die Freiheitsrechte, sondern um einen ideologischen Kampf des laizistischen Staates mit den eine Re-Islamisierung der türkischen Gesellschaft anstrebenden Islamisten.

Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sah am 10. November 2005 das Verbot als vereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention an.[44] Sie bestätigte damit das Urteil der ersten Kammer des Gerichts, das am 28. Juni 2004 die Beschwerde einer türkischen Medizinstudentin abwies. Es stelle keine Verletzung des Grundsatzes der Religionsfreiheit dar, wenn einer Studentin mit Kopftuch der Zugang zu einer öffentlichen Hochschule untersagt werde. Die Richter stuften die Kopfbedeckung als Symbol einer „extremistischen Bewegung“ ein. Die Türkei verfolge mit dem Verbot die Ziele, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und bürgerliche Freiheitsrechte zu schützen. In einem Urteil von Februar 2006 bestätigte die zweite Kammer im türkischen Staatsrat das Kopftuchverbot in Bildungseinrichtungen und dehnte das Verbot auch auf die Straßen vor solchen Einrichtungen aus. Anfang 2008 wurden Überlegungen des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan bekannt, einen neuen Verfassungsartikel zu planen, der das Kopftuch zwar nicht explizit erwähnt, aber dessen Verbot beispielsweise an Universitäten aufhöbe. Die islamisch-konservativ ausgerichtete derzeitige türkische Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Erdoğan und die oppositionelle nationalistische MHP einigten sich am 24. Januar 2008 auf ein Ende des Kopftuchverbots an Hochschulen. Entsprechend planten die Parteien, die Artikel 10 und 42 der türkischen Verfassung zu ändern. Diese behandeln die Gleichheit vor dem Gesetz und das Recht auf höhere Bildung. Die kemalistische CHP kritisierte die geplanten Verfassungsänderungen und interpretierte sie als Zeichen, dass die Türkei auf dem Weg in einen islamischen Gottesstaat sei.[45] Am 6. Februar 2008 begannen im türkischen Parlament die Beratungen über die Verfassungsänderung, die im Vorfeld von Demonstrationen gegen die Aufhebung des Verbotes in Ankara begleitet wurden.[46] Drei Tage später wurden die Verfassungsänderungen mit deutlicher Mehrheit (403 gegen 107 beziehungsweise 403 gegen 108 Stimmen) vom Parlament angenommen.[47] Am 5. Juni 2008 annullierte jedoch das türkische Verfassungsgericht mit neun zu zwei Stimmen diese Verfassungsänderungen. Nach Auffassung der Richter verstießen die Änderungen gegen mehrere Prinzipien der Verfassung, der zufolge die Türkei ein „demokratischer Sozialstaat auf säkularer Grundlage“ sei. Gegen die Gesetzesänderungen der AKP hatte die CHP geklagt. Das Urteil galt Beobachtern als Präjudiz für das Verbotsverfahren gegen die AKP, das Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalçınkaya am 14. März beim Verfassungsgericht eingeleitet hat. Die Begründung lautet, die AKP sei ein „Brennpunkt von Aktivitäten gegen das Prinzip des Laizismus“.[48] Mehrere AKP-Politiker warfen dem Verfassungsgericht in ersten Reaktionen Verfassungsbruch und einen Putsch der Justiz vor.[49] Im Oktober 2010 gab der Hochschulrat der Türkei bekannt, dass Studentinnen bei Verstößen gegen die Kleiderordnung nicht mehr von Vorlesungen ausgeschlossen werden.[50]

Bei einer Befragung, die die islamisch-konservative Tageszeitung Zaman im Jahr 2008 durchführen ließ, nahmen insgesamt 7.422 Menschen aus zwölf Provinzen teil. 99,5 Prozent der befragten Kopftuchträgerinnen, 73,1 Prozent der Nicht-Kopftuchträgerinnen und 78 Prozent der befragten Männer sprachen sich für eine Aufhebung des Verbotes aus.[51]

Im Herbst 2010 wurde der „Kopftuchbann“ an türkischen Universitäten abgeschafft.[50]

Im September 2013 kündigte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan an, das Kopftuchverbot für Frauen im Staatsdienst (außer für Richterinnen, Staatsanwältinnen, militärisches Personal und Polizistinnen) zu beenden.[52]

