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Thomasevangelium

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Das hier behandelte Thomasevangelium ist vom Kindheitsevangelium nach Thomas zu unterscheiden, siehe Kindheitsevangelium nach Thomas.
Der Beginn des Thomasevangeliums in der koptischen Handschrift (ab Zeile 10). Darüber das Subskript der vorausgehenden Schrift, des Apokryphons des Johannes.

Das Thomasevangelium ist eine Sammlung angeblicher Jesusworte (Logien) und kurzer Dialoge und Szenen, die in einem Jesuswort gipfeln. Da die Sammlung nicht vom Jünger Thomas stammt, diesen aber als Autor angibt, zählt sie zu den Pseudepigraphen. Sie enthält keine Passions- und Auferstehungsgeschichte und wird daher nicht zur literarischen Gattung eines Evangeliums gezählt. Sie ist nicht im Kanon des Neuen Testaments (NT) enthalten und wird daher als apokryph bezeichnet.

Der koptische Text dieser Spruchsammlung enthält eine Reihe von Parallelen zu Jesusworten, die im Neuen Testament bekannt sind, aber auch mehrere sonst unbekannte Jesusworte. Ihre Herkunft ist umstritten. Sie zeigen jedoch eine eigenständige Theologie, die nach heutiger Forschungsmeinung weder nur aus dem palästinischen Urchristentum noch nur aus dem Gnostizismus hergeleitet werden kann.

Handschriftliche Überlieferung

P. Oxyrhynchus 654. Dieses griechische Fragment enthält Teile der Logien 3–7.

Das Thomasevangelium war lange Zeit verschollen; man kannte bloß Notizen einiger Kirchenväter, die es einhellig und von Anfang an[1] zu den Apokryphen rechneten und als gnostisch oder manichäisch ablehnten.

Ab 1897 fand man in Oxyrhynchus (Ägypten) einige Papyrusfragmente mit griechischen Texten (etwa 200 n. Chr. und danach), die man nicht genau zuordnen konnte. Sie wurden zwischen 1897 und 1904 unter dem allgemeinen Titel „Worte Jesu” (Logia Iesou) von B. P. Grenfell und A. S. Hunt veröffentlicht. Diese Fragmente werden heute als P. Oxy. 1; 654 und 655 gezählt. P. Oxy. 654 enthält das Incipit sowie die Logien 1–7; P. Oxy. 655 enthält die Logien 24 sowie 36–39; P. Oxy. 1 enthält die Logien 29–33 und 77a.[2] Die drei Papyri sind Fragmente verschiedener Handschriften.

Um 1945 fand man 13 Papyrus-Codizes in Nag Hammadi in Ägypten; darunter (im Codex II, als Traktat 2) den nahezu vollständigen koptischen Text der 114 Aussprüche (Logien), als „Evangelium nach Thomas“ unterschrieben (heute in Kairo aufbewahrt). Der Umfang dieses „Evangeliums“ ist eher gering (ca. ein Sechstel des Lukasevangeliums). Die Handschrift wurde etwa um 350 n. Chr. geschrieben, sie hatte aber wohl eine wesentlich ältere Vorlage: Die erwähnten Fragmente wurden nun als Bestandteil dieses Thomasevangeliums identifiziert. Der koptische Text ist die Übersetzung einer griechischen Vorlage, wie beispielsweise die zahlreichen griechischen Lehnwörter im koptischen Text zeigen. Zwischen den griechischen Versionen und der koptischen gibt es teils beträchtliche Unterschiede.[3] Insofern ist auch nicht klar, inwieweit die Logien in der erhaltenen koptischen Version mit früheren Versionen übereinstimmen. Zu beachten ist außerdem, dass die Textüberlieferung apokrypher Schriften und besonders von Spruchsammlungen häufig wesentlich „flüssiger“ war als bei kanonisch werdenden Texten, sodass auch verschiedene Versionen gleichzeitig im Umlauf gewesen sein könnten.

