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Monika Hertwig

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Monika Hertwig (* 7. November 1945 in Bad Tölz[1][2] als Monika Kalder, zwischenzeitlich Monika Göth) ist die Tochter des KZ-Kommandanten Amon Göth und der Schauspielerin Ruth Irene Kalder. Bekannt wurde sie durch das gemeinsam mit Matthias Kessler veröffentlichte Buch Ich muß doch meinen Vater lieben, oder?, in dem sie ihre Lebensgeschichte als Tochter eines NS-Täters aufarbeitete.

Leben

Monika Kalder entstammt der unehelichen Beziehung Göths mit Ruth Irene Kalder. Anfang 1945 floh die schwangere Kalder vor der anrückenden Roten Armee aus Kattowitz. Amon Göth wurde im September 1946 in Krakau gehenkt. Ruth Irene Kalder beantragte 1948 eine Namensänderung zu Ruth Irene Göth. Später zog sie in den Münchener Stadtteil Schwabing, wo auch die Tochter Monika Göth aufwuchs. Als Kleinkind wurde Monika Göth im Kinderwagen von einem Unbekannten mit einem Messer schwer verletzt.[3] Ob es sich um einen Racheakt für die Verbrechen ihres Vaters handelte, blieb ungeklärt.

Ihre Mutter thematisierte Amon Göths Taten als Lagerkommandant des KZ Plaszow niemals. So erfuhr die Tochter nichts über dessen Verbrechen und seine Hinrichtung nach dem Krieg. Die Mutter bestätigte ihr stattdessen, dass der Vater „im Feld geblieben“ wäre.[4] Monika Göth wurde hauptsächlich von der Großmutter aufgezogen. Von ihr erfuhr Monika Göth auch erstmals, dass ihr Vater „bei der SS“ gewesen sei und als „Kommandant eines Arbeitslagers in Polen“ gedient habe.[1] Die Großmutter versicherte ihr jedoch, dass Plaszow „kein Vernichtungslager“ gewesen sei.[1] Über Familienmitglieder und Zufallsbekanntschaften erhielt sie immer wieder bruchstückhafte Aussagen über ihren Vater.[3] Das Verhältnis Monika Göths zu ihrer Mutter verschlechterte sich zusehends. Nach einem drastischen Streit bezichtigte ihre Mutter sie 1965 als selbstmordgefährdet und ließ die Tochter für drei Monate in eine geschlossene Anstalt einweisen.[1] Gemeinsam mit ihrer Mutter traf sie später Oskar Schindler in Frankfurt am Main, der ihr jedoch nur wenig Neues über ihren Vater berichtete.[3]

Aus einer kurzen Beziehung mit einem Nigerianer ging 1970 die Tochter Jennifer Teege hervor. Monika Göth hatte den Vater ihres Kindes in der Wohnung ihrer Mutter kennengelernt, als dieser einen ebenfalls aus Nigeria stammenden Untermieter Kalders besuchte. Wenige Wochen nach der Geburt gab sie das Kind in ein Heim und willigte später ein, dass die Siebenjährige von einer Pflegefamilie adoptiert werden konnte.[5] Jennifer Teege hat selbst zwei Kinder.[6] Monika Göths erste, Anfang der 1970er Jahre geschlossene Ehe endete in einem Fiasko. Der Mann misshandelte sie und zwang sie auch zur Prostitution.[4] Aus der Ehe ging eine weitere Tochter hervor.[4] Später heiratete Göth erneut und nahm bei dieser zweiten Eheschließung den Namen Hertwig an.

