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Sandoz

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Dieser Artikel behandelt das pharmazeutische Unternehmen Sandoz. Für weitere Bedeutungen siehe Sandoz (Begriffsklärung).
Sandoz AG
Logo
Rechtsform Aktiengesellschaft[1]
Gründung 1886
Auflösung 1996 durch Fusion zur Novartis AG
Sitz Basel, SchweizSchweiz Schweiz
Mitarbeiter 49'882 (1995)[2]
Umsatz 15,244 Mrd. CHF (1995)[2]
Branche Chemie und Pharma
Sandoz International GmbH
Logo
Rechtsform GmbH
Sitz Holzkirchen, Deutschland
Website sandoz.com

Sandoz mit Sitz in Basel ist ein Teilkonzern des Pharmakonzerns Novartis, der 1995 durch Fusion von Sandoz mit Ciba-Geigy entstand. Unter der Marke Sandoz sind die gesamten Generikaaktivitäten der Novartis-Gruppe gebündelt.

Geschichte

Namensaktie über 250 Franken der Sandoz AG vom 2. April 1969

Gegründet wurde das Unternehmen 1886 durch Alfred Kern und Edouard Sandoz in Basel (Schweiz) als Anilinfabrik (= Grundstoff für die Farbenherstellung). Bereits 1895 erfolgte dann die Produktion der ersten pharmazeutischen Substanz namens Antipyrin zur Fiebersenkung. 1917 stieg Sandoz durch die Einstellung von Arthur Stoll in die pharmazeutische Forschung ein und expandierte während der darauf folgenden Jahrzehnte bis zum Ende der sechziger Jahre mit bis zu 40 Tochtergesellschaften weltweit.

1986 erwarb man von der Velsicol Chemical Corporation deren Bereich für Agrochemie.[3]

1995 wurde die Sparte Spezialitätenchemie als eigene Firma unter dem Namen Clariant mit Firmensitz in Muttenz verselbständigt.[4][5] Am 20. Dezember 1996 fusionierte Sandoz mit dem Unternehmen Ciba-Geigy. Dem neuen Gesamtkonzern wurde der Name Novartis gegeben. Der Markenname Sandoz war im pharmazeutischen Geschäft daraufhin nur noch für frei verkäufliche Arzneimittel wie z. B. Calcium-Sandoz präsent.

In ihrem letzten Geschäftsjahr als eigenständiges Unternehmen erzielte Sandoz 1995 mit 49.882 Mitarbeitern einen Umsatz von 15,2 Milliarden Schweizer Franken. Davon entfielen rund 7,1 Milliarden Franken auf den Bereich Pharma, 2,3 Milliarden Franken auf den Bereich Industrie und Chemie, 2,2 Milliarden Franken auf das Agribusiness und 3,7 Milliarden Franken auf Ernährung und sonstige Bereiche.[2] Laut Novartis-Geschäftsbericht 2016 hatte die Sparte Sandoz im Jahr 2016 einen Umsatzanteil von 21 % des Gesamtumsatzes von Novartis, das 10,1 Milliarden US-Dollar entspricht.[6]

Neuere Entwicklung

Firmenstandort der Sandoz AG in Basel, 1961

Der ehemalige Unternehmensname Sandoz wurde im Mai 2003 mit der Zusammenführung der weltweit verschieden benannten Generika-Unternehmen des Mutterkonzerns Novartis unter dem einheitlichen Markennamen Sandoz mit Firmensitz Wien reaktiviert. Neben dem Namen wurde auch das vor der Fusion benutzte Firmenlogo übernommen. Im Februar 2005 übernahm Novartis die Hexal AG und Eon Labs. Durch die Eingliederung in Sandoz entstand der zweitgrößte Generika-Konzern weltweit und der größte auf dem deutschen Markt mit einem Jahresumsatz von 7,6 Milliarden US-Dollar (2008) und über 23.000 Mitarbeitern in 130 Ländern. Der Firmensitz ist seit 2005 Holzkirchen. Schweizer Verwaltungshauptsitz von Sandoz ist in Rotkreuz ZG in der Gemeinde Risch im Kanton Zug.[7]

Im November 2018 wurde bekannt, dass Novartis Sandoz in den nächsten zwei Jahren in eine eigenständige Einheit umbauen will.[8] Schliesslich wurde im August 2022 bekannt, dass die Abspaltung im ersten Halbjahr 2023 abgeschlossen sein soll.[9]

Im März 2019 wurde bekannt, dass der CEO Richard Francis aus persönlichen Gründen zurückgetreten ist und Francesco Balestrieri, der Europachef von Sandoz, die Leitung ad interim übernommen hat.[10] Nach eigenen Angaben ist Sandoz bei Biosimilar-Behandlungen in Europa Marktführer und liegt weltweit hinter Pfizer und Amgen auf dem dritten Platz.[11]

Sandoz Österreich

Sandoz in Kundl

In Kundl im Tiroler Unterinntal ist der Firmensitz der österreichischen Sandoz GmbH auf dem Gelände der ehemaligen Kundler Brauerei. Hier begann 1946 die Biochemie GmbH mit sechs Mitarbeitern die Produktion von Penicillin.

