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Spitalgasse 19 (Coburg)

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Das Haus Spitalgasse 19 in Coburg ist ein Wohn-, Büro und Geschäftshaus, das von 1908 bis 1910 als Kaufhaus errichtet wurde. Der reich gegliederte Jugendstilbau steht als Baudenkmal in der Bayerischen Denkmalliste.

Geschichte

Spitalgasse 19, Coburg

Schon im Jahr 1496 wurde das Haus Spitalgasse 19 in den Hausbüchern von Ernst Cyriaci erwähnt und ab 1570 war in dem Gebäude der Gasthof „Zum Weißen Schwan“ angesiedelt, der zu den ersten Adressen in Coburg gehörte. Unter anderem übernachteten 1662 und 1668 Königin Christina von Schweden und 1782 Johann Wolfgang von Goethe im Weißen Schwan. 1858 erwarb Adam Leuthäuser aus Hildburghausen das Anwesen. Er veranlasste einen umfangreichen Umbau und eröffnete 1860 das Hotel Leuthäuser, das wieder erstes Haus am Platz war. 1883 übernahm Fritz Müller aus Jena das Hotel. Er ließ unter anderem, als einer der ersten in Coburg, elektrisches Licht installieren. 1863 übernachtete Otto von Bismarck, 1884 Franz Liszt, 1886 Johann Strauss und 1887 Kaiser Pedro II. von Brasilien im Hotel Leuthäuser. Im Jahre 1903 schloss Fritz Müller das Hotel Leuthäuser aus Altersgründen und aufgrund wachsender Konkurrenz und vermietete das Gebäude an die Firma M. Conitzer & Söhne, die am 12. September 1903[1] ein Geschäftshaus für Modewaren, Kurz-, Weiß- und Wollwaren, Möbelstoffe, Gardinen, Portieren und Teppiche[2] eröffnete.

Das Geschäftshaus in Coburg war ein Anschlusshaus des gleichnamigen Unternehmens, das für den gemeinsamen Einkauf und ein einheitliches Marketing von mehr als 20 Häusern, überwiegend in Ost- und Norddeutschland, zuständig war. Gegründet wurde das Manufaktur- und Kurzwarengeschäft M. Conitzer & Söhne im Jahr 1882 von Moses Conitzer und seinen drei Söhnen in Marienwerder. Später, im Jahr 1927, bildete das Unternehmen eine Interessengemeinschaft mit der Einkaufszentrale von Hermann Tietz[3]. Die Neffen von Moses Conitzer, Max Frank und Adolf Friedländer, waren Inhaber der selbstständigen Filiale in der Coburger Spitalgasse 19.

1908 kaufte M. Conitzer & Söhne das Anwesen von Fritz Müller und veranlasste den Abriss und Neubau eines sehr repräsentativen Kaufhauses, das am 8. März 1910[4] fertiggestellt war. Das größte Kaufhaus in Coburg zeichnete sich durch ideenreiche Werbung, die Preisauszeichnung und die Einführung der Barzahlung aus. Unter anderem veranstaltete es 1925 die erste Modenschau in Coburg. Nachdem Conitzer & Söhne Ende 1928, wie Abraham Friedmann (Generaldirektor des Fleischwarenunternehmens Großmann), erklärte die Koks- und Stromabnahmen bei den städtischen Werken zu kündigen, sofern der dort angestellte Maschinenmeister Franz Schwede (Ortsgruppenleiter der NSDAP und Mitglied des Stadtrats) seine Verunglimpfungen in der Öffentlichkeit nicht einstellte, wurde das Kaufhaus Ziel zahlreicher nationalsozialistischer Angriffe.[5] So wurde in der Nacht zum 23. Dezember 1929 der an der Außenfassade zwischen erstem und zweitem Stock angebrachte Weihnachtsbaum einschließlich elektrischer Beleuchtung heruntergeholt. [6] Demonstranten zwangen das Kaufhaus im März 1933 zur zeitweiligen Schließung. 1935 kam die Enteignung durch die Nationalsozialisten und die nachfolgende Geschäftsübernahme durch Moritz Döring als Textil-Kaufhaus. Der alte Inhaber Adolf Friedländer wanderte aus, sein Partner Max Frank starb 1938 in Coburg und seine Frau Augusta Frank wurde nach Theresienstadt deportiert, wo sie 1942 verstarb.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bekamen die Erben das Anwesen zurück übertragen und verkauften es 1948 an das Unternehmen Brandt, aus Ostpreußen stammend. Brandt eröffnete ein Kaufhaus für Eisenwaren, Haushaltsartikel, Spielwaren und Sportartikel und veranlasste in den folgenden Jahrzehnten einige Umbauten im Gebäudeinneren. 1982 musste Brandt das Kaufhaus schließen und veräußerte das Gebäude 1983 an die Deutsche Bank, die seitdem in der Spitalgasse 19 eine Filiale betreibt, die zuvor in der Mohrenstraße 34 beheimatet war.

