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Retrowelle

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Dieser Artikel behandelt die Modewelle, für das Album von B-Tight siehe Retro (Album).

Der Begriff Retrowelle kennzeichnet eine Modewelle, deren Inhalt eine rückwärts-orientierte Mode ist. Der Ausdruck Retro (lat. retro rückwärts) kennzeichnet in vielen Bereichen sich an ältere Traditionen oder Merkmale anknüpfende Erscheinungen.

Der Begriff ist ein auch in der Kleidermode beliebter Begriff für den ästhetischen Rückgriff auf Formenvokabular vergangener Epochen bzw. Phasen. Er bezeichnet damit ein kulturelles Phänomen, das auch Kunstwerke oder Kulturleistungen allgemein weder auf Grundlage aktuell vorherrschender Stil-Codes bzw. aktueller ästhetischer Konzepte noch als deren kreative Weiterentwicklungen bzw. als originäre Neuschöpfungen hervorbringt, sondern durch Rückgriff auf Konzepte oder Stile vergangener Epochen.

Der Ausdruck Retro findet als Modebegriff sowohl allein Verwendung als auch in Zusammensetzungen wie Retro-Stil, Retro-Modell oder Retro-Design.

Retro als moderner Trend

Retro ist seit geraumer Zeit ein Trend. Retro-Moden sind gegenwärtig in nahezu allen Bereichen anzutreffen, die von Mode-Prozessen erfasst werden können: vom Alltagsgegenstand über Kleidung und Architektur bis zu Literatur und Musik. Dennoch ist das Phänomen kein neues, sondern nur ein neuer, modischer Name für ein altes Phänomen.

Phänomene der Retro-Welle

Der modisch gewordene Begriff ist nicht sonderlich präzise und umfasst undifferenziert sehr unterschiedliche aktuelle Phänomene in Bezug auf die Motivationen und Arten des Rückgriffs, wie Historismus, Eklektizismus, ironisches Zitieren (vgl. Postmoderne Architektur), Nostalgie, Camp, Stil-Collage, Sampling (Musik), Steampunk, das Suchen, Finden, Pflegen und Wiederherstellen von Erinnerungsstücken (siehe dazu u. a. Denkmalpflege), das Wiederaufnehmen von Traditionen, das Weiterverarbeiten etc. Kulturelle Erinnerungsstücke und historische Formensprachen zurückliegender Jahrzehnte und Jahrhunderte werden auf unterschiedliche Weise wieder aufgenommen und/oder neu verarbeitet.

Beispiele

Sehr offensichtlich zeigt sich das Phänomen „Retro“ in der immer rascheren Reanimation der Moden vergangener Jahrzehnte, in allen erdenklichen Kulturbereichen. So kehrten beispielsweise die 1950er Jahre in den 1980ern (mit Petticoat und Bundfaltenhose), die 1970er Jahre in den 1990ern als Revivals (mit Kordsamt, Schlaghosen und Gitarrenrock) wieder. Aber auch Anleihen in den 1920er bis 1960er waren und sind immer wieder zu beobachten. Aktuell erleben die späten 1980er und sogar die frühen bis mittleren 1990er in verschiedenen Formen ein Comeback.

Erklärungsmodelle

Erklärungsmodelle dazu gibt es verschiedene. Ein Modell, das in den Medien gelegentlich zur Erklärung herangezogen wird (hier anhand des 1970er-Revivals): Dass die Kinder der 1970er, damals von der Wirtschaft zum ersten Mal als kaufkräftige Zielgruppe erkannt, Mitte der 1990er, also in der Phase ihres Erwachsenwerdens, die Produkte ihrer Jugend, Spielzeug, Lebensmittel und Fernsehserien (Wickie, Fanta-JoJo, Playmobil, Lego, Tom Sawyer, Zauberwürfel, Barbapapa, TriTop, Brauner Bär, Grünofant, Slime) wiederentdeckten, kann als Unterphänomen eingeschätzt werden. Belletristischen Niederschlag fand dies in Florian Illies' Buch Generation Golf. In Wien wurden 1999 zahlreiche Exponate unter dem Ausstellungstitel „Wickie, Slime & Paiper“ zusammengetragen.