Das Unternehmen wurde 1964 in die Schweizerische Novartis-Gruppe – damals noch Sandoz AG – eingegliedert. 2003 fasste Novartis seine Generika-Aktivitäten unter dem erneut eingeführten Namen Sandoz zusammen – die Biochemie GmbH wurde zur Sandoz GmbH.

Heute entwickelt und erzeugt die österreichische Sandoz GmbH generische, patentfreie Arzneien sowie eine breite Palette pharmazeutischer und biotechnologischer Wirkstoffe. Dabei gehört das Unternehmen zu den größten Herstellern von Antibiotika. Mit den Wirkstoffen der österreichischen Sandoz können jährlich eine Milliarde Patienten gegen bakterielle Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Mittelohrentzündung oder auch Entzündungen der Rachenmandeln und der Bronchien behandelt werden. Pro Jahr verlassen ungefähr 190 Millionen Arzneimittel-Packungen das Werk Kundl, die in über hundert Ländern eingesetzt werden.[12][13]

Insgesamt beschäftigte die Sandoz GmbH Ende 2009 2.866 Mitarbeiter. Alleine in den letzten acht vorausgegangenen Jahren hat sich die Zahl der Mitarbeiter jährlich um rund hundert erhöht. 2013 waren es bereits 3.657 Mitarbeiter mit einem Akademikeranteil von über zwanzig Prozent.[14]

Mehr als 610 Mitarbeiter sind in Forschung und Entwicklung beschäftigt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung schwierig herzustellender Generika. Diese Spezialprodukte basieren auf besonderen Formulierungen wie beispielsweise Transdermalpflastern, Implantaten und Retard-Tabletten.

In den beiden Tiroler Standorten Kundl und Schaftenau werden schon seit vielen Jahrzehnten biotechnologische Arzneimittel entwickelt und produziert. Deshalb sind sie wichtige Kompetenzzentren innerhalb der Sandoz und Novartis Gruppe. Sie erzeugen Wirkstoffe nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für andere Pharma- und Biotech-Unternehmen. Die jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet der Biotechnologie bildet die Grundlage für das neue Geschäftsfeld der Biosimilars.

Ein weiterer Standort in Österreich ist die EBEWE in Unterach am Attersee in Oberösterreich.

Sandoz-Großbrand in Schweizerhalle vom 1. November 1986

Am 1. November 1986 ereignete sich in einer 1350 Tonnen Chemikalien enthaltenden Lagerhalle der damaligen Sandoz in Schweizerhalle ein Großbrand. Der dicke Rauch, der Gestank und die unbekannte Zusammensetzung der Verbrennungsgase veranlassten die Behörden der Nachbargemeinden, die Bevölkerung frühmorgens mit allgemeinem Sirenenalarm zu alarmieren, auch wurde eine mehrstündige Ausgangssperre verhängt. Menschen erlitten keine akuten Schäden, mit Ausnahme von drei Personen mit vorbestehendem Asthma, die Hospitalisierung benötigten. Jedoch gelangten über das Löschwasser die Giftstoffe in den Rhein, wo sie ein großes Fischsterben auslösten.

Am 11. November 1986 konnte durch die Analyse von Wasserproben nachgewiesen werden, dass zeitgleich zur Rheinverschmutzung durch das kontaminierte Löschwasser aus dem Sandoz-Areal auch 400 kg Atrazin, ein Herbizid, vom benachbarten Chemieunternehmen Ciba-Geigy in den Rhein geleitet worden waren.[15][16]

Der offizielle Untersuchungsbericht gelangte (nur „aufgrund theoretischer Überlegungen“) zum Schluss, dass beim Verpacken von Paletten mit Berliner Blau die falsche Handhabung eines Heißluftgebläses zu einem Glutherd führte, der als Ursache gelten könnte. Die nachfolgenden Gerichtsverfahren führten jedoch zu keiner Verurteilung.[17] Das Werk gehört heute zu Clariant.

Sandoz hat den Brandplatz in Schweizerhalle nicht vollständig geräumt. Sie hinterließ eine Deponie. Diese enthält Schadstoffe vom Brand vom 1. November 1986. Diese Deponie gefährdet noch heute, knapp 35 Jahre nach dem Brand, einen benachbarten Trinkwasserbrunnen der Gemeinde Muttenz. Es gelangen mehr Brand-Schadstoffe in das Grundwasser, als 1989/90 zwischen Sandoz und Behörden verbindlich vereinbart. Der Pharmakonzern Novartis als Rechtsnachfolger von Sandoz und die Umweltbehörden des Kantons Basel-Landschaft nehmen dies in Kauf (Stand 2010).[18]

Zur Erinnerung an die Katastrophe befindet sich im Kreuzgang des Basler Münsters die Plastik Markttische von Bettina Eichin.

