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Suleika Hachuel

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Alfred Dehodencq: "Hinrichtung einer marokkanischen Jüdin" (Sol Hachuel), entstanden 1860; das Gemälde wurde später von einer aufgebrachten Menge zerstört
Grabstein von Sol Hachuel in Marokko mit hebräischer und französischer Inschrift

Suleika Hachuel, genannt Sol Hachuel, war eine jüdische Märtyrerin, geboren 1817 in Tanger, im Alter von 17 Jahren öffentlich enthauptet in Fez 1834; der Vorwand für ihre Hinrichtung war "Abfall vom Islam", obwohl sie nie zum Islam konvertiert war.

Leben

Einleitung

Wenn man den jüdischen Friedhof in Fez in Marokko besucht, eine Stadt, die die meisten Juden mit dem Rif und dem Rambam in Verbindung bringen, sieht man dort das Grab von Suleika Hachuel.Vielen ist dieser Name nicht bekannt, doch grosse Gruppen marokkanischer und anderer sefardischer Jehudim besuchen alljährlich das Grab dieser jungen Frau. Auch Muslime erweisen der Zaddeket Suleika Hachuel ihre Ehrerbietung und beten, dass sie mit einer solchen Tochter gesegnet sein werden. Das ist eher verwunderlich, denn Suleika starb al Kiddusch Haschem, weil sie sich weigerte, zum Islam überzutreten.

Wer war diese junge Frau, die vor beinahe zwei Jahrhunderten gestorben ist? Warum endete ihr Leben mit einem solch grausamen Tod? Und was macht ihre Geschichte so besonders, dass die Leute ihr Grab bis heute besuchen?

In der Vergangenheit graben

Um Suleikas Geschichte besser zu verstehen, müssen wir zuerst die Geschichte ihrer Geburtsstadt kennen. Sie wurde in Tangier in Marokko geboren. Tangier wird oft "Weg nach Marokko" genannt, da dort die grosse Hafeneinfahrt nach Spanien ist. Von den Hügeln in Tangier kann man zwei Kontinente sehen, Europa und Asien. Gemäss einer Legende baute Noachs Sohn Jefet diese Stadt. Gemäss einer anderen wurde sie von Kenaanitern gegründet, die vor den Jehudim flüchteten. Uralte Dokumente beweisen, dass Tangier früher eine sehr mächtige phönizische Kolonie war. Im Jahr 1910 wurden bei einer Ausgrabung drei alte jüdische Grabsteine entdeckt. Auf einem von ihnen stand: "Samuel al Naguid". Als die Jehudim im Jahr 1492 aus Spanien flüchteten, fanden sie eine kleine Gruppe Jehudim, die in Tangier wohnten. Damals beherrschten die Portugiesen die Stadt. Doch im Jahr 1538 wurden die Königreiche von Spanien und Portugal vereint und die Stadt geriet unter spanische Herrschaft.

Als sich Spanien im Jahr 1643 von Portugal trennte, wurde Tangier wieder von den Portugiesen regiert. Neunzehn Jahre später gab Portugal Tangier als Geschenk an England als Mitgift für Katherine von Braganza, die König Charles II. heiratete. Damals war die jüdische Gemeinde sehr klein - sie hatte nur einundfünfzig Mitglieder.

Wechsel der Führung

Im Jahr 1684 zogen sich die Briten aus Tangier zurück und die Stadt wurde von den Muslimen regiert. Der Pascha lud sowohl Juden wie auch Muslime ein, die Stadt zu bewohnen. Als Folge davon wuchs die jüdische Gemeinde. Suleika wurde im Jahr 1817 in dieser Gemeinde geboren. Ihr Vater war ein Talmid Chacham namens Reb Chaim und ihre Mutter hiess Simcha. Sie war die jüngere von zwei Kindern - ihr älterer Bruder hiess Jissachar. Damals war das Leben für die Jehudim in Tangier relativ angenehm. Sie waren nicht gezwungen, in einer Mellah zu wohnen, einem jüdischen Ghetto, sondern wohnten in einem nicht geschützten jüdischen Viertel. Es kam auch vor, dass Jehudim unter muslimischen Nachbarn wohnten, wie es Suleikas Familie tat.

Ein tödlicher Fehler

Die Geschichte begann, als Suleika ins heiratsfähige Alter kam. Als sie siebzehn Jahre alt war, war sie schon für ihre Schönheit bekannt. Gemäss der Geschichte stritten sich zwei Cousins darum, sie zu heiraten. Suleika war an beiden nicht interessiert, was zu einem Streit mit ihrer Mutter führte. Wütend rannte Suleika zu ihrer Nachbarin, einer jungen Muslima namens Tahra de Mesoodi. Das war ein tödlicher Fehler. Die junge Tahra, die hoffte, dass Suleika zum Islam übertreten würde, schlug ihr vor, doch eine Muslima zu werden, um den Schidduch-Vorschlägen zu entgehen. Dies war jedoch keine Möglichkeit für Suleika, da sie eine überzeugte Jüdin war. Sie konnte es sich nicht einmal im Traum vorstellen, das zu tun. Nachdem sie sich also bei ihrer muslimischen Freundin ausgeweint hatte, kehrte Suleika nach Hause zurück, ohne weiter an den Vorschlag zu denken. Tahra jedoch beschloss, die Sache in ihre Hände zu nehmen. Nachdem Suleika ihr Haus verlassen hatte, schickte Tahra eine Nachricht zum muslimischen Pascha Arbi Esudio mit der fälschlichen Behauptung, dass Suleika zum Islam übergetreten war.

Ein Netz von Lügen

Als sich Gerüchte verbreiteten, dass Suleika zum Islam übergetreten war, stritt sie das entschlossen ab. Doch der muslimische Führer weigerte sich, ihr zu glauben. Man klagte sie an, zum Islam übergetreten und dann wieder zum Judentum zurückgekehrt zu sein. Das ist gemäss dem islamischen Gesetz streng verboten. Der Pascha befahl, dass Suleika zu ihm gebracht werden sollte.

Suleika erklärte dem Pascha: "Sie sind getäuscht worden. Ich habe nie solche Worte ausgesprochen. Sie (Tahra) hat es mir vorgeschlagen, doch ich war nicht einverstanden." Die nächsten Worte, die Suleika sagte, die sie im Ganzen dreimal sagte, wurden schliesslich zu ihrer Grabinschrift: "Als Jüdin wurde ich geboren, als Jüdin will ich sterben."

Der Pascha war von ihrer Schönheit eingenommen und bot ihr Reichtum in der Form von Seide und Gold an und auch Glück, wenn sie ihre Schuld gestand. Er versprach ihr auch, dass er sie vor ihren Eltern beschützen würde (als ob das der Grund dafür war, dass sie seinen Wünschen nicht nachgab).

Als Suleika sich immer noch weigerte, drohte ihr der Pascha: "Ich werde dich in Ketten legen, ich werde dich von wilden Tieren zerreissen lassen, du sollst das Tageslicht nie mehr erblicken, du sollst vor Hunger sterben und die Macht meiner Rache und Empörung kennenlernen, weil du die Wut des Propheten beschworen hast."

Suleika antwortete gleich überzeugt: "Ich werde geduldig das Gewicht deiner Ketten tragen, ich werde meine Glieder den wilden Tieren anbieten, ich werde für immer dem Tageslicht abschwören; ich werde vor Hunger sterben. Und wenn all die Schrecken des Lebens gemäss deinem Befehl auf mir angehäuft sind, werde ich deine Empörung und die Wut deines Propheten belächeln, denn weder er noch du konntet eine schwache Frau bezwingen ..."

Ihre mutigen Worte verärgerten den Pascha, der antwortete: "Schreckliche Gotteslästerin! Du hast den Namen verunreinigt, den ich verehre. Du verdienst meine Hilfe nicht. Ich werde dich in einem geheimen Gefängnis begraben und lächeln, wenn ich sehe, wie du Gift trinkst ..."

Damit schickte er sie ins Gefängnis.