„Retro“ in Kunst und Kunstgeschichte

Betrachtet man Phänomene, die heute mit dem Schlagwort „Retro“ zusammengefasst werden, vor dem Hintergrund der Kunstgeschichte, so ergibt sich ein umfassenderes Bild. Das Phänomen Retro – im Sinne kulturellen Rückgriffs – kann also auch tiefer gedeutet werden. Und zwar als neuer Begriff für ein altes Phänomen, dass bestimmte Epochen aus unterschiedlichsten Motivationen Rückgriffe auf die Vergangenheit postuliert und realisiert haben.

Gerade im Bereich des Abendlands sind seit der Christianisierung Bezüge zur römisch-griechischen Kultur (sowie zu den jüdischen Wurzeln des Christentums) für das eigene Selbstverständnis und die Legitimation von Macht und Kultur ein fester Bestandteil, das schlägt sich Beispielsweise auch im Namen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nieder. Teils bringt dieser Rückbezug auch einzelne ästhetische und stilistische Rückgriffe mit sich (z. B. Karolingische Renaissance), meist in sehr freier Interpretation. Dennoch gehen viele Kulturtechniken und Errungenschaften der Antike im Mittelalter verloren. Mit der Gotik im Hoch- und Spätmittelalter entsteht eine eigenständige Formensprache, die sich von römisch-griechischen Wurzeln bzw. Anleihen weitgehend entfernt bzw. emanzipiert.

Das ändert sich mit dem Beginn der Renaissance. Seitdem orientiert sich die Kultur Europas stark am antiken Erbe des Abendlandes. Die Antike wird als eine Art Goldenes Zeitalter wiederentdeckt und das Mittelalter als barbarisch (gotisch) gegeißelt. Die Renaissance trägt ein anderes Wort für Retro sogar im Namen.

Im Barock wird dieses Erbe weiter interpretiert. Der Klassizismus entdeckte Ende des achtzehnten Jahrhunderts die hellenistische Architektur neu und stellte ihre Strenge gegen den an der römischen Antike orientierten Barock.

Die parallel zum Klassizismus sich etablierende Romantik versucht mittelalterliche Bautraditionen wieder aufzunehmen, insbesondere die Neugotik. Während Historismus und Eklektizismus kommt es zu Stilpluralismus und Stilmischung.

Aber bereits die römische Antike übernahm viele Elemente der griechischen Antike.

Erst mit der enormen Betonung der Innovation durch die Moderne geriet das Nachahmen, Aufgreifen und Wiederentdecken als Teil der Kultur ins Abseits. Nachahmen – im weiteren Sinne – galt zuvor als ein originäres Anliegen der prämodernen Kunst (Mimesis).

Umfassende Charakterisierung der einzelnen „Retro“-Phänomene vergangener Epochen sind in den einzelnen Artikeln zu finden, insbesondere in den Artikeln Historismus und Eklektizismus sowie Nostalgie und Revival.

Darüber hinaus spielen Retro-erscheinungen der Gegenwart im Kontext der Moderne-Postmoderne-Diskussion bzw. als Gegenmodell zum Fortschrittsglauben eine Rolle.

Retro als Indiz: Diskussion um Moderne und Postmoderne

Seit den 1970er Jahren werden stilistische Rückgriffe auf Historisches besonders auch als Indiz für die These der anbrechenden Postmoderne und die Abkehr von der Moderne gedeutet (zumindest von den Vertretern dieser These) oder zum Anlass genommen, die Defizite der Moderne und ihres Fortschrittsglaubens zu kritisieren.

Es bestehen allerdings sehr unterschiedliche Positionen darüber, ob es tatsächlich eine Postmoderne gibt und wie sie zu deuten ist. Der Begriff an sich ist umstritten und wird in unterschiedlichen wissenschaftlichen Kontexten sehr verschieden definiert.

Nach diesen Interpretationen ist das aktuelle Phänomen „Retro“ ohne den engen Zusammenhang zur Moderne, die sich die „Jagd nach dem Neuen“, die ständige Innovation auf die Fahnen geschrieben hat, nicht zu verstehen. So gesehen kann „Retro“ auch als Gegenpol zum (hoch-)kulturellen Haupttrend verortet werden. Wurde dieser in Frage gestellt, wie in der Pop-Art, waren stets auch „Retro“-Tendenzen zu bemerken. In einer Welt, die sich rasant verändert, immer weniger Fixpunkte bietet und in der alles alte, liebgewonnene vom Verschwinden bedroht ist, scheinen „Retro“-Trends eine logische Folge, auf die wiederum folgerichtig der Vorwurf folgen muss, lediglich die Sehnsucht nach heimeliger Geborgenheit zu bedienen. Ein Vorwurf, der in einem Deutschland, dessen Moderne sich stets als radikaler Bruch mit der Geschichte definiert hat, besonders schnell formuliert wird.

Seit den frühen 1970er Jahren, als unübersehbar wurde, dass sich die Moderne in einer schweren Krise befand, gab es selbst innerhalb der Reihen der „Fortschrittsgläubigen“ erste „Retro“-Bewegungen. So z. B. im Bereich der Architektur. Die „New York Five“, zu denen Richard Meier, Michael Graves und Peter Eisenman gehörten, setzten sich zum Ziel den Weg der Moderne bis zu Le Corbusier (1887−1965) zurückzugehen, weswegen sie auch die „Whities“ genannt wurden. Ihr Gegenspieler Robert Venturi dagegen gilt als Erfinder der Postmoderne, der ersten wirklichen „Retro-Bewegung“, zu deren Protagonisten außerdem Philip Johnson, Moore, Ruble, Yudell sowie James Stirling gehören. Selbst ein scheinbar modernistisches Gebäude wie das von 1975 bis 1979 erbaute ICC in West-Berlin ist mit seinen Bezügen zum Science-Fiction-Film und seiner Gegenständlichkeit eher einer Art Retro-Futurismus zuzurechnen.

Das Stärker-Werden von Retrotrends seit den frühen 1970er Jahren ist auch verbunden mit der Kapitalismus-, Konsum- und Kulturkritik der 68er-Generation, dem wachsenden ökologischen Bewusstsein und dem Brüchigwerden des Fortschrittsglauben der Wirtschaftswunderjahre (Ölkrise). Das alles, sowie der ökologische Gedanke des Recyclings unterstützt ideologisch Phänomene wie die Verbreitung von Second-Hand-Läden oder Trödelmärkten, wobei diese Tendenz gesellschaftspolitisch durchaus als progressiv betrachtet wurde, während die konservativen Kreise viel länger am Fortschrittsdenken festhielten.

Heutige Retro-Phänomene und Historismus

Ein anderer Ansatz ist es, Phänomene des stilistischen und konzeptuellen Rückgriffs auf die Historie nicht als Antwort auf die Moderne zu interpretieren, sondern genau umgekehrt. Diese Interpretation geht von Parallelen aus, die sich beim Vergleich von Postmoderne und Historismus (einschließlich Eklektizismus) ergeben. Hier wie dort der Rückgriff auf Die Historie. Hier wie dort findet sich die berühmte „anything goes“-Haltung, die Gleichzeitigkeit verschiedenster Stile (Stilpluralismus). Hier wie dort wurde der Vorwurf erhoben, die Wiederaufbereitung unterschiedlicher Epochen bringe den Verlust von Maß, Kontrolle und Maßstab mit sich.

In dieser Hinsicht liegt es nahe, heutige „Retro“-Trends als neuen Historismus zu interpretieren bzw. den Historismus des 19. Jahrhunderts als eine „Retro“-Erscheinung (im heutigen Sinne des Wortes).

