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KZ Außenkommando Sonneberg

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Das KZ Außenkommando Sonneberg war ein Außenlager des KZ Buchenwald auf dem Werksgelände der Thüringer Zahnradwerke mbH Sonneberg, ein Tochterunternehmen der Leipziger Maschinenfabrik G. E. Reinhardt, in der Hallstrasse 39 im Sonneberger Stadtteil Bettelhecken.

Geschichte

Am 14. September 1944 wurde zur Unterstützung der Thüringer Zahnradwerke mbH Sonneberg auf dem Werksgelände das KZ-Außenkommando Sonneberg mit anfangs zweihundertsechzig männlichen Häftlingen in Betrieb genommen. Die Häftlingszahl stieg jedoch ständig, sodass es am 1. Januar 1945 bereits vierhunderfünfundvierzig Häftlinge waren, und auch danach stieg die Anzahl weiter an.[1] Unter menschenunwürdigen Bedingungen wurden in dem Werk von den Häftlingen in Zwangsarbeit Flugzeugteile für die Ju 52, die Sturzkampfflugzeuge, sowie Kettenräder für den Panzerkampfwagen VI Tiger und Zahnräder für die V-Waffen hergestellt.[2] Die Häftlinge waren meist ausländische Juden, aber es gab dort auch deutsche politische Häftlinge.[3] Es wurde in Zwölf-Stundenschichten gearbeitet, wobei die Nacht- und Tagschicht wöchentlich wechselten. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln war schlecht. Von brutalen Misshandlungen durch die SS wurde berