Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Tiny House Movement

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Baugenehmigungsfähiges und straßenzugelassenes Tiny House nach deutschem Recht

Das Tiny House Movement (auch Small House Movement[1] genannt, englisch Bewegung für winzige Häuser) ist eine gesellschaftliche Bewegung mit Ursprung in den USA, die das Leben in kleinen Häusern propagiert. Die Bewegung findet auch ihren Ausdruck in der Architektur, indem zunehmend auch Klein- und Minihäuser geplant und realisiert werden, wobei keine feste Definition dafür existiert, bis zu welcher Wohnflächengröße ein Gebäude als Tiny House (Mikro- oder Minihaus) und ab wann es als Small House (Kleinhaus) bezeichnet wird. Tiny Houses werden zumeist zwischen 15 und 45 m² und Small Homes mit bis zu 90 m² Wohnfläche beschrieben.

Hintergrund

US-amerikanisches Tiny House auf Rädern in Olympia (Washington)

Obwohl demographisch gesehen die Zahl der in einem Haushalt zusammenlebenden Personen in vielen Industrienationen generell sank, nahm in einigen dieser Länder die Größe der neu errichteten Einfamilienhäuser zu. In den USA beispielsweise stieg die durchschnittliche Wohnfläche von Einfamilienhäusern von 165 m² im Jahre 1978 auf 230,3 m² im Jahre 2007.[2] Ein Grund hierfür war der gewachsene materielle Wohlstand. Einfamilienhäuser können auch ein Statussymbol sein, also den sozialen Status ihrer Mieter oder Eigentümer zum Ausdruck bringen. Small bzw. Tiny Houses verursachen hingegen deutlich geringe Bau- sowie laufende Kosten. Unter anderem deshalb hat das Small House Movement seit der Finanzkrise ab 2007 wieder vermehrt Aufmerksamkeit erfahren.

Dabei deckt die Entwicklung von Minihäusern ein breites Spektrum von Nutzern und Bewohnern ab. Sie reicht von einfachen von den Bewohnern selbst erstellten bzw. umgebauten Bau-, Schäfer- und Zirkuswagen bis hin zu hochwertig und professionell erstellten Modellen.[3]

Das Tiny House Movement wird zumeist mit einem Downsizing bzw. Gesundschrumpfen verbunden. Während der Ursprung vornehmlich in einer notwendigen Kostenreduktion gesehen werden kann, haben sich die Entscheidungsgründe in Ländern wie den USA, aber auch in Deutschland vornehmlich in Richtung eines nachhaltigen Wohnens und Lebens entwickelt. Aber auch einkommensstärkere Bevölkerungskreise nutzen vermehrt Tiny Houses als Gäste- oder als Wochenendhaus. Einige Unternehmen nutzen Tiny Houses als Geschäfts- oder Messebüros.

Der Beginn der Gegenbewegung zu „Bigger is better“ wird Sarah Susanka zugeschrieben. Susanka (* 1957), eine aus England stammende und in den USA lebende Architektin, veröffentlichte 1997 das Buch The Not So Big House – A Blueprint For the Way We Really Live. Das Small House Movement breitete sich auch in anderen Ländern aus: In Tokio, wo Grundstücke extrem teuer sind, baute der Architekt Takaharu Tezuka das House to Catch the Sky (englisch „Das Haus, das den Himmel einfängt“), ein 42,5 m² kleines Haus für vier Personen; in Barcelona stellten die spanischen Architekten Eva Prats und Ricardo Flores die 28 m² kleine Casa en una Maleta (spanisch „Haus im Koffer“) vor; nach den Verwüstungen von Hurrikan Katrina im August 2005 entwickelte Marianne Cusato, eine amerikanische Designerin, als Alternative zu den FEMA-Trailern (Notunterkünfte, die die Federal Emergency Management Agency den Hurrikan-Opfern zur Verfügung stellt) die Katrina Cottages mit 28,6 m² Wohnfläche.

Als Stimme des Tiny House Movement versteht sich die Small House Society, eine 2002 gegründete Vereinigung, die ihre Aufgabe in der Förderung von Erforschung, Entwicklung und Nutzung kleinerer Wohnräume sieht, welche nachhaltiges Wohnen von Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften auf der ganzen Welt begünstigen sollen.[4]

Tiny Houses in Deutschland

Der originale Bauwagen aus der Sendung Löwenzahn auf dem Gelände des Filmparks Babelsberg
Beispiel für ein nicht mobiles Tiny House

Tiny Houses wurden in Deutschland bereits in den 1980er Jahren durch die Kinderfernsehsendung Löwenzahn, in der Hauptdarsteller Peter Lustig bzw. die Filmfigur Fritz Fuchs in einem ausgebauten Bauwagen lebte, positiv konnotiert.[5]

Während US-amerikanische Tiny Houses oftmals keine Zulassung nach deutschem bzw. europäischem Recht erhalten, bieten mittlerweile zahlreiche Hersteller in Deutschland und der Europäischen Union zum Teil sehr individuelle europäische Varianten von Tiny Houses an.

Der Nutzerkreis in Deutschland kann grundsätzlich in folgende Gruppen gegliedert werden:[6]

  1. Personen, die ihren Aufwand hinsichtlich der Größe des Wohnraums, der Grundstücksfläche sowie der damit verbundenen Kosten reduzieren möchten
  2. Berufstätige oder Studenten, die temporär an einem anderen Standort Wohnraum benötigen
  3. Haushalte, die ein Tiny House als Ferien- oder Wochenendhaus nutzen möchten
  4. Selbstständige und Gewerbetreibende, die Tiny Houses als Büro, Personalwohnungen oder als Ferienhaus zu gewerblichen Zwecken nutzen möchten.

In starkem Kontrast zu den USA bestehen in Deutschland umfassende rechtliche Voraussetzungen, die bei der Nutzung von Tiny Houses erfüllt sein müssen. Dies gilt sowohl für die Nutzung auf öffentlichen Straßen als auch zu Wohn- oder Gewerbezwecken. Das ist ein Grund, warum Tiny-House-Projekte in Deutschland scheitern: Interessenten sind oft überfordert, nach welchen Richtlinien sie bauen dürfen.[7]

Mobile Tiny Houses bedürfen in Deutschland grundsätzlich einer straßenverkehrstechnischen Zulassung durch eine zuständige Einrichtung wie TÜV oder DEKRA. Dies erfolgt zumeist als Anhänger mit Sonderaufbau. Auch eine Deklaration als abnehmbare Ladung ist möglich. Ohne straßenverkehrstechnische Abnahme dürfen mobile Tiny Houses auf öffentlichen Straßen nicht oder nur mit erheblich reduzierter Geschwindigkeit bewegt werden, sofern sie nicht auf dafür geeigneten LKWs transportiert werden. Darüber hinaus haftet jeder Hersteller eines Tiny House für die statische Zuverlässigkeit unter Straßenverkehrsbedingungen.

Die baurechtliche Zulassung ist abhängig von der Nutzungsart. Wird ein Tiny House als Wohn-, Ferien- oder Wochenendhaus genutzt, so ist grundsätzlich eine dafür erforderliche Baugenehmigung einzuholen. Diese kann sowohl für eine dauerhafte als auch für temporäre Nutzung erteilt werden, sofern sich der Standort auf einer von der jeweiligen Kommune dafür geplanten oder genehmigungsfähigen Fläche befindet. Dazu zählen in der Regel Wohnsiedlungen, Mischgebiete aber auch speziell ausgewiesene Flächen für Ferien- oder Wochenendhäuser. Ein dauerhaftes Bewohnen außerhalb der baurechtlichen Innenbereiche ist in Deutschland grundsätzlich nur der Landwirtschaft und vergleichbaren anderen, auf den Außenbereich angewiesenen Nutzungen erlaubt. Unter Umständen können Tiny Houses auf Einzelgehöften errichtet werden, etwa wenn nachgewiesen wird, dass dessen Bewohner land- oder forstwirtschaftlich (z. B. als Obstbauer im Nebenerwerb) tätig ist. Zu den baurechtlichen Anforderungen zählt auch, dass der Bauherr die Versorgung der Wohneinheit mit Strom, Wasser sowie Abwasser und Müllabfuhr sicherstellt und nachweist.

Für die bautechnische Ausfertigung sowohl für den Einsatz als umbauter Raum als auch für den Einsatz auf der Straße haftet grundsätzlich der Bauherr beziehungsweise der Hersteller, welche grundsätzlich in Form einer von einem Architekten, einem zugelassenen Prüfingenieur oder einem Handwerksmeister des Bauhauptgewerbes in Form einer Statik nachgewiesen wird. Sofern die Grundkonstruktion eines Tiny House als Holzhaus definiert wird, sind zudem besondere brandschutzrechtliche Anforderungen an die elektrotechnischen Systeme einzuhalten.

Eine besondere baurechtliche Ausnahme stellt ein Campingplatz dar, auf dem ein Tiny House grundsätzlich ohne explizite Baugenehmigung aufgestellt werden darf. Die weiteren Bedingungen auch hinsichtlich eines dauerhaften Bewohnens oder der Nutzung als Erst- oder Zweitwohnsitz regelt die Campingverordnung des jeweiligen Bundeslandes beziehungsweise, falls eine solche nicht bestehen sollte, die Vorgaben der jeweiligen kommunalen Einrichtungen.

Aufsehen erregte das an der Architekturschule München entwickelte micro compact home (m-ch), das 2008 im MoMA ausgestellt wurde.[8]

Für die Vermietung von Wohnräumen bestehen in Deutschland keine bundesweiten Mindeststandards, vielmehr liegt die Zuständigkeit für Anforderungen an Wohnungen bei den Bundesländern. In Berlin und Bremen zum Beispiel sind 9 qm pro Erwachsenem und 6 qm für jedes Kind bis zu sechs Jahren vorgeschrieben, andernfalls darf der Wohnraum nicht vermietet werden.[9]

Ökologie und Nachhaltigkeit

Oft wird auf die Verwendung von ökologischen Baustoffen wie Holz und als Dämmstoff Schafwolle, Hanf oder Seegras sowie sonstige recycelte oder recyclingfähige Baustoffe verwiesen. Auf diese Weise soll auf einen möglichst schonenden Umgang mit zur Verfügung stehenden Ressourcen Wert gelegt werden. Allerdings ist es mit ökologischen Dämmstoffen schwieriger als mit herkömmlicher Dämmung, die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEv) zu erfüllen, die bei der Beantragung einer Baugenehmigung auch bei kleinen Wohngebäuden mit weniger als 50 m² erforderlich werden kann.

Einerseits ist es möglich, bei dickeren Wänden die Anforderungen zu erfüllen, andererseits wird auf bautechnisch dünne Außenwände, Fußböden und Decken verwiesen, die grundsätzlich keine ausreichende Dämmung liefern können. Eine sinnvolle Nachhaltigkeit wird dann langfristig mit einem deutlich erhöhten Energieverbrauch erkauft. Deshalb sollte der Nachhaltigkeit der Vorrang gegenüber der Verwendung von ökologischen Materialien gegeben und entsprechend auf hochdämmende Stoffe, wie zum Beispiel XPS (Extrudierter Polystyrol-Hartschaum), PUR (Polyurethane) oder auch spezielle Wärme reflektierende Isolationsfolien, zurückgegriffen werden.

Heizsysteme wie Holzscheitkamine sind zumeist nicht auf die geringen Raumvolumina von Tiny Houses ausgelegt, dementsprechend überdimensioniert und lassen sich temperaturtechnisch kaum energiebewusst regeln. Wie jede Feuerstelle muss auch ein Holzkamin im Tiny House vor Inbetriebnahme vom Bauherrn durch den zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister abgenommen und danach regelmäßig überprüft werden. Die genauen Bestimmungen wie auch der Einsatz von Filtersystemen regeln die Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer.[10] Alternativen im Sinne der Nachhaltigkeit können moderne elektronisch gesteuerte Pelletöfen darstellen.

Eine besondere Rolle bei Tiny Houses spielen energetische Systeme, die eine gewisse Unabhängigkeit bzw. Autarkie von öffentlichen Versorgungssystemen bieten sollen.

So darf Regenwasser durchaus gesammelt und zur Bewässerung des Gartens oder für die Toilettenspülung verwendet werden. Dabei sind Leitungen für Trinkwasser und Regenwasser deutlich voneinander zu trennen und dauerhaft farblich zu kennzeichnen.[11] Eine Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser ist in Deutschland grundsätzlich verboten.

Die Klärung von Abwasser durch Haus- bzw. Kleinkläranlagen und das Einleiten von Abwasser in Oberflächengewässer oder das Grundwasser sind, soweit seitens der zuständigen Kommune keine generelle Pflicht zum Anschluss an das öffentliche Abwassersystem besteht, grundsätzlich möglich und genehmigungspflichtig.[12]

Mit Photovoltaikanlagen kann im Inselbetrieb eines Tiny Houses – ähnlich wie bei Wohnwagen – ein Minimalbedarf an Strom unabhängig von öffentlichen Stromnetzen erzeugt werden. Die Dachfläche eines Tiny House ist für eine vollständig autarke Stromversorgung zu klein.

Wärme- und Flächenverbrauch

Sofern Tiny Houses nicht nach der Energieeinsparverordnung 2016 zertifiziert sind[13], kann der Verbrauch von Primärenergie in Tiny Houses deutlich höher als in alten, ungedämmten Häusern sein. Relevant ist hier vor allem das extrem ungünstige Verhältnis zwischen dem zu dämmendem Raumvolumen und der Hüllfläche.[14]

Der extrem hohe Flächenverbrauch von Tiny Houses steht ebenfalls im Gegensatz zu positiven Klimazielen. So ist der Flächenverbrauch von Tiny Houses etwa 10-mal so hoch wie bei mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern.[14]

3D-Druck-Bauverfahren

Beim Hausbau können Roboter mit Hilfe von Beton den Rohbau im 3D-Druckverfahren erstellen. Der Rest wird herkömmlich gebaut. So kann z. B. ein Haus mit einer Wohnfläche von 40 Quadratmetern komplett in 24 Stunden zu einem Preis von 10.000 Euro errichtet werden (→ 3D-Druck-Verfahren beim Hausbau).

Literatur

  • Sarah Susanka, Kira Obolensky: The Not So Big House: A Blueprint for the Way We Really Live. Taunton Press, Newtown CT 2008, ISBN 1-60085-047-2. (englisch)
  • Lester Walker: Kleine Häuser. Geschichten, Skizzen, Baupläne. Könemann Verlagsgesellschaft, Köln 2000, ISBN 3-8290-2410-X

Weblinks

 Commons: Tiny houses – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Alec Wilkinson: Let's Get Small - The Rise of the Tiny-House Movement. In: The New Yorker, 25. Juli 2011. Abgerufen am 18. Dezember 2017.
  2. Carmela Ferraro: Small But Perfectly Formed. In: Financial Times, 21. Februar 2009. Abgerufen am 18. Dezember 2017.
  3. Tiny Houses – Beispiele aus aller Welt. Abgerufen am 18. Dezember 2017.
  4. Small House Society. Resources For Life, abgerufen am 18. Dezember 2017 (english).
  5. Darum lebte Peter Lustig in einem Bauwagen. In: stern.de. 2016-02-24 (http://www.stern.de/kultur/tv/peter-lustig--so-lief-die-erste-folge-von--loewenzahn--6715500.html).
  6. Brigitte Bitto: Wohnen auf 15 Quadratmetern: „Mehr braucht kein Mensch“ In: Lübecker Nachrichten, 12. April 2018. Abgerufen am 14. April 2018.
  7. Tiny House: Kosten, Größe, Bauweise, Stellplatz & Baurecht. In: livee-house.com. 2020, abgerufen am 25. September 2020.
  8. At MoMA, a Look at Instant Houses, Past, Present and Future - The New York Times. In: nytimes.com. Abgerufen am 9. März 2020.
  9. Sachstand: Mindestwohnfläche pro Person in Mietwohnungen. In: WD 7-3000-102/17. Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, 14. August 2017, abgerufen am 27. März 2021.
  10. beispielhaft § 43 Landesbauordnung (BauO NRW)
  11. § 17 – Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001)
  12. Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  13. NDR, Sendung "Wie geht das?" u.a. zu EnEv2016-zertifiziertem Tiny House, 22.01.2020
  14. 14,0 14,1 Tiny houses - Ein positiver Beitrag zum Klimaschutz? Abgerufen am 18. Februar 2020.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Tiny House Movement aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.