Datierung

Allgemein wird das Thomasevangelium um die Mitte des 2. Jahrhunderts angesiedelt.[4] Damals waren die vier Evangelien des Neuen Testaments weithin bekannt, d. h. der Autor des Thomasevangeliums schrieb höchstwahrscheinlich in Kenntnis der synoptischen Evangelien.[5] Nach Jörg Frey sind die Texte der drei Papyri aus philologischen Gründen älter als das Thomasevangelium, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit jünger als die synoptische Tradition bzw. die vermutete Logienquelle Q.[6]

Der früheste Zeitpunkt für die Entstehung des Thomasevangeliums ist das Ende des Wirkens Jesu um 30 bzw. 33 n. Chr., der späteste Zeitpunkt liegt vor etwa 200 n. Chr., dem papyrologisch geschätzten Zeitpunkt für den Papyrus Oxyrhynchus 655.[7] Um 230 war das Thomasevangelium an weit auseinander liegenden Orten bekannt: In Rom (laut Hippolyt) und in Palästina (laut Origenes). Innerhalb dieses Rahmens versuchen Forscher verschiedener Disziplinen, den Entstehungszeitpunkt zu ermitteln.

Ungefähr die Hälfte der Logien im Thomasevangelium gehen mit synoptischen Sprüchen parallel. Viele Jesusworte wirken sehr alt und authentisch, insbesondere die 13 Doppelparallelen zum Markusevangelium und zu „Q“; sie könnten zu den ältesten Sprüchen gehören und in Jesu Zeit zurückreichen. Sogar eine Niederschrift gleichzeitig mit der postulierten Logienquelle (also 40–70 n. Chr.) wurde erwogen. Mit einer frühen Entstehung rechnen u. a. Klaus Berger und Gerhard Marcel Martin; nach Helmut Koester ist das Thomasevangelium im 1. Jahrhundert entstanden.[8] Reinhard Nordsieck datiert auf ca. 100–110 n. Chr. Nach Hans-Josef Klauck ist das koptische Thomasevangelium eine stark bearbeitete Fassung eines griechischen Textes, der zwischen 120 und 140 n. Chr. entstand, also erst nach der Abfassung der neutestamentlichen Schriften. Aus diesem können kaum Rückschlüsse auf den historischen Jesus gezogen werden.[9]

Der genaue Entstehungszeitpunkt hat nur beschränkte Bedeutung, weil der Text wesentliche Überarbeitungen hinter sich hat. Es ist nicht bekannt, wie stark sich ein bestimmtes Logion in der vorliegenden koptischen Fassung von der ursprünglichen Fassung unterscheidet.

Verfasser

Der Prolog gibt Didymus Judas Thomas als Autor an. Didymus ist das griechische Thomas, das aramäische Wort für „Zwilling“, sodass hier der Name verdoppelt wurde. Die synoptischen Evangelien kennen einen Jünger Thomas, der im Johannesevangelium Thomas Didymus genannt wird (21,2 EU), eine syrische Handschrift davon auch einen Judas Thomas (14,22 EU). In der syrischen Überlieferung trägt der Apostel Thomas verschiedentlich den Namen „Judas“.[10] Außerhalb des Neuen Testaments findet sich ein Judas Thomas in den apokryphen Thomasakten aus dem 3. Jahrhundert.

Ein uns unbekannter Autor wollte den Eindruck erwecken, der Apostel Didymus Thomas habe die Logien niedergeschrieben. „Der Verfassername ist ein Pseudonym.“[10] Von den Aposteln eignet sich Thomas nach dem Zeugnis des Johannesevangeliums am ehesten für ungewöhnliche Gedankengänge. Andererseits wäre bei einem eineiigen Zwilling die Aufgeschlossenheit für eine nicht in erster Linie leiblich bestimmte Identität naheliegend; nach dem Thomasevangelium hat nämlich jeder Mensch eine zumindest potenzielle Verbindung zu einem himmlischen Doppel, seinem sogenannten dauerhaften „Urbild“.

Entstehungsort

Einige Indizien weisen nach Syrien; vielleicht wurde das Thomasevangelium im syrischen Edessa geschrieben. Der Apostel Thomas war dort hoch verehrt. Einer Legende nach wurden seine Gebeine etwa im 3. Jahrhundert aus Südindien nach Edessa geholt.

