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Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien
Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien | |
---|---|
Gründer | Simon Wiesenthal, Ingo Zechner, Avshalom Hodik, Anton Pelinka, Brigitte Bailer-Galanda und Bertrand Perz |
Typ | Forschungsinstitut |
Gründung | 2012 |
Sitz | Wien |
Personen |
Simon Wiesenthal, Israelitische Kultusgemeinde Wien, Gemeinde Wien |
Schwerpunkt | Holocaust-Forschung |
Website | http://www.vwi.ac.at/ |
Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (Vienna Wiesenthal Institute, VWI) ist ein Forschungszentrum in Wien, das sich der Erforschung, Dokumentation und Vermittlung von allen Fragen widmet, die Antisemitismus, Rassismus und Holocaust, einschließlich dessen Vorgeschichte und Folgen, betreffen.
Entstehungsgeschichte
Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) ergriff im Jahr 2002 gemeinsam mit zahlreichen namhaften Institutionen die Initiative, ein internationales Shoah-Forschungszentrum in Wien zu errichten. An der Konzeption war der im September 2005 verstorbene Simon Wiesenthal noch persönlich beteiligt.
Im Dezember 2002 erfolgte eine Zusage der Stadt Wien, sich im selben Ausmaß an der Finanzierung des Vorhabens zu beteiligen wie die Republik Österreich. Im März 2008 wurde in einem Ministerratsvortrag schließlich auch die Unterstützung des VWI durch die Republik Österreich zugesagt. In der Folge konnte im Frühjahr 2009 der Bürobetrieb aufgenommen werden.
In der Vorlaufphase 2010 und 2011 soll der Grundstein für eine wissenschaftliche Fachbibliothek und ein eigenes Archiv (auf Basis der holocaustrelevanten Dokumente des Archivs der IKG) gelegt, diverse Veranstaltungsformate – Vorträge, Buchpräsentationen, Konferenzen und Workshops sowie mediale Interventionen im öffentlichen Raum in Erinnerung an die Shoah – konzipiert und erprobt und schließlich ein wissenschaftliches Forschungsprogramm vorbereitet werden. Der Beginn des Vollbetriebs ist für 2012 vorgesehen.
Die Finanzierung dieses Vollbetriebs erscheint mit der im Koalitionsabkommen der 2010 gebildeten rot-grünen Wiener Stadtregierung im Abschnitt „Verantwortungsvoller Umgang mit der Vergangenheit“ festgehaltenen Erklärung, das VWI „nach dem vorliegenden Konzept als Zentrum für Holocauststudien inklusive Forschung und Vermittlungsaspekten“ realisieren zu wollen, als weitgehend gesichert.
Organisation
Träger
Trägerorganisation des VWI ist ein Verein, zu dem sich noch in der Gründungsphase die Israelitische Kultusgemeinde Wien, das Dokumentationszentrum des Bundes Jüdischer Verfolgter des Naziregimes (Simon Wiesenthal Archiv), das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes DÖW, das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, das Institut für Konfliktforschung, das Jüdische Museum Wien und das IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften zusammengeschlossen hatten. Nach Auseinandersetzungen um die Nutzung des Archivs der Israelitischen Kultusgemeinde Wien verließen das Institut für Konfliktforschung und das IFK im November 2009 den Trägerverein, die Vertreter dieser Einrichtungen im Vorstand auch das Leitungsgremium des Instituts.[1]
Nach Beilegung der Auseinandersetzungen sowie der Unterzeichnung des Leihvertrages über die Nutzung der holocaustrelevanten Teile des IKG-Archivs durch den neuen Vorstand wurde der Trägerverein Anfang 2010 um das ITF - Task Force für Internationale Kooperation bei Holocaust-Bildung, Gedenken und Forschung bzw. das Zentrum für jüdische Kulturgeschichte an der Universität Salzburg erweitert. Der Aufbau des Instituts und die Vorbereitungen zur Aufnahme des Vollbetriebs erfolgen auf Basis des noch in der Gründungsphase entwickelten Stufenplans.