Am 23. September 2014 teilte die islamisch-konservative Regierung unter Ministerpräsident Ahmet Davutoglu mit, ab Schulklasse 5 sei nun das Tragen eines Kopftuchs erlaubt.[53]

USA

In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es seit Ende März 2004 einen Streit über das Tragen von Kopftüchern an Schulen. Eine Schulbehörde im Bundesstaat Oklahoma hat ein muslimisches Mädchen wegen Tragens eines Kopftuchs vom Unterricht ausgeschlossen. Das Washingtoner Justizministerium erreichte auf dem Rechtsweg, dass das Mädchen auch mit Kopftuch zur Schule gehen darf.

Kanada

Gemäß Zensus 2001 lebten 2001 579.740 Muslime in Kanada; 2010 schätzte man 940.000. Das sind gut 3 % der Bevölkerung des Landes. 5 Prozent der Bewohner des GTA (Greater Toronto Area) sind Muslime; dies ist die höchste Konzentration von Muslimen in einer nordamerikanischen Stadt.

2007 wurde der Fall einer muslimischen 11-Jährigen diskutiert, die bei einem offiziellen Fußballspiel eine Kopfbedeckung tragen wollte.[54] Zunächst wurden sie verboten; 2012 erlaubte die FIFA sie.[55]

In den kanadischen Provinz Québec verbot der Fußballverband der Provinz, beim Fußballspiel eine Kopfbedeckung (z.B. einen Turban) zu tragen. Anlass für das Verbot waren Sikhs, die aus religiösen Gründen Kopfbedeckungen tragen. Der nationale Fußballverband Kanadas (Canadian Soccer Association) bat die Fifa, eine Entscheidung zu der Angelegenheit zu fällen. Im Juni 2013 sprach die FIFA eine Ausnahmegenehmigung aus[56] Der Sachverhalt ist jedoch nicht endgültig geklärt. Er soll im Oktober sowie im März 2014 im zuständigen FIFA-Gremium International Football Association Board, das grundsätzlich für Fußball-Regeln zuständig ist, diskutiert werden.[57]

Ein der Nationalversammlung von Québec 2013 vorgelegter Gesetzentwurf sieht vor, dass Beamte und Angestellte der Provinz keine auffälligen religiösen Zeichen tragen dürfen. Diese Regelung soll Krankenhäuser, Hochschulen und staatliche oder vom Staat subventionierte Schulen und Kindergärten einschließen[58]

Iran

In der Islamischen Republik Iran gibt es einen allgemeinen Zwang, das Kopftuch in der Öffentlichkeit zu tragen, nicht nur in Institutionen, sondern auch im Alltagsleben. Lediglich auf privaten, von außen nicht einsehbaren Geländen und in Wohnungen darf das Kopftuch entfernt werden. Dabei ist das Kopftuch als Teil der Bedeckung zu sehen, das durch einen Mantel (Abaya) ergänzt wird. Kopftuch und Mantel können durch einen Tschador ersetzt werden. Verstöße gegen dieses Gebot werden juristisch verfolgt und sind wegen der Aufsicht durch die sogenannten „Religionswächter“ sehr selten. Viele junge Frauen, insbesondere in Teheran und anderen großen Städten, testen, wie weit sie einen Teil ihrer Haare zeigen können. In iranischen Weblogs werden Positionen pro und contra vertreten. Viele Iraner und Iranerinnen, z. B. die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, fordern, jede Frau müsse selbst entscheiden können, ob sie sich bedeckt oder nicht. Da es keine Meinungsumfragen gibt, ist die Haltung der Mehrheit nicht bekannt. Auf dem Land bedecken sich viele Frauen aus traditionellen Gründen. Unter Reza Schah Pahlavi wurde im Jahre 1937 ein gesetzliches Verbot, den Tschador zu tragen, erlassen und mit polizeilichen Zwangsmaßnahmen durchgesetzt. Sein Sohn Mohammad Reza Pahlavi ließ das Verbot des Tragens des Tschadors aufheben, um den Forderungen der Geistlichkeit entgegenzukommen. Im Iran ist es (wie auch in Saudi-Arabien) auch Ausländerinnen (z.B. Touristinnen) vorgeschrieben, ein Kopftuch zu tragen.[59]

