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Wilhelm von Scholz

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Wilhelm von Scholz (geb. 15. Juli 1874 in Berlin; gest. 29. Mai 1969 in Konstanz) war ein deutscher Schriftsteller sowie Lyriker, Dramatiker, Schauspieler, Herausgeber, Erzähler und Übersetzer. Er ist nicht zuletzt wegen seiner zustimmenden Haltung zur nationalsozialistischen Diktatur umstritten.

Leben und Werk

Schloss Seeheim (Villa Scholz)

Wilhelm von Scholz wurde als Sohn des späteren preußischen Finanzministers Adolf von Scholz geboren, wuchs zunächst in Berlin auf und bezog 1890 mit seinem Vater das Familiengut „Schloss Seeheim“ (auch bekannt als "Villa Scholz") in Konstanz. Nach dem Abitur am Konstanzer Gymnasium 1892 studierte Scholz Literaturgeschichte und Philosophie in Berlin, Lausanne und Kiel. 1897 wurde er an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Dissertation über die Lyrikerin Annette von Droste-Hülshoff promoviert.

Noch während des Ersten Weltkriegs wurde er 1916 erster Dramaturg und Spielleiter am Hof- bzw. Landes-Theater Stuttgart. Im November 1926 wurde Scholz Präsident der Sektion für Dichtkunst in der Preußischen Akademie der Künste. Von diesem Amt trat er jedoch bereits 1928 zurück und zog wieder nach Konstanz.

Scholz arrangierte sich früh mit dem NS-Regime. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten unterzeichnete er am 16. März 1933 eine Loyalitätserklärung der Deutschen Akademie der Dichtung, der umbenannten Sektion Dichtung der Preußischen Akademie der Künste.[1] Im Oktober 1933 gehörte er zu den 88 Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten.[1] 1939 nahm er seine früheren philosemitischen Äußerungen zurück. 1935 und 1936 erscheinen Essays von ihm in den „Weißen Blättern“. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung Polens publizierte er in der nationalsozialistischen Krakauer Zeitung. Noch 1944 schrieb er in der Anthologie Lyrik der Lebenden glorifizierende Verse auf Hitler.[2] Im Juni desselben Jahres erhielt er die Ehrendoktorwürde der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, sowie auf Vorschlag von Goebbels eine Dotation Hitlers über 30.000 Mark.[2] In der Endphase des Zweiten Weltkriegs nahm ihn Adolf Hitler im August 1944 in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Schriftsteller auf[1]. Scholz war zudem Mitglied der NSDAP.[3]

Nach Kriegsende wurden seine Werke Die Gefährten, Renovation (beide 1937) und Das ewige Bauwerk (1941) 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[4]

1949 wurde Scholz Präsident des Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller und Komponisten, als dessen Ehrenpräsident er ab 1951 fungierte. 1952 trat Scholz aus dem P.E.N.-Zentrum aus, um gegen dessen Teilung zu demonstrieren.

Scholz' Ruhestätte befindet sich auf dem „Allmannsdorfer Friedhof“ in Konstanz. Die Ruhestätte sollte 2008 abgeräumt werden, wurde dann aber unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1925 existierte in Konstanz ein Wilhelm-von-Scholz-Weg, der aber mittlerweile in Zur Therme umbenannt wurde.

Werk

Scholz' Lyrik ist geprägt vom Mystisch-Okkulten. In seinen Bühnenwerken wandte er sich nach Studium der Werke von Paul Ernst und Christian Friedrich Hebbel dem Neoklassizismus zu. Den historischen Hintergrund vieler Werke bildeten das deutsche Mittelalter kurz vor der Reformation und das vorrevolutionäre Frankreich. Zu von Scholz' damals bekanntesten Werken gehören die Dramen "Der Jude von Konstanz. Tragödie in fünf Aufzügen" (München, 1905), das 1905 in Dresden uraufgeführt wurde, "Der Wettlauf mit dem Schatten" (1921), "Claudia Colonna" (1941) und "Das Säckinger Trompeterspiel" (1955), "Perpetua. Der Roman der Schwestern Breitenschnitt" (Berlin und Leipzig, 1926), die Biografie "Friedrich Schiller" (1956) sowie der Roman "Theodor Dorn" (1967). Scholz' künstlerisches Werk gilt heute allerdings als weitgehend unbedeutend; als Dichter ist er mittlerweile fast vergessen.

Die Scholz’schen Werke wurden von den Nationalsozialisten instrumentalisiert und als vorbildlich begrüßt. Scholz dankte es dem Regime mit Texten, die der offiziellen Ideologie entsprachen. So schrieb er beispielsweise im Nachwort zu der von ihm 1941 herausgegebenen Anthologie "Das deutsche Gedicht": "Das Buch soll Eigentum des gesamten deutschen Volkes sein, dem sich im Dritten Reich mehr als je vorher, wie der Zugang zur Musik und zur bildenden Kunst, auch der zur Dichtung verheißungsvoll erschließt. Es soll in der Jugend die Freude am Gedicht erwecken, den Stolz erwecken, zu einem Volke zu gehören, das so ewige Menschheitswerte wie diese Lyrik hervorgebracht. Es soll die echten Talente in allen Schichten des deutschen Nachwuchses aus der Verborgenheit rufen, die, wenn sie diese Gedichte lesen, es in ihrer Brust spüren müssen, dass sie keine hässlichen grauen Entlein sind, sondern junge Schwäne." Zudem deckten sich einige seiner politischen Ansichten mit dem Regime, was sich auch in überlieferten antisemitischen Stellungnahmen zeigt. Ein von der Stadt Konstanz zu seinem 85. Geburtstag gestifteter Wilhelm-von-Scholz-Preis wurde deshalb 1989 wieder abgeschafft.

