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Francesco Schettino

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Francesco Schettino (* 14. November 1960 in Castellammare di Stabia, Provinz Neapel, Kampanien)[1] ist ein italienischer Kapitän. Er war verantwortlicher Schiffsführer bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia vor der Insel Giglio im Jahre 2012.

Familie und beruflicher Werdegang

Schettino lebt in der kleinen Gemeinde Meta di Sorrento in der Provinz Neapel. Er ist mit Fabiola Russo verheiratet, mit der er eine inzwischen erwachsene Tochter hat. Die Familie von Schettino ist seit Generationen eng mit der Schifffahrt verbunden. Nach dem Schulabschluss besuchte Schettino das Nautische Institut Nino Bixio in Piano di Sorrento. Anschließend arbeitete er bei der Fährgesellschaft Tirrenia. Im Jahr 2002 wechselte er zur Reederei Costa Crociere S.p.A. mit Sitz in Genua, der auch die Costa Concordia gehört. Costa Crociere ist eine Tochtergesellschaft der weltweit größten Kreuzfahrtreederei Carnival Corporation & plc. Schettino war dort zunächst Sicherheitsoffizier, er wurde später stellvertretender Kapitän und 2006 zum Kapitän eines Kreuzfahrtschiffs befördert.[2]

2010 verursachte Schettino im Hafen von Warnemünde als Kapitän der Costa Atlantica eine Beschädigung des an der Mole liegenden Kreuzfahrtschiffs AIDAblu. Ihm wurde vorgeworfen, dass er mit zu hoher Geschwindigkeit in den Hafen eingelaufen sei.[3] Die AIDABlu gehört auch der Reederei Costa Crociere. Es ist nicht bekannt, ob der Vorfall zu Konsequenzen geführt hat.

Havarie der Costa Concordia

Schettino war Kapitän der Costa Concordia, als das Schiff am 13. Januar 2012 um 21:45 Uhr vor der italienischen Insel Giglio mit einem Riff kollidierte, leckschlug und anschließend mit erheblicher Schlagseite auf Grund lag. Bei dem Unglück waren 4229 Personen an Bord, 32 Menschen verloren ihr Leben. Die italienische Staatsanwaltschaft hat Schettino deswegen angeklagt.

Schettinos Verteidigungslinie

Schettino hat sich bei den Hinterbliebenen der Opfer öffentlich entschuldigt. Er ist der Auffassung, dass ihn allenfalls eine Teilschuld trifft.[4] So beschuldigt er den Steuermann, dieser hätte zu spät auf seine Befehle reagiert und sei außerdem der italienischen Sprache nicht ausreichend mächtig.[5] Schettino weist darauf hin, dass es seine Entscheidung gewesen sei, das Schiff nach der Havarie mit dem Felsen in die Nähe des Hafens der Insel Giglio zu steuern. Dadurch wäre Schlimmeres verhindert worden.[6] Gutachter bezweifeln allerdings diese Aussage, da die Ruderanlage bereits nicht mehr funktionsfähig war. Allein Wind und Strömung hätten diese Schiffsbewegungen bewirkt.[7] Die riskante Annäherung an die Insel Giglio sei nach Schettions Darstellung ein Manöver gewesen, dass die Reederei aus Werbegründen grundsätzlich gerne sehen würde.[8] Dies wird von der Reederei nachdrücklich dementiert. Schettinos vorzeitiges Verlassen des Schiffs erklärt er mit einem Ausrutscher, durch den er in ein Rettungsboot gefallen sei. Mehrere Augenzeugen und eine Videoaufnahme der Feuerwehr widersprechen dieser Version.[9][10]

Reederei

Ende Juli 2012 hat die Reederei das Arbeitsverhältnis mit Schettino gekündigt.[11] Die Reederei hat sich von Schettino öffentlich distanziert und sagt, er habe schwerwiegende Fehler gemacht.[2] Die Kreuzfahrtgesellschaft einigte sich im April 2013 mit der italienischen Justiz auf einen Vergleich; gegen eine Strafzahlung von einer Million Euro – die Höchstsumme im italienischen Recht – wurden die Ermittlungen gegen das Unternehmen eingestellt.[12] Hinterbliebene und Geschädigte reagierten mit Empörung auf diesen Vergleich.[13] Nach Abschluss des Vergleichs wurde die Reederei auf ihr Verlangen im Prozess gegen Schettino als Nebenklägerin zugelassen.[13]

Gerichtsverfahren

Schettino wurde nach dem Unglück auf Antrag der italienischen Staatsanwaltschaft in der südtoskanischen Provinzhauptstadt Grosseto, zu deren Region die Insel Giglio gehört, in Untersuchungshaft genommen. Bereits wenige Tage später wurde er unter Hausarrestauflage aus dem Gefängnis wieder entlassen.[14] Im Zuge der Voranhörungen zum Prozess wurden fünf weitere Personen beschuldigt: der Krisenmanager der Reederei, der Steuermann des Schiffes sowie drei weitere Besatzungsmitglieder. Mit diesen Personen einigte sich der Staatsanwalt im Frühjahr 2013 auf einen Deal. Gegen ein Schuldeingeständnis wurden sie ohne Beweisaufnahme zu Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.[15] Schettino, dessen Verteidiger sich um eine ähnliche Verständigung bemüht hat, wird vom Staatsanwalt als Hauptschuldiger angesehen. Ein Deal wurde ihm deshalb nicht angeboten.[16]

