Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Patrick Graichen

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Patrick Graichen (* 11. März 1972 in Bonn) ist ein deutscher politischer Beamter (Bündnis 90/Die Grünen). Er war von Dezember 2021 bis Mai 2023 beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Er verlor sein Amt nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft im Zuge der sogenannten Trauzeugenaffäre. Von 2014 bis 2021 war er Direktor der Denkfabrik und Lobbyorganisation Agora Energiewende.

Leben

Graichen studierte von 1993 bis 1996 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sowie an der University of Cambridge Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre.[1] 1996 trat er in die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein[2]. Von 1996 bis 2001 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Institut für Umweltökonomie der Universität Heidelberg[3] und promovierte dort 2002 mit der Arbeit Kommunale Energiepolitik und die Umweltbewegung – Eine Public-Choice-Analyse der „Stromrebellen“ von Schönau.[4] Bereits während seines Studiums befasste sich Graichen mit Fragen der Energiewende.[3]

Graichen war von 2001 bis 2012 im Bundesumweltministerium tätig, zunächst als Referent für internationalen Klimaschutz (2001 bis 2006), später als persönlicher Referent des Staatssekretärs und schließlich als Referatsleiter für Klima- und Energiepolitik (2007 bis 2012).[1][3] In dieser Zeit verhandelte er federführend die Ausgestaltung der ökonomischen Instrumente des Kyoto-Protokolls, das Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung (2007), das EU-Klima- und Energiepaket (2008) sowie die Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Energiewirtschaftsrechts.[3] Im Jahr 2012 war er einer der Gründer der Denkfabrik Agora Energiewende und stand von 2014 bis 2021 als Exekutivdirektor und Geschäftsführer an deren Spitze.[1][5]

Am 15. Dezember 2021 wurde er unter Bundesminister Robert Habeck zum Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ernannt.[1] Dort war er insbesondere zuständig für Energie- und Klimafragen.[6][7] Graichen ist mit der Lehrerin Ulrike Graichen verheiratet und hat vier Kinder.[3]

Positionen zur Energiewende

Auf der Jahrestagung der Stadtwerke im Mai 2022 forderte er, mit den Planungen für den Rückbau des Erdgas-Netzes zu beginnen. Die Forderung der Energieversorger auf Umrüstung der Netze und der Heizungen auf Wasserstoff bezeichnete er als „Träumereien“.[8] Graichen gilt als treibende Kraft für den Gesetzesentwurf von 2023, im Wärmesektor den weiteren Einbau von Öl- und Gasheizungen zu verbieten und zukünftig vor allem auf die Wärmepumpe zu setzen.[9] Die Ampelkoalition einigte sich auf einen Vorschlag, der vorsieht, dass ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, die genaue Ausgestaltung ist jedoch noch offen. Vor diesem Hintergrund sprach sich Graichen gegen mit Wasserstoff betriebene Gasheizungen aus. Diese seien „sicherlich nur in Einzelfällen die Lösung“, und zwar „schlicht und einfach, weil Wasserstoff knapp und fürs Heizen sehr teuer sein wird“.[10]

Der Journalist Daniel Gräber äußerte im Monatsmagazin Cicero Zweifel, ob Graichens Konzept der Energiewende „die sichere und bezahlbare Stromversorgung“ Deutschlands gewährleisten könne, und unterstellte ihm den „Hochmut des Glaubenskämpfers“.[11]

Trauzeugenaffäre

Kurz vor Graichens Ernennung zum beamteten Staatssekretär unter Robert Habeck wurde sein Schwager, der ehemalige Bundesgeschäftsführer der Grünen Michael Kellner, zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz berufen. Nach Angaben einer Sprecherin legte das Ministerium Graichens und Kellners verwandtschaftliche Beziehungen bereits vor deren Dienstantritten im Dezember 2021 offen.[12]

Seit April 2023 steht Graichen im Mittelpunkt der sogenannten „Trauzeugenaffäre“,[13] da er als Mitglied der Findungskommission mit dafür votiert hatte, mit Michael Schäfer den Kandidaten für die Position des Chefs der Deutschen Energie-Agentur (dena) deren Aufsichtsrat vorzuschlagen, der einst Graichens Trauzeuge war. Diesen Interessenkonflikt hatte Graichen während des Auswahlverfahrens verschwiegen und nach Angaben des Ministeriums erst Tage später seinem Minister Robert Habeck (Grüne) offengelegt.[14][15] Graichen bedauerte die verspätete Meldung. Die Wahl des noch nicht im Amt befindlichen Unternehmenschefs soll überprüft und wiederholt werden.[16] Bei einer gemeinsamen, nichtöffentlichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am 10. Mai 2023 gab Graichen auf Anfrage weiterhin zu Protokoll, dass er selbst seinen Freund Michael Schäfer der Personalagentur vorgeschlagen hatte, die die Kandidatenliste für die künftige Führung der Deutschen Energie-Agentur für die Findungskommission zusammengestellt hatte.[17]