Versuch, Suleika zu retten

Die junge Frau wurde in einem dunklen Raum eingesperrt. Eine eiserne Kette lag um ihren Hals und auch ihre Hände und Füsse waren angekettet. Suleikas verzweifelte Eltern versuchten sie zu befreien, indem sie den spanischen Vizekonsul Do Jose Rico um Hilfe baten, doch sie hatten keinen Erfolg.

In einer besonders unmenschlichen Tat verlangte der Pascha, dass Suleikas Vater für die Reise seiner Tochter nach Fez bezahlte, wo sie verurteilt werden sollte. Ausserdem musste er die Kosten für die Hinrichtung bezahlen. Tat er dies nicht, drohten ihm fünfhundert Peitschenhiebe. Reb Chaim hatte das Geld nicht, doch der spanische Konsul war bereit, es ihm zu borgen, ohne Zins dafür zu verlangen. Als Reb Chaim den Pascha bat, dass er seine Tochter nach Fez begleiten durfte, wurde ihm gesagt: "Weder du noch jemand deiner Familie noch ein anderer Jude darf in der Nähe dieses gotteslästerlichen Mädchens reisen."

Suleika wurde auf einem Maulesel nach Fez gebracht. Ihre Füsse und Hände waren gefesselt. In Fez befahl der Sultan den Rabbanim, sich mit dem Mädchen zu treffen, um ihr die Ernsthaftigkeit ihrer Situation begreiflich zu machen. Man würde sie enthaupten, wenn sie sich nicht zum Islam bekannte. Vielleicht würde dann die jüdische Gemeinde in Gefahr geraten. Die Rabbanim versuchten, sie zu überzeugen, vorzugeben, dass sie zum Islam übertrat, auch wenn sie das nicht vorhatte. Doch Suleika hörte nicht auf sie.

Der Sultan befahl, dass Suleika auf dem Marktplatz in Fez umgebracht werden sollte. An jenem Tag fastete und betete Suleika, während die Araber sich auf dem Marktplatz versammelten. Die junge Frau weigerte sich zu essen und betete, während sie auf ihren Tod wartete. Sie wurde zu ihrer Hinrichtung geschleppt, obwohl sie bereit war, selbst zu gehen. Die Strassen waren gedrängt voll mit Muslimen, die riefen: "Hier kommt sie, die den Propheten gelästert hat! Tod, Tod und Tod der lästerlichen Hexe!"

Suleika durfte ihre Hände waschen und Schema sagen. Der Sultan hoffte noch immer, dass sie ihre Entscheidung bereuen würde, und befahl, dass die Hinrichtung ganz langsam geschehen sollte, damit sie ihre Meinung ändern konnte. Doch das würde nicht geschehen. Als Suleika ihr eigenes Blut sah, sagte sie mutig ihre letzten Worte: "Pues, muriendo como muero innocente, el Dio de Abraham vengara mi muerta" ("Ich sterbe als Unschuldige. Der G'tt Abrahams wird meinen Tod rächen").

Die traurige jüdische Gemeinde zahlte, um ihren Körper zu erhalten. Sie wurde in ein Leinentuch gewickelt und auf dem jüdischen Friedhof in Fez begraben.

In ihrer Erinnerung

Heute steht ein grosses Denkmal auf dem Grab der Zaddekes Suleika Hachuel. Darin gibt es eine Nische, in der man Kerzen zu ihrer Erinnerung anzünden kann. Sowohl die hebräische wie auch die französische Inschrift erzählen von ihrem Schicksal. In Hebräisch steht: "Das ist der Grabstein des Mädchens Suleika Hachuel, das sich in der Öffentlichkeit für den Namen von Haschem geheiligt hat. Sie wurde al Kiddusch Haschem in Fez im Jahr Zadeket (Gematria 595, also im Jahr 5594 = 1834) getötet. Möge ihr Verdienst uns beschützen. Amen, ken jehi Ratzon."

In Französisch steht (u. a.): "Alle trauern um dieses heilige Kind."

Hinweis

Dieser Jewiki-Artikel ist im Wesentlichen eine Wiedergabe des Artikels "Märtyrerin in Marokko", erschienen in der Jüdischen Zeitung, Ausgabe vom 18. Dezember 2015, Seite 17 f. (Autor: P. Herzog)

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