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Oskar Lecher

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Oskar Lecher (geb. 4. Oktober 1893 in Cottbus[1]; gest. 30. Oktober 1947 im Speziallager Nr. 1 Mühlberg[2]) war ein deutscher Chemiker.

Familie

Oskar Lecher war verheiratet mit der Dentalkauffrau Johanna Grothe (* 30. März 1896 in Bromberg/Posen, † 15. November 1970 Ilten-Köthenwald); Tochter des Reichsbahnobersekretärs Christian Friedrich Grothe (* 9. September 1860 in Stolpe/Oder; † 23. Februar 1947 in Cottbus) und Schwester von Franz Grothe (* 26. Januar 1893 in Bromberg/Posen; † 27. April 1962 Holzen, Gemeinde Icking), Güterdirektor mit Generalvollmacht auf den Gütern Grambschütz, Reichen und Kaulwitz der Grafen Henckel von Donnersmarck. Zudem war F. Grothe Amtsvorsteher und NSDAP-Ortsgruppenleiter in Grambschütz.[3]

Oskar Lecher ist der Vater von

  • Christa Lecher (* 27. Dezember 1921 in Cottbus, † 14. Dezember 2011 in Hildesheim)
  • Dr. med. Wolfgang Lecher (* 27. März 1924 in Cottbus; † 24. September 1997 in Hannover).

Werdegang

Ostern 1913 erlangte er das Reifezeugnis am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Cottbus. Anschließend begann er das Studium der Chemie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und arbeitete in dem von Emil Fischer geleiteten Laboratorium der Universität. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs trat er als Kriegsfreiwilliger bei den I. Gardedragonern (Kavallerieregiment) ein. Er war als Kavallerist, Artillerist und seit 1916 als Infanterist bei verschiedenen Regimentern auf verschiedenen Kriegsschauplätzen. 1917 wurde er zum Leutnant der Reserve befördert.[4] Im Dezember 1918 wurde er aus dem Heeresdienst entlassen und setzte ab dem Februar 1919 sein Studium an der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin fort. Das Verbandsexamen legte er vor dem Krieg und während eines Urlaubs im Dezember 1917 ab. Seine Dissertation fertigte er in der Zeit von Juni 1919 bis Juni 1920 an und wurde am 22. Dezember 1920 bei Siegmund Gabriel zum Dr. phil. promoviert[5]

Berufliches

Er gründete Anfang der 1920er Jahre in der Wernerstraße 25 in Cottbus das Lausitzer Industrielaboratorium[6] als öffentliche chemische Untersuchungsanstalt[7]. Es handelte sich um ein Speziallaboratorium für Glasfabrikation und Keramik, Untersuchung von Gläsern und Glasuren. Des Weiteren beriet er Unternehmen bei Fabrikationsfehlern aller Art, Prüfung von Rohmaterialien und Fertigprodukten.

Er entwickelte unter anderem einen Extrakt aus Fichtennadeln als Kurmittel, das Daroliko-Bad[8][9]. Ende der 20er Jahre fuhr er im 3 Monatsrhythmus in die Sowjetunion (Moskau, St. Petersburg u. a.), wo er als Baustoffchemiker entscheidenden Anteil am Aufbau der Ziegeleiindustrie leistete. Anfang der 30er Jahre gründete Lecher das Lausitzer Dentaldepot.

Im Jahre 1934 war Oskar Lecher entscheidend an der Sicherung des Goldfundes von Cottbus[10] beteiligt.[11] Dieser Goldfund zählt heute zu den wichtigsten Beispielen für deutsche Kulturgüter, die nach 1945 von der Sowjetunion beschlagnahmt und nie zurückgegeben wurden.[12]

Nach Kriegsende

Er wurde am 23. Juni 1945 von der Operativgruppe des NKWD der UdSSR in Cottbus verhaftet (Häftlingsnummer 27.800) und in das Speziallager Nr. 6 Jamlitz bei Lieberose verbracht. Der Haftvorwurf vom 21. Juli 1945 lautete, Mitglied der Untergrundbewegung Werwolf zu sein. Am 4. Mai 1947 wurde er vom Speziallager Nr. 6 in das NKWD-Speziallager Nr. 1 Mühlberg transportiert, wo er am 30. Oktober 1947 im Lazarett (Zone 5) an Lungentuberkulose verstarb.

Gedenktafel im Lager Mühlberg

Seine Ehefrau Johanna Lecher führte nach seinem Tod das Lausitzer Dentaldepot weiter.[13] Das Lausitzer Industrielaboratorium Dr. Oskar Lecher existierte sogar noch bis 1952.[14]

Ein Antrag bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation auf Rehabilitierung im Jahre 2000 wurde wie folgt abgelehnt:

Da Herr Lecher wegen des Vorwurfs von Handlungen gegen Bürger oder Interessen der UdSSR nicht strafrechtlich belangt worden ist, sondern interniert wurde, kann das Gesetz der Russischen Föderation vom 18.10.91 "Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen" auf seinen Fall nicht angewandt werden.[15]

Schriften (Auswahl)

  • "Über den Phenyl-γOxy-butyraldehyd", Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen Philosophischen Fakultät der Universität Berlin, Juli 1920
  • Helferich, B. and Lecher, O. (1921), "γ-Oxy-aldehyde, III.: Über den γ-Phenyl-γ-oxy-n-butyraldehyd". Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft (A and B Series), 54: 930–935. doi:10.1002/cber.19210540509
  • "Über die Verwendung von Abfallkalken zu Düngezwecken", Chemiker-Zeitung. 1921, S. 99
  • "Über das Pyrexglas", Chemiker-Zeitung 44, 469—470, 1922, Nr. 62.
  • "Über die chemische Industrie Japans", Chemiker-Zeitung, Band 46,Teil 2, Seite 1257, 1922
  • "Die Verwendung des Rotschlamms", Chemisches Zentralblatt, Band 93, Ausgabe 2, Seite 122, 1922
  • "Die Verwendung des Rotschlammes für Glasfabrikation und Keramik", Chemisches Zentralblatt, Band 93, Ausgabe 2, Seite 128, 1922
  • "Die Veralufarbe der vereinigten Aluminiumwerke A. G. Lautawerk", Verlag der Chemiker-Zeitung, Chemiker-Zeitung: Band 47,Teil 1, 1923
  • "Neue Rohstoffe in der Glasindustrie", Chemisches Zentralblatt, Band 96,Ausgabe 2,Teil 1 1925
  • "Moderne Glasgemengesätze", Chemisches Zentralblatt, Band 96,Ausgabe 2,Teil 2, 1925 (auch als 2.-14. Sonderabdruck aus der Chemisch-Metallurgischen Zeitschrift "Die Metallbörse" Nr. 68-76-84-100/1925, Nr. 4/6-14-22-44-58-66-92/1926, Nr. 10-20-34/1927)
  • "Verfahren zur Untersuchung feuerfester Silika- und Schamottesteine auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff geschmolzener Schlacken oder Glasflüsse", Deutsche Ton- und Ziegel-Zeitung, Band 5, S. 84-86, 1928
  • "Anweisung für die zweckmäßige Benutzung von Eigenschaftsblättern", Deutsche Ton- und Ziegel-Zeitung, Band 5, S. 194-197, 1928
  • "Moderne Glassätze. Glassätze für gelbbraune Gläser, Selenrubin u. Silbergelb", Chemisches Zentralblatt, Band 99,Teil 1, Seite 740, 1928
  • "Verbesserung der Druckfestigkeiten an Pflasterklinkern", Chemisches Zentralblatt, Band 3, Seite 1197 , 1929
  • "Die keramische Industrie Russlands", Chemisches Zentralblatt, Band 103,Teil 3, S. 185-96. 1932.
  • "Über die Bedeutung der Bestimmung des spezifischen Gewichts für die Beurteilung von Soda, die für die Glasschmelze geeignet sein soll", Chemisches Zentralblatt, Band 103, Seite 269, 1932
  • "Russische Klinker- und Steinzeugtone", Chemiker-Zeitung Band 57, Nr. 17, Seite 161f., 1933
  • "Schamottemassen für Glashäfen und Wannen", Glashütte, Bd. 69, Nr. 31, S. 529—530, 1939

Einzelnachweise

  1. Jahrbuch der Dissertationen der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, 1923, S.370
  2. Initiativgruppe Lager Mühlberg e. V. (Hrsg.): Totenbuch – Speziallager Nr. 1 des sowjetischen NKWD, Mühlberg/Elbe, Mühlberg/Elbe, 2008, S. 120, ISBN 978-3-00-026999-8
  3. Franz Grothe: Treck-Bericht - Die Flucht der Dörfer Grambschütz und Reichen vom 19.01. – 31.03.1945, 1950; Gesammeltes aus Grambschütz (PDF; 296 kB)
  4. Militär-Wochenblatt, Band 101, Teil 2, 1917. S. 3187
  5. Lecher, Oskar "Über den Phenyl-γOxy-butyraldehyd", Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen Philosophischen Fakultät der Universität Berlin, Juli 1920
  6. Deutsche Keramische Gesellschaft "Berichte der Deutschen Keramischen Gesellschaft, Band 3-4", The Society, 1922, Seite 118
  7. Lausitzer Industrielaboratorium, Cottbus, Wernerstraße 25, eingetragen beim Amtsgericht Cottbus unter 10 HRA 1714 (Löschung Amtsgericht Cottbus 15. Mai 1952)
  8. W. Schmorgrow: Über den Wert von Badekuren im Hause und das Daroliko-Bad, Sonderdruck aus der Zeitschrift Deutsches Bade- u. Kurwesen
  9. "Gehes Codex der pharmazeutischen Spezialpräparate mit Angaben über Zusammensetzung, Indikationen, Zubereitungsformen und Hersteller", 1926, Seite 227
  10. Armreifen aus dem Goldfund von Cottbus (1934). Europeana. Abgerufen am 8. November 2013.
  11. Karl Heinrich Marschalleck: Der germanische Goldfund von Cottbus. In: Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 10, 1934, S. 208-209
  12. U. Knöfel, M. Schulz: Aufbruch der Barbaren. In: Der Spiegel. Nr. 11, 2007, S. 138-152 (online).
  13. Eintrag im Handelsregister beim Amtsgericht Cottbus vom 1. Dezember 1948, Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Brandenburg, Bände 4-5, Keip Verlag Goldbach, 1993, S. 527
  14. Eintrag im Handelsregister (10 HR A 1714) beim Amtsgericht Cottbus vom 15. Mai 1952, Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Brandenburg, Bände 6-8, Keip Verlag Goldbach, 1993, S. 142
  15. Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation - Militärhauptstaatsanwaltschaft-Leiter der Abteilung Rehabilitierung ausländischer Staatsangehöriger, gez. A. W. Tschitschuga vom 24. Mai 2000, Nr 7ud-281-00 an die deutsche Botschaft in Moskau

Weblinks

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