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Diskussion:Todd Gitlin

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tachles, 7. Februar 2022:

Wie die «New York Times» in einem ausführlichen Nachruf vermeldet, ist am Samstag in einem Spital in Pittsfield, Massachusetts, der Aktivist, Autor und Akademiker Todd Gitlin verstorben. Er besass ein Haus in der Region und hatte am 31. Dezember einen Herzinfarkt erlitten. Gitlin wurde 79 Jahre alt und war 1963 als Präsident der «Students for a Democratic Society» (SDS) bekannt geworden. Die linke Organisation spielte eine wichtige Rolle bei der Protest-Bewegung gegen den Vietnam-Krieg.

Gitlin blieb jedoch stets ein unabhängiger Geist, der in zahlreichen Büchern auch kritisch gegenüber der Linken war. Bereits in den 1990er Jahren warnte Gitlin vor den Gefahren der «Identitäts-Politik», die ethno-kulturelle Anliegen über breitere, gesellschaftliche Ziele stelle. Während die Linke nach 1968 fleissig dabei gewesen sei, «die Englisch-Seminare an Unis zu übernehmen», hätte die machtbewusstere Rechte Amerikas unter Nixon und Reagan die Regierung übernommen.

Er hatte sich bereits beim SDS für die Überwindung der Apartheid in Südafrika engagiert und blieb bis in die letzten Monat als Organisator einer Gruppe von Denkern aktiv, die trotz unterschiedlicher Standpunkte gemeinsam gegen die Attacken von Republikanern auf die amerikanische Demokratie vorgehen wollen.

Unter über 20 Buch-Publikationen gilt «The Sixties: Years of Hope, Days of Rage» von 1987 als das wichtigste und einflussreichste. Hier schilderte Gitlin die Umwälzungen der Dekade aus eigener Erfahrung, stellt der Linken jedoch auch ein schwaches Zeugnis aus. Für eine Machtübernahme hätten Konzepte und Qualitäten gefehlt. Er hat daneben vielbeachtete Studien etwa über die Occupy-Bewegung geschrieben: «Occupy Nation: The Roots, the Spirit and the Promise of Occupy Wall Street» (2012) und war gefragter Kolumnist bei zahlreichen Publikationen wie der «New York Times», «Mother Jones» oder der «New York Review of Books». Unter seinen akademischen Positionen blieb er seit 2002 der Columbia University in Manhattan als Professor für Soziologie und Journalismus besonders eng verbunden.

Gitlin wurde am 6. Januar 1943 in Manhattan als Sohn eines Geschichtslehrers und einer Stenographie-Lehrerin geboren. Bereits mit 16 schloss er die renommierte Bronx High School of Science als Klassenbester ab und studierte anschliessend Mathematik an der Harvard University. Dort verliebte er sich in eine junge Kommunistin, die ihm die Augen Politik und Folk-Musik betreffend geöffnet hat. An Harvard lernte er zudem Tom Hayden und andere SDS-Aktivisten kennen. Damit begann ein langer und fruchtbarer Weg als Denker und Aktivist. Einen Karriere-Plan habe er dabei nie gehabt: «Ich dachte, dass mein Leben der (linken) Bewegung gehören wurde». Dennoch schloss Gitlin an Soziologie-Doktorat an der University of California, Berkeley, ab.