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Sally Kaufmann

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Datei:Ca. 1936 die Söhne und der Vater.jpg
Sally Kaufmann und seine Söhne Benno, Micha und Martin. Im Hintergrund seine Ehefrau Helene, ca. 1936 in Giv'atajim.

Sally Kaufmann (geboren am 26. Februar 1890 in Ungedanken, Schwalm Eder Kreis in Hessen; gestorben am 29. November 1956 in Giv'atajim, Israel) war ein in Kassel tätiger Herausgeber und Publizist.

Biographie

Sally Kaufmann wurde als Sohn des jüdischen Lehrers Markus Kaufmann und dessen zweiter Ehefrau Betty geboren[1]. Er besuchte bis 1900 in Fritzlar die Volksschule und wechselte dann auf die Lateinschule, die er 1906 verließ, um sich wie sein Vater für den Beruf des Lehrers zu qualifizieren. Aus wirtschaftlichen Gründen begann er jedoch 1907 eine kaufmännische Lehre, die er 1910 abschloss. Während des Ersten Weltkrieges diente Kaufmann von 1915 bis 1916 dem Deutschen Heer. An der Somme wurde er 1916 schwer verwundet. Kaufmann wurde für seinen Einsatz im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz II ausgezeichnet. Bis 1918 wurde er wegen seiner schweren Verwundung in verschiedenen Lazaretten behandelt und wurde als 60 % Kriegsversehrter entlassen.

Nach den Lazarettaufenthalten besuchte Kaufmann die Abendschule, engagierte sich zunächst ehrenamtlich in der „Kriegsblindenfürsorge“[2] und war als Geschäftsführer eines Glas- und Porzellangeschäfts in Kassel tätig. 1921 heiratete er Helene Kaufmann. 1921 machte er sich mit der Gründung eines Lebensmittelladens in der Kasseler Innenstadt selbstständig, den er zusammen mit seiner Ehefrau führte. Kaufmann war seit 1924 Vorstandsmitglied der Kasseler Gruppe des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (RjF) und aktiv in der Kasseler Zionistischen Gruppe, der er ebenfalls zeitweise als Vorstandsmitglied angehörte.[3] Auch im Elternbeirat der Israelitischen Volksschule Kassel war Kaufmann aktiv, dort engagierte er sich dafür, dass die Kinder der Kasseler Juden diese Schule besuchen.[4]

Herausgeber, Verleger und Publizist

1924 gründete Kaufmann, zunächst im Auftrag der Jüdischen Gemeinde Kassel, die Jüdische Wochenzeitung für Cassel, Hessen und Waldeck und war bis 1932 deren Herausgeber.[5] Zusammen mit dem Kasseler Rechtsanwalt Julius Dalberg war er außerdem Chefredakteur dieser Zeitung, die sich durch ihre Nähe zur demokratischen Republik auszeichnete und in der nicht nur heimische Autoren, wie zum Beispiel Rudolph Hallo, Artikel zur lokalen Geschichte der jüdischen Gemeinde veröffentlichten, sondern auch in der Weimarer Republik prominente Autoren wie Arnold Zweig, Theodor Lessing und Max Brod inhaltlich anspruchsvolle Artikel veröffentlichten. Regelmäßig berichtete die Zeitung über die antisemitischen Vorfälle vor allem in Nordhessen und Kassel. Die Autoren nahmen immer wieder eine klare Haltung gegen die Feinde der Republik, insbesondere gegen die NSDAP ein. Hervorzuheben sind viele Artikel vor allem Arnold Zweigs, die sich auch theoretisch mit dem Antisemitismus und dem Nationalsozialismus auseinandersetzten.[6] Der Herausgeber und Verleger der Jüdischen Wochenzeitung gab außerdem der politischen Auseinandersetzungen von Zionisten in der Weimarer Republik und dem Central-Verein breiten Raum. Mehrfach wurden mehrseitige Beilagen der beiden Kontrahenten der Zeitung beigefügt.

In der Zeitschrift des RjF „Der Schild“ veröffentlichte Kaufmann am 12. September 1927 den Artikel Hessens Jüdische Lehrer im Kriege.[7] 1925 erschien in der Nr. 33 der Jüdischen Wochenzeitung sein Bericht über den 14. Zionistenkongreß in Wien, der seine Verbundenheit zur Zionistischen Bewegung deutlich ausdrückte. Als Autor trat Kaufmann sonst selten in Erscheinung, nur wenige redaktionelle Beiträge sind mit Kfm, seinem mutmaßlichen Kürzel, versehen.[8] Ende der Zwanziger Jahre war Kaufmann dann Verleger diverser Zeitungen in verschiedenen Städten Deutschlands und organisierte Lesungen und Kulturabende in Kassel. Die Jüdische Wochenzeitung wurde zuletzt auch in Hannover, Wiesbaden, Bremen und in anderen Städten herausgebracht.[9] Sein Verlag hatte eine Dependance in Düsseldorf.

