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Kulturbund Deutscher Juden

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Berliner Gedenktafel: Kurt Singer und der Kulturbund Deutscher Juden
Gedenktafel, Kommandantenstraße 58, in Berlin-Kreuzberg

Der Kulturbund Deutscher Juden war im nationalsozialistischen Deutschland eine von jüdischen Initiatoren ins Leben gerufene Selbsthilfeorganisation für vom Berufsverbot betroffene jüdische Künstler. Von den Behörden wurde der bis 1941 geduldete Kulturbund zur Kontrolle und zur Isolierung der jüdischen Künstler benutzt.

Geschichte

Der Kulturbund wurde im Juli 1933 in Berlin als Reaktion auf die zuvor erfolgten Entlassungen jüdischer Künstler aus den staatlichen Kulturbetrieben, die nach den Maßgaben des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums erfolgten, gegründet. Initiatoren des Bundes, der zunächst die Bezeichnung Kulturbund Deutscher Juden 1933 trug, waren der Regisseur Kurt Baumann und der Neurologe, Musikwissenschaftler sowie ehemaliger Intendant der Charlottenburger Oper Kurt Singer. In den ersten Jahren traten dem Berliner Kulturbund etwa 20.000 Mitglieder bei.[1]

Als Ausgrenzungsprodukt und Selbsthilfeorganisation hatte der Bund mit dem besonderen „jüdischen“ Kunstwollen, das die Nationalsozialisten dem Bund später propagandistisch zuschrieben, von jüdischer Seite her nichts zu tun. Der durch Mitgliedsbeiträge finanzierte Bund sollte den arbeitslosen Künstlern in erster Linie neue Erwerbsmöglichkeiten verschaffen. Die ursprüngliche Bezeichnung Kulturbund Deutscher Juden musste bald aufgegeben werden, da eine Verknüpfung der Worte „deutsch“ und „jüdisch“ politisch unerwünscht war.

Dem Vorbild der Berliner Gründung folgten Kulturbünde in zahlreichen weiteren Städten. 1935 gab es mehr als 36 regionale und lokale Kulturbünde mit etwa 70.000 Mitgliedern. Die Einzelbünde wurden gezwungen, sich bis zum August 1935 im Reichsverband jüdischer Kulturbünde in Deutschland (RJK) zusammenzuschließen. Der RJK wurde dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Die Veranstaltungen des Bundes, die der Zensur unterlagen und von der Gestapo überwacht wurden, mussten einzeln vom Reichskulturwalter Hans Hinkel genehmigt werden. Um die Tätigkeit der Kulturbünde zu sichern, richtete der RJK darüber hinaus eine Selbstzensur ein. Im Juli 1937 waren unter dem Dach des RJK 120 selbstständige Organisationen, darunter auch Synagogen und Kulturvereine, vereinigt.

Veranstaltungen des Kulturbundes fanden vor allem in Berlin fast täglich statt. 1933–1935 war das Berliner Theater ihr Spielort. 1935 wurde die Berliner Kulturbund-Oper unter Leitung Dr. Kurt Singers gegründet. Auch der Hamburger Kulturbund war sehr aktiv. Das Veranstaltungsprogramm umfasste Theater- und Opernaufführungen, Konzerte, Kleinkunstveranstaltungen, Filmvorführungen, Vorträge und Ausstellungen. Um jeden Austausch zwischen der jüdischen und der nicht-jüdischen Kulturwelt zu unterbinden, wurden Nicht-Juden bei den Veranstaltungen des Kulturbundes weder als Besucher noch als Mitwirkende zugelassen. Auch durfte der Kulturbund im Rahmen seiner Veranstaltungen immer seltener Arbeiten solcher Autoren und Komponisten aufführen, die als besonders „deutsch“ galten. Innerhalb der jüdischen Öffentlichkeit wurde über diese Situation eines geistigen Gettos kontrovers diskutiert.

Nach den Novemberpogromen im Jahre 1938 wurden die meisten Einrichtungen zur Schließung gezwungen. Nur der Berliner Kulturbund erhielt aus propagandistischen Gründen von Joseph Goebbels die Erlaubnis, weiter tätig zu sein. Der RJK wurde 1939 aufgelöst, an seine Stelle trat der aus dem Berliner Kulturbund hervorgegangene „Jüdische Kulturbund in Deutschland e. V.“, der alle jüdischen Kulturveranstaltungen verantwortete und selbst durchführte. Außerhalb von Berlin fanden damit nur noch selten Veranstaltungen statt. Die Flucht vieler bedeutender jüdischer Künstler trug ein übriges zum Niedergang des Kulturbundes bei. Am 11. September 1941 wurde der Bund von der Gestapo aufgelöst. Viele seiner Mitglieder und Funktionäre, darunter auch der Gründer, Kurt Singer, wurden deportiert und ermordet.

Literatur

  • Akademie der Künste (Hrsg.): Fritz Wisten. Drei Leben für das Theater. Stuttgart 1919–1933, Jüdischer Kulturbund, Berlin 1945–1962 (= Stätten der Geschichte Berlins. Bd. 45). Edition Hentrich, Berlin 1990, ISBN 3-926175-69-9.
  • Moritz von Bredow: Rebellische Pianistin. Das Leben der Grete Sultan zwischen Berlin und New York. Schott, Mainz 2012, ISBN 978-3-7957-0800-9 (Biographie. Viele detaillierte Bezüge zum Jüdischen Kulturbund bzw. dem Kulturbund Deutscher Juden sowie dem Berliner Musikleben).
  • Eike Geisel, Henryk M. Broder: Premiere und Pogrom. Der Jüdische Kulturbund 1933–1942. Siedler, Berlin 1992, ISBN 3-88680-343-0.
  • Martin Goldsmith: Die unauslöschliche Symphonie. Musik und Liebe im Schatten des Dritten Reiches – eine deutsch-jüdische Geschichte. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2002, ISBN 3-451-27307-1.
  • Barbara Müller-Wesemann: Theater als geistiger Widerstand. Der Jüdische Kulturbund in Hamburg 1934–1941. M und P – Verlag für Wissenschaft und Forschung, Stuttgart 1996, ISBN 3-476-45167-4 (Zugleich: Hamburg, Universität, Dissertation, 1995).
  • Sylvia Rogge-Gau: Die doppelte Wurzel des Daseins. Julius Bab und der Jüdische Kulturbund Berlin (= Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Reihe Dokumente, Texte, Materialien. Bd. 30). Metropol, Berlin 1999, ISBN 3-932482-14-X (Zugleich: Berlin, Technische Universität, Dissertation, 1998: Julius Bab und der Jüdische Kulturbund Berlin.).
  • Rebecca Rovit: The Jewish Kulturbund Theatre Company in Nazi Berlin. University of Iowa Press, Iowa City IA 2012, ISBN 978-1-60938-124-0.
  • Gabriele Fritsch-Vivié: Gegen alle Widerstände. Der Jüdische Kulturbund 1933–1941. Fakten, Daten, Analysen, biographische Notizen und Erinnerungen. Mit einem Vorwort von Jakob Hessing. Hentrich & Hentrich, Berlin 2013, ISBN 978-3-95565-005-6.

Weblinks

 Commons: Kulturbund Deutscher Juden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans-Rainer Sandvoß (Red.): Widerstand 1933–1945. Berlin. Heft 5: Heinrich-Wilhelm Wörmann: Widerstand in Charlottenburg. 2. Auflage. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 1998, S. 238.
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