Auf die Verleihung der Ehrenbürgerrechte 1964 zu seinem 90. Geburtstag durch die Stadt Konstanz verzichtete er aufgrund der Diskussion über seine Person im Dritten Reich.[5]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (in Auswahl)

  • Der Besiegte, 1899
  • Vertauschte Seelen, 1910
  • Neue Gedichte, 1913
  • Der Bodensee, 1913
  • Gefährliche Liebe, 1913
  • Der Jude von Konstanz, 1913
  • Sommertage, 1914
  • Der deutsche Erzähler, hrsg. v. Wilhelm von Scholz, 1915
  • Fähnrich von Braunau, 1915
  • Der See: Ein Jahrtausend deutscher Dichtung vom Bodensee, ausgew. v. Wilhelm v. Scholz, 1915
  • Die Unwirklichen, 1916
  • Deutsche Mystiker, 1916
  • Der Dichter, 1917
  • Der Zufall und das Schicksal, 1924 die dritte umbenannte und überarbeitete Auflage von Der Zufall, eine Vorform des Schicksals : Die Anziehungskraft d. Bezüglichen, Stuttgart 1923
  • Perpetua, Der Roman der Schwestern Breitenschnitt, Berlin-Grunewald 1926
  • Die Pflicht, 1932
  • Der Weg nach Ilok , Roman , Berlin 1930
  • Die Liebe der Charlotte Donc, Mit autobiogr. Nachwort des Verfassers, 1941
  • Die Gedichte, Gesamtausgabe, Leipzig 1944

Literatur

  • Doris Beckers: Wilhelm von Scholz' Theatertätigkeit in Stuttgart. Als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler. Wiesbaden: Hemmen u. Wolf 1956.
  • Manfred Bosch / Siegmund Kopitzki (Hg.): Der Wettlauf mit dem Schatten. Der Fall (des) Wilhelm von Scholz. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2013
  • Fritz Droop: Wilhelm von Scholz und seine besten Bühnenwerke. Der Gast, Der Jude von Konstanz, Meroë, Der Doppelkopf, Vertauschte Seelen, Herzwunder, Gefährliche Liebe, Feinde, Der Wettlauf mit dem Schatten. Eine Einführung. Berlin u.a.: Schneider 1922.
  • Rudolf Gramich: Formprobleme der Erzählkunst. Wilhelm von Scholz. München: Univ. Diss. 1958.
  • Josef Halbekann: Tiefenstrukturelle Ordnungsphänomene im poetischen Text und Bildwerk. Eine strukturphänomenologische und funktionsanalytische Studie. Heidelberg: Winter 1989. (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; F. 3, 94) ISBN 3-533-04166-2
  • Ernst Klee: „Wilhelm von Scholz“; in: Ders.: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5
  • Edgar Alfred Regener: Wilhelm von Scholz. 2. Aufl. Leipzig u.a.: Magazin-Verl. Hegner (1905).
  • Holger Reile: Versuchte Ehrenrettung für einen Nazidichter. Berlin: Neues Deutschland 2. Januar 2008
  • Arnold Mathias Reis: Wilhelm von Scholz. Studien zu seiner Weltanschauung. Würzburg-Aumühle: Triltsch 1939.
  • Hendrik Riemer: Der Konstanzer Dichter Wilhelm von Scholz (1874 – 1969). Eine biographische Annäherung. Hartung Gorre Verlag, Konstanz 2013.
  • Andreas Wöhrmann: Das Programm der Neuklassik. Die Konzeption einer modernen Tragödie bei Paul Ernst, Wilhelm von Scholz und Samuel Lublinski. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1979. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 301) ISBN 3-8204-6542-1
  • Viktor Zmegac: Der historische und der typologische Jude. Studien zu jüdischen Gestalten in der Literatur der Jahrhundertwende. Tübingen: Niemeyer 1996. (= Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte; 89) ISBN 3-484-32089-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 543.
  2. 2,0 2,1 Ernst Klee, Kulturlexikon, S. 544.
  3. Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Hrsg.): „... und die Vergangenheit sitzt immer mit am Tisch“ Dokumente zur Geschichte der Akademie der Künste (West) 1945/1954 - 1993 ; [Akademie der Künste, dreihundert Jahre]. Ausgewählt und kommentiert von Christine Fischer-Defoy. Henschel, Berlin 1997, S. 567, FN. 59.
  4. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-s.html
  5. „Kein Ort der Erinnerung?“, Südkurier, 4. Januar 2008
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wilhelm von Scholz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.