Die Anzeige aus dem Jahre 1931 verdeutlicht die verlegerischen Aktivitäten Kaufmanns

Auswanderung

Aufgrund des zunehmenden Einflusses der Nationalsozialisten und wiederholter Konflikte mit dem damals in Kassel als Rechtsanwalt und Stadtverordneter der NSDAP tätigen Roland Freisler[10] beschloss Kaufmann, mit seiner Familie Kassel 1932 zu verlassen. Kaufmann ging nach Belgien und Kaufmanns Schwager Ludwig (Leo) Goldberg führte die Jüdische Wochenzeitung noch bis April 1933 weiter, bis sie dann in ihrem zehnten Erscheinungsjahr eingestellt wurde.[11] Der Rest der Familie verließ Kassel, um vorübergehend in Darmstadt bei den Eltern Helene Kaufmanns unterzukommen. Kaufmann arbeitete in Belgien als Korrespondent für die Frankfurter Zeitung,[12] um dann mit seiner Familie im April 1933 nach Eretz Israel, Teil des Britischen Mandatsgebietes Palästina, auszureisen.[13]

Mit der Vulcania reiste die Familie Kaufmann über Cannes nach Haifa. Dort wurde sie zunächst bei der Familie Josef Prager[14] aufgenommen, um dann kurze Zeit später nach Tel Aviv weiterzureisen. Mitte der Dreißiger Jahre konnte Sally Kaufmann ein Haus im heutigen Giv'atajim erwerben. Bis 1937 lebte die Familie von den Ersparnissen, dann arbeitete Kaufmann zunächst als Angestellter in einer Buchhandlung, die er 1939 übernahm. 1953 erkrankte Kaufmann so schwer, dass er nicht mehr arbeitsfähig war. Schwer krank und verarmt starb Kaufmann 1956 in Giv'atajim.[15]

Publikationen

  • Sally Kaufmann: Vortrag Ledermann, 1924, Jüdische Wochenzeitung für Kassel, Hessen und Waldeck, Nr. 23, 31. Oktober 1924
  • Sally Kaufmann: Der Zionisten-Kongreß, 1925 Jüdische Wochenzeitung für Kassel, Hessen und Waldeck, Nr. 33, 21. August 1925
  • Sally Kaufmann: Hessens jüdische Lehrer im Kriege, Der Schild Nr. 37/38, 12. September 1927

