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Schiffbruch mit Tiger

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Life of Pi (deutsch Schiffbruch mit Tiger) ist ein im Jahre 2001 erschienener Roman des kanadischen Schriftstellers Yann Martel. Die deutsche Übersetzung von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié erschien 2003 im S. Fischer Verlag. 2002 erhielt Yann Martel für diesen Roman den Booker Prize. 2012 wurde der Roman vom taiwanischen Regisseur Ang Lee unter dem Titel Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger verfilmt.

Inhalt

Piscine Molitor Patel, genannt Pi, ist der Sohn des Zoodirektors im indischen Pondicherry. Er ist bereits ein gläubiger Hindu, als er das Christentum kennen lernt und zusätzlich zum Christentum konvertiert. Später nimmt er als dritte Religion noch den Islam an. Als sein Vater beschließt, nach Kanada auszuwandern, begibt sich die Familie mit dem halben Zoo auf einen japanischen Frachter. Auf offener See geraten sie in einen schweren Sturm. Das Schiff kentert und sinkt. Nur der halbwüchsige Pi, ein Zebra, ein Orang-Utan, eine Tüpfelhyäne und ein bengalischer Tiger namens „Richard Parker“ können in einem Rettungsboot dem Untergang ihrer Arche entkommen. Der nun folgende Überlebenskampf beginnt damit, dass die Hyäne zunächst das gebrochene Bein des Zebras abreißt und frisst. Später verschlingt sie nach und nach auch den Rest des Zebras. Als nächstes kommt der Orang-Utan an die Reihe. Der Tiger war bis dahin unter einer Persenning verborgen und hatte sich dort bewegungslos verhalten, da er seekrank war. Als er sich erholt hat, frisst der Tiger die Hyäne.

Pi rettet sich auf ein Floß, das er aus Rudern und Schwimmwesten gebaut und ans Rettungsboot angehängt hat. Durch ein langes Tau vom Boot getrennt und vor Richard Parker geschützt, beginnt der Junge nun das Raubtier zu zähmen, indem er es mit Fischen füttert, die er von seiner sicheren Insel aus angelt und ins Boot hinüberwirft. Außerdem nutzt er dessen Anfälligkeit für Seekrankheit zu seinem Vorteil, indem er immer dann, wenn das Tier aggressiv zu werden droht, das Boot durch rhythmische Bewegungen so heftig zum Schwanken bringt, dass dem Tiger augenblicklich schlecht wird.

Es vergehen Monate. Die beiden werden zu Partnern, immer mehr voneinander abhängig, aber auch immer ausgezehrter und schwächer. Pi wird vorübergehend blind, seine Augen trocknen aus. Da erscheint in einem zweiten Rettungsboot ein französischer Schiffbrüchiger, der gesteht, dass er schon einmal einen Mann und eine Frau umgebracht hat. Als er in Pis Boot hinüberklettert, greift er den geschwächten Pi heimtückisch an, wird aber sofort von dem unter der Persenning lauernden Tiger gepackt und gefressen.

Schließlich stranden Pi und Richard Parker an einer Insel aus Algen, für die beiden eine Art Schlaraffenland, auf der es von Erdmännchen wimmelt. Der ausgehungerte Tiger frisst sich an den Tierchen satt, Pi ernährt sich außerdem von den süßen Algen, die obendrein reichlich Süßwasser enthalten. Jäh zu Ende ist es mit dem Paradies, als Pi merkt, dass die Algen bei Nacht zu gefährlichen fleischfressenden Pflanzen werden. Er zieht mit dem Rettungsboot weiter, den Tiger nimmt er mit.

Nach 277 Tagen auf See werden die beiden an der mexikanischen Küste angetrieben. Richard Parker verschwindet auf Nimmerwiedersehen im nahegelegenen Dschungel, Pi wird ins Krankenhaus gebracht. Dort besuchen ihn zwei Angestellte des japanischen Verkehrsministeriums, um Genaueres über den Untergang des Frachters zu erfahren. Sie nehmen ihm aber seine abenteuerliche Tiergeschichte nicht ab: Weder der Tiger noch der französische Schiffbrüchige oder die fleischfressende Algeninsel seien plausibel. „Wenn Sie nur wahrhaben wollen, was Sie glauben können, wofür leben Sie dann überhaupt?“, entgegnet ihnen Pi. Als sie ihn auffordern, keine Geschichten zu erzählen, sondern das, was wirklich geschehen sei, entgegnet er ihnen, dass letztlich alles, was man berichte, zu einer Geschichte werde. Trotzdem reagiert er auf ihre Bitte und erzählt ihnen eine zweite Variante seiner Odyssee, diesmal ohne Tiere: Auf dem Rettungsboot befinden sich nun neben Pi ein französischer Koch, ein Matrose, der sich beim Sturz ins Rettungsboot ein Bein gebrochen hat, und Pis Mutter. Der Koch amputiert das Bein des Matrosen, um es als Köder für die Fische zu verwenden. Langsam stirbt der Matrose, und der Koch isst das Fleisch des Matrosen. Nachdem der Koch auch Pis Mutter umgebracht hat, wird er bei einem Streit mit Pi schließlich ebenfalls getötet. In der Einsamkeit, die nun beginnt, wendet sich Pi Gott zu.

Am Ende seiner Erzählung lässt Pi seine beiden Zuhörer entscheiden, welches die wahre und bessere Geschichte sei. Als die Japaner zugeben, dass sie die Wahrheit nicht erkennen könnten, die Geschichte mit den Tieren aber wohl doch die bessere sei, antwortet er ihnen: „Und genauso ist es mit Gott“.

Interpretation

Die Stärke des Romans liegt darin, dass er auf verschiedenen Ebenen verstanden werden kann: Als Abenteuergeschichte ist er spannend zu lesen. Man folgt den aufregenden Erlebnissen des Jungen, die in einer leichten, eingängigen Sprache geschildert sind. Zum zweiten kann man ihn als gelehrten Roman verstehen. Der Autor, der Zoologie studierte und als Diplomatensohn bereits als Kind viele Länder kennenlernte, breitet eine Fülle an zoologischem und geographischem Wissen vor dem Leser aus. Als weitere Möglichkeit ist es naheliegend, den Text auf der symbolischen Ebene, d. h. als philosophisch-religiöse Parabel aufzufassen. Besonders das reflektierende Gespräch, das Pi am Schluss mit den Japanern führt, weist Parallelen zu Gotthold Ephraim Lessings Ringparabel auf. Nicht zuletzt lässt sich der Roman auch als kreativer Versuch der Verarbeitung eines Traumas lesen. Der Roman macht eine klare Deutung schwierig. Auf diese Weise führt er die selbst gestellte philosophische Frage nach Wahrheit konsequent zu Ende: Wahr ist, was zwischen dir, dem Leser, und dem Buch passiert.

Von der Kritik ist der Roman unterschiedlich aufgenommen worden. Da er im Vorfeld hochgelobt wurde, musste er manche Rezensenten enttäuschen. So meinen die Freunde der Abenteuergeschichte, dass der Autor am Schluss durch die zweite Erzählung der Handlung das Buch „verwässere“ und ihm den Sinn, an den sie glaubten, entziehe. Theoretiker werfen dem Buch eine gewisse „Plattheit“ vor, da die eigentlichen philosophischen Inhalte nicht etwa zum Nachdenken anregen, sondern von vornherein feststehen würden. Das Buch enthalte somit nichts, was Lessing nicht längst und besser gesagt hätte. Diejenigen, die Lessing aus ihrer Bewertung heraushalten, sehen in Martels Form, sich mit Religion auseinanderzusetzen, eine leere „postmoderne Remix-Religiosität“[1] – eine Lesart, die sich aktuellen Werte-Debatten anschließt und von ihnen geprägt ist und dem Begriff der Postmoderne nicht gerecht wird. Das gelehrt ausgebreitete Wissen wiederum – also die Beschreibungen in theologischen, zoologischen und nautischen Fachtermini – wird zu bestenfalls „bezaubernden Natur- und Tierschilderungen“.[2] Am Ende greift man zum Vorwurf der Trivialität.

Hintergrund

In Edgar Allan Poes Roman Der Bericht des Arthur Gordon Pym, der ebenfalls von einem Schiffbruch handelt, wird der Hund des Ich-Erzählers „Tiger“ genannt und einer der vier Überlebenden des Schiffbruchs, der im späteren Verlauf von seinen Leidensgenossen verspeist wird, trägt den Namen „Richard Parker“.

Anmerkungen

  1. Ilija Trojanow, Neue Zürcher Zeitung, 20. Februar 2003
  2. Tilmann Spreckelsen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Februar 2003

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Schiffbruch mit Tiger aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.