Daraus ergeben sich auch Auffassungen, die verbreitete Sichtweisen auf die Moderne insgesamt in Frage stellen: Denn wenn sich die Moderne lediglich zwischen zwei Historismus-Phasen geschoben hat, auf die eine als Antwort fungierend, um von der anderen abgelöst zu werden, kann die Frage gestellt werden, ob die Moderne die Zeit des 20. (und 21. Jahrhunderts) angemessen charakterisiert, oder ob nicht doch Historismus und „Retro“-Phänomene viel mehr sind, als temporär (und intellektuell) begrenzte Phasen und Zeiterscheinungen.

Allerdings war ja auch der Historismus – wie oben beschrieben – nicht die erste kunsthistorische Erscheinung, die durch Rückgriff auf historische Konzepte oder historisches Formvokabular entstand. In Renaissance, Barock, Klassizismus und Romantik spielte die Orientierung am antiken bzw. mittelalterlichen Erbe eine wesentliche Rolle. Allerdings ist der Historismus mit seinem Stilpluralismus und seiner strengen Rekonstruktion unterschiedlicher alter Stile bzw. deren Mischung eine völlig neue Form des Rückgriffs in die „Kiste der Geschichte“.

Massenmediengesellschaft und Mythos

Die moderne Welt ist in erster Linie als Massenmediengesellschaft zu begreifen, in der alles gleichzeitig passiert, in der Unmassen von Informationen mit Lichtgeschwindigkeit an jeden Ort gelangen, an der nach jedem nur vorstellbaren Bedürfnis gesucht wird, um es zu befriedigen. Man könnte annehmen, in einer solchen Gesellschaft würde es allein durch die schiere Zunahme von Informationen auch zu einer allgemeinen Zunahme von fundiertem, differenzierten Wissen kommen. Diese Annahme bestätigt sich nicht, im Gegenteil, die Massengesellschaft neigt, wie der Medientheoretiker Marshall McLuhan bemerkte, vielmehr zum Mythos und zwar aus ganz praktischen Gründen – ein Mythos ist für die Massengesellschaft schlicht und ergreifend zeitsparender.

Wenn wir uns nun fragen, in welchem Verhältnis ein Mythos zum tatsächlichen Ereignis steht, scheint er sich ebenso zu verhalten wie ein Foto zum abgebildeten Geschehnis. Und bei einem Blick auf die Themenhotels von Las Vegas, die Vergnügungsparks und Jahrmärkte überall in der Welt stellt man fest, dass auch die massenhafte Reproduktion von Mythen, ebenso wie die eines Fotos, über das (im Falle des Fotos über das Druck- oder Nyloprint-)Klischee funktioniert. Was hat das nun mit „Retro“ zu tun? Kehren wir zur Moderne zurück, deren oft geradezu fanatische Suche nach Reinheit, Wahrheit und Übereinstimmung von Gehalt und Gestalt nicht zuletzt auch in ihrer Abneigung gegen Bild und Mythos begründet liegt − Bild und Mythos, denen fast zwingend Vereinfachung, Transformation und Verzerrung eigen zu nennen ist. So gesehen, ist ein „Retro“-Trend zwangsläufig mit der Revitalisierung und Reproduktion vergangener Mythen verkettet – ja, untrennbar verbunden. Wie bei den New York Five, die einen mittlerweile zum Mythos gewordenen Le Corbusier in einem „Retro“-Klassische-Moderne-Trend wiederbeleben – und damit unwissentlich selbst die Moderne zum bloßen Trend degradieren?

Retro überall?