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alle biographischen Angaben stammen aus verschiedenen autobiographischen Notizen Kaufmanns aus der Akte Sally Kaufmann der Entschädigungsbehörde des Landes Hessens HHStAW 518, 66602 und aus aufgezeichneten Gesprächen mit seinem Sohn Mordechai Tadmor (Martin Kaufmann). Auszüge dieser Gespräche finden sich in: Jonas Dörge, Ungedanken – Kassel – Tel Aviv: Die Geschichte einer Auswanderung, Kassel 2017. Angaben über den Vater Sally Kaufmann, den Lehrer Markus Kaufmann, finden sich bei allemania-judaica.de.
  2. Kaufmann spricht von der „Kriegsblindenfürsorge“. Gemeint ist der „Bund erblindeter Krieger“, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg der Bund der Kriegsblinden Deutschlands (BKD) hervorging.
  3. In Kassel gab es, wie in verschiedenen anderen Städten der Weimarer Republik auch, eine Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung (ZvfD). Die ZvfD hatte in den Zwanziger Jahren bis zu 30.000 Mitglieder. Die Vereinigung richtete sich insbesondere gegen die Assimilationsbestrebungen, die vom Centralverein vertreten wurden. Der ZvfD arbeitete eng mit der Jüdischen Volkspartei zusammen, die auch in Kassel vertreten war (vgl.: Moshe Zimmermann, Die Deutschen Juden 1914–1945, München 1997). Am 30. Oktober 1925 wird in der Nr. 43 der Jüdischen Wochenzeitung erwähnt, dass Kaufmann neben Julius Dalberg zweiter Vorsitzender der Kasseler Zionistischen Gruppe war.
  4. Der Vorsitzende des Elternbeirates der Israelitischen Volksschule, Rechtsanwalt Seemann, bestätigte in einem Schreiben, dass Kaufmann sich als Elternbeirat „nachdrücklich“ für dieses Anliegen eingesetzt habe (Jüdische Wochenzeitung, 24. April 1931).
  5. In der Nr. 11. der Jüdischen Wochenzeitung aus dem Jahr 1924 wird Kaufmanns Name das erste Mal als inhaltlich Verantwortlicher auf der Titelseite der Zeitung genannt. Teile der Jüdischen Wochenzeitung sind auf der Internetseite des Leo Baeck Institutes New York Berlin: Jüdische Wochenzeitung (Kassel, Germany : 1924-[1933?]) verfügbar. In der Murhardschen Landesbibliothek Kassel ist die Zeitung auf Mikrofilm archiviert.
  6. Dietfrid Krause Vilmar, Juden in Kassel. Ein Blick in die Vergangenheit der älteren Jüdischen Gemeinde, in: Kassel in der Moderne, Hg., Jens Flemming und Dietfrid Krause Vilmar S. 177. Ausführlich auch: Jonas Dörge, Sally Kaufmann - Herausgeber und Zionist aus Nordhessen, Kassel 2018
  7. Hessens Jüdische Lehrer im Kriege, in: Der Schild, Nr. 37/38, 1927.
  8. Jonas Dörge, Sally Kaufmann – Herausgeber und Zionist aus Nordhessen, Kassel 2018, S. 4f.
  9. Eidesstattliche Versicherung Kaufmanns vom 29. Mai 1955 (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602).
  10. Die Konflikte mit Freisler werden von Kaufmann in autobiographischen Notizen verschiedener eidesstattlicher Versicherungen genannt. Auch Kaufmanns Schwager Ludwig (Leo) Goldberg berichtet von diesen in einer eidesstattlichen Versicherung vom 4. Juli 1955 (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602). In der Nr. 27 der Jüdischen Wochenzeitung aus dem Jahr 1927 berichtet ein kürzerer Artikel über einen Zusammenstoß mit Freisler vor Gericht. In der Nr. 34 aus dem Jahr 1929 wird von Drohungen der Nationalsozialisten gegen Kaufmann berichtet.
  11. Zeugenaussage Eleasar Gilad (Goldberg) vom 15. Juni 1966 (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602).
  12. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung konnte im Jahre 1955 aufgrund verloren gegangener Unterlagen lediglich bestätigen, dass Kaufmann vor 1933 für die Frankfurter Zeitung arbeitete. Goldberg berichtet in einer eidesstattlichen Erklärung aus dem Jahr 1955, dass Kaufmann seit Mitte 1932 als Auslandskorrespondent in Belgien arbeitete, um den „unerquicklichen Kasseler Verhältnissen zu entkommen.“ (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602).
  13. Über den Zeitpunkt zu dem Kaufmann und seine Familie Kassel verließen, liegen in der Entschädigungsakte verschiedene Angaben vor. Das Hausmädchen der Familie Kaufmann, Katharina Kamman, nennt in einer Zeugenaussage vor dem Amtsgericht Witzenhausen aus dem Jahre 1956 den Juli 1932. Auch Eleasar Gilad (Goldberg) wiederholt in einer richterlichen Befragung aus dem Jahr 1966 seine Aussage, dass Kaufmann aufgrund der politischen Verhältnisse schon 1932 nach Belgien ging. Der Polizeipräsident Kassels bestätigt in einer Aktennotiz aus dem Jahr 1952, dass die polizeiliche Abmeldung der Familie Kaufmann nach Tel Aviv im September 1933 erfolgte. (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602). Der älteste Sohn Sally Kaufmanns, Mordechai Tadmor, bestätigte dem Autor, dass die Familie im Sommer 1932 Kassel verließ.
  14. Josef Prager ist der Sohn des Isaac Prager und lebte bis 1932 in Kassel. Er war ein Autor der Jüdischen Wochenzeitung.
  15. Kaufmann schreibt an die Entschädigungsbehörde, dass er 1953 schwer erkrankt und nicht mehr arbeitsfähig sei und von der Unterstützung „eines Sohnes“ leben müsse. In einer Bescheinigung des Irgun Olej Merkas Europa vom 31. Januar 1955 wird Kaufmann als schwer krank und vermögenslos bezeichnet (Entschädigungsakte Sally Kaufmann HHStAW 518, 66602).
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