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Dekalog-Hirtenbrief

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Der sogenannte Dekalog-Hirtenbrief, den die katholische Deutsche Bischofskonferenz am 12. September 1943 veröffentlichte, war die schärfste gemeinsame Äußerung der Bischöfe gegen das nationalsozialistische Regime. Er trug den Titel Die Zehn Gebote als Lebensgesetz der Völker. Die Bischöfe erinnerten mit diesem Hirtenbrief durch die Verlesung in den Gottesdiensten die deutschen Katholiken unter anderem an das christliche Mordverbot (5. Gebot):[1]

„Tötung ist in sich schlecht, auch wenn sie angeblich im Interesse des Gemeinwohls verübt würde: An schuld- und wehrlosen Geistesschwachen und -kranken, an unheilbar Siechen und tödlich Verletzten, an erblich Belasteten und lebensuntüchtigen Neugeborenen, an unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen und Abstammung. Auch die Obrigkeit kann und darf nur wirklich todeswürdige Verbrechen mit dem Tode bestrafen.“[2]

„Tötung ist in sich schlecht“

Den Anstoß für eine gemeinsame Stellungnahme der Bischofskonferenz zu unveräußerlichen Menschenrechten gab im März 1943 der Hildesheimer Bischof Joseph Godehard Machens, als katholische „Zigeunerkinder“ aus Heimen seiner Diözese abgeholt wurden. Der Breslauer Vorsitzende Kardinal Adolf Bertram gab den Impuls weiter an das (rheinisch-westfälische) Kevelaerer Bischofskonveniat, dem der Kölner Erzbischof Frings vorsaß. Über den Münsteraner Moraltheologen Peter Tischleder und Dompropst Adolf Donders entstand ein Entwurf, den Frings in die Bischofskonferenz einbrachte. Bischof Preysing sprach in Berlin über den Entwurf bereits mit Moltke vom Kreisauer Kreis. Doch Bertram, der wegen seines Alters nicht mehr teilnahm, erschien das Projekt zu gefährlich, er wollte lieber etwas Unpolitischeres.

Die Bischofskonferenz tagte vom 17. bis 19. August 1943 in Fulda. Ein anderer Hirtenbrief betraf den ganzen Krieg, wozu auf Bitten Bertrams der Regensburger Michael Buchberger und Frings Vorlagen (über den Luftkrieg) eingebracht hatten, die zu einem Dokument zusammengefasst wurden, in dem die Bischöfe den Krieg verurteilten und zusätzlich ausdrückten: „Unrecht bleibt Unrecht auch im Kriege.“[3] Er wurde am 19. August 1943 veröffentlicht.

Der Hirtenbrief zu den Zehn Geboten vom 12. September 1943 wurde dennoch möglich, weil der widerstrebende Kardinal Bertram bei der entscheidenden Bischofsvollversammlung in Fulda fehlte und der Münsteraner Bischof von Galen geschickt taktierte. Die entscheidende Ursache wurde im Gottesabfall gesehen. „Der bischöfliche Widerspruch gegen die eklatanten Rechtsverletzungen erfolgte nicht durch den Bruch, sondern in der Wahrung der Loyalität gegenüber dem Staat bis zu dessen Untergang 1945. Allerdings legten die Bischöfe mit ihrem immer lauter werdenden Protest gegen die Gefährdungen der christlichen Fundamente des deutschen Staatswesens die innere totalitäre Wirklichkeit des NS-Regimes frei.“[4] Trotzdem sprachen sie nicht direkt die Judenvernichtung an.[5] Papst Pius XII. stimmte „mit großer Genugtuung“ dem vorgelegten Entwurf zu.[2] Auch Bertram verweigerte sich nicht.

Zum Ergebnis schreibt der Historiker Christoph Kösters: „Aufhalten konnten die Bischöfe die Dynamik von Gewalt, Kriegsverbrechen und rassenideologisch begründeter Vernichtung nicht.“[6]

Literatur

  • 1943–1945. In: Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Lage 1933 bis 1945. VI, Mainz 1985, S. 184-197.