Die auffällige dreifache Namensform des Prologs begegnet uns auch in den Thomasakten und anderen in Syrien beheimateten Werken. Auf syrischen Hintergrund könnte auch der hohe, dem Apostel Thomas zugewiesene Rang verweisen:

Jesus zu seinen Jüngern: „Mit wem bin ich zu vergleichen?“ Darauf Simon Petrus: „Du bist wie ein gerechter Engel.“ Und Matthäus: „Du bist ein Mensch, einsichtig wie ein Philosoph.“ Thomas aber erwiderte: „Meister, mein Mund kann unmöglich sagen, wem du gleichst!“ Da sprach Jesus: „Ich bin nicht dein Meister; denn du hast getrunken und dich berauscht an der sprudelnden Quelle!“ Und Jesus nahm ihn beiseite und sprach drei Worte zu ihm. Als Thomas zu seinen Kollegen zurückkam, fragten diese ihn: „Was sprach Jesus mit dir?“ Thomas darauf: „Wenn ich euch eins der Worte mitteile, die er mit mir sprach, dann werft ihr mit Steinen nach mir…“ (Logion 13, gekürzt)

Im Thomasevangelium reden einige Gleichnisse von der Rückkehr in den Urzustand sowie der Aufhebung des Gespaltenseins. Dazu gibt es inhaltliche Parallelen[11] in anderen bekannten syrischen Texten wie dem Diatessaron, das um 170 in Syrien entstand.

Beurteilung bei den Kirchenvätern

Im kirchlichen Bereich wurde das Thomasevangelium erstmals um 230 wahrgenommen. Um etwa 200 war es noch unbekannt, auch Irenäus von Lyon, Tertullian und Clemens von Alexandria erwähnten es nicht, obwohl sie sich mit vielen christlichen Strömungen auseinandersetzten und deren Schriften erwähnten. Hippolyt von Rom zitierte (um 230 n. Chr.) in seinem Bericht über die Naassener aus

„[…] dem Evangelium, das nach Thomas genannt wird: ‚Wer mich sucht, wird mich finden unter den Kindern von 7 Jahren an, denn dort im 14. Äon verborgen werde ich offenbar.‘“

Wie viele Logien ist auch dieses schwierig zu deuten (vielleicht ist mit dem 14. Äon das 14. Lebensjahr gemeint). Jedenfalls findet sich dieses Logion nicht unter den 114 Logien der koptischen Fassung (vielleicht hatten die Naassener eine andere Bearbeitung des Thomasevangeliums als wir).

Um 233 n. Chr. erwähnte Origenes in seiner ersten Lukashomilie das Evangelium nach Thomas unter den heterodoxen Evangelien.

Eusebius von Caesarea zählte ein Thomasevangelium zu den Apokryphen.[12] Kyrill von Jerusalem und andere griechische Autoren nach ihm erwähnen ein „Evangelium nach Thomas“ als eine von den Manichäern benutzte Schrift.

Das ins 6. Jahrhundert datierte sogenannte Gelasianische Dekret erwähnt das Thomasevangelium in seiner Liste der abgelehnten Bücher. Unsicher ist, ob damit das Thomasevangelium oder das Kindheitsevangelium nach Thomas gemeint war.

Verhältnis zu den synoptischen Evangelien

Hauptartikel: Synoptische Evangelien

Das Thomas-„Evangelium“ umfasst 114 Jesus zugeschriebene Logien: weisheitliche und apokalyptische Worte, Gesetzesworte, Ich-Worte, Gleichnisse, Dialoge und kleine Szenen, die in einem Jesuswort gipfeln. Diese stehen weitgehend unverbunden nebeneinander; eine durchgehende Ordnung ist nicht erkennbar; einzelne Stichworte verknüpfen manche Sprüche zu kleineren Gruppen. Mindestens 22 ganze Logien und 18 Teilabschnitte haben Parallelen in den synoptischen Evangelien bzw. in der vermuteten Spruchquelle „Q“, so ähnelt z. B. Logion 2 dem Spruch Jesu in Mt 7,8 EU:

„Jesus spricht: ‚Wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet. Und wenn er findet, wird er bestürzt sein. Und wenn er bestürzt ist, wird er erstaunt sein. Und er wird König sein über das All.‘“

Parallelen finden sich auch zu gnostischen Texten des 2. Jahrhunderts. Inwieweit diese Logien von den kanonischen Evangelien abhängig sind, ist umstritten.
Für eine Unabhängigkeit spricht das eigenständige Material aus sonst völlig unbekannten Jesusworten.

Laut Einleitungssatz und Logion 1 will diese Sammlung von Aussprüchen eine Heilsbotschaft sein:

„Dies sind die geheimen Worte, die Jesus, der Lebendige, sprach, und Judas Thomas, der Zwilling, aufschrieb. Und er sprach: ‚Wer die Bedeutung dieser Worte versteht, wird den Tod nicht schmecken.‘“

Allerdings beschränkt sich diese Heilsbotschaft auf die Verkündigung Jesu. Dass Jesus für die Menschen lebte, für sie starb und auferstand, wird nicht erwähnt. Ebenso fehlen Angaben zur Taufe, die Ankündigung von Jesu Wiederkommen, Jüngstem Tag und alle Wunderberichte. Aber es gibt Bezugnahmen auf Jesus als Wundertäter: Logion 35 betont, zuerst müsse der Starke gebunden werden, und in Logion 106 geht es darum, einem Berg zu befehlen sich wegzuheben.

Die Selbstbezeichnung Jesu als Menschensohn, die in der Logienquelle vorherrscht, wird hier aufgegriffen und auf alle wirklichen Nachfolger Jesu ausgedehnt:

„Wenn ihr aus zweien eins macht, dann werdet ihr Söhne des Menschen. Und wenn ihr dann dem Berg befehlt, sich wegzuheben, so wird er verschwinden.“

Jesus nach Logion 106

Theologische Eigenart

Die Deutung der Logien ist schwierig, da der jeweilige Kontext fehlt, sie hängen also gewissermaßen „in der Luft“. Beispielsweise lautet das kürzeste Logion bloß:

„Werdet Vorübergehende!“

Jesus nach Logion 42

In diesem Fehlen liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Evangelien des Neuen Testaments, bei denen die Worte Jesu in Dialoge und Rahmenhandlungen eingebettet sind.

Man kann versuchen, einige Kennzeichen herauszuarbeiten:

Jesus erscheint als der Lebendige, der Sohn des lebendigen Vaters, der Offenbarer, der den Jüngern das Geheimnis seiner – und ihrer – Herkunft mitteilt. Die Menschenwelt wird negativ beurteilt: „Wer die Welt erkannt hat, der hat eine Leiche gefunden“ (Logion 56). Unser Heil, unsere Verbindung mit Gottes Reich, tritt ein mit einem inneren Vorgang, dem Selbstverständnis als Gotteskinder; dadurch eint sich unser Wesen mit dem im Himmel verbliebenen Abbild unserer selbst (Logion 84).

Der Mensch ist, wenn auch blind in seinem Herzen (Logion 28), doch göttlichen Ursprungs (Logien 3, 50).

Das „Königreich“ („Reich des Vaters“, „Himmelreich“) ist ein Zentralbegriff des Thomasevangeliums. Dabei wird der Unterschied zu der Predigt Jesu in den Synoptikern deutlich: die eschatologische Ausrichtung auf die Zukunft fehlt fast völlig. Gewiss ist von „eingehen“ oder „finden“ die Rede, und zwar durchaus in zukünftigem Sinn. Aber diese Aussagen hängen eng mit der Aussage zusammen, dass der Jünger aus dem Reich stammt (Logion 49). Wichtig scheint nur, dass das Reich gegenwärtig ist: „das Reich des Vaters ist schon ausgebreitet über die Erde, nur können es die Menschen nicht sehen“ (Logion 113).

Es lassen sich kaum Spuren einer Gemeinschaftsbildung erkennen; ekklesiologische Gedanken fehlen. Der Zugang zum „Reich“ wird den einzelnen, vom Ruf Jesu Erreichten, zugesagt. Es sind die „Kleinen“, die „Einsamen“, die das „Reich“ und damit die „Ruhe“ erreichen.

Verhältnis zur Gnosis

Die Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem Thomasevangelium und der Gnosis wird dadurch erschwert, dass der Gnosisbegriff in der Forschung umstritten ist (siehe Gnosis).

Das Thomasevangelium zeigt gnostische Anklänge, aber es bietet keine Darlegung der wesentlichen Elemente des gnostischen Glaubenssystems. Über die Frage, ob und inwieweit es als gnostisch einzuordnen ist, wurde viel diskutiert.

Gegen eine Einordnung als „gnostisch“ spricht:

  • Dass die Welt als Schöpfung des Vaters dargestellt wird (d. h. es steht kein oberster Gott dem Schöpfergott gegenüber), widerspricht der Gnosis.
  • Man findet kein mythologisches System von Gottheiten und deren Emanationen.

Eine Nähe zur Gnosis zeigt sich in folgendem:

  • Die Menschen sind von ihrem Ursprung entfremdet und erkennen ihn nicht.
  • Sie brauchen einen Erlöser aus dem oberen Bereich, der sie mit ihrer wahren Herkunft bekannt macht (Wegweiser zur Erkenntnis)
  • Die rechte Erkenntnis („Gnosis“) bewahrt vor dem Tod: Logion 1: „Wer die Deutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken“.
  • Die gemeinsam mit dem Thomasevangelium in Nag Hammadi gefundenen Texte sind überwiegend gnostisch. (Vielleicht war das Thomasevangelium ursprünglich überhaupt nicht gnostisch, erhielt aber bei der Weiterverarbeitung eine „gnostische Färbung“).
  • Manchmal wird die Erkenntnis hervorgehoben, die in einzelnen, dem Leser aber nicht mitgeteilten Worten Jesu liegt (z. B. Logion 13). Die Bedeutung solcher zum Heil führender Worte Jesu tritt nicht offen zutage, sondern erschließt sich erst tieferem Eindringen in ihre verborgene Wahrheit.
  • Einige Logien zeigen eine starke Abneigung gegen Körperlichkeit und Geschlechtlichkeit, z. B. das letzte:
Simon Petrus forderte: „Maria soll uns verlassen; denn Frauen verdienen das Leben nicht.“ Jesus aber sprach: „Seht, ich werde sie männlich machen, so dass sie ein lebendiger Geist wird, wie auch ihr Männer! Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, geht ins Himmelreich ein.“ (Logion 114)

Jens Schröter und Hans-Gebhard Bethge kommen daher zu dem Schluss, dass es sich beim Thomasevangelium um „Jesusüberlieferung auf dem Weg zur Gnosis“ handelt.[13]

Literatur

Quellenausgaben

  • Harold W. Attridge: The Greek Fragments. In: Bentley Layton (Hrsg.): Nag Hammadi Codex II,2–7. Volume One (= Nag Hammadi Studies. Band 20). E.J. Brill, Leiden u. a. 1989, ISBN 978-9004090194, S. 96–128. (Einleitung zu den griechischen Fragmenten, griechische Fragmente und deren englische Übersetzung)
  • Helmut Koester, Bentley Layton, Thomas O. Lambdin: The Gospel According to Thomas. In: Bentley Layton (Hrsg.): Nag Hammadi Codex II,2–7. Volume One (= Nag Hammadi Studies. Band 20). E.J. Brill, Leiden u. a. 1989, ISBN 978-9004090194, S. 38–93 (Einleitung, wissenschaftliche Standardausgabe des koptischen Texts, englische Übersetzung).
  • Klaus Berger, Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Insel, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-458-16970-9, S. 645–670.
  • Hans-Gebhard Bethge u. a.: Evangelium Thomae Copticum. In: Kurt Aland: Synopsis quattuor evangeliorum. 15. Auflage. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1996, ISBN 3-438-05130-3, S. 517–546. (koptischer Text, griechische Fragmente, deutsche und englische Übersetzung des Berliner Arbeitskreises für koptisch-gnostische Schriften)
  • Jens Schröter, Hans-Gebhard Bethge: Das Evangelium nach Thomas (NHC II,2). In: Hans-Martin Schenke u. a. (Hrsg.): Nag Hammadi deutsch. Band 1: NHC I,1–V,1. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, S. 151–181, ISBN 3-11-017234-8.