Denkt man dies nun zu Ende, Historismus vor der Moderne, Postmoderne danach, die Massengesellschaft als Welt der Mythen, nicht mehr der Wahrheiten und damit als Ort von permanentem „Retro“ – bedeutet das nicht: „Retro“ überall? Der italienische Schriftsteller Roberto Calasso schreibt dazu: „… die Welt unentrinnbar in einer giftige Hülle der Parodie eingewickelt ist. Nichts ist, was es zu sein vorgibt. Alles ist schon im Augenblick seines Erscheinens ein Zitat.“ Ein besonders aufschlussreiches Beispiel für Verwendung und Verquickung von verschiedenen Formen des Zitats ist es, wenn Michael Stipe in „Man on the Moon“ ein „Hey Baby“ wie Elvis Presley zu singen scheint. In Wirklichkeit jedoch ist sein Gesang eine Hommage an die berühmte Elvis-Parodie des amerikanischen Komikers Andy Kaufmann. Dieser jedoch parodiert nicht Elvis Presley, sondern dessen Imitatoren. Vor uns liegt also die Hommage an die Parodie einer Imitation.

Besonders moderne Ausdrucksformen, wie das Kino und die Popmusik, die im engen Verhältnis zur Massengesellschaft entstanden, sind voller solcher sich überlagernder Zitate. Herausragende Vertreter dieses sogenannten postmodernen Kinos sind die Coen-Brüder, Wes Anderson und Quentin Tarantino.

Zeitgenössische Retrotrends

In den 1980ern bezog man sich unter dem Stichwort Rockabilly auf die Jugendkultur des Rock ’n’ Roll der 50er Jahre, in den 1990ern vor allem noch einmal auf Pop, Ästhetik und Ideen der 1960er und 1970er (Exotica, Lounge, Funk, Psychedelic, Rock, Schlager, aber auch im Retro-Design). Sogar im Jazz gab es Ende der 90er eine Retrowelle, den Retro-Swing, zu dem von Tanzgruppen auch in stilechter Kleidung der 1930er/1940er-Jahre getanzt wurde.

Allerdings war auch schon die Grunge-Welle Anfang der 1990er mit ihren Bezügen zu 1970er-Jahre-Bands wie The Who, Led Zeppelin, Black Sabbath nach Punk eine Wiedererinnerung an Verlorengegangenes. Dies lässt sich noch weiter zurückverfolgen. In den späteren Siebzigern propagierten AC/DC, Ramones und Motörhead eine Rückkehr zu den rohen Ursprüngen der Rockmusik im Gegensatz zum aufgeblähten Pomp von Pink Floyd, Yes und Queen. Die British Invasion der 1960er dagegen speiste sich aus zwei Quellen. Während The Rolling Stones, Yardbirds, Cream und Free die große Blueswelle der Vierziger von Otis Rush und Muddy Waters aufgriffen, wurde den Beatles von ihrer Plattenfirma entgegnet, Gitarrenrock wäre nicht mehr modern. Was auch stimmte, seit Elvis Presley zur Armee gegangen war und Jerry Lee Lewis seine 13-jährige Cousine Myra geheiratet hatte.

In der ersten Hälfte der Nullerjahre fand sich in der Mode immer noch der Retrotrend der 1980er bei Clubmusik, Kleidung und Frisuren. Modisch war zum Beispiel ein leicht punkiges Outfit, wodurch sich viele Jugendliche als Alternative Subkultur bezeichneten. Dass darauf die Wiederholung der 1990er folgte, war wenig überraschend. Im Winter 2004 kamen mit Sky Captain and the World of Tomorrow, Polar Express und Die Unglaublichen gleich drei ausgesprochene Retrofilme ins Kino. In der Rock- und Popmusik wurde wieder an die 1960er Jahre angelehnter Gitarrenrock von Bands wie den Strokes, White Stripes, Black Rebel Motorcycle Club und International Noise Conspiracy zum ersten Boom und Hype des neuen Jahrtausends.

Der Airbus A321 D-AIRX „Weimar“ der Lufthansa in einem Retroanstrich

Anfang 2008 war das bereits besonders in der Musik zu hören. Sängerinnen wie Amy Winehouse, Duffy und Adele stürmen die Charts. Sowohl Soul, als auch Swing und Rock ’n’ Roll haben ein Revival.