Ägypten

In der Arabischen Republik Ägypten waren Kopftücher bei Frauen im staatlichen Fernsehen über 50 Jahre lang verboten. Nach dem Sturz Hosni Mubaraks und dem Wahlsieg der Muslimbrüder änderte sich dies im September 2012, als mit Fatma Nabil erstmals eine Moderatorin mit einem Hidschab die Nachrichten moderierte.[60] Die oberste sunnitische Instanz Ägyptens, die Al-Azhar-Universität in Kairo, hingegen betont, der Schleier sei „laut Koran eine göttliche Anweisung und seit 14 Jahrhunderten unter Muslimen Konsens“. Ein offener, verschärfter Streit ist in der Gesellschaft ausgebrochen, inwieweit Frauen Kopftücher tragen müssen. Die Muslimbruderschaft drängt darauf, das Kopftuch für Frauen in der Gesellschaft zu verankern.

Saudi-Arabien

Im Grundgesetz des Königreichs Saudi-Arabien ist das Kopftuch nicht explizit erwähnt; dass Frauen es in der Öffentlichkeit tragen müssen, ergibt sich aber aus den Artikeln 1, 23 und 45.[61]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Koranische Basis des Kopftuchs Deutsche Islam Konferenz
  2. Das Frauenbild in der SunnaBundeszentrale für politische Bildung
  3. Erik Möller: Die toten Mädchen von Mekka. In: heise.de. 25. März 2002, abgerufen am 26. Februar 2015.
  4. Ministeriumsentscheid: Saudis erlauben Feuerwehr, Mädchen zu retten. In: Spiegel Online. 17. Mai 2010, abgerufen am 26. Februar 2015.
  5. Joachim Wagner: Der Stoff des Anstoßes. In: Der Spiegel. Nr. 38, 2013, S. 49–52 (online).
  6. Birgit Rommelspacher: Anerkennung und Ausgrenzung. Deutschland als multikulturelle Gesellschaft. o.O. 2002. ISBN 3-593-36863-3.
  7. Symbole und Religionsfriede. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 19. Januar 2004, abgerufen am 21. August 2011.
  8. Mariam Lau: Drohbriefe gegen Kopftuch-Gegnerin. In: Welt Online, 20. Oktober 2006. Abgerufen am 29. Mai 2013. 
  9. Frank Jessen, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Das Kopftuch – Entschleierung eines Symbols? (PDF; 251 kB), Hrsg. Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Sankt Augustin/Berlin, September 2006, ISBN 3-939826-05-7.
  10. „Insgesamt betrachtet, hinterlässt die Studie […] einen zwiespältigen Eindruck. Einen umfassenden Beitrag zur ‚Entschleierung eines Symbols‘, wie der Titel verspricht, leistet sie nicht – dafür ist die empirische Basis schlicht zu dünn.“ in: „Fakten und Vorurteile“, taz, 30. Oktober 2006
  11. Laut Umfrage „Religion und Politik“, durchgeführt im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung von Infratest dimap
  12. „Die Islamisten meinen es so ernst wie Hitler“. In: FAZ.net. 4. Juli 2006, abgerufen am 26. Februar 2015.
  13. Evi Keil: Es geht um das Recht der Schüler. In: Thüringer Allgemeine, 2. April 2004.
  14. Gerdlin Friedrich: Zeichen der Ohnmacht. In: taz.de. 23. Juli 2004, abgerufen am 26. Februar 2015: „Das Kopftuch ist das einzige religiöse Symbol mit sexuellem Hintergrund. Es zeigt die Unterworfenheit der Frau unter den männlichen Blick. Es gehört daher nicht in die Schule“
  15. Ingrid Thurner: Feminismus und Kopftuchdebatte – Der nackte Zwang. In: sueddeutsche.de. 25. Juni 2010, abgerufen am 26. Februar 2015.
  16. Ingrid Thurner: Rechte von Musliminnen – Wille zur Hülle. In: sueddeutsche.de. 2. Oktober 2010, abgerufen am 16. Juli 2015.
  17. Kai Strittmatter: Hayrünnisa Gül – Kopftuchträgerin und Feindbild vieler Türken. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 26. Februar 2015.
  18. Naomi Wolf, Irshad Manji: Die Sache mit den Reizen. In: Welt Online, 9. September 2008. Abgerufen am 29. Mai 2013. 
  19. Klage abgewiesen – Kopftuch-Verbot in Bayern bleibt bestehen. In: sueddeutsche.de. 19. Mai 2010, abgerufen am 26. Februar 2015.
  20. Gesetz zur Schaffung eines Gesetzes zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin und zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes vom 27. Januar 2005, GVBl. S. 92.
  21. Gesetz Nr. 1555 zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Saarland, Ambl. S. 1510.
  22. zum Beschluss des Ersten Senats vom 27. Januar 2015, Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015
  23. Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist mit der Verfassung nicht vereinbar, Pressemitteilung Nr. 14/2015 vom 13. März 2015 des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2015
  24. Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt, tagesschau.de vom 13. März 2015
  25. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Juli 2006, Gz.: 18 K 3562/05.
  26. Radio Vatikan: Es geht nicht nur um das Kopftuch 16. Januar 2007.
  27. Kopftuchverbot für Lehrerin: Urteil des 4. Senats vom 14.3.2008 - 4 S 516/07 -. juris.de. Abgerufen am 29. Mai 2013.
  28. Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Januar 2007 über die Popularklage der Islamischen Religionsgemeinschaft e. V. in B. auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Art. 59 Abs. 2 Satz 3 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414, BayRS 2230-1-1-UK), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2006 (GVBl S. 397). bayern.verfassungsgerichtshof.de. Abgerufen am 29. Mai 2013.
  29. Das Kopftuchverbot an Bremer Schulen für Lehrkräfte gilt für Referendare nur eingeschränkt (Pressemitteilung Nr. 38/2008) Bundesverwaltungsgericht. 26. Juni 2008. Abgerufen am 29. Mai 2013.
  30. Gericht weist Klage gegen Kopftuchverbot ab. In: welt.de. 10. Dezember 2007, abgerufen am 26. Februar 2015.
  31. Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG) (PDF; 829 kB) vom 15. Februar 2005.
  32. Kein Kopftuch in NRW-Schulen, Rechtslupe, 29. April 2010.
  33. Gericht bestätigt Kopftuch-Verbot, Schulministerium NRW
  34. Kopftuchverbot für NRW-Lehrerinnen in zweiter Instanz bestätigt. In: schulministerium.nrw.de. Archiviert vom Original am 6. Januar 2013; abgerufen am 26. Februar 2015.
  35. [1], Beschluss des Ersten Senats Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015
  36. § 7 Abs. 6 Kindertagesbetreuungsgesetz des Landes Baden-Württemberg
  37. § 10 Abs. 1 und 2 des Kindertagesförderungsgesetzes
  38. LAG Baden-Württemberg, Betriebsberater 2009, 1469.
  39. Diskutieren Sie mit uns.: Urteil:Kirchliche Arbeitgeber dürfen Kopftuch verbieten. In: sueddeutsche.de. 24. September 2014, abgerufen am 26. Februar 2015.
  40. Kein islamisches Kopftuch während des Primarschulunterrichts, 27. Februar 2001.
  41. Irak: Entführte französische Journalisten sind frei. In: Süddeutsche Zeitung, 6. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Mai 2013. 
  42. Goedart Palm: Der Untergang des christlichen Abendlandes im Zeichen des Kopftuchs. In: heise.de. 28. Oktober 2003, abgerufen am 26. Februar 2015.
  43. Das Recht auf den Schleier schützen. In: qantara.de. 12. Januar 2015, archiviert vom Original am 31. Dezember 2010; abgerufen am 26. Februar 2015.
  44. Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 10. November 2005
  45. ORF:Türkei: Kopftuchverbot an Unis fällt 25. Januar 2008.
  46. Parlament bricht mit türkischem Tabu. In: nzz.ch. 7. Februar 2008, abgerufen am 26. Februar 2015.
  47. Türkisches Parlament für Aufhebung von Kopftuch-Verbot. In: nzz.ch. 9. Februar 2008, abgerufen am 26. Februar 2015.
  48. AKP'YE KAPATMA DAVASI İDDİANAMESİ. 14. März 2008, archiviert vom Original am 9. Mai 2008; abgerufen am 5. Januar 2014 (türkçe, Anklageschrift des Generalstaatsanwalts, zitiert nach www.netbul.com).
  49. Tagesschau:AKP wirft Richtern Verfassungsbruch vor (nicht mehr online verfügbar) vom 7. Juni 2008
  50. 50,0 50,1 Oliver Trenkamp: Verbotsstopp in der Türkei: Sümeyra legt das Kopftuch an. In: Spiegel Online. 20. Oktober 2010, abgerufen am 26. Februar 2015.
  51. Fatih UĞur, Yasin Kesen: Toplumun yüzde 80'i yasağın kalkmasını istiyor. In: Zaman. 9. Februar 2008, abgerufen am 26. Februar 2015 (türkçe).
  52. Erdogan-Vorstoß: Türkische Staatsbedienstete dürfen Kopftuch tragen. In: Spiegel Online. 30. September 2013, abgerufen am 26. Februar 2015.
  53. Kulturkampf in der Türkei: Regierung erlaubt Kopftuch im Unterricht. In: Spiegel Online. 23. September 2014, abgerufen am 26. Februar 2015.
  54. foxnews.com
  55. 5. Juli 2012: Hijabs approved for soccer players by FIFA
  56. Fifa-Entscheidung: Fußballer dürfen mit Turbanen spielen. In: Spiegel Online. 14. Juni 2013, abgerufen am 26. Februar 2015.
  57. sid (Sport-Informationsdienst): Fußball FIFA: FIFA erlaubt Turbane in Kanada. In: handelsblatt.com. 14. Juni 2013, abgerufen am 26. Februar 2015.
  58. Charte affirmant les valeurs de laïcité et de neutralité religieuse de l’État ainsi que d’égalité entre les femmes et les hommes et encadrant les demandes d’ accommodement (PDF; 485 kB)
  59. Burka-Verbot: „Muslime, wandert aus“. In: Die Zeit, 30. April 2010. Abgerufen am 29. Mai 2013. 
  60. Ägyptens Staats-TV zeigt Moderatorin mit Kopftuch. In: welt.de. 4. September 2012, abgerufen am 26. Februar 2015.
  61. The Basic Law of Saudi-Arabia
    Article 1:
    „The Kingdom of Saudi Arabia is a sovereign Arab Islamic State. Its religion is Islam. Its constitution is Almighty God's Book, The Holy Quran, and the Sunna(Tradition) of the Prophet. Arabic is the language of the Kingdom. The City of Riyadh is the capital.“
    DE: „Das Königreich Saudi-Arabien ist ein souveräner arabisch-islamischer Staat. Seine Religion ist der Islam. Seine Verfassung ist die des Buches des Allmächtigen Gottes, der Heilige Koran und die Sunna (Tradition) des Gesandten. Arabisch ist die Sprache des Königreichs. Die Hauptstadt ist Riad.”
    Article 23:
    „The State shall protect the Islamic Creed, apply the Sharia, encourage good and discourage evil, and undertake its duty regarding the Propagation of Islam (Islamic Dawa).“
    DE: „Der Staat schützt den islamischen Glauben, wendet die Schari'a an, gebietet, was recht ist und verbietet, was verwerflich ist. Er erfüllt die Pflicht, (die Menschen) zum Islam einzuladen (Da'wa).”
    Article 45:
    „The Holy Quran and the Sunna (Tradition) of God's Messenger shall be the source for fetwas(religious advisory rulings). The Law shall specify hierarchical organization for the composition of the Council of the Senior Ulema, the Research Administration and the Office of the Mufti, together with their functions.
    DE: Der Heilige Koran und die Sunna (Tradition) des Gesandten Gottes sind die Quelle für Fatwas (religiös verbindliche Anweisungen). Das Gesetz bestimmt die hierarchisch organisierte Zusammensetzung des Rates der Ulema, der Forschungsverwaltung und des Mufti-Amtes sowie deren Funktionen.”
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