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Jüdische Gemeinde Würzburg

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Die Jüdische Gemeinde Würzburg und Unterfranken bzw. Israelitische Gemeinde Würzburg zählt heute über 1000 Mitglieder. Die Geschichte der Juden in Würzburg beginnt im Mittelalter. Nach mehreren Vertreibungen in der frühen Neuzeit konnte im 19. Jahrhundert eine neue Gemeinde gegründet werden. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten etwa 20 Mitglieder der Vorkriegsgemeinde aus Theresienstadt zurück. Sie bildeten eine neue jüdische Gemeinde, die ab 1991 mit Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion einen gewaltigen Zuwachs erfuhr.

Geschichte

Mittelalter und frühe Neuzeit

Infolge der Judenverfolgungen im Rheinland im Jahre 1096 gelangten Juden aus Mainz nach Würzburg. Ein genaues Datum für die Erstgründung einer Gemeinde lässt sich jedoch nicht feststellen. Die erste schriftliche Erwähnung einer Gemeinde in Würzburg stammt vom 11. Februar 1147 im Zusammenhang mit einem Pogrom.[1] In dieser Zeit pflegte die jüdische Gemeinde Würzburg europaweite Kontakte und beherbergte international bekannte Rabbiner, darunter Meir ben Baruch von Rothenburg. Während des Rintfleisch-Pogroms im Jahre 1298 wurden 841 einheimische Juden und etwa 100 Flüchtlinge aus ländlichen Gegenden umgebracht. Um 1336 zogen Würzburger Bürger gegen den Anführer der judenfeindlichen Armledererhebung unter „König Armleder“, der gefangen genommen und als Landfriedensbrecher hingerichtet wurde.

1560 vertrieb Bischof Friedrich von Wirsberg sämtliche Juden in Würzburg und im Hochstift Würzburg. 1575 wurden die Juden im Hochstift durch Bischof Julius Echter von Mespelbrunn ausgewiesen. Er errichtete auf dem Grundstück des konfiszierten jüdischen Friedhofs an der Pleich das Juliusspital. Gegen Ende seiner Regierungszeit wurden wieder einzelne Juden in Würzburg zugelassen, 1643 jedoch durch Bischof Johann Philipp von Schönborn endgültig ausgewiesen. Diese Regelung galt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.

Von 1800 bis 1918

1803 erhielten Moses Hirsch und seine erwachsenen Söhne erstmals seit 160 Jahren das Recht zur Niederlassung. Das Judenedikt von 1813, das in Würzburg 1816 in Kraft trat, gewährte den Juden in Bayern gewisse Verbesserungen hinsichtlich Berufswahl, Gewerbeausübung und Ausbildung. 1818 wurde der Würzburger Bankier Jakob Hirsch als erster bayerischer Jude in den Adelsstand erhoben, ohne zum Christentum zu konvertieren. Ein Jahr darauf nahmen die judenfeindlichen Hep-Hep-Unruhen in Würzburg ihren Anfang. 1836 initiierte die bayerische Regierung die Gründung einer neuen jüdischen Gemeinde, die unter ihrem orthodoxen Rabbiner Seligmann Bär Bamberger Weltruf erlangte. 1841 wurde die neue Würzburger Synagoge eingeweiht. Die Gemeinde unterstand zu dieser Zeit dem Distriktsrabbinat Würzburg.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die gesellschaftliche Situation der Juden, durch gesetzliche Erleichterungen (Aufhebung der „Sonderabgabe“ 1881) sowie durch die Gründung der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt 1864. Um 1880 erreichte die jüdische Gemeinde mit etwa 4,5 % ihren höchsten Anteil an der Würzburger Stadtbevölkerung. Obwohl bis zur Jahrhundertwende der Zuwachs noch anhielt - 1900 zählte man 2567 Juden -, nahm der relative Anteil ab. 1885 wurde in Würzburg ein jüdisches Krankenhaus eingeweiht, 1891 ein jüdisches Altersheim.

Im ersten Weltkrieg meldeten sich zahlreiche Juden freiwillig zum Kriegsdienst.

Weimarer Republik und Holocaust

1919 verlief die Ausrufung der Räterepublik in Bayern in Würzburg dank des jüdischen SPD-Mitglieds Felix Freudenberger ohne Blutvergießen. Zahlreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinde beteiligten sich an der Niederschlagung der Räterepublik.

1920 wurde Siegfried Hanover aus Hamburg als Rabbiner gewählt. Er versah das Rabbinat bis 1939, als er in die USA auswanderte. Als sein Nachfolger amtierte Magnus Weinberg, bis zu seiner Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt im Jahr 1942.

In den 1930er Jahren wurden die traditionsreichen Nachbargemeinden Heidingsfeld und Höchberg mit der Würzburger Gemeinde vereinigt. Im Novemberprogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge in der Domerschulstraße verwüstet, die Heidingsfelder Synagoge aus dem Jahre 1780 wurde durch Brandstiftung vernichtet, die Synagoge in Höchberg wurde von SA-Männern ausgeraubt.[2]. 300 jüdische Männer aus Würzburg wurden in Konzentrationslager eingeliefert.

Im November 1941 begannen die Deportationen von Juden aus Würzburg und Unterfranken. Bei sieben solcher Aktionen wurden insgesamt 2063 Menschen verschleppt, von denen nur wenige überlebten. Im Juni 1943 erklärte die Geheime Staatspolizei Unterfranken als „judenrein“.

Seit 1945

Die Nachkriegsgemeinde Würzburg entstand aus zunächst 21 überlebenden Rückkehrern aus dem Konzentrationslager Theresienstadt und 38 Displaced Persons aus verschiedenen europäischen Ländern. Sie wuchs bis 1990 auf etwa 180 Mitglieder an. Seit 1991 ist die Zahl der Mitglieder auf über 1000 gestiegen, die Mehrheit unter ihnen sind sogenannte Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion.

Von 1958 bis 1996 amtierte David Schuster als Gemeindevorsitzender. Sein Sohn Josef Schuster, seit 1998 ebenfalls Gemeindevorsitzender, wurde 2014 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland[3]. 1962 wurde in Würzburg die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet. 2006 wurde das Gemeindezentrum Shalom Europa nach fünfjähriger Bauzeit eingeweiht.

Literatur

  • Herz Bamberger und Simon Bamberger: Geschichte der Rabbiner der Stadt Würzburg und des Bezirks Würzburg vom 12. Jahrhundert bis auf die Neuzeit. Wandsbek 1905 und Würzburg 1906.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, München. 2. Auflage 1992.
  • Herbert Schultheis: Juden in Mainfranken 1933-1945 unter besonderer Berücksichtigung der Deportationen Würzburger Juden. Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens, Bad Neustadt a. d. Saale 1980.
  • Reiner Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Bd. 4, I-II, Würzburg 1989.

Einzelnachweise

  1. Zeittafel
  2. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 147
  3. Zentralrat der Juden erhält neuen Präsidenten Zeit Online, 30. November 2014. Abgerufen am 9. Dezember 2014

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jüdische Gemeinde Würzburg aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.