Weblinks

Einzelbelege

  1. Maria Anna Zumholz: Die Fuldaer Plenarkonferenz 1933-1945. In: Zumholz, Maria Anna/ Michael Hirschfeld (Hrsg.): Zwischen Seelsorge und Politik: Katholische Bischöfe in der NS-Zeit. Aschendorff, Münster 2018, S. 757-763 (https://www.google.de/books/edition/Zwischen_Seelsorge_und_Politik/uEqSswEACAAJ?hl=de).
  2. 2,0 2,1 Antonia Leugers: Positionen der Bischöfe zum Nationalsozialismus und zur nationalsozialistischen Staatsautorität. In: Die katholische Schuld?: Katholizismus im Dritten Reich zwischen Arrangement und Widerstand. 2 Auflage. LIT Verlag, Münster 2004, ISBN 978-3-8258-6334-0, S. 132 (https://books.google.com/books?id=bCtdqDAB97UC&newbks=0&printsec=frontcover&pg=PA132&dq=Dekalog-Hirtenbrief+1943&hl=de).
  3. Protokoll der Plenarkonferenz des deutschen Episkopats. Fulda 17.-19.08.1943. In: Akten deutscher Bischöfe. VI, Mainz 1985, S. 133-146, 182f.
  4. Christoph Kösters: Die deutschen katholischen Bischöfe 1933-1945. In: Die katholische Kirche im Dritten Reich. 2 Auflage. Verlag Herder GmbH, 2018-07-16, ISBN 978-3-451-83700-5, S. 90 (https://books.google.de/books?id=Oi5bDwAAQBAJ&pg=PA90&lpg=PA90&dq=Allerdings+legten+die+Bisch%C3%B6fe+mit+ihrem+immer+lauter+werdenden+Protest+gegen+die+Gef%C3%A4hrdungen+der+christlichen+Fundamente+des+deutschen+Staatswesens+die+innere+totalit%C3%A4re+Wirklichkeit+des+NS-Regimes+frei.&source=bl&ots=TAdoudJJkZ&sig=ACfU3U24oxGRjgTn9uITcJaPUrey768KEw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiZh_Txs-3xAhUAhv0HHQnhA4sQ6AEwAXoECAIQAw#v=onepage&q=Allerdings%20legten%20die%20Bisch%C3%B6fe%20mit%20ihrem%20immer%20lauter%20werdenden%20Protest%20gegen%20die%20Gef%C3%A4hrdungen%20der%20christlichen%20Fundamente%20des%20deutschen%20Staatswesens%20die%20innere%20totalit%C3%A4re%20Wirklichkeit%20des%20NS-Regimes%20frei.&f=false).
  5. Norbert Fasse: Katholiken und NS-Herrschaft im Münsterland: das Amt Velen-Ramsdorf 1918-1945. Verlag für Regionalgeschichte, 1996, ISBN 978-3-89534-135-9 (https://books.google.com/books?id=kFsp03R71-4C&newbks=0&printsec=frontcover&dq=Dekalog-Hirtenbrief+1943&q=Dekalog-Hirtenbrief+1943&hl=de).
  6. Christoph Kösters: Die deutschen katholischen Bischöfe 1933-1945. In: Die katholische Kirche im Dritten Reich. Verlag Herder, 2018-07-16, ISBN 978-3-451-83700-5, S. 89 (https://books.google.de/books?id=Oi5bDwAAQBAJ&pg=PA89&lpg=PA89&dq=christoph+k%C3%B6sters+Aufhalten+k%C3%B6nnen+die+Bisch%C3%B6fe+die+Dynamik+von+Gewalt,+Kriegsverbrechen+und+rassenideologisch+begr%C3%BCndeter+Vernichtung+nicht&source=bl&ots=TAdoudHKmX&sig=ACfU3U08oEQijB_hw8YuwrnrsOLugHd1fw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiYwqrwrO3xAhX_gv0HHe7_Ac4Q6AEwAnoECB4QAw#v=onepage&q=christoph%20k%C3%B6sters%20Aufhalten%20k%C3%B6nnen%20die%20Bisch%C3%B6fe%20die%20Dynamik%20von%20Gewalt,%20Kriegsverbrechen%20und%20rassenideologisch%20begr%C3%BCndeter%20Vernichtung%20nicht&f=false).
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