Das Gericht in Grosseto eröffnete am 9. Juli 2013 den Strafprozess gegen Schettino.[17] Die Vorwürfe lauteten: mehrfache fahrlässige Tötung und Körperverletzung, fahrlässiges Herbeiführen der Havarie, vorzeitiges Verlassen des Schiffs sowie fehlende Kommunikation mit den Behörden.[18] Angesichts des großen internationalen Medieninteresses wurde in Grosseto für den Prozess eigens ein Theater zum Gerichtssaal umgewandelt. Das Gericht ließ 242 zivile Nebenkläger mit zusammen 62 Anwälten zu.[19] Der Staatsanwalt forderte am 26. Januar 2015 eine Gefängnisstrafe von 26 Jahren und 3 Monaten.[18] Schettinos Verteidiger, Domenico Pepe, forderte in seinem Plädoyer am 9. Februar 2015 einen Freispruch. Schettino habe der Mehrheit der Passagiere durch sein Handeln das Leben gerettet.[18]

Schettino wurde am 11. Februar 2015 erstinstanzlich zu 16 Jahren und einem Monat Freiheitsstrafe verurteilt.[20] Das Gericht verurteilte ihn wegen Schiffbruchs, fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Zudem muss er zusammen mit der Reederei hohe Schadenersatzforderungen von Zivilklägern begleichen. Bis das Urteil rechtskräftig wird, könnten noch zwei weitere Instanzen angerufen werden, das Berufungsgericht und schließlich das Kassationsgericht in Rom.[21] In diesem Fall wäre frühestens 2016 mit einem endgültigen Urteil zu rechnen.

Einzelnachweise

  1. Biography Francesco Schettino. IMBd.com Inc.. Abgerufen am 27. Juli 2014.
  2. 2,0 2,1 Profile: Capt Francesco Schettino. BBC News. 19. Juli 2013. Abgerufen am 27. Juli 2014.
  3. "Costa Concordia"-Kapitän: Schettino soll schon 2010 Unfall verursacht haben. Spiegel Online. 2. März 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  4. „Costa Concordia“-Kapitän gesteht Mitschuld ein. Online Focus. 15. August 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  5. Chaos-Kapitän Schettino beschuldigt Steuermann. Online Focus. 23. September 2013. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  6. Anhörung zum "Costa Concordia"-Unglück: Kapitän Schettino verteidigt sich. Spiegel Online. 18. Oktober 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  7. Jens Witte: "Costa Concordia"-Simulation: Die Märchen des Capitano. Spiegel Online. 26. April 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  8. "Costa Concordia": Kapitän macht Reederei für riskantes Manöver verantwortlich. Spiegel Online. 22. Januar 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  9. Zeuge im "Costa Concordia"-Prozess: Schettino soll selbst ins Rettungsboot gesprungen sein. Spiegel Online. 11. November 2013. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  10. Neues Video zeigt fliehenden Kapitän Schettino. stern-Online. 3. Dezember 2014. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  11. Unglücks-Kapitän Schettino und Costa-Reederei wetzen ihre Messer. Online Focus. 10. Oktober 2012. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  12. "Costa Concordia"-Prozess: Capitano dilettante vor Gericht. Spiegel Online. 8. Juli 2013. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  13. 13,0 13,1 Annette Langer: "Costa Concordia"-Prozess: Der hilfsbereite Capitano. Spiegel Online. 17. Juli 2013. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  14. Arresti domiciliari a Schettino. La Repubblica Firenze. 17. Januar 2012. Abgerufen am 27. Juli 2014.
  15. „Costa Concordia“-Fall: Staatsanwaltschaft arbeitet an Deals mit Angeklagten. Spiegel Online. 14. Mai 2013. Abgerufen am 27. Juli 2014.
  16. „Auf dem Schiff bin ich der erste nach Gott“. sueddeutsche.de. 3. Dezember 2014. Abgerufen am 3. Dezember 2014.
  17. „Costa Concordia“-Havarie: Kapitän Schettino ab Juli vor Gericht. Spiegel Online. 22. Mai 2013. Abgerufen am 29. Januar 2015.
  18. 18,0 18,1 18,2 Vor Urteil gegen Schettino: Die 6 wichtigsten Fragen. focus Online. 10. Februar 2015. Abgerufen am 10. Februar 2015.
  19. „Costa Concordia“-Prozess: Anklage fordert 26 Jahre Haft für Schettino. Spiegel Online. 26. Januar 2015. Abgerufen am 27. Januar 2015.
  20. 16 Jahre Freiheitsstrafe für Kapitän Schettino. In: NZZ. 11. Februar 2015, abgerufen am 11. Februar 2015.
  21. Udo Gümpel: „Schettino, der Experte in Schiffsunglücken, ein Unglück für Italien“. RTL Aktuell. 7. August 2014. Abgerufen am 26. November 2014.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Francesco Schettino aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.