Möglicherweise Lieferung von Thiopental in die USA zur Verwendung bei Hinrichtungen

Wie die Zeit im Bild am 9. Februar 2011 recherchieren konnte, soll im Oktober 2010 der britische Pharmazie-Großhandel Archimedes etwa 525 Gramm des Narkosemittels Thiopental im Wert von etwa 27.560 Euro in die Vereinigten Staaten geliefert haben, welches bei der österreichischen Niederlassung von Sandoz hergestellt worden sei. Der Abnehmer des Betäubungsmittels soll das kalifornische Staatsgefängnis San Quentin sein, in dem das Mittel seit 2010 zur Betäubung der Todeskandidaten vor der eigentlichen Hinrichtungsspritze eingesetzt wird. Der österreichische Gesundheitsminister Alois Stöger forderte Sandoz unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorgangs auf, eine missbräuchliche Verwendung der produzierten Medikamente zu verhindern und auszuschließen. Sandoz erklärte, es könne die Verwendung weder bestätigen noch ausschließen. Archimedes sei auf jeden Fall kein Kunde und allein für die Einhaltung einer Vermarktungserlaubnis in Großbritannien verantwortlich. Sandoz vermarkte injizierbares Thiopental, welches von der WHO als essential drug klassifiziert sei, in 50 Ländern weltweit, allerdings nicht in den USA und in Großbritannien.[19][20]

Literatur

  • Ernst Brandl: Zur Entdeckungsgeschichte des Penicillin V in Kundl (Tirol). In: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Band 71, Innsbruck 1991, S. 5–16 (Geschichte der Bio Chemie in Kundl, PDF (4,9 MB) auf ZOBODAT.at).

Weblinks

 Commons: Sandoz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag der ehemaligen «Sandoz AG» im Handelsregister des Kantons Basel-Stadt (Link nicht mehr abrufbar)
  2. 2,0 2,1 2,2 Fallstudien zum Innovationsmanagement, Seite 273, Der Novartis Mega Merger
  3. Sandoz Agreement (englisch), abgerufen 18. Oktober 2020
  4. Anna Bálint: Clariant clareant. Die Anfänge eines Spezialitätenchemiekonzerns. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2011, ISBN 978-3-593-39375-9.
  5. Anna Bálint: Clariant clareant. The beginnings of a specialty chemicals company. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2012, ISBN 978-3-593-39374-2.
  6. Geschäftsbericht Novartis 2016. (PDF) Abgerufen am 15. Juni 2017.
  7. Novartis bündelt Geschäftseinheiten in Rotkreuz. Neue Luzerner Zeitung, 14. Juni 2013.
  8. Holger Alich: Der Novartis-Chef liess die Bombe in kleiner Runde platzen. In: bazonline.ch. 16. November 2018, abgerufen am 16. November 2018.
  9. Generika-Tochter — Novartis trennt sich von Sandoz. In: srf.ch. 25. August 2022, abgerufen am 25. August 2022.
  10. Bei der Novartis-Tochter Sandoz übernimmt ein neuer Chef. In: Handelszeitung.ch. 14. März 2019, abgerufen am 1. April 2022.
  11. Dominik Feldges: Auf die Anbieter von Biosimilars warten goldene Zeiten. In: NZZ.ch (Neue Zürcher Zeitung). 21. Februar 2022, abgerufen am 1. April 2022.
  12. Sandoz GmbH (Memento vom 9. Oktober 2014 im Internet Archive). In: novartis.at. Abgerufen am 22. September 2014.
  13. Imagebroschüre von Novartis Österreich (Memento vom 25. August 2014 im Internet Archive). 20. Mai 2014, abgerufen am 22. September 2014.
  14. AK Tirol – Tiroler Arbeiterzeitung, September 2014, S. 12
  15. Walter Reinhard: 25 Jahre SANDOZ-Katastrophe am Rhein – Auswirkungen auf den Gewässerschutz, 23. November 2011, abgerufen am 31. Oktober 2016.
  16. Wir sollten aufwachen und überlegen. In: Der Spiegel. Nr. 47, 1986 (online).
  17. Der Spiegel 47/1986 vom 17. November 1986, Seiten 138 bis 147
  18. Martin Forter: Falsches Spiel. Die Umweltsünden der Basler Chemie vor und nach „Schweizerhalle“. Chronos Verl., Zürich, 2010. ISBN 978-3-0340-1007-8
  19. derStandard.at: Hinrichtungsmittel in die USA exportiert
  20. Nachrichten.at: US-Hinrichtungen: Giftstoff aus Tirol
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