Nachdem 1982 Thomas Keneallys Roman Schindlers Liste erschienen war, traf sich Monika Göths schwerkranke Mutter mit einem Team der BBC und gab diesem ein Interview, im Glauben es ginge um Schindler.[3] Der Dokumentarfilmer Jon Blair wollte mit ihr jedoch nur über Göth sprechen.[3] Monika Göth war in einem Nebenraum Zeugin des gesamten Interviews und erfuhr dadurch erstmals in vollem Ausmaß von den Taten ihres Vaters.[3] Am folgenden Tag, dem 29. Januar 1983, nahm sich Ruth Irene Göth mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben.[1] In einem Brief an das Nachrichtenmagazin Der Spiegel widersprach Monika Göth wenige Wochen später der Darstellung ihres Vaters in Keneallys Werk.[3] Nachdem sie 1993 Steven Spielbergs Film Schindlers Liste gesehen hatte, in dem ihr Vater von Ralph Fiennes verkörpert wurde, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch und war für mehrere Tage nicht ansprechbar.[4] Später suchte sie den Kontakt zu Überlebenden des Konzentrationslagers Plaszow und reiste mit ihnen zu Gedenkstätten oder nach Jerusalem.[1] Zu einigen der ehemaligen Häftlinge bestanden seither freundschaftliche Beziehungen.[1]

Ihre Lebensgeschichte erzählte Monika Hertwig im Frühjahr 2001 erstmals dem Journalisten Matthias Kessler.[3] Auf Basis des Materials entstand 2002 das Buch „Ich muß doch meinen Vater lieben, oder?“. 2003 drehte Kessler mit Hertwig den Dokumentarfilm Amons Tochter.[7] 2006 erschien der Dokumentarfilm Der Mördervater, der die Begegnung Hertwigs mit dem früheren Dienstmädchen ihres Vaters, Helen Jonas-Rosenzweig, auf dem Gelände des Konzentrationslagers im heutigen Płaszów dokumentiert. Auch an der Entstehung des 2011 veröffentlichten Dokumentarfilms Meine Familie, die Nazis und Ich des israelischen Regisseurs Chanoch Ze'evi war sie beteiligt. Die gelernte Sekretärin holte noch mit 64 Jahren ihr Abitur nach und studierte Althebräisch.

Die von Monika Hertwig in den 1970er-Jahren zur Adoption freigegebene Tochter Jennifer Teege erfuhr erst durch das Buch Ich muß doch meinen Vater lieben, oder? von ihrer Herkunft.[5] Gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair recherchierte sie zur Geschichte ihrer Familie und veröffentlichte 2013 beim Rowohlt Verlag die Ergebnisse unter dem Titel Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen. Im Zuge der Verarbeitung nahm Teege auch wieder Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter auf. Monika Hertwig lebt mit ihrem zweiten Ehemann heute in Weißenburg in Bayern.[1] Gemeinsam ziehen sie seit 2001 den Sohn von Hertwigs heroinsüchtiger Tochter aus erster Ehe auf.[4]

Literatur

  • Matthias Kessler, Monika Göth: Ich muß doch meinen Vater lieben, oder? Eichborn, Frankfurt am Main, 2002, ISBN 3-8218-3914-7.
  • Jennifer Teege, Nikola Sellmair: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2013, ISBN 978-3-498-06493-8.
  • Johannes Sachslehner: Der Henker: Leben und Taten des SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth. Styria, Wien / Graz / Klagenfurt 2013, ISBN 978-3-22-213416-6.

Filmografie

  • 2003: Amons Tochter (Regie: Matthias Kessler, Deutschland, N.E.F. Filmproduktion und Vertriebs GmbH)
  • 2006: Mördervater (Inheritance, Regie: James Moll, Vereinigte Staaten, Allentown Productions)
  • 2011: Meine Familie, die Nazis und ich (Hitler's Children, Regie: Chanoch Ze'evi, Israel, Maya Productions)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 NS-Verbrechen: Den charmanten Sadisten entlarven bei faz.net, abgerufen am 24. Oktober 2013
  2. Monika Göth in der Library of Congress, abgerufen am 29. Oktober 2013
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 David M. Crowe: Oskar Schindler: The Untold Account of His Life, Wartime Activities, and the True Story Behind the List. Westview Press, 2004, ISBN 978-0-8133-3375-5, Seiten 209-215
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Schinders Tochter bei taz.de, abgerufen am 24. Oktober 2013
  5. 5,0 5,1 Jennifer Teege; Nikola Sellmair: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen (PDF; 309 kB), Leseprobe bei fuxx-online.de, abgerufen am 24. Oktober 2013
  6. Jennifer Teege bei rbb-online.de, abgerufen am 29. November 2013
  7. Amons Tochter bei filmfesthamburg.de, abgerufen am 24. Oktober 2013
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Monika Hertwig aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.