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Samtene Revolution

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Dieser Artikel befasst sich mit Ereignissen, die sich Ende 1989 in der Tschechoslowakei ereigneten. Für die Ereignisse, die Ende 2003 in Georgien zum Sturz des Präsidenten Schewardnadse führten, siehe Rosenrevolution.

Samtene Revolution (tschechisch Sametová revoluce, slowakisch Nežná revolúcia) bezeichnet den politischen Systemwechsel der Tschechoslowakei vom Realsozialismus zur Demokratie im November und Dezember 1989. Der Begriff wurde gewählt, weil der Wechsel, der sich innerhalb weniger Wochen vollzog, weitgehend gewaltfrei erfolgte.[1]

November 1989 am Wenzelsplatz in Prag

Vorgeschichte und Beginn der Revolution

Ungarn hatte am 2. Mai 1989 begonnen, seinen Eisernen Vorhang an der Grenze zu Österreich zu entfernen[2]. Die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei hatte ihren Herrschaftsanspruch aufgegeben. Im Sommer 1989 gestattete Ungarn die Ausreise vieler DDR-Bürger in die Bundesrepublik.

In Prag waren im Oktober 1989 bis zu 3500 DDR-Bürger[3] auf das Gelände der deutschen Botschaft gelangt; insgesamt 17.000 Menschen durften nach Verhandlungen in den Westen ausreisen. Am 9. November 1989 konnten Tschechen und Slowaken den Fall der Berliner Mauer mitverfolgen. In Polen amtierte damals schon eine Regierung mit dem Nichtkommunisten Tadeusz Mazowiecki an der Spitze, nachdem am 4. Juni 1989 die erste halbwegs freie Parlamentswahl im Ostblock stattgefunden hatte. Am 12. November 1989 wurde in Bulgarien der seit 1954 amtierende KP-Chef Todor Schiwkow gestürzt.

Am 16. November 1989 fand in Bratislava eine Studentendemonstration statt. In Prag fand einen Tag später, am 50. Jahrestag der Schließung tschechischer Hochschulen 1939 und dem Internationalen Tag der Studenten, eine genehmigte Studentendemonstration statt, an der 15.000 Menschen teilnahmen. Hier wurden im Unterschied zu Bratislava etwa 600 Personen von den Sicherheitskräften verletzt. Am nächsten Tag riefen die Prager Studenten zu einem zeitlich unbegrenzten Studentenstreik auf; die Schauspieler der Prager Bühnen schlossen sich an. Diese Aktionen werden allgemein als Anfang der Revolution gesehen. Zum Symbol des sanften Widerstands wurden Schlüsselbunde. Die Menschen wollten mit ihren über den Köpfen klingelnden Schlüsseln die Wende einläuten.

slowakische 2-Euro-Gedenkmünze von 2009

Streiks und Demonstrationen

Am 19. November 1989 wurde als Sprachrohr der Streikenden in Tschechien das Bürgerforum (Občanské fórum = OF) und in der Slowakei die Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnosť proti násiliu = VPN) gegründet, um den Dialog mit den kommunistischen Machthabern zu suchen.

Vom 20. November bis Ende Dezember griffen Demonstrationen sukzessiv auf das ganze Land über. Am 24. November kam es zu Massenprotesten. Der Schriftsteller und Bürgerrechtler Václav Havel sowie Alexander Dubček, Parteichef des Prager Frühlings von 1968, sprachen am Wenzelsplatz zu den Demonstranten und forderten den Rücktritt des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei Miloš Jakeš und der gesamten Parteiführung (Politbüro). Jakeš trat am gleichen Tag zurück (und wurde am 5. Dezember 1989 aus der Partei ausgeschlossen).

Ende der Diktatur

Am 27. November wurde ein landesweiter zweistündiger Generalstreik abgehalten. Am 28. November begannen Verhandlungen zwischen dem Bürgerforum und der Regierung. Die Bestimmung über die führende Rolle der Kommunistischen Partei in der Verfassung wurde daraufhin am 29. November aufgehoben. Am 1. Dezember fand in Bratislava eine von Zehntausenden besuchte Feier anlässlich der Veränderungen statt. Ab 5. Dezember wurde der Stacheldraht an der Grenze zu Österreich entfernt, ab 11. Dezember wurden die Grenzbefestigungen zur Bundesrepublik Deutschland abgetragen.

Am 10. Dezember ernannte der kommunistische Staatspräsident Gustáv Husák die zum ersten Mal seit 1948 mehrheitlich nichtkommunistische Regierung des nationalen Einverständnisses unter Marián Čalfa, nachdem zwei Anfang Dezember von ihm bestellte Regierungen auf Widerstand der Bevölkerung gestoßen waren. Außenminister der neuen Regierung wurde der Bürgerrechtler Jiří Dienstbier, Finanzminister Václav Klaus. Nach Bestellung dieser Regierung trat Husák am gleichen Tag zurück; sein Nachfolger als Staatspräsident wurde Václav Havel.

Am 28. Dezember wurde der führende Reformkommunist von 1968, Alexander Dubček, zum Parlamentsvorsitzenden gewählt, am 29. Dezember 1989 folgte die Wahl des Schriftstellers und Bürgerrechtlers Václav Havel zum Staatspräsidenten durch die kommunistischen Abgeordneten. Im Oktober hatte der kommunistische Ministerpräsident Ladislav Adamec vor einem Wien-Besuch österreichischen Journalisten in Prag erklärt: Für mich ist Havel eine Null[4]. Im Januar 1990 traten zahlreiche kommunistische Abgeordnete zurück, zu deren Nachfolgern meist frühere Oppositionelle gewählt wurden, so dass die Kommunisten ab dann auch im Parlament keine Mehrheit mehr hatten.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Samtene Revolution – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. In seinem Aufsatz Samtene Revolution in Vergangenheit und Zukunft hat Timothy Garton Ash alle gewaltlosen Revolutionen von der portugiesischen Nelkenrevolution 1974 ab als samtene Revolution bezeichnet und dies Attribut auch zukünftigen gewaltlosen Revolutionen zugeschrieben. Timothy Garton Ash, Samtene Revolution in Vergangenheit und Zukunft, in: Jahrhundertwende. Weltpolitische Betrachtungen 2000 - 2010, München 2010, S. 87–100.
  2. Tageszeitung Der Standard, Wien, 30. April 2009, S. 6: Foto Alois Mock / Gyula Horn vom 27. Juni 1989
  3. Der Standard, S. 38
  4. Der Standard, S. 13 sowie hier
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Samtene Revolution aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.