Einige Fluggesellschaften haben inzwischen zumindest ein Flugzeug in einer historischen Farbgebung gestaltet. Die italienische Bahn FS hat in den letzten Jahren einige aktuelle Loks in historischen Farbgebungen lackiert.

Außerdem fand der „Retrolook“ auch Eingang in die Technik. Einige der Formen, die in der Technik von 1910 bis 1960 verwandt wurden, werden von den Designern an Automobilen, Booten und Flugzeugen ganz oder in Teilen wiederverwendet, aber auch an Haushaltsgeräten wie Kühlschränken, Staubsaugern oder Toastern.

„Retrodesign“ beeinflusst auch die Bildende Kunst. So bezeichnet der Künstler Ralf Metzenmacher seine Malerei als „Retro-Art“. Diese sieht er als Kombination aus Kunst und Design und als Weiterentwicklung der Pop-Art.

Retro-Design im Automobilbau

Anfang der 1990 Jahre wurde das Retrodesign ein modischer Trend im Automobildesign. Viele Automobildesignern orientierten sich bei der Fahrzeuggestaltung an typischen Stylings der 1950er und 1960er Jahren.[1] Vorreiter für die neue Mode wurde der Mazda MX-5, der 1989 bis 1998 in seiner ersten Form fast eine Kopie des Lotus Elan von 1962 darstellte und als der erste neu konstruierte Roadster seit Jahrzehnten gilt.[2][3] Typische europäische Vertreter des Retrodesign sind der VW New Beetle,[4] der Mini, und der Fiat 500. Das Retro-Design hat nach Ansicht von Experten die Emotionalität im Automobildesign zurückgebracht.[5]

Galerie

Literatur

  • Retro-Magazin, Ausgabe 31 (Sommer 2014): Was ist Retro?. Winnenden: CSW-Verlag.
  • Elizabeth E. Guffey: Retro: The Culture of Revival. Reaktion, London 2006, ISBN 1-86189-290-X.
  • Wolfgang Pauser: Retro-Ästhetik. In: Hubertus Butin (Hrsg.): DuMonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. DuMont Verlag, Köln 2002, S. 266–270, ISBN 3-8321-5700-X.
  • Rem Koolhaas: Delirious New York
  • Robert Venturi: Learning from Las Vegas
  • Heinrich Klotz: Postmoderne und Moderne
  • Marshall McLuhan: Das Medium ist die Botschaft
  • David Müller: Retro-Trend: Wie und warum alte Marken neuen Erfolg haben, VDM, 2006, ISBN 978-3-86550-526-2.
  • Simon Reynolds: Retromania. Pop Culture's Addiction to Its Own Past. London: Faber & Faber 2011. ISBN 978-0-86547-994-4.
  • Stefan Wirtz: Das Markencomeback, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-639-11725-7.
  • Achim Böhmer, Sara Hausmann: Retrodesign stylelab. Baukastensystem der Designcharakteristika. Hermann Schmidt, Mainz 2009, ISBN 978-3-87439-726-1.
  • Gregor Stawinski: Retrofonts. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2009, ISBN 978-3-87439-784-1.
  • Paolo Tumminelli: Car Design. teNeues, 2004, ISBN 9783823845614

Weblinks

Wiktionary: retro – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Siehe auch

Vintage (Stilrichtung)

Einzelnachweise

  1. Markus Caspers: designing motion, Automobildesigner von 1890 bis 1990, Basel 2016, S. 59f
  2. Thorsten Firlus: Autodesign: Der geheimnisvolle Charme der Retro-Autos. In: Zeit Online. 19. März 2012, abgerufen am 8. Juli 2017.
  3. Paolo Tumminelli: Car Design. teNeues, 2004, ISBN 9783823845614, S. 78
  4. https://www.welt.de/motor/article1199040/Warum-neue-Autos-so-gerne-alt-aussehen.html
  5. Paolo Tumminelli: Car Design. teNeues, 2004, ISBN 9783823845614, S. 78
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