Kommentare und weitere Sekundärliteratur

  • Erik van Ruysbeek, Marcel Messing: Das Thomasevangelium. Patmos, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-69404-3.
  • Uwe-Karsten Plisch: Was nicht in der Bibel steht. Apokryphe Schriften des frühen Christentums. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2006, ISBN 3-438-06036-1.
  • Uwe-Karsten Plisch: Das Thomasevangelium. Originaltext mit Kommentar. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-438-05128-8.
  • Reinhard Nordsieck: Das Thomas-Evangelium. Einleitung. Zur Frage des historischen Jesus. Kommentierung aller 114 Logien. 3. Auflage. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 2006, ISBN 3-7887-1867-6.
  • Elaine Pagels: Das Geheimnis des fünften Evangeliums: warum die Bibel nur die halbe Wahrheit sagt; mit dem Text des Thomasevangeliums. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52242-4 (amerikan. Orig.: Beyond Belief: The Secret Gospel of Thomas. Random House, New York 2003).
  • Gerhard Marcel Martin: Das Thomas-Evangelium. Ein spiritueller Kommentar. Radius, Stuttgart 2005, ISBN 3-87173-160-9.
  • Karl-Otto Schmidt: Das Thomas-Evangelium. Geheime Herren-Worte frühchristlicher Handschriften. 7. Auflage. Drei Eichen Verlag, Hammelburg 2004, ISBN 3-7699-0422-2.
  • Katharina Ceming, Jürgen Werlitz: Die verbotenen Evangelien. Apokryphe Schriften. Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-25027-6.
  • Wilfried Eisele: Welcher Thomas? Studien zur Text- und Überlieferungsgeschichte des Thomasevangeliums (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. Band 259). Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 978-3-16-150543-0.
  • Hans-Josef Klauck: Apokryphe Evangelien. Eine Einführung. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2002, ISBN 3-460-33022-8.

Weblinks

 Commons: Gospel of Thomas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jens Schröter, Hans-Gebhard Bethge: Nag Hammadi Deutsch. Studienausgabe, de Gryuter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-018192-0, S. 124.
  2. Harold W. Attridge: The Greek Fragments. S. 96–102.
  3. Zum Verhältnis zwischen den griechischen Papyri und der Nag-Hammadi-Version vgl. Wilfried Eisele: Welcher Thomas? Tübingen 2010.
  4. Robert McLachlan Wilson: Apokryphen des Neuen Testaments. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 3, 1978, S. 323–326 („die Komposition der frühesten Version kann vielleicht auf die Mitte dieses [2.] Jahrhunderts festgesetzt werden“).
  5. Die Webseite des Instituts für NT der Universität Graz nennt „mehrere Möglichkeiten: (1) EvTh kannte alle Evangelien. Dann ist EvTh relativ spät entstanden und eine Kurz- oder Neufassung der Evangelien. So etwa ist die Meinung der großen Mehrheit der deutschen Bibelwissenschaftler.“
  6. Jörg Frey: Die Lilien und das Gewand: EvThom 36 und 37 als Paradigma für das Verhältnis des ThomEv zur synoptischen Überlieferung. In: Jörg Frey (Hrsg.): Das Thomasevangelium: Entstehung – Rezeption – Theologie. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-020246-5, S. 122–180.
  7. Wilfried Eisele: Welcher Thomas? Tübingen 2010, S. 39.
  8. Selbst eine apostolische Herkunft wurde erwogen. Dann wäre es allerdings in kirchlichen Kreisen anerkannt worden und hätte sich schneller verbreitet. Eine gezielte Unterdrückung des Thomasevangeliums ist nicht anzunehmen. Denn soweit wir eine Auseinandersetzung damit seitens kirchlicher Persönlichkeiten nachvollziehen können, erfolgte diese erst spät (nach ca. 200 n. Chr.). Als es bekannter wurde, gab es längst die Festlegung auf vier anerkannte Evangelien.
  9. Hans-Josef Klauck: Endlich die volle Wahrheit? Neue Diskussion um apokryphe Evangelien. Vortrag vom 7. Oktober 2006, Katholische Akademie Bayern (München), S. 3–4. (PDF; 405 kB)
  10. 10,0 10,1 Jens Schröter, Hans-Gebhard Bethge: Nag Hammadi Deutsch. Studienausgabe, de Gryuter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-018192-0, S. 125.
  11. Aelred Baker, Gilles Quispel, 1960
  12. Ähnlich Philippus von Side um 430 in seiner Kirchengeschichte.
  13. Jens Schröter, Hans-Gebhard Bethge: Das Evangelium nach Thomas (NHC II,2). In: Hans-Martin Schenke u. a. (Hrsg.): Nag Hammadi deutsch. Band 1: NHC I,1–V,1. S. 163.
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