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1884

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Ereignisse

  • 1884: Theodor Fritsch (1852-1933) unternimmt einen neuen Anlauf zur Sammlung der zerstrittenen Antisemiten. Er gründete 1884 die „Deutsche Antisemitische Vereinigung“ mit Untergruppen in sächsischen Kleinstädten; 1885 gab er dazu die Zeitung „Antisemitische Correspondenz“ heraus. 1887 verfasste er den berüchtigten „Antisemitenkatechismus“, der alle judenfeindlichen Klischees sammelte, weit verbreitet wurde und bis 1945 immer neue Auflagen erlebte. Fritsch zog aus den Misserfolgen seiner Vorgänger den Schluss: „Unser Ziel muss es sein, alle Parteien mit dem antisemitischen Gedanken zu durchsetzen … Sobald wir als politische Partei auf den Plan treten, haben wir nicht mehr allein die Juden zu Gegnern, sondern zugleich alle anderen politischen Parteien.“
  • 1884: David Wolffsohn wird Mitinhaber und Filialleiter in Papenburg (Niedersachsen) der Holzhandelsfirma Bernstein (A. Bernstein), die dann als Bernstein & Wolffsohn firmierte. 1888 verlegte sie ihren Sitz nach Köln.
  • 1884: Emil Starkenstein geboren, Pharmakologe in Prag
  • 1884: Louis T. Grünberg geboren, jüdischer Komponist in Amerika
  • 1884: Arnold Zadikow in Kolberg geboren, Bildhauer, zu seiner Zeit neben Benno Elkan einer der führenden Vertreter moderner jüdischer Plastik in Deutschland; Bildnisbüsten, Grabdenkmäler; Statue „Der junge David“; von München aus, wo er u. a. viele Grabsteine auf dem Alten Israelitischen Friedhof gestaltet hatte, wurde er in die Vernichtungslager deportiert und kam dort 1943 ums Leben
  • 1884: Richard Salomon geboren, Historiker (Neuere Geschichte)
  • 1884: Marcel Cohen geboren, Orientalist
  • 1884: Ernst Kahn geboren, Journalist an der Frankfurter Zeitung
  • 1884: August Saenger geboren, Jurist (Handels- und Wirtschaftsrecht)
  • 1884: Fritz Noether geboren, Mathematiker (Breslau)
  • 1884: Richard Weiner geboren, tschechisch-jüdischer Schriftsteller
  • 1884: Felix Aaron Theilhaber (Sohn des Gynäkologen Adolf Theilhaber) in Bamberg geboren, Ethnologe und Schriftsteller; "Kampf um Gott, Volk und Land"
  • 1884: Elias Hurwicz geboren, beschäftigte sich mit Völkerpsychologie
  • 1884: Erich Frank geboren, Mediziner (Innere Medizin) in Istanbul
  • 1884: Siegfried Loewe geboren, Pharmakologe in Heidelberg
  • 1884: Andor Fodor in Budapest geboren, o. Prof. in Halle, seit 1923 Leiter des Chemischen Instituts Jerusalem, erfolgreiche Studien über die Kolloidchemie der Fermente
  • 1884: Gründung des Allgemeinen Rabbinerverbands in Deutschland (reorganisiert 1896) zur "Förderung der in deutschen Gemeinden tätigen Rabbiner in ihrer rechtlichen und beruflichen Stellung und bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit"
  • 1884: Gründung des "Admath Jeschurun" durch Rabbiner Spitzer
  • 2.1.1884–9.11.1938: John Höxter, geb. in Hannover, gest. in Berlin, Maler und Schriftsteller des Expressionismus, Dadaismus und der Bohème der Berliner Kunstszene am Anfang des 20. Jahrhunderts; die Künstler der Szene trafen sich zunächst im Café des Westens, später im Romanischen Café; bekannt wurde der morphiumabhängige (und sich zu seiner Sucht offen bekennende) Höxter durch seine Überlebenskunst als Edelschnorrer; zusammen mit George Grosz rief er die Satirezeitschrift Der blutige Ernst ins Leben; darüber hinaus schrieb er für die Zeitschrift Aktion; nach der Pogromnacht 1938 nahm sich Höxter das Leben; Werke: Apropoésies Bohémiennes. Privatdruck (vermutlich Berlin um 1935, Zeichnungen und Bilder Höxters); So lebten wir. 25 Jahre Berliner Boheme (1929, Biko-Verlag); Ich bin noch ein ungeübter Selbstmörder. Postskriptum Verlag, Hannover 1988 (Randfiguren der Moderne); Friedrich Hollaender schrieb über John Höxter: "Ich pendle langsam zwischen allen Tischen. / Ab zwanzig Uhr beherrsch ich dieses Reich. / Ich will mir einen edlen Gönner fischen / Vor mir sind Rassen und Parteien gleich. / Irrenärzte, Komödianten, / Junge Boxer, alte Tanten / Jeder kommt mal an die Reihe / Jeder kriegt von mir die Weihe: / Könn'se mir fumpfzig Pfennje borgen? / Nur bis morgen? / Ehrenwort!"
  • Januar 1884: Ritualmordvorwurf von Skurcz
  • 20.1.1884–31.5.1925: Jakob Naftali Simchoni (eigentlich Simchowitsch), geb. in Sluzk (Weissrussland), gest. in Berlin, jüdischer Gelehrter; "diwre jeme israel" (Geschichte Israels, Handbuch), 1922 ff.; hebräische Übersetzungen des Josephus
  • 2.2.1884–12.2.1955: Szöke Szakall, geb. in Budapest (als Jenö Gerö, genauer: B. Eugene Gerö Szakáll), gest. in Hollywood, ungarisch-amerikanisch-jüdischer Theater- und Filmschauspieler sowie Autor; bereits in seiner Schulzeit verfasste er erste Sketche und veröffentliche diese unter dem Pseudonym Szöke Szakall (= Blond-Bart); im ersten Weltkrieg diente er an der Ostfront, danach lancierte er seine Karriere als Schauspieler und Komiker an verschiedenen Theatern; seine Erfolge machten ihn schon bald im Ausland bekannt, und er ging zuerst nach Wien und dann nach Berlin, wo er als Autor und Komiker gleichermassen erfolgreich war; zum Film kam er durch Paul Davidson, der ihn als Autor für Filme von Reinhold Schünzel engagierte, doch schon bald überzeugte er als Komiker auf der Leinwand und startete eine beeindruckende Filmkarriere; Anfang der 1920er-Jahre übersiedelte Szakall nach Wien, wo er im Kabarett Leopoldi-Wiesenthal von Hermann Leopoldi auftrat; in den 1930er-Jahren war er nach Hans Moser der bedeutendste Vertreter des Wiener Komikerfilms; der Humor unterschied sich jedoch grundlegend von jenem Hans Mosers; während dieser seinen einzigartigen Humor in seiner oft schwer verständlichen, urtümlichen Ausdrucksweise und seiner Mimik und Gestik fand, glänzte Szakall mit einem intellektuell bissigen bis sadistisch-aggressiven Humor; zu den bekanntesten Stummfilmen von Szöke Szakall gehören "Der Himmel auf Erden" (1927), "Mary Lou" (1928), "Rutschbahn" (1928) und "Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht" (1929); doch erst der Tonfilm konnte die Talente des Komikers Szakall wirklich zur Geltung bringen; er überzeugte in den Filmen "Zwei Herzen im 3/4 Takt" (1930), "Kopfüber ins Glück" (1930), "Ich heirate meinen Mann" (1931), "Der Zinker" (1931), "Gräfin Mariza" (1932), "Eine Frau wie Du" (1933) und "Fräulein Lilli" (1936); als er von Joe Pasternak für "It's a Gift" nach Hollywood geholt wird, nutzt er die Gelegenheit, das ungemütliche Europa zu verlassen; in den USA fasste er schnell Fuss im Filmgeschäft und arbeitete unter dem Namen S. Z. Sakall zunächst für Universal, ab 1941 für Warner Bros., welche ihm dankbare Nebenrollen als komischen und gemütlichen Dicken anboten; zu den bekanntesten Filmen der 40er Jahren gehören "The Devil and Miss Jones" (1941), "Ball of Fire - Die merkwürdige Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss" (1941), "Yankee Doodle Dandy" (1942), "Casablanca (1942; darin in der Rolle des Ludwig Stössel die bekannte „What watch? – Ten watch – such much“-Szene), "Never Say Goodbye" (1946), "Cynthia" (1947) und "It's a Great Feeling - Judy erobert Hollywood (1949); in den 50er Jahren agierte er weiterhin erfolgreich auf der Leinwand in Filmen wie "Montana" (1950), "Sugarfoot" (1951), "It's a Big Country" (1951) und "Small Town Girl" (1953); weitere Filme mit Szöke Szakall (Darsteller, Drehbuch): Az ujszhülött apa - Der neugeborene Vater (1916); Suszterherceg - Schusterherzog (1916); A dollarneni - Die Dollartante (1917); Az önkentes tüzolto - Der freiwillige Feuerwehrmann (1918); Hallo Caesar! (1926); Wenn das Herz der Jugend spricht (1926); Da hält die Welt den Atem an (1927); Familientag im Hause Prellstein (1927); Der fidele Bauer (1927); Einladung zum Nachtessen (1928); Grossstadtschmetterling (1929); Zweimal Hochzeit (1930); Komm' zu mir zum Rendezvous (1930); Susanne macht Ordnung (1930); Der Hampelmann (1930); Ihre Majestät die Liebe (1930); Die Faschingsfee (1931); Ihr Junge (1931); Walzerparadies (1931); Der Stumme von Portici (1931); Meine Cousine aus Warschau (1931); Die Frau von der man spricht (1931); Die schwebende Jungfrau (1931); Der unbekannte Gast (1931); Ein harmloser Fall (1932); Mädchen zum Heiraten (1932); Melodie der Liebe (1932); Ich will nicht (1932); Besserer Herr gesucht zwecks... (1932); Ich will nicht wissen, wer du bist (1932); Mein Name ist Lampe (1932); Immer die Motorradfahrer (1932); Ahoi, Ahoi (1932); Eine Stadt steht Kopf (1932); Kaiserwalzer/Audienz in Ischl (1932); Glück über Nacht (1932); Muss man sich