Minister Habeck verkündete nach seiner Befragung in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie am 10. Mai 2023, dass er Graichen nicht entlassen werde. Ein disziplinarrechtliches Verfahren werde noch geprüft.[18]

Am 17. Mai 2023 erklärte Bundesminister Habeck unter Verweis auf neue Ungereimtheiten und konkret einen Verstoß gegen interne Compliance-Regeln, den Bundespräsidenten zu bitten, Graichen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.[19]

Auszeichnungen

Im Jahr 2018 wurde Graichen von der Zeitung Energie & Management als Energiemanager des Jahres ausgezeichnet.[20]

Publikationen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Dr. Patrick Graichen. (PDF) Beamteter Staatssekretär. In: www.bmwi.de. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2021, abgerufen am 16. Dezember 2021.
  2. Christian Geinitz: Habecks Klimaretter. Abgerufen am 2. Mai 2023.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Mitarbeiter - Dr. Patrick Graichen. In: agora-energiewende.de. 29. November 2021, abgerufen am 30. November 2021.
  4. Patrick Graichen: Kommunale Energiepolitik und die Umweltbewegung – Eine Public-Choice-Analyse der "Stromrebellen" von Schönau. Heidelberg, Univ., Diss., 2002. Campus, Frankfurt/Main 2003, ISBN 3-593-37352-1 (https://d-nb.info/967934745).
  5. Ntv.de, Mbe/rts/afp: Habeck vergibt die ersten wichtigen Posten. In: n-tv.de. 30. November 2021, abgerufen am 30. November 2021.
  6. gt/jos: Robert Habeck: Die vier Spitzenbeamten für sein Ministerium stehen fest. In: Der Spiegel. 30. November 2021, abgerufen am 30. November 2021.
  7. Klaus Stratmann: Patrick Graichen wird Staatssekretär von Robert Habeck. In: handelsblatt.com. 30. November 2021, abgerufen am 24. Oktober 2022.
  8. Daniel Wetzel: Bundesregierung will deutsches Gasnetz schrittweise auflösen. In: welt.de. 22. Mai 2022, abgerufen am 24. Oktober 2022.
  9. Patrick Graichen, der kompromisslose Klimaschützer handelsblatt.de, 24. März 2023.
  10. Und täglich grüßt das Murmeltier. In: T-Online. 31. März 2023, abgerufen am 22. April 2023.
  11. Falsches Mindset cicero.de, 10. Oktober 2022.
  12. Claus Hulverscheidt: Habeck stoppt Postenvergabe wegen Verquickung seines Staatssekretärs. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  13. Wenke Börnsen: Habeck-Ministerium: Warum die "Trauzeugen-Affäre" brisant ist. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  14. Andreas Kißler: Habecks Staatssekretär Graichen wegen Verflechtung in Kritik. In: finanznachrichten.de vom 28. April 2023. Abgerufen am 28. April 2023.
  15. Christian Geinitz: Lobbyistenwächter und FDP verstärken Druck auf Graichen. In: faz.net vom 28. April 2023. Abgerufen am 30. April 2023.
  16. Vorwurf der Vetternwirtschaft – Habeck stärkt Graichen den Rücken. In: tagesschau.de vom 29. April 2023. Abgerufen am 30. April 2023.
  17. "Wortprotokoll - Gemeinsame Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Klimaschutz und Energie" bundestag.de vom 10. Mai 2023. Abgerufen am 17.05.2023.
  18. Anhörung zur "Trauzeugen-Affäre": Habeck will sich nicht von Graichen trennen. Abgerufen am 16. Mai 2023.
  19. Patrick Graichen: Habecks Staatssekretär muss gehen - WELT. 17. Mai 2023, abgerufen am 17. Mai 2023.
  20. Auszeichnung: Patrick Graichen ist "Energiemanager des Jahres 2018". In: energie-und-management.de. 1. Dezember 2021, abgerufen am 30. November 2021.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Patrick Graichen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.