Ende 2008 erwarb ein Münchner Privatinvestor das Wohn-, Büro und Geschäftshaus mit einer Gesamtmietfläche von 1500 Quadratmetern von der Fondsgesellschaft L-Wave Grundstücksverwaltungsgesellschaft 11 mbH.[7]

Gebäude

Bienenkorb und Biene
Initialen M und C

Die Planung des Jugendstilgebäudes stammt vom Coburger Stadtbaurat Max Böhme, die Bauleitung hatte der Architekt Heinecke inne. Es ist ein bedeutendes Beispiel für die Architektur von Kaufhäusern Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Gebäude ist eine dreigeschossige Stahlbetonskelettkonstruktion, die ein Untergeschoss besitzt. Ein hohes Satteldach mit einem davor angeordneten halbierten Mansarddach und einem vorgesetzten Zwerchhaus sind weitere markante Bauteile.

Die Fassade zur Spitalgasse besteht im Erdgeschoss und im Bereich der Brüstung des 1. Obergeschosses vorwiegend aus einer dunklen Metallverkleidung, mit kassettierten Pilastern, die durch Darstellungen von Bienenkörben und Bienen, den Gewinn einfahrenden Fleiß symbolisierend, oben abgeschlossen sind. In den Obergeschossen ist nur die helle Sandsteinfassade vorhanden, die durch Pilaster in fünf vertikal ausgerichtete Teile gegliedert ist. Die äußeren Pilaster weisen oben eine Kartusche mit den Initialen des Bauherrn M und C auf. Zwischen den Pilastern sind jeweils drei Fensterachsen mit ornamentierten Brüstungen angeordnet. Der geschweifte Giebel weist mittig drei Fenster auf, die seitlich und darüber mit figürlichen Flachreliefs und Sonnenstrahlen geschmückt sind.

Das Kaufhaus besaß im Inneren vier Verkaufsetagen auf, die über einen Fahrstuhl erschlossen wurden. Die Obergeschosse lagen galerieartig um einen Lichthof herum, der durch eine farbige Glasdecke nach oben abgeschlossen war. Das erste Obergeschoss wurde von der Rückseite über eine mittig angeordnete, dreiarmige Treppe erschlossen. Zusätzlich gab es ein Nebentreppenhaus mit Toilettenanlagen. 1956 wurden die Geschossdecken im Lichthof geschlossen, 1962 folgte eine Gebäudeerweiterung an der Rückfront in der Nägleinsgasse im Keller- und Erdgeschoss und 1964 eine Neugestaltung der Hauptfassade im Erdgeschoss. Ein neuer Aufzug an anderer Stelle ersetzte 1975 den bauzeitliche Personenaufzug. Vor dem Einzug der Deutsche Bank AG wurde die Erdgeschossfassade geändert und die mittige Treppe hinter dem ehemaligen Lichthof abgerissen. 1997 folgte der Einbau eines Ladens.

Literatur

  • Ernst Eckerlein: Coburger Heimat. Band IV, Fiedler-Verlag Coburg 1983, ISBN 3-923434-06-5
  • Peter Morsbach, Otto Titz: Stadt Coburg. Ensembles-Baudenkmäler-Archäologische Denkmäler. Denkmäler in Bayern. Band IV.48. Karl M. Lipp Verlag, München 2006, ISBN 3-87490-590-X

Einzelnachweise

  1. Coburger Zeitung, 11. September 1903
  2. Coburger Zeitung, 30. August 1903
  3. Georg Wenzel: Nathan Conitzer. In: Deutscher Wirtschaftsführer, 1929 (PDF; 28 kB)
  4. Coburger Zeitung, 8. März 1910
  5. Joachim Albrecht: Die Avantgarde des Dritten Reiches – Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922–1933. Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-53751-4. S. 108.
  6. Hubert Fromm: Die Coburger Juden – Geschichte und Schicksal. Evangelisches Bildungswerk Coburg e.V. und Initiative Stadtmuseum Coburg e.V., 2. Auflage Coburg 2001, ISBN 3-9808006-0-1. S. 109
  7. comfort.de: Presseinformation der COMFORT - Gesellschaft für Geschäftsflächen- und Unternehmensvermittlung Holding mbH, 17. Dezember 2008
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