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Schabfigur

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Als Schabfiguren bezeichnet man Statuen von Heiligen, von denen Gläubige Material abschabten. Der so gewonnene Staub verfügte angeblich über übernatürliche Wirkung und wurde bisweilen gegessen. Kleine Madonnendarstellungen zu diesem Zweck nennt man Schabmadonnen.

Wallfahrts-Sakramentalie

Die an diversen Wallfahrtsorten käuflichen Schabmadonnen aus Ton waren eine verkleinerte Kopie des jeweiligen Gnadenbilds. Bis ins 20. Jahrhundert berühmt waren die geschwärzten Schabmadonnen aus Altötting (Schwarze Madonna) und diejenigen aus Einsiedeln, vom Volk auch „Laicheibli“ genannt. Letzteren maß man besondere Heilwirkung zu, da deren Ton angeblich Erde und Mörtel aus der Gnadenkapelle sowie Reliquienpartikel beigemengt waren.

Auch von hölzernen Figuren wurden noch im 20. Jahrhundert Späne abgehobelt, die mit Wasser aufgekocht und deren Sud als begehrtes Heilmittel getrunken wurde.

In der katholischen Kirche in Lateinamerika und auf den Philippinen sowie in der orthodoxen Kirche sind derartige Heilmittel weiterhin verbreitet.

Historische Erwähnung

In Griechenland schrieb man dem aus den Augen von Freskenfiguren abgeschabten Material besondere Heilkraft zu.[1]

Im Mittelalter wurde das Abschaben des Statuenmörtels oftmals als Zauberpraktik geahndet. Aus dem Innsbrucker Hexenprozess wird berichtet, die „dirn Berbel genant die sol vil kunst wissen, und wie sy das rot von sant Christoffelsbild aschabt und etwan van des tüfels bild, zauber domit zu triben“. Eine Südtiroler Urfehde aus dem Jahr 1507 berichtet davon, jemand habe bei einem Christophorus-Bild „das gemel vnd gemewr tief mit ainem messer herausgestochen vnd den morter mit mir haimgetragen“. Laut einem Visitationsbericht aus Gröden von 1685 hätten unverheiratete schwangere Frauen das Bild des Teufels in einer Kirche abgekratzt und die Mauerrestchen mitgenommen, um so eine Fehlgeburt einzuleiten.

Von der wunderbaren Wirkung des Staubes vom Grabmal des Martin von Tours berichtet Gregor von Tours:

„O du unbeschreibliche Mixtur! unaussprechliche Spezerei, Gegengift über alles Lob erhoben! Himmlisches Abführmittel, wenn ich mich des Ausdrucks bedienen darf, das alle ärztlichen Rezepte in den Schatten stellt, jedes Arom an süßem Duft übertrifft und stärker ist als alle Essenzen, das den Unterleib reinigt wie Skamoniensaft, die Lunge wie Ysop und den Kopf wie Bertramwurz, aber nicht allein die siechen Glieder wieder herstellt, sondern was viel mehr wert ist, die Flecken vom Gewissen reinigt.“[2]

Die Einsiedler Chronik von 1739 spricht davon, dass die erblindete Priorin Josepha von Rottenberg aus St. Katharinenthal durch ein wenig Staub von irdenen Bildern ihr Augenlicht zurückgewonnen habe. Von Geldmünzen, die das Bild Mariens tragen, wurden Metallspäne abgefeilt und als Medizin eingenommen.[3]

Der Brauch, Staub von Kultobjekten abzuschaben und zu essen, war auch in China und Tibet bekannt. Weitere Beispiele für sakramentales Essen sind die Schluckbildchen, Fraisensteine und sogenannten Schabsteine von Kultorten. Unter bestimmten islamischen Heilern ist es gebräuchlich, Koranverse mit Kreide auf eine Tafel zu schreiben, um sie dann mit Wasser abzuwaschen, das den Patienten zum Trinken gegeben wird.[4]

Literatur

  • Margarethe Ruff: Zauberpraktiken als Lebenshilfe, S. 154. Campus, Frankfurt 2003, ISBN 978-3593373805
  • Dominik Wunderlin: Mittel zum Heil. Religiöse Segens- und Schutzzeichen in der Sammlung Dr. Edmund Müller (=Kostbarkeiten aus dem Dolderhaus in Beromünster, Heft 7). Beromünster 2005, ISBN 3-9521775-9-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Liselotte Hansmann, Lenz Kriss-Rettenbeck: Amulett und Talisman. Erscheinungsformen und Geschichte. S. 125. Callwey, München 1966. Zitiert bei Manfred Brauneck: Religiöse Volkskunst. S. 275. DuMont, Köln 1979, ISBN 3-7701-0967-8
  2. Gustav Gugitz: Das kleine Andachtsbild in den Österreichischen Gnadenstätten in Darstellung, Verbreitung und Brauchtum, nebst einer Ikonographie. Ein Beitrag zur Geschichte der Graphik. Brüder Hollinek, Wien 1950, S. 3. Zitiert bei Manfred Brauneck: Religiöse Volkskunst. S. 155.
  3. Manfred Brauneck: Religiöse Volkskunst. S. 298.
  4. Heike Behrend: Photo Magic: Photographs in Practices of Healing and Harming in East Africa. Journal of Religion in Africa 33, 22 (August 2003): 129–145, ISSN 0022-4200, hier S. 139
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