gleich scheiden lassen? (1932); Streichquartett (1932); Eingetragener Verein (1933); Jubiläum (1933); Es war einmal ein Musikus (1933); Grossfürstin Alexandra (1933); Abenteuer am Lido (1933); Pardon, tevedtem - Skandal in Budapest (1933); Mindent a nöert - Alles für die Frau (1933); Frühlingsstimmen (1933); Der Liebesfotograf (1933); Wenn du jung bist, gehört dir die Welt (1933); Helyet az öregeknek - Ende schlecht - alles gut (1934); Bretter, die die Welt bedeuten (1935); 4 1/2 Musketiere (1935); Das Tagebuch der Geliebten (1935); Baratsagos arcot kerek! - Bitte recht freundlich (1935); Mircha/Bubi (1936); The Lilac Domino (1937); It's a Date (1940); Florian (1940); My Love Came Back (1940); Spring Parade (1940); The Man Who Lost Himself (1941); That Night in Rio - Carioca (1941); Broadway (1942); Seven Sweethearts (1942); The Human Comedy (1943); Wintertime (1943); Thank Your Lucky Stars (1943); Shine On Harvest Moon (1944); Hollywood Canteen (1944); Christmas in Connecticut (1945); The Dolly Sisters (1945); San Antonio (1945); Cinderella Jones (1946); Two Guys From Milwaukee (1946); The Time, the Place and the Girl - Der Himmel voller Geigen (1946); Wonder Man - Der Wundermann (1947); April Showers (1948); Romance on the High Seas - Zaubernächte in Rio (1948); Embraceable You (1948); Whiplash (1948); My Dream is Yours - Mein Traum bist du (1949); Look for the Silver Lining (1949); In the Good Old Summertime (1949); Oh, You Beautiful Doll! (1949); The Daughter of Rosie O'Grady (1950); Tea for Two - Bezaubernde Frau (1950); The Lullaby of Broadway - Das Wiegenlied vom Broadway (1951); Painting the Clouds with Sunshine (1951); Serie "Ford Television Theatre: Yours for a Dream" (1954); The Student Prince - Alt-Heidelberg (1954); - Szakall war zweimal verheiratet; seine erste Frau, Giza Grossner, starb bereits 1918; 1920 heiratete er Anne Kardos
  • 2.2.1884–17.1.1968: Julius Deutsch, geb. in Lackenbach/Burgenland, gest. in Wien, Politiker, Dr. iur., Sozialdemokrat, Gewerkschaftsführer; 1918-1920 organisierte er als österreichischer Staatssekretär, Ministerium für Heerwesen, die Volkswehr, danach den Republikanischen Schutzbund, den er 1923-1934 leitete; 1920-1933 Abgeordneter im Nationalrat; dann Flucht in die CSR und nach Spanien, wo er als General 1936-1939 die republikanische Truppe organisierte; 1939 ging er nach Paris, 1940 in die USA; dort war er 1942-1945 im US-Geheimdienst tätig; 1946 kehrte er nach Wien zurück und leitete verschiedene Verlagsanstalten Österreichs; er war verheiratet mit der Schriftstellerin Adrienne Thomas; Hauptwerke: Aus Österreichs Revolution, 1922; Wehrmacht und Sozialdemokratie, 1927; Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung, 2 Bände, 1929-1932; Der Bürgerkrieg in Österreich, 1934; Wesen und Wandlung der Diktaturen, 2. Aufl. 1963; Memoiren ("Ein weiter Weg"), 1960
  • 7.3.1884–7.12.1950: Salomon Kaplansky (Solomon Kaplansky / Schlomo Kaplansky / Shlomo Kaplansky), geboren in Bialystok (Polen), gest. in Haifa, zionistischer Politiker, Sozialist, Führer der Poale-Zion-Bewegung, für die er 1904-1912 in Wien (seit 1904 Redakteur des Organs der österreichischen Poale Zion, "Der jüdische Arbeiter"; 1906 verfasste er das Programm der Gesamtpartei; 1907 Mitbegründer und seither erster Sekretär des Welt-Verbandes der Poale Zion), 1912-1919 in Palästina (seit 1912 in Palästina Leiter des Arbeitssekretariats des Poale-Zion-Verbandes; 1913-1919 Sekretär im Hauptbüro des Keren Kajemeth; verfasste 1915 für die Sozialistische Internationale die Denkschrift "Die Juden im Kriege" und andere Schriften), 1920-1924 in London (Vertreter der Poale Zion bei der englischen Labour Party) wirkte (sein Interesse galt insbesondere der genossenschaftlichen Agrarkolonisation und der Aufklärung über den Zionismus in der Sozialistischen Internationale, in deren Exekutive er die Poale Zion vertrat); Ende 1924 Übersiedlung nach Palästina, seither dort Mitglied der zionistischen Exekutive (zuständig für Finanz- und Wirtschaftsfragen, Mitglied des Direktorium des Keren Hajessod, Leitung des landwirtschaftlichen Kolonisationsdepartements; seit 1928 Leiter der Wirtschaftszentrale der Histadrut ho-owedim); 1932-1950 Leiter des Technikums in Haifa
  • 8.3.1884–2.11.1974: Richard Kroner, geb. in Breslau, gest. in Mammern/Thurgau, Philosoph, wurde 1919 Prof. in Freiburg i. Br., 1924 in Dresden, 1928 in Kiel (bis 1935), 1938 emigrierte er nach England, 1941 als Prof. nach New York; er behandelte besonders Religionsphilosophie; Werke: Von Kant bis Hegel, 1921-1924 (2 Bände); Die Selbstverwirklichung des Geistes, 1928; Kulturphilosophische Grundlegung der Politik, 1931; The religious function of imagination, 1941; The primacy of faith, 1951; Speculation and revelation in the history of philosophy, 3 Bände, 1957-1961; Between faith and thought, 1966; Freiheit und Gnade, 1969
  • 12.3.1884–16.8.1961: Hugo Hirsch; der am 12. März 1884 in Birnbaum/Warthe in der damaligen Provinz Posen geborene Hugo Hirsch zählt neben Jean Gilbert und Walter Kollo zu den "Altmeistern" der Berliner Operette; nach einem Medizinstudium in Breslau wechselte er auf das Stettiner Konservatorium und kam endlich nach Berlin, wo er bei Johannes Doebber studierte; seine Werke werden bestimmt durch Verzicht auf falsche Sentimentalität, eine eingängige und rhythmusbestimmte Musik und eine ebenso kesse wie frivole Note; die Nachfrage im Deutschen Reich war gross; 1912 wurden in Breslau und in Düsseldorf seine ersten Vaudeville-Operetten gespielt; populär wurde das Titellied der Posse "Geh´n se bloss nicht nach Berlin" von und für Otto Reutter, ein Evergreen das von Trude Hesterberg interpretierte Lied "Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht" aus dem 1920 in Barnowskys Deutschem Künstlertheater in der Nürnberger Strasse uraufgeführten musikalischen Schwank "Die Scheidungsreise"; mit gut funktionierender Unterhaltung, leicht fassbaren Melodien und witzigen Libretti gelingt Hirsch ein Erfolg nach dem anderen: 1922 "Die tolle Lola", 1923 "Dolly" und "Der Fürst von Pappenheim" mit Willi Kollos Hit "Und zum Schluss, ganz zum Schluss schuf der liebe Gott den Kuss"; 1924 läuft das Stück unter dem Titel "Toni" am Londoner Shaftesbury Theatre über ein Jahr lang en suite; exotisch wird es mit der Figur des Japaners Itzi Katzu in "Senora", die auf Lehárs "Land des Lächelns" ebenso ausstrahlt wie auf Paul Abrahams "Blume von Hawaii"; 1925 gibt es in Berlin vier Hirsch-Uraufführungen: Im Operettenhaus am Schiffbauerdamm wird "Komm doch endlich" gespielt, im Theater am Schiffbauerdamm "Der blonde Traum", im Lessingtheater "Die Abenteuer des Herrn Meiermax" und im Deutschen Künstlertheater "Monsieur Troulala"; auf dem Höhepunkt seines Ruhms zieht sich Hugo Hirsch ins Lebenskünstlertum zurück, skizziert Melodien und lässt diese dann orchestrieren, z. B. von dem kaum achtzehnjährigen Franz Grothe für die Revue "Wieder Metropol"; 1933 emigriert Hugo Hirsch nach London, später lebt er in Belgien und in Frankreich, wo er gemeinsam mit seiner nichtjüdischen Frau den Krieg überlebt; nach seiner Rückkehr ins Berlin der 50er Jahre werden zwei seiner Operetten verfilmt, 1952 "Der Fürst von Pappenheim" mit Victor de Kowa, Hannelore Schroth, Grethe Weiser und Georg Thomalla, 1954 "Die tolle Lola" mit Grethe Weiser, Wolf Albach-Retty und Walter Giller; Hugo Hirsch schrieb auch einen "Max-Schmeling-Marsch" und einen "Marsch der deutschen Republik"; fast vergessen stirbt er am 16. August 1961 in Berlin
  • 13.3.1884–30.10.1953: Leonid Kreutzer, geb. in St. Petersburg, gest. in Tokio, Klaviervirtuose und Klavierpädagoge deutsch-jüdischer Abstammung; der Sohn deutsch-jüdischer Eltern war Schüler von Alexander Glasunow und damit Enkelschüler von Nikolai Rimski-Korsakow und Schüler von Anna Jessipowa, die ebenfalls am Sankt Petersburger Konservatorium unterrichtete; er lebte als Pädagoge und Pianist zuerst in Leipzig, später dann von 1921-1933 in Berlin, wo er an der Hochschule für Musik lehrte; er gab musikalisch und technisch anspruchsvolle Klavierabende, die häufig bestimmten Komponisten oder Themen gewidmet waren; zusammen mit Frieda Loebenstein war er auf der schwarzen Liste ("zu erledigende Aufräumungsarbeiten") von Rosenbergs "Kampfbund für deutsche Kultur"; er emigrierte deshalb bereits 1933 in die USA und wanderte 1938 nach Tokio aus, wo er 1953 verstarb; Leonid Kreutzer schrieb eines der ersten Werke über den systematischen Gebrauch des Pedals beim Klavierspiel ("Das normale Klavierpedal vom akustischen und ästhetischen Standpunkt", 1915); ausserdem gab er beim Ullstein Verlag die Werke Chopins heraus
  • 12.4.1884–6.10.1951: Otto Meyerhof (Otto Fritz Meyerhof), geb. in Hannover, gest. in Philadelphia/Pa., Mediziner (Physiologie) in Heidelberg; 1918 Prof. in Kiel;seit 1929 Direktor des Instituts für Physiologie im Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg; 1938 Emigration nach Paris, 1940 in die USA (dort Prof. an der Univ. Pennsylvania); erforschte die chemischen Vorgänge und Energieumwandlung bei der Muskelarbeit; hierfür 1922 Nobelpreis für Medizin (mit Archibald Hill, Nichtjude); nach ihm wird der Quotient zwischen verschwundener und verbrannter Milchsäure im Muskel benannt; Hauptwerk: Die chemischen Vorgänge im Muskel, 1930
  • 18.4.1884–14.5.1966: Ludwig Meidner. Geb. in Bernstadt an der Weide, Schlesien; gest. Darmstadt, deutsch-jüdischer expressionistischer Maler und Schriftsteller; Studium an der Breslauer Kunstakademie 1903-1905, ging dann nach Berlin; schon vor dem ersten Weltkrieg malte er apokalyptische Bilder; nach dem Krieg, an der er ab 1916 teilnahm, wurden seine Motive und Zeichenstil ruhiger; er emigrierte 1939 nach London, nachdem er im nationalsozialistischen Deutschland als „entarteter“ Künstler verfolgt worden war; 1953 kehrte er nach Deutschland zurück; Prosaarbeiten: „Im Nacken das Sternenmeer“, 1916; „Septemberschrei“, 1918 (1920?); seine Ehefrau war die – ebenfalls jüdische – Grafikerin und Malerin Else Meidner (1901-1987)
  • 27.4.1884–29.3.1956: Erich Wolfsfeld, geb. in Krojanke, gest. in London, deutsch-jüdischer Maler, Grafiker, Professor für Radierkunst; in einer westpreussischen Kleinstadt geboren, wuchs Erich Wolfsfeld in Berlin auf; 1902-1913 studierte er an der Berliner Hochschule für die Bildenden Künste, u. a. bei Konrad Böse, einem Menzel-Schüler, und widmete sich speziell der Technik der Ätz-Radierung; er verbrachte auch Studienaufenthalte in Rom und London und lernte einige Zeit bei Jules Lefebvre an der Académie Julien in Paris; bereits um 1915 setzte eine rege Rezeption von Wolfsfelds grafischem Werk ein; 1920 wurde er zum Professor für Malerei und Radierkunst berufen; 1924 fusionierte seine Hochschule zu den "Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst" unter der Leitung von Bruno Paul; 1928 reiste er in die Türkei, nach Marokko und Ägypten; arabische und orientalische Szenen gehören zu seinen bekanntesten Motiven; 1936 wurde Erich Wolfsfeld als Jude aus dem Lehramt entlassen; 1939 gelang ihm die Auswanderung nach England, wo er weithin beachtete Ausstellungen hatte
  • 25.5.1884–15.3.1947: Jean-Richard Bloch, geb. und gest. in Paris, französisch-jüdischer Schriftsteller und Kritiker; als Kommunist und Antifaschist war er ein Freund von Romain Rolland und nahm am Spanischen Bürgerkrieg 1936 teil; Novellen „Lévy“ (1912); Familienroman „Simler & Co.“ (deutsch 1927)
  • 27.5.1884–20.12.1968: Max Brod, vielfach begabter österreichisch-jüdischer Schriftsteller, Kulturphilosoph und Komponist, geb. in Prag, gest. in Tel Aviv; Dr. jur., in den 20er Jahren Ministerialbeamter, später (ab 1924) Feuilleton-Redakteur des Prager Tagblattes (Theater- und Musikkritiker; Mittlerrolle für tschechische Musik und Literatur; Förderer junger Talente: Hašek, Janáček u. a.); Freund von Franz Werfel und Franz Kafka, dessen literarischer Nachlassverwalter, Interpret und Biograph er wurde; früh Zionist (seit 1913); Mitbegründer des Jüdischen Nationalrates in Prag; Entwicklung von erotisch betontem Indifferentismus zu bewusst jüdischer Haltung; lebte seit 1939 in Tel Aviv, dort Dramaturg des Habimah-Theaters; Romantrilogie „Ein Kampf um Wahrheit“: „Tycho Brahes Weg zu Gott“, 1915; „Rëubeni, Fürst der Juden“, 1925 (dafür Staatspreis der ČSR); „Galilei in Gefangenschaft“, 1948 (dafür Bialik-Preis); - Biographien, Gedichte, Dramen, Essays, Abhandlungen (Auswahl): "Anschauung und Begriff", 1913 (streng philosophisch; gemeinsam mit Felix Weltsch); „Heidentum, Christentum, Judentum“, 1921; "Sozialismus im Zionismus", 1920; "Im Kampf ums Judentum", 1920;"Diesseits und Jenseits", 2 Bände, 1946 f.; auch erfolgreiche (Volks-) Operntexte (bzw. deren Übersetzung): "Jenufa"; "Schwanda, der Dudelsackpfeifer"; Jesus-Roman "Der Meister" (1952); Memoiren "Streitbares Leben" (1960; dort der Hinweis, in Prag seien die Juden eine Minorität innerhalb der deutschen Minorität gewesen); "Der Prager Kreis" (1966);weitere Werke: Tod den Toten, 1906; Schloss Nornepygge, 1908; Der kleine Lo; Die Höhe des Gefühls; Weiberwirtschaft, 1913; Jüdinnen, 1911; Arnold Beer; Eine Königin Esther; Das gelobte Land; Das grosse Wagnis; Franzi, 1922; Klarissas halbes Herz, 1923; Leben mit einer Göttin; -- Max Brods Bruder Otto wurde 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und 1944 nach Auschwitz, wo er in der Gaskammer den Tod fand; als Max Brod nach dem Krieg vom Schicksal seines Bruders erfuhr, gab ihm das den Anstoss, sich wieder besonders intensiv mit theologischen Themen zu beschäftigen, vor allem mit den Fragen: „Ist die Seele unsterblich?“ Und: „Wie lässt sich das Leiden der Welt mit dem Glauben an einen allmächtigen und allgütigen Gott vereinbaren?“ Während der Jahre 1938 bis 1947 hat Max Brod fast nichts publiziert; das Weltgeschehen und der private Schicksalsschlag, der Tod seiner Frau, hatten seine Kräfte gelähmt …
  • 29.5.1884–21.5.1963: Kurt Blumenfeld (Kurt Jehuda Blumenfeld), geb. in Marggrabowa / Ostpreussen, gest. in Jerusalem, führender Zionist, studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Freiburg/Breisgau und Königsberg; 1909 Parteisekretär/Propagandasekretär der Zionistischen Vereinigung für Deutschland (ZVfD); 1911-1914 Generalsekretär des zionistischen Weltverbandes; 1913/1914 Chefredakteur des zionistischen Zentralorgans "Die Welt"; 1924-1933 Präsident der Zionistischen Vereinigung für Deutschland; 1913 Heirat mit Jenny Hurwitz; 1914 erster Besuch in Palästina; 1933 Flucht dorthin; Direktor des Keren Hajessod (1936-1951) und Vorsitzender der Hitachdut Olej Germania; nach mehrjährigen Aufenthalten in New York zog Blumenfeld 1945 endgültig nach Palästina; er war seit Anfang der 30er Jahre mit Hannah Arendt befreundet; Hauptwerke: Erlebte Judenfrage. Ein Viertel-Jahrhundert deutschen Zionismus', 1962; Im Kampf um den Zionismus. Briefe aus fünf Jahrzehnten, Stuttgart 1976
  • 2.6.1884–3.6.1945: Zvi Koretz (Tsvi Kórets, Τσβι Κόρετς, Tzevi Koretz), geb. in Rzeszów, gest. in Tröbitz, Brandenburg, war der Grossrabbiner der jüdischen Gemeinde von Saloniki von 1933 bis 1945; in Galizien geboren, studierte Koretz in Berlin an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, wo er seinen Doktortitel in Philosophie und semitischen Sprachen erhielt; die Rolle, die Koretz in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Judenrats ausfüllte, ist umstritten
  • 15.6.1884–19.6.1962: Georg Altman, Regisseur und Theatermann
  • 7.7.1884–21.12.1958: Lion Feuchtwanger (Pseudonym J. L. Wetcheek), deutsch-jüdischer Schriftsteller, geb. in München, gest. in Los Angeles, Kalifornien; schrieb nach dem Studium der Geschichte, Philosophie, Philologie und Germanistik in München und Berlin Theaterkritiken für Jacobsohns „Schaubühne“; seit 1927 in Berlin; emigrierte 1933 nach Frankreich, dann in die USA (1940 in Südfrankreich interniert, konnte aber über Portugal in die USA fliehen, wo er bis zu seinem Tode in Kalifornien lebte); schrieb zunächst hauptsächlich Dramen, dann mit internationalem Erfolg historische und zeitgeschichtliche Romane: „Der tönerne Gott“, 1910; „Die hässliche Herzogin Margarete Maultasch“, 1923; „Jud Süss“ (Roman über Joseph Süss Oppenheimer), 1925; „Wartesaal-Trilogie“ (Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus), 1927-1939: 1. „Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz“, 1927-1930; 2. „Die Geschwister Oppermann“ (früherer Titel: „Die Geschwister Oppenheim“), 1933; 3. „Exil“, 1937-1939; „Pep J. L. Wetcheeks amerikanisches Liederbuch“ (ironische Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Glauben an die Kraft des Kapitals), 1928; „Erfolg“, 1930; „Josephus-Trilogie“ (Auseinandersetzung mit Flavius Josephus), 1931-1941: 1. „Der jüdische Krieg“, 1931-1932; 2. „Die Söhne“, 1934-1935; 3. „Der Tag wird kommen“, 1939-1941; „Die Geschwister Oppenheim“, 1933; „Der falsche Nero“ (eine in derAntike angesiedelte Satire auf Hitler und das Nazi-Regime), 1936; „Moskau 1937“ (Feuchtwangers Sicht der stalinistischen Sowjetunion aufgrund eigener Reiseerfahrungen), 1937; „Exil“, 1940; „Die Brüder Lautensack“, 1941; „Unholdes Frankreich“, 1942; „Simone“ (über die 15jährige Simone Planchard im gewaltsamen Widerstand gegen die Nazis in Frankreich; auch von Brecht dramatisiert), 1943; „Die Füchse im Weinberg“ (auch: „Der amerikanische Emissär“) (zum Niedergang des Ancien Régime im vorrevolutionären Frankreich), 1944-1946; „Venedig“, 1946; „Panzerkreuzer Potemkin“ (Erzählungen), 1946; „Narrenweisheit oder Tod und Verklärung des Jean-Jacques Rousseau“, 1950-1952; „Goya oder der arge Weg der Erkenntnis“, 1951; „Die Jüdin von Toledo“ („Spanische Ballade“), 1952-1954; „Jefta und seine Tochter“, 1955-1957; - 1944 war Feuchtwanger Mitbegründer des Aurora-Verlages in New York; vgl. noch Marta Feuchtwanger (1891-1987)
  • 12.7.1884–24.1.1920: Amadeo Modigliani (Amedeo Modigliani), geb. Livorno, gest. Paris, italienischer expressionistischer Maler und Bildhauer, der allerdings mehr der französischen Kunstgeschichte angehört; der Prototyp des ausgestossenen Künstlers; sephardischer Jude; ab 1906 in Paris; verband in melancholisch gestimmten Bildnissen und Akten einen das Gegenständliche begrenzenden Linienstil mit flächiger, von P. Cézanne angeregter Farbgebung. Kränkelte von Kindesbeinen an (zwei Tuberkuloseerkrankungen); schwer alkoholsüchtig durchlitt er zahlreiche künstlerische und psychische Krisen. Seine Alkoholprobleme und die Angewohnheit, sich in betrunkenem Zustand seiner Kleider zu entledigen, brachten ihm den Spitznamen „Modi“ ein, lautsprachlich abgeleitet von „maudit“ (verflucht). 1920 starb er 35-jährig. Seine hochschwangere Lebensgefährtin Jeanne Hébuterne wollte nicht ohne ihn weiterleben und stürzte sich am Tag nach seinem Tod aus dem Fenster. Modiglinanis bildhauerisches Werk entstand zwischen 1909 und 1915/16. Das benötigte Material stahl er zumeist auf Baustellen, da es ihm am nötigen Geld fehlte. Für seine im Herbstsalon 1912 ausgestellten Stelen erntete er nur Hohn und Spott. Daraufhin warf er einen Teil der Stelen in die Kanäle der Stadt. 1913/14 begann er mit den Arbeiten an Karyatidenfiguren, die jedoch unvollendet blieben, da er sich wieder vermehrt der Malerei widmete. – Literatur: André Salmon, Modigliani, 1926
  • 28.7.1884–21.12.1961: Kurt Landauer, jüdischer Kaufmann und Fussballfunktionär, geb. in Planegg, gest. in München; war in der Zeit von 1913 bis 1951 mit Unterbrechungen Präsident von Bayern München; 1933 verlor er seine Stelle als Leiter der Anzeigenabteilung bei den Münchener Neuesten Nachrichten, musste dann auch am 22.3.1933 sein Amt als Bayern-Präsident abgeben; später wurde er zwei Monate im KZ Dachau interniert und konnte 1939 in die Schweiz flüchten; nachdem er 1947 nach dem Krieg wieder nach München zurückgekehrt war, wurde er nochmals bis 1951 Präsident der Bayern.
  • 3.8.1884–9.6.1964: Louis Gruenberg, geb. in Brest-Litowsk, damals Polen, heute Weissrussland; gest. in Los Angeles, US-amerikanischer Pianist und Komponist; er lebte seit dem zweiten Lebensjahr in den Vereinigten Staaten; hier begann er auch seine musikalische Laufbahn und studierte Klavier bei Adele Margulies in New York; er ging dann jedoch nach Europa und vertiefte hier seine Ausbildung: Neben dem Kompositionsstudium in Berlin und Wien wurde er Schüler Ferruccio Busonis und begann 1912 eine erfolgreiche Pianistenkarriere; 1919 kehrte er in die USA zurück und verlegte den Schwerpunkt seines Wirkens auf die Komposition; daneben war er in verschiedenen Komponistenvereinigungen aktiv; Gruenberg war ein ausgesprochen produktiver und vielseitiger Komponist; er schuf zwölf Opern, Ballettmusik, vier Sinfonien, zwei Klavierkonzerte, ein Violin- und ein Cellokonzert, weitere Orchesterwerke, Kammermusik für unterschiedliche Besetzungen, Lieder und Klaviermusik; er war in seinen Werken nicht auf einen bestimmten Stil festgelegt und versuchte in vielen Kompositionen, Elemente des Jazz in die zeitgenössische klassische Musik einzubauen, dank seines Einfallsreichtums und seiner handwerklichen kompositorischen Geschicklichkeit hatte er mit dieser Stil-Verbindung einigen Erfolg; drei Oscar-Nominierungen brachten ihm seine Kompositionen für Filme wie "Arc de Triomphe" und "The fight for life" ein
  • 12.8.1884–12.8.1952: David Bergelson (auch: Dovid Bergelson oder David Bergelsohn); geb. in Ochrimowo, Russland, Gouvernement Kiew, heute Sarny, Ukraine; exekutiert in der Lubjanka bei der letzten stalinistischen "Säuberungsaktion" in der so genannten "Nacht der ermordeten Dichter", russ.: Ночь казнённых поэтов, vom 12. auf den 13. August 1952, jiddischer Romancier realistisch-sozialer Richtung; er beschrieb in Romanen, Erzählungen und Dramen eindringlich und mit zuvor nicht gekannter Subjektivität den Einbruch der modernen Zeit in die jüdischen Gemeinschaften Osteuropas und die Hoffnungslosigkeit vieler Juden, befasste sich in seinen Werken auch mit der bolschewistischen Revolution, später dann auch mit den Judenverfolgungen; sein Roman ‚Das Ende vom Lied gilt als Meisterwerk impressionistischer Erzählliteratur; David Bergelson entstammte einem chassidischen Umfeld, erhielt aber auch gleichzeitig eine säkulare Erziehung; seine ersten Erzählungen sind noch ganz dem Vorbild Tschechows verhaftet; Bergelson schrieb zunächst in Hebräisch und Russisch, der Erfolg stellte sich aber erst ein, als er in seiner Muttersprache Jiddisch zu schreiben begann, und zwar mit der Novelle Arum wogsal, die er noch auf eigene Kosten herstellen liess; 1917 gründete er in Kiew die Jidische Kultur Liga, 1921 verlegte er in bewusster Abwendung vom Kommunismus seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin, war aber als einer der bekanntesten und vermutlich auch bestbezahlten jiddischen Schreiber der 20er Jahre viel in Europa unterwegs und besuchte auch die Vereinigten Staaten und schrieb ab etwa 1925 für den New Yorker jiddischen Forward; 1926 kehrte er aus dem Berliner Exil nach Russland zurück, nachdem er seine antikommunistische Einstellung öffentlich als Irrtum erklärt hatte; in dieser Zeit empfing die jiddische Kultur staatlicherseits eine grosse Aufmerksamkeit und bewusste Förderung, so dass Bergelson glaubte, die Sowjetunion werde gemeinsam mit Polen die als "assimilatorisch" empfundenen Vereinigten Staaten als Zentrum jiddischer Kunst und Kultur bald überflügeln; von dieser Zeit an schrieb er auch für Blätter der kommunistischen jiddischen Presse, so z. B. Morgn Frayhayt in New York oder Emes ("Wahrheit") in Moskau; die Begeisterung hielt allerdings nicht lange an, und Bergelson kehrte wieder nach Berlin zurück und blieb bis zu Hitlers Machtergreifung, die ihn dann wieder veranlasste, erneut in die Sowjetunion zu gehen; dort wurde er ein Anhänger der Jüdisch-Autonomen Republik Birobidschan und war auch Mitglied des Jüdisch-Antifaschistischen Komitees während des Zweiten Weltkriegs; dennoch wurde er im Januar 1949 inhaftiert, im Geheimen wurde ihm der Prozess gemacht, und dreieinhalb Jahre später wurde er im Rahmen der judenfeindlichen Kampagne gegen "wurzellose Kosmopoliten" gemeinsam mit ca. 30 weiteren jüdischen Persönlichkeiten, darunter die 13 prominentesten jiddischen Dichter, Musiker und Schauspieler, hingerichtet und erst nach Stalins Tod rehabilitiert; 1961 brachte die Sowjetunion eine Ausgabe seiner Werke heraus; Werke (Auswahl): Arum wogsal, Warschau 1909 (erfolgreiche Novelle aus dem Kaufmannsleben, die begeisterte Artikel in der jiddischen Presse hervorrief; deutsch „Rings um den Bahnhof“, Berlin 1922); Noch alemen („Nach allem“), 1913 (Roman; gilt als sein bestes Werk; deutsch von Alexander Eliasberg unter dem Titel: Das Ende vom Lied, Berlin 1923; schildert die Generation des Übergangs, die die alten Traditionen verloren, dafür aber nichts Neues gewonnen hat, z. B. im öden Leben der "Mirel Hurwitz", die wie viele ihrer Bekannten mit ihrer Welt unzufrieden in eine Traumwelt flüchtet und sich gelangweilt in ihr Schicksal findet, anstatt irgend etwas zu tun ...; englisch 1977 unter dem Titel When All Is Said and Done); In vartunkelte Zeiten, Kiew 1917 (Roman); Eigens, Kiew 1918 (Sammelwerk, Herausgeber); Opgang ("Abgang"), Berlin 1922 (Roman); Sturmteg ("Stürmische Tage"), Kiew 1927 (Novellensammlung); Weltaus - Weltein, Warschau 1928 (Novellensammlung); Midas hadin, Moskau 1928 (Roman); Beim Dnjepr (2 Bde., 1932, 1936, Erziehungsroman, z. T. autobiographisch); Ausgaben (Auswahl): Ausgewählte Werke, 4 Bde., Berlin 1922; Ausgewählte Werke, 1 Bd., Moskau 1961; Roman: Das Ende vom Lied (deutsch 1965)
  • 1.10.1884–2.2.1953: David Katz, geb. in Kassel, gest. in Stockholm, Psychologe, wurde 1919 Prof. in Rostock, 1933 in Manchester, 1935 in London und 1937 in Stockholm; er arbeitete als Experimentalpsychologe besonders auf dem Gebiet der Sinnespsychologie; Werke (Auswahl): Die Erscheinungsweise der Farben und ihre Beeinflussung durch die individuelle Erfahrung, Leipzig 1911; Studien zur Kinderpsychologie, Leipzig 1913; Zur Psychologie des Amputierten und seiner Prothese, Leipzig 1921; Der Vibrationssinn, 1923; Der Aufbau der Tastwelt, 1925; Gespräche mit Kindern, Berlin 1927 (auf Basis gemeinsam mit seiner Frau, Rosa Katz [Dr. Rosa Katz-Heine, 1885-1976], durchgeführter Untersuchungen zur Psychologie der Kinder); Hunger und Appetit, 1932; Animals and men, 1937; Gestaltpsychologie, 1944; Psychologischer Atlas, 1945; Studien zur experimentellen Psychologie, 1953; er war auch Herausgeber des Handbuchs der Psychologie (1951)
  • 6.10.1884–9.11.1964: Felix Weltsch, geb. in Prag, gest. in Jerusalem nach Vollendung seines (zunächst unveröffentlichten) Hauptwerkes "Sinn und Leid", zionistischer Schriftsteller, Philosoph und Bibliothekar; Dr. iur. et Dr. phil.; gehörte zum Freundeskreis von Kafka und Brod; 1910-1939 Beamter an der Universitätsbibliothek in Prag, 1919-1938 Redakteur der zionistischen "Selbstwehr" in Prag, in der Nacht vor der deutschen Besetzung im März 1939 verliess er die CSR mit einer Gruppe von 150 Emigranten (darunter Brod), in Jerusalem seither Bibliothekar an der Hebräischen Universität; Hauptwerke: Nationalismus und Judentum, 1920; Das Rätsel des Lachens, 1935; Das Wagnis der Mitte, 1936; Parteien im Zionismus, 1937; Gnade und Freiheit (1920, hebr. "Schöpferischer Widerstand", 1940); Leben und Lehre Bergsons, 1947; weitere Werke: Anschauung und Begriff (gemeinsam mit Max Brod, 1913); Organische Demokratie (1918); Zionismus als Weltanschauung (mit Max Brod, 1925); Judenfrage und Zionismus (1929); Land der Gegensätze (1929); - zahlreiche Zeitschriftenaufsätze; Herausgeber des Jüdischen Almanachs (erschien jährlich im Verlag der Selbstwehr)
  • 18.10.1884–8.5.1986: Emanuel Shinwell, Baron Shinwell ("Manny Shinwell"), geb. u. gest. in London, britischer Politiker; 1922 als Kandidat der Labour Party erstmals zum Abgeordneten des Unterhauses gewählt und vertrat dort zunächst bis 1924 und dann wieder von 1928 bis 1931 den Wahlkreis Linlithgow; während der Amtszeit von Premierminister Ramsay MacDonald war er 1924 Parlamentarischer Sekretär im Ministerium für Bergbau; in der zweiten Regierung von MacDonald war er von 1929 bis 1930 zunächst Finanzsekretär beim Kriegsminister Thomas Shaw, im Anschluss war er bis 1931 wiederum Parlamentarischer Sekretär im Bergbauministerium; bei den Unterhauswahlen 1935 wurde er für den Wahlkreis Durham-Seaham wieder zum Mitglied des House of Commons gewählt und errang dabei einen Sieg über den früheren Premierminister MacDonald, der 1931 wegen der Bildung einer Koalition mit der Conservative Party aus der Labour Party ausgeschlossen worden war; obwohl Shinwell ein überzeugter Patriot war, lehnte er eine Beteiligung an der Koalitionsregierung von Winston Churchill während des Zweiten Weltkrieges ab; nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Sieg der Labour Party bei den Unterhauswahlen 1945 wurde er von Premierminister Clement Attlee zum Minister für Benzin und Brennstoffe ernannt und war damit verantwortlich für die Verstaatlichung der Bergwerke zur British Coal; wegen der Kritik an seiner drastischen Rationierung von Kohle während des harten Winters 1946/47 wurde er von Premierminister Attlee 1947 als Minister für Benzin und Brennstoffe entlassen und stattdessen am 7. Oktober 1947 zum Kriegsminister ernannt; dieses Amt behielt er bis 1950 und war danach bis zum Ende von Attlees Amtszeit 1951 Verteidigungsminister; bei den Wahlen 1950 wurde er wieder zum Abgeordneten des Unterhauses gewählt und vertrat bis 1970 den Wahlkreis Durham-Easington; nach dem Sieg der Labour Party bei den Wahlen 1964 und dem Amtsantritt von Harold Wilson als Premierminister wurde er Fraktionsvorsitzender im House of Commons; von diesem Amt musste er jedoch 1967 wegen des heftigen Widerstands gegen seine Befürwortung eines Beitritts des Vereinigten Königreichs zur EG zurücktreten; nach seinem Ausscheiden aus dem Unterhaus wurde er 1970 als Baron Shinwell zum Life Peer geadelt und erhielt damit einen Sitz im Oberhaus; dort war er als Einpeitscher (Whip) seiner Fraktion tätig, trat aber wegen des zunehmenden Einflusses linker Gruppen in der Labour Party von diesem Amt 1982 zurück; sein hundertster Geburtstag am 18. Oktober 1984 wurde parteiübergreifend gewürdigt
  • 21.10.1884–18.2.1973: Max Mack (eigentlich: Moritz Myrthenzweig), geb. in Halberstadt als Sohn eines Kantors, gest. in London, deutsch-jüdischer Filmregisseur, Pionier des deutschen Stummfilms; ab 1906 arbeitete er als Theaterschauspieler am Stadttheater Eisenach; Regiedebüt bei Vitascope 1911; von 1912 bis zum Ende des ersten Weltkriegs war er einer der produktivsten Filmschaffenden; 1913 führte er mit dem Publikumserfolg „Wo ist Coletti?“ die Kriminalkomödien in den deutschen Film ein; bereits 1915 hatte Ernst Lubitsch kleine Nebenrollen in Macks Filmen; 1916 veröffentlichte er gemeinsam mit Ewald André Dupont eines der ersten filmtheoretischen Bücher, „Die zappelnde Leinwand“; 1917 gründete er seine eigene Produktionsfirma, die Max Mack-Film GmbH; im Laufe seines Lebens ist Max Mack nachweislich an 138 Filmen beteiligt, überwiegend vor 1920; der Tonfilm bot ihm keine Arbeit mehr, als Jude war er nicht mehr erwünscht, er emigrierte nach Grossbritannien, wo er einen letzten Versuch unternahm, einen erfolgreichen Film zu drehen („Be Careful, Mr. Smith“), was ihm nicht mehr gelang, seine Filmkarriere war definitiv beendet; in London heiratete er eine gut situierte Witwe, um deren geistig behinderte Tochter er sich kümmerte; 1943 erschienen unter dem Titel „With a Sigh and a Smile. A Showman Looks Back“ seine Lebenserinnerungen; er starb im Alter von 88 Jahren in London
  • 1.11.1884–4.6.1950: Der Nister / Pinchas Kahanowitsch, geb. in Berditschew, Ukraine; umgekommen in einem sowjetischen Lager, jiddischer Schriftsteller und Dichter von grosser Originalität; Kahanowitsch veröffentlichte alle seine Werke unter dem Pseudonym "Der Nister" (auch: Der Nistor; jiddisch: דער נסתּר = der Verborgene); er gilt als der bedeutendste jiddische Schriftsteller der Sowjetunion; Pinchas Kahanowitsch wurde in eine chassidische Familie von Kaufleuten geboren; sein Vater war Fischhändler in Astrachan an der Wolga; durch seine Familie, die den Korschewer Chassiden nahe stand, erhielt er eine streng-traditionelle religiöse Erziehung; es war wohl seine Mutter als "fortschrittliches" Element seiner Familie, die sein Interesse für sozialistische und zionistische Ideen weckte; 1905 besuchte er den Po'alei Zion-Kongress; Pinchas studierte Pädagogik und begann als Zwanzigjähriger als Lehrer zu arbeiten; dieser Arbeit ging er auch noch lange Jahre neben seiner literarischen Tätigkeit nach; mit 23 Jahren veröffentlichte er in Wilna sein erstes Buch, wie alle seine Werke in seiner Muttersprache Jiddisch: Gedankn un motivn - lider in prose, eine Sammlung kurzer, meist philosophischer Betrachtungen; schon sein Erstling erschien unter dem Pseudonym "Der Nister", das er zeitlebens für alle seine weiteren Veröffentlichungen verwendete; das Pseudonym nimmt Bezug auf die alte chassidische Legende der 36 Gerechten, die verborgen vor der Welt und vor sich selbst als Rechtfertigung und Grundlage der Existenz der Welt dienen; um der Einberufung zur zaristischen Armee zu entgehen, verliess Kahanowitsch 1907 seine Heimatstadt und zog nach Schytomyr; hier gab er Privatunterricht in Hebräisch und setzte seine literarische Arbeit fort; er veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten und lernte Itzhok Lejb Perez kennen, den Kahanowitsch sehr verehrte; Peretz erkannte dessen literarisches Talent und förderte ihn, indem er ihm half, seine literarische Prosa Hecher fun der erd 1910 in Warschau zu veröffentlichen; 1912 heiratete Kahanowitsch Rochl Silberberg, eine junge Lehrerin aus Schytomyr; 1914 wurde ihre Tochter Hodel geboren; Kahanowitsch fand Arbeit in Kiew, die seine bis dato rechtlose Lage klärte, und zog mit seiner Familie offiziell nach Kiew; zwischen 1912 und 1920 veröffentlichte er eine ganze Reihe von Werken verschiedenster Gattungen (Gedichte, Erzählungen, Kindergeschichten) und entwickelte dabei allmählich einen unverwechselbaren, stark symbolistisch geprägten Erzählstil, der mit den Jahren immer raffinierter und komplexer wurde; 1920 zog er für einige Monate in die Musterkolonie nach Malakowka nahe Moskau und arbeitete hier als Lehrer für jüdische Waisenkinder, deren Eltern vorwiegend den zaristischen Judenpogromen von 1904 bis 1906 zum Opfer gefallen waren; Malakowka war zu dieser Zeit eine Art Labor für neue Konzepte moderner Kindererziehung, gleichzeitig wurde hier mit Literatur, Lyrik und Malerei experimentiert; er traf hier auf weitere jüdische Künstler und Intellektuelle, unter ihnen Dovid Hofstein, Leib Kvitko und Marc Chagall; Chagall hatte bereits eine Sammlung Kindergedichte von Kahanowitsch illustriert, Meiselech in fersn, erschienen 1918/19; wohl Anfang 1921 verliess Kahanowitsch Malakowka wieder und zog mit seiner Familie nach Kaunas in Litauen; da er dort grosse Schwierigkeiten hatte, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, entschloss er sich, wie viele andere russische Intellektuelle dieser Zeit, die Sowjetunion zu verlassen, und zog nach Berlin; von 1922 bis 1924 arbeitete er hier als freier Mitarbeiter der jiddischen Zeitschrift Milgroim (Granatapfel); in Berlin veröffentlichte er auch eine zweibändige Sammlung seiner symbolistischen Erzählungen unter dem Titel Gedacht; das Buch begründete einen ersten, bescheidenen literarischen Erfolg; als die Milgroim 1924 ihr Erscheinen einstellte, zog er mit seiner Familie weiter nach Hamburg, wo er zwei Jahre lang für die sowjetische Handelsmission arbeitete; 1926 kehrte Kahanowitsch in die Sowjetunion zurück und liess sich mit seiner Familie in Charkiw nieder; die Sammlung Gedacht wurde 1929 auch in Russland veröffentlicht, allerdings mit leichten Veränderungen; im selben Jahr erschien in Kiew ein weiterer Band mit Erzählungen, die wohl schon für die Berliner Ausgabe vorgesehen waren, unter dem Titel Fun meine giter; das komplizierte Geflecht von Metaphern in seinen Erzählungen, die in ihren Themen an die chassidische Mystik anknüpfen - besonders an die Kabbala sowie an die symbolistischen Erzählungen des Rabbi Nachman von Bratslav -, lassen ein Universum an Bildern und Gleichnissen entstehen, die an die romantischen Texte eines E.T.A. Hoffmann, aber auch an Volksmärchen, Kindergedichte oder Abzählreime erinnern; der hypnotische Rhythmus seiner langen Sätze gibt den Erzählungen einen rätselhaft archaischen Unterton; nicht zuletzt spiegeln sie aber auch den zunehmenden Druck wider, der zu jener Zeit durch das Sowjetregime auf jüdische Intellektuelle ausgeübt wurde; so wurde auch "Der Nister" Opfer der immer strenger werdenden sowjetischen Zensur; als die russische jiddische Zeitung Di royte velt (Die rote Welt) 1929 seine Erzählung Unter a ployt (Unterm Zaun) abdruckte, wurde er dafür heftig kritisiert; der damalige Präsident des russischen Verbandes Jiddischer Schriftsteller, Moyshe Litvakov, initiierte eine Verleumdungskampagne, an deren Ende sich "Der Nister" vom literarischen Symbolismus lossagen musste; er bemühte sich nun, seine literarische Arbeit im Sinne des vorherrschenden Sozialistischen Realismus zu verfassen und begann, Reportagen zu schreiben; diese gesammelten Reportagen erschienen 1934 unter dem Titel Hoiptstet („Hauptstädte“); in den frühen Dreissiger Jahren veröffentlichte er fast ausschliesslich als Journalist und Übersetzer, u. a. von Werke von Tolstoi, Victor Hugo oder Jack London; seine eigene literarische Arbeit beschränkte sich auf vier kleine Sammlungen mit Erzählungen für Kinder; zur selben Zeit begann er mit der Arbeit an seinem eigentlichen Hauptwerk: Di mischpoche Maschber (Die Familie Maschber bzw. Die Familie Krise, jidd. Maschber = dt. Krise), eine realistisch geschriebene, den Buddenbrooks vergleichbare Familiensaga zum jüdischen Leben in seiner Geburtsstadt Berditschev am Ende des 19. Jahrhunderts mit den drei Brüdern Mosche - stolzer Geschäftsmann, der dann Bankrott macht -, Luzi - ein skeptizistischer Mystiker und Wohltäter, der mutig-trotzig an die Ewigkeit des jüdischen Volkes glaubt, wohl eine Selbstdarstellung Kahanowitschs - und Alter - menschenfreundlicher Altruist - als Hauptakteuren; der erste Band der Familie Maschber erschien 1939 in Moskau; das Werk wurde von der Kritik fast einhellig gelobt, er schien rehabilitiert zu sein; doch der Erfolg währte nicht lange: Die limitierte Auflage des ersten Bandes war schnell ausverkauft, der Zweite Weltkrieg und der Einmarsch deutscher Truppen in die Sowjetunion 1941 machten eine zweite Auflage unmöglich; der zweite Band, seiner Tochter Hodel gewidmet, die bei der Leningrader Blockade verhungern musste, erschien erst 1948 in New York; das Manuskript eines dritten Bandes, dessen Fertigstellung "Der Nister" in einem Brief erwähnt, ist bis heute verschollen; eine deutsche Übersetzung der Familie Maschber wurde erstmals 1990 veröffentlicht; während des Zweiten Weltkriegs wurde Kahanowitsch nach Taschkent evakuiert; hier schrieb er Erzählungen über die Gräuel der Judenverfolgung im von den Deutschen besetzten Polen, die ihm von Bekannten aus erster Hand beschrieben worden waren; diese gesammelten Erzählungen erschienen 1943 unter dem Titel Khurbones in Moskau, wohin er zurückgezogen war, zusammen mit seiner zweiten Frau Lena Singalowska, einer Schauspielerin des damaligen jiddischen Kiewer Theaters; zeitgleich engagierte sich "Der Nister", wie seine jiddischen Schriftstellerkollegen Itzik Feffer, Peretz Markish und Samuel Halkin, in dem vom Intendanten des Jiddischen Staatstheaters Moskau, Solomon Mikhoels, geleiteten Jüdischen Antifaschistischen Komitee und verfasste Texte und Bittbriefe als Hilferufe gegen die nationalsozialistischen Pogrome; die Texte wurden u. a. auch in US-amerikanischen Zeitungen abgedruckt; 1947 wurde er nach Birobidschan nahe der chinesischen Grenze verbannt, um über eine vom Sowjetregime in dieser Gegend vorgesehene selbst verwaltete jüdische Siedlung zu berichten; 1949 wurde er schliesslich im Zuge der vom sowjetischen Staatsapparat befohlenen Ausrottung jüdischer Schriftsteller und der Vernichtung der jüdischen Kultur auf sowjetischem Boden verhaftet; er starb offiziellen sowjetischen Angaben zufolge am 4. Juni 1950 in einem unbekannten sowjetischen Gefängniskrankenhaus; während der Stalinzeit wurden die Werke Nisters, wie sämtliche jiddische Literatur, vollkommen totgeschwiegen; das änderte sich erst in den 60er Jahren; 1960 wurde sein Tod erstmals offiziell bestätigt; nach und nach erschienen wieder Fragmente aus seinen Werken in der 1961 gegründeten Zeitschrift Sowetisch Heimland; 1969 erschien eine Sammlung seiner Erzählungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Titel Widerwuks; die beiden Bände der Familie Maschber wurden zusammen 1974 in der Sowjetunion verlegt; "Der Nister" wurde somit schrittweise rehabilitiert, ohne dass dies je offiziell ausgesprochen worden wäre; der Nachdruck seiner Werke beschränkte sich zudem auf seine "realistischen" Schriften; -- als Figur erschien "Der Nister" im 2006 veröffentlichten Roman The World to Come (Dt. Die kommende Welt) von Dara Horn; -- Werke (Auswahl): Gedankn un motivn - lider in prose, Wilna, 1907; Hecher fun der Erd ("Höher von der Erde"), Warschau, 1910; Gesang un gebet, Kiew 1912 (Liedersammlung); Übersetzte Auswahlausgabe von Andersens Märchen, 1918; Meiselech in fersn ("Erzählungen in Versen"), 1918/19 (mit Illustrationen von Marc Chagall; mehrere Auflagen: Kiew, Warschau, Berlin); Gedacht, Berlin, 1922/23 (Sammlung fantastisch-visionärer Erzählungen, 2 Bde.); Fun meine giter, Kiew 1929 (pessimistisch gestimmte Erzählungen); Hoiptstet, Moskau, 1934; Sechs meiselech, 1939; Di mischpoche Maschber, Kiew 1939 (1. Band); Khurbones, Moskau, 1943; Di mischpoche Maschber, New York 1948 (2. Band); Dertseylung und eseyen, New York 1957; Widerwuks, Moskau (?) 1969
  • 6.-11. November 1884: "Kattowitzer Konferenz": Die Chovevei Zion-Mitglieder begrüssten PinskersAutoemanzipation“ enthusiastisch. Sie drängten Pinsker, die Entscheidung der westlichen Juden nicht abzuwarten, sondern sich sofort für eine Heimat in Eretz Israel ans Werk zu machen. Diskussionen mit Führern der Bewegung wie Moses Lilienblum, Hermann Schapira und Max Mandelstamm überzeugten ihn. Er war massgeblich an der Gründung der Chovevei Zion-Gruppe von Odessa beteiligt (dem damaligen Zentrum der Bewegung), die mit anderen Gruppen in Kontakt war. Pinsker war der Vorsitzende ihrer Gründungskonferenz im November 1884 in Kattowitz (die eine organisatorische Verbesserung der Zusammenarbeit der isolierten einzelnen Chowewe-Zion-Vereine zum Ziele hatte und beschloss, einen "Montefiore-Verband zur Förderung des Ackerbaus unter den Juden und zur Unterstützung der jüdischen Kolonisten in Palästina" zu gründen). Hier betonte er die Notwendigkeit der jüdischen Rückkehr zur Bearbeitung des Landes, vermied aber Diskussionen über Staatsbürgerschaft oder Unabhängigkeit, um die westeuropäischen Juden nicht zu befremden. – [Lit.: N. M. Gelber (Hrsg.), Die Kattowitzer Konferenz 1884, Protokolle, Wien-Brünn 1919]
  • 8.11.1884–9.12.1965: Frieda Wunderlich, geb. in Charlottenburg, gest. in East Orange/New Jersey im Exil, Volkswirtin, Sozialwissenschaftlerin, Sozialpolitikerin, erforschte die Themen Produktivität, Arbeitskräfte; 1919 Dr. phil. summa cum laude, 1924-1933 Dozentin und Professorin am Berufspädagogischen Institut in Berlin und Hrsg. der Zeitschrift "Soziale Praxis" (als Nachfolgerin von Ignaz Jastrow); 1925-1933 im Stadtrat von Berlin, 1930-1932 Mitglied des Preussischen Landtages für die DStP; sie emigrierte dann nach New York, lehrte Soziologie und Sozialpolitik u. a. an der New School of Social Research, NYC (diese Institution verleiht ab 1966 den Frieda-Wunderlich-Preis"); Hauptwerke: Handbuch der Kriegsfürsorge (Hrsg. Nationaler Frauendienst), 1916; Hugo Münsterbergs Bedeutung für die Nationalökonomie, 1920; Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Deutschland, 1925; Produktivität, Jena 1926; Kampf um die Sozialversicherung, 1930; Versicherung und Fürsorge, 1930; Labor under German Democracy, 1940; British Labor and the War, 1941; German Labor Courts, 1947; Farm Labor in Germany, 1960
  • 3.12.1884–2.5.1976: Lotte Leonard, geb. in Hamburg, gest. in Israel, viel bewunderte Sopranistin; sie studierte am Stern'schen Konservatorium in Berlin, ihre Lehrerinnen waren Anna Wüllner, Jeanette Grumbacher de Jong und für Gesang Therese Schnabel (geb. 1876); Lotte Leonard begann ihre Karriere 1910 und feierte bald grosse Erfolge, vor allem als Bach- und Händel-Interpretin, aber auch zeitgenössische Musik fand ihr Interesse; es folgten ausgedehnte Konzertreisen nach Holland, Belgien, in die Schweiz, nach Frankreich, Italien, Schweden und Polen; seit 1916 unterrichtete sie am Bernuth-Konservatorium in Berlin; weitere Tourneen, auch nach Nord- und Südamerika, schlossen sich an; 1933 ging sie mit ihrem Mann, dem Musikologen und Autor Heinrich Levy, nach Paris; 1940 Flucht nach Amerika; ihren Lebensabend verbrachte sie in Israel
  • 6.12.1884–23.4.1963: Jitzchak Ben Zwi (ursprünglich Isaak Schimschilewitsch), geb. in Poltawa/Ukraine, gest. in Jerusalem, Führer des Jischuw und zweiter Präsident des Staates Israel. Ben Zwi erhielt eine jüdische Erziehung im Cheder. Danach besuchte er ein russisches Gymnasium. 1905 begann er sein Studium an der Universität Kiew, das aber durch den Generalstreik in diesem Jahr unterbrochen wurde. Während der Pogrome von 1905 war er in der jüdischen Selbstverteidigungsorganisation von Poltawa aktiv und spielte eine wichtige Rolle in der Po´alei Zion, der zionistischen Arbeiterpartei, die 1906 in Poltawa gegründet wurde. 1907 liess sich Ben Zwi in Israel nieder und wurde als Delegierter der Po´alei Zion nach Den Hague zum achten Zionistischen Kongress entsandt. Er nahm an der Gründung der Bar Giora Selbstverteidigungsorganisation teil und 1909, gemeinsam mit der sozialistischen Führerin Rachel Yanait, die er 1918 heiratete, an der Gründung des Schomer, der Vereinigung der jüdischen Wächter in Eretz Israel. 1909 wurde er von der Po´alei Zion in die Türkei geschickt, wo er Verbindungen mit jüdischen Gemeinden und Arbeiterführern knüpfte. 1910 gründeten Ben Zwi und Rachel Yanait die erste hebräischsprachige sozialistische Zeitschrift Eretz Israels - „Ahdut"(Einheit). Später studierte er gemeinsam mit David ben Gurion Rechtswissenschaften in Istanbul. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er gemeinsam mit seinem Freund Ben Gurion von den ottomanischen Behörden aus Palästina ausgewiesen. Beiden gelang es, nach New York zu kommen, wo sie 1915 die HeChalutz-Bewegung in Amerika gründeten und in vielen Städten Zweigstellen eröffneten. 1918 kehrten beide als Soldaten der Jüdischen Legion der britischen Royal Fusiliers nach Palästina zurück. 1919 wurde Ben Zwi in das Zentralkomitee der Ahdut Ha´Avoda Partei gewählt und ein Jahr später in das Sekretariat der Histadrut – der Gewerkschaft der Arbeiter. Mit der Etablierung des Wa´ad Le´umi (des Nationalkomitees) 1920 wurde er in die Führung entsandt, zuerst als Mitglied, 1931 als Vorsitzender und 1945 als Präsident. Ab dem Gründungsjahr der Haganah, 1920, war Ben Zwi eine der prominentesten Persönlichkeiten in dieser Selbstverteidigungsorganisation des Jischuw. Sein Sohn Eli, ein Kibbutzmitglied, fiel im Unabhängigkeitskrieg. Nach der Staatsgründung war Ben Zwi für die Mapai Mitglied der Ersten und Zweiten Knesset (1949 und 1952). Nach dem Tod von Chaim Weizmann, 1952, wurde Ben Zwi zum zweiten Präsidenten des Staates Israel gewählt, 1957 und 1962 wurde er in diesem Amt bestätigt. Ben Zwi starb während seiner dritten Amtsperiode am 23. April 1963. Ben Zwi war der Leiter des Institutes für „Orientalische jüdische Gemeinden im Nahen Osten", das 1948 gegründet und später nach ihm benannt wurde. Sein wissenschaftliches Werk war der Erforschung jüdischer Gemeinden, der Geographie des Landes Israel, seiner antiken Bevölkerung, seinen Altertümern und Traditionen gewidmet.
  • 6.12.1884–26.8.1978: Bruno Eisner, geb. in Wien, gest. in New York, österreichischer Pianist
  • 16.12.1884–26.4.1945: Walter Behrendt (Walter Curt Behrendt; auch: Curt Walter Behrendt oder Berend), geb. in Metz, Deutschland, gest. in Norwich, Vermont, deutsch-jüdisch-US-amerikanischer Architekt, Stadtplaner und Autor; Dr.-Ing., er studierte an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, in München und Dresden; ab 1912 war er in preussischen Regierungsdiensten tätig, unter anderem 1912-1919 im Ministerium für Öffentliche Arbeiten und Gesundheitswesen, 1919-1926 im Ministerium für Wohnungsbau und Stadtplanung, 1927-1933 als Berater im Finanzministerium zuständig für die Aufsicht über alle öffentlichen Bauprojekte in Preussen; Behrendt war ab 1912 Mitglied im Deutschen Werkbund und ab 1926 in der Architektenvereinigung "Der Ring"; ausserdem war er Herausgeber einiger Zeitschriften und Zeitungen; 1934 emigrierte er in die USA und war dort in verschiedenen Bereichen, hauptsächlich im Wohnungsbau und in der Stadtplanung, tätig; 1937-1941 Prof. für Städte- und Wohnungsbau an der Universität Buffalo; 1941 erhielt er die US-Staatsbürgerschaft; Hauptwerke: Alfred Messel, 1911; Der Kampf um den Stil im Kunstgewerbe und in der Architektur, 1920; Städtebau und Wohnungswesen in den Vereinigten Staaten, 2. Aufl. 1927; Die holländische Stadt, 1928; Modern Building, 1937; publizistisch hervorgetreten vor allem mit seinen Beiträgen für die Frankfurter Zeitung
  • 1884–1885: Präsident der IKG Wien: Moritz Ritter von Borkenau
  • 1884–1918: Erich Cohn, begabter Schachspieler, im Krieg gefallen; war u. a. mehrfach Berliner Meister
  • 1884–1923: Michel de Klerk, jüd. Architekt, tätig in Amsterdam
  • 1884–1925: Karl Horwitz, deutsch-jüdischer Komponist
  • 1884–1926: Eugen Zak, Maler und Grafiker
  • 1884–1933: Charles „King“ Solomon, amerikanisch-jüdisches Gangster-Oberhaupt in Boston, kontrollierte während der Prohibition Schmuggel, Drogenhandel und die illegale Spielszene in ganz Neu-England
  • 1884–1941: Robert Genin, russisch-jüdischer Maler, geb. in Wisokoje/Smolensk, später tätig in München und Berlin
  • 1884–1942: John Hausmann, geb. in Hamburg, ermordet in Auschwitz am 26. August 1942, Kaufmann war Mitinhaber der bedeutenden Getreide- und Futtermittel-Import- und Exportfirma I. H. Friedländer & Co., Mitglied der Hamburger Börse, aktiv in der jüdischen Gemeinde, im CV, im Reichsbund jüdischer Frontsoldaten und in der liberalen Vereinigung; weit über Hamburg hinaus hat er wohltätige Einrichtungen grosszügig bedacht
  • 1884–1943: Ignacy Schipper (Schiper), Historiker und Zionist
  • 1884–1944: Ernst Behrendt, geb. in Bromberg, umgekommen in Auschwitz, Gewerkschaftssekretär, Sohn eines Zahnarztes, Gymnasium in Berlin, im ersten Weltkrieg Infanterist (EK), zwischen den Kriegen Bezirkssekretär des Gewerkschaftsbundes der Angestellten für Oberschlesien in Beuthen, dort Stadtverordneter der DDP, später Deutsche Staatspartei, Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, nach 1933 in der Auswandererberatung des Hilfsvereins der deutschen Juden in Beuthen und Berlin, 1943 wurde er mit seiner Frau nach Theresienstadt, 1944 nach Auschwitz deportiert
  • 1884–1946: Cheskija Josef Mischkovsky, Rabbiner
  • 1884–1950: Robert Mueller-Hartmann (Müller-Hartmann), geb. in Hamburg, gest. in Dorking/Surrey, Komponist, wirkte ab 1913 in Hamburg, hatte 1923-1933 einen Lehrauftrag der Universität Hamburg für Musiktheorie und war als Musikkritiker tätig; 1937 emigrierte er nach England; er schrieb Orchester-, Klavier- und Kammermusik, eine Ouvertüre, 1916, eine Symphonie, 1926, und "Aufgaben zur Harmonielehre", 1928
  • 1884–1954: Ludwik Hirszfeld (Ludwig Hirschfeld), Mediziner (Blutgruppenforschung) und Immunologe in Warschau; die heutigen Bezeichnungen der Blutgruppen A, B, AB und 0 wurden von ihm eingeführt; er war Mitbegründer der Polnischen Akademie der Wissenschaften
  • 1884–1961: Hugo Bunzl, geb. in Pressburg, gest. in London, Industrieller, seit 1904 in Wien, während des ersten Weltkriegs Österreichs führender Papierfabrikant, wurde wegen seiner vorbildlichen Sozialleistungen "Der rote Industriebaron" genannt; 1938 Emigration nach England, Ausweitung und Entwicklung des Unternehmens in 18 Ländern; sein Bruder Georg (1895-1976) übernahm das Unternehmen und trat auch als Kunstsammler und in der jüdischen Gemeindearbeit hervor
  • 1884–1964: Felix Deutsch, geb. in Wien, gest. in Boston/Mass., Psychiater, errichtete 1919 die Klinik für Organ-Neurosen, 1922 die Psychoanalytische Klinik, lehrte seit 1921 an der Universität Wien, emigrierte 1935 in die USA, wo er weiter lehrte und 1951-1954 Präsident des Psychoanalytischen Instituts war; Hauptwerk: Applied Psychoanalysis, 1949
  • 1884–1965: Friedrich Feigl, Maler (Nachimpressionist)
  • 1884–1965: Miriam Caroline de Rothschild; - Chateau de Bailgu (am Bois de Boulogne; in den 70er Jahren nach ihrem Tod an einen saudischen Prinzen verkauft); Stadtpalais/Av. de Foch; verheiratet mit Albert v. Goldschmidt-Rothschild (Frankfurt)
  • 1884–1966: Ha-Gaon Rabbi Jechiel Jaakov Weinberg (auch Yechiel Yaakov Weinberg, Yehiel Yaakov Weinberg oder Jehiel Jacob Weinberg; bekannter und anerkannter orthodoxer Rabbiner, Posek, bedeutender Talmud-Gelehrter und Rosch Jeschiwa (Rektor des Hildesheimer Rabbinerseminars, wo zu seinen berühmten Schülern u. a. Menachem Mendel Schneerson gehörte), Autor (u. a.) des seridei eish ("Überbleibsel des Feuers", Responsensammlung, 1961 ff.); er wurde in Polen geboren, studierte und wirkte in Litauen und ging nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Deutschland, studierte an der Universität Giessen (Abschluss Dr. phil.), unterrichtete am Hildesheimer Rabbinerseminar und wurde vermutlich auch dessen Rektor; in dieser Zeit wurde er, trotz Ablehnung des Konzepts in seiner Jugend, ein wichtiger Vertreter der Neo-Orthodoxie; die letzten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte er in Montreux in der Schweiz, wo er auch starb
  • 1884–1967: Casimir Funk (Kazimierz Funk), Mediziner (Physiologie) und Biochemiker in Warschau, entwarf als erster das Konzept der Vitamine (Beschreibung als eigenständige Gattung)
  • 1884–1970: Aby Attell (Abe Attell), erfolgreicher US-amerikanisch-jüdischer Boxer (Federgewicht), Champion 1903 und 1906-1912
  • 1884–1972: Miecyslaw Minkowski, geb. in Warschau, gest. in Zürich, Neurologe, ging 1911 nach Zürich, wurde dort 1926 Prof., 1928 Direktor der Neurologischen Universitäts-Poliklinik; seit 1925 Präsident der Jüdischen Vereinigung Zürich; Hauptwerke: Zum gegenwärtigen Stand der Lehre von den Reflexen, 1925 (frz. 1927); Die Poliklinik für Nervenkranke und das Hirnanatomische Institut, 1951
  • 1884–1973: Benzion Dinur/Dinaburg, geb. in Osteuropa, wirkte nach Studien in Bern, Berlin und Petrograd als Lehrer und zionistischer Funktionär, ab 1921 in Palästina, seit 1948 als Professor für jüdische Geschichte in Jerusalem. Sein Hauptwerk besteht in einer vielbändigen Darstellung der jüdischen Geschichte mit ausführlichen Quellenbelegen („jisrael be’artzo“, 1938; „jisrael ba-golah“ I,1-4 und II,1-6, 1926-1972). Dinur war der erste hebräisch schreibende Autor, der eine umfassende Geschichtsdarstellung aus zionistischer Sicht in Angriff nahm, konnte das Werk jedoch nicht vollenden.
  • 1884–1976: Eugene von Rothschild, aus der österreichischen Linie; Privatier, grosse Kunstsammlung; Schloss Enzesfeld; Exil: Er lebte überwiegend in Paris, später auf Long Island/USA und ab Ende der 50er Jahre in Monte Carlo; verheiratet 1. v. Schönborn-Buchheim; 2. Jeanne Stuart (1908-2003), Schauspielerin
  • 1884–1982: Margarete Turnowsky-Pinner, geb. in Kosten, Posen; gest. in Israel, deutsch-israelische Sozialarbeiterin und Autorin; sie stammte aus einer jüdischen Akademikerfamilie, die vor dem Ersten Weltkrieg nach Berlin gezogen war, studierte Nationalökonomie und beendete ihr Studium mit einem Abschluss als Dr. phil.; seit 1919 betreute sie ostjüdische Einwanderer ("Jüdisches Volksheim", Berlin) und leitete später den jüdischen Arbeitsnachweis in Berlin; 1928 bis 1930 war sie Mitarbeiterin des Verbandes jüdischer Frauen für Kulturarbeit in Palästina, 1930 bis 1933 war sie in leitender Position für den Stipendien- und Wohlfahrtsfonds des Kaufhauses Schocken tätig; 1933 emigrierte sie nach Palästina, wo sie lange Jahre in Tel Aviv lebte und ebenfalls als Fürsorgerin tätig war; Hauptwerke: Jewish Women of Palestine in Trade and Profession, 1948; Die zweite Generation mitteleuropäischer Siedler in Israel, Tübingen 1962
  • 1884–1984: Walter Berendson (Walter A. Berendson, Walter Arthur Berendsohn), geb. in Hamburg, gest. in Stockholm, Philologe, Literarhistoriker, Begründer der deutschen Exilliteraturforschung

Bücher

  • S. Buber (Hrsg.), Midrasch Leqach Tob, Wilna 1884 (Lekach tob, Pesikta sutarta, ein agadischer Commentar zum ersten und zweiten Buche Mosis von R. Tobia ben Elieser)
  • B. Heidingsfelder, Allgemeines Lexicon sämmtlicher jüdischen Gemeinden Deutschlands nebst statistischen und historischen Angaben, Frankfurt/M. 1884
  • The survey of Western Palestine, 9 Bde., London 1884

Zeitungen und Zeitschriften

  • 1884: Der Polnischer Jüdel, in London wöchentlich in jiddischer Sprache erscheinendes sozialistisches Blatt
  • 1884: La Verdad, in Smyrna in Spaniolisch erscheinend
  • Seit 1884 (bis 1938?): Deutsche Israelitische Zeitung (agudistisch, Hamburg und Regensburg, halbmonatlich, in deutscher Sprache) (Beilage: Die Laubhütte) (hrsg. Seligmann Meyer und seine Söhne Isaak und Jakob Meyer)
  • Seit 1884: Blatt des Oberrats badischer Israeliten, Karlsruhe (Kriegstr. 154), amtliches Organ, erschien unregelmässig, Auflage 1935: 1000 Expl.
  • Seit 1884: Familienblatt, in Magdeburg wöchentlich in deutscher Sprache erscheinende jüdische Zeitschrift
  • Seit 1884: Magyar Zsidó Szemle, in Budapest monatlich in Ungarisch erscheinende wissenschaftliche, in hohem Ansehen stehende Zeitschrift (bis 1939) (Wilhelm Bacher, Ludwig Blau)
  • Seit 1884: The Australian Jewish Herald
  • 1884–1888: Neue Jüdische Pester Zeitung, in Budapest erschienen
  • 1884–1893: Nieuwsblad voor Israëlieten, in Amsterdam wöchentlich in Holländisch erscheinende Zeitschrift
  • 1884–1920: Dr. Blochs Österreichische Wochenschrift. Centralorgan für die gesammten Interessen des Judenthums; Herausgeber: Joseph Samuel Bloch; erschien zwischen 1884 und 1920 dem Titel entsprechend jeweils wöchentlich; der Publizist und Politiker Joseph Samuel Bloch (1850-1923) zählte zu den profiliertesten Streitern im Kampf gegen den zunehmenden Antisemitismus in Österreich-Ungarn, dessen Repräsentanten der mehrmalige Reichratsabgeordnete wiederholt in aufsehenerregende Beleidigungsprozesse verwickelte; so erfolgte auch die Gründung der "Österreichischen Wochenschrift" ursprünglich in der Absicht, mittels eines offensiv agierenden Organs die Judenfeinde in ihre Schranken zu weisen; dabei richtete sich das Blatt unter seinem langjährigem Herausgeber vor allem gegen die einflussreiche, offen antisemitische christlich-soziale Bewegung um Karl Lueger; einen weiteren Schwerpunkt der "Österreichischen Wochenschrift", die bald nach ihrer Gründung zum offiziellen Organ der Wiener Kultusgemeinde wurde, bildete die oft sehr scharfe Kritik am Zionismus, dessen Kolonisationspläne der orthodoxe Gelehrte Bloch zwar grundsätzlich befürwortete, deren Führern er aber innenpolitisches Fehlverhalten bei der Umsetzung ihres Programms vorwarf

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