Gremien
Der Vorstand des VWI wird von den Trägerorganisationen beschickt, der Vorstand hat die höchste Entscheidungsbefugnis in allen organisatorischen Belangen des VWI. Zum Vorstands-Vorsitzenden wurde im Juni 2005 und neuerlich im Juni 2008 Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka gewählt, seine Stellvertreter waren Univ.-Doz. Dr. Bertrand Perz und HR Dr. Avshalom Hodik. Am 1. Januar 2009 wurde Dr. Ingo Zechner zum Geschäftsführer des VWI bestellt und nach dessen Rücktritt der Zeithistoriker Dr. Béla Rásky;[2] die Einsetzung einer wissenschaftlichen Direktion ist für 2011 geplant.
Im November 2009 traten nach erfolglosen Verhandlungen mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) über die Nutzung der von der IKG verwalteten Archive, welche eine wichtige Grundlage für die vorgesehene Forschungsarbeit des VWI darstellen würde, mehrere Vorstandsmitglieder (darunter der Vorsitzende Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka), der Geschäftsführer Dr. Ingo Zechner sowie 12 der 15 Mitglieder des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats im Protest zurück.[3] Nach der Darstellung des neuen, in der VWI-Vereinsgeneralversammlung vom 5. November 2009 gewählten Vorstandsvorsitzenden Univ. Prof. Dr. Georg Graf in der VWI-Pressekonferenz vom 12. Jänner 2010 entspricht der von ihm unterzeichnete Leihvertrag zwischen der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und dem VWI wortwörtlich der von seinen Vorgängern ausgearbeiteten Version: Die Auseinandersetzungen und der Rücktritt von Univ. Prof. Anton Pelinka seien – so Graf auf eine Anfrage – vielmehr auf persönliche Konflikte zwischen Pelinka und dem Präsidenten der IKG, Dr. Ariel Muzicant zurückzuführen gewesen.[4] Zu Stellvertretern des Vorstandsvorsitzenden wurde im November 2009 Univ.-Doz. Dr. Brigitte Bailer-Galanda und Dr. Ariel Muzicant gewählt.
In wissenschaftlichen Fragen kommt dem Internationalen Wissenschaftlichen Beirat eine Schlüsselrolle zu. Dieser umfasst mindestens 12 international anerkannte Experten, von denen mindestens neun im Ausland tätig sein müssen und maximal drei im Inland tätig sein dürfen. Besonderer Wert wird auf die interdisziplinäre Ausrichtung gelegt. Mitglieder und Mitarbeiter von ordentlichen Mitgliedern sind von Beiratsfunktionen ausgeschlossen. Wie der Vorstand wird der Beirat auf drei Jahre von der Generalversammlung gewählt. Dem Beirat gehörten per Februar 2011 folgende Mitglieder an (in alphabetischer Reihenfolge):
- Peter Black (United States Holocaust Memorial Museum)
- Gustavo Corni (Università degli Studi di Trento)
- Susanne Heim (Institut für Zeitgeschichte, München-Berlin)
- Robert Graham Knight (Loughborough University, Leicestershire)
- Éva Kovács (Institut für Soziologie, Ungarische Akademie der Wissenschaften, Budapest)
- Peter Longerich (Holocaust Research Centre, Royal Holloway, University of London)
- Dan Michman (International Institute for Holocaust Research, Yad Vashem, Jerusalem)
- Anthony Dirk Moses (Europäisches Hochschulinstitut, Florenz)
- Robert Jan van Pelt (School of Architecture, University of Waterloo, Ontario)
- Dieter Pohl (Universität Klagenfurt)
- Michael Rothberg (Holocaust, Genocide, and Memory Studies Initiative, University of Illinois)
- Sybille Steinbacher (Universität Wien)
Tätigkeitsschwerpunkte
Die Tätigkeit des VWI baut auf den drei Grundpfeilern Forschung, Dokumentation und Vermittlung auf. In diesen Bereichen widmet sich das Institut allen Fragen, die Antisemitismus, Rassismus und Holocaust betreffen, einschließlich dessen Vorgeschichte und Folgen.
Forschung soll im VWI international und interdisziplinär ausgerichtet sein und in zweierlei Form stattfinden: im Rahmen eines noch zu erstellenden Fellowship-Programms, das besonderen Wert auf die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses legt, sowie in Form von Forschungsprojekten flexibler Dauer. Zur Zeit befindet sich ein vom Internationalen Wissenschaftlichen Beirat initiiertes Projekt über die europäische Geschichte des Holocaust in Ausarbeitung. Seit November 2010 ist das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Forschung zusammen mit 20 anderen wissenschaftlichen Einrichtungen aus 13 Ländern auch im Konsortium des EU-Projektes „European Holocaust Research Infrastructure – EHRI“ vertreten.
Ziel der dokumentarischen Arbeit des VWI ist die Zusammenführung bislang verstreuter thematisch relevanter Archivbestände, deren Bewahrung und Erschließung durch Findmittel. Ein erster Schritt dazu ist die Mitarbeit an der Online-Plattform "ns-quellen.at", die vom VWI beim Wiener "Forschungsbüro. Verein für wissenschaftkliche und kulturelle Dienstleistungen" in Auftrag gegeben und im März 2011 abgeschlossen wurde. Die Digitalisierung der holocaustrelevanten Teile des IKG-Archivs hat mit den Arbeiten an den sog. Jerusalemer Beständen des Archivs im September 2010 begonnen. Für die Erschließung des Archivs wird die in Österreich weit verbreitete Archivdatenbank „scopeArchiv“ eingesetzt. Die Fachbibliothek des VWI befindet sich zur Zeit ebenfalls im Aufbau und umfasst zur Zeit ca. 3.500 Bände. Die Bibliothek des Instituts ist eine öffentliche zugängliche Präsenzbibliothek, deren Katalog über die Österreichische Verbundbibliothek eingesehen werden kann.
Veranstaltungen
Dem Bereich Vermittlung dienen Veranstaltungen wie Buchpräsentationen, mediale und/oder künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum im Gedenken an die Shoa sowie – nach Beginn des Vollbetriebs – voraussichtlich ein Ausstellungszentrum und eine Online-Plattform.
Die inzwischen zum Markenzeichen des VWI avancierten „Simon Wiesenthal Lectures“ versuchen, den aktuellen Stand der Holocaustforschung mit der Hilfe renommierter internationaler Forscher und Forscherinnen einem breiteren Publikum näher zu bringen. Sie finden regelmäßig, ca. alle zwei Monate, im Dachfoyer des Haus-, Hof- und Staatsarchivs am Wiener Minoritenplatz statt.
Einzelnachweise
- ↑ Anton Pelinka, Mein Abschied vom Wiener Wiesenthal Institut, Gastkommentar in der Zeitschrift profil, 16. November 2009; Ingo Zechner, Zensur durch Muzicant, Gastkommentar in der Zeitschrift profil, 8. Dezember 2009; Meldung zum Rücktritt des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats, profil vom 18. November 2009
- ↑ ORF-Online: VWI: Nach dem Streit beginnt nun die Arbeit; abgerufen am 15. Feb. 2011
- ↑ Anton Pelinka, Mein Abschied vom Wiener Wiesenthal Institut, Gastkommentar in der Zeitschrift profil, 16. November 2009; Ingo Zechner, Zensur durch Muzicant, Gastkommentar in der Zeitschrift profil, 8. Dezember 2009; Meldung zum Rücktritt des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats, profil vom 18. November 2009
- ↑ VWI-Pressekonferenz vom 12. Jänner 2010; abgerufen am 15. Feb. 2011
Weblinks
- Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien
- Forschungsbüro. Verein für wissenschaftliche und kulturelle Dienstleistungen
- Dieter Pohl: Vergessenes Wissen zum Holocaust – Interview zur achten Simon Wiesenthal Lecture, 16. Dezember 2010
- Kaschlgasse 4: Eine österreichische Geschichte
- "You Tube"-Kanal des Wiener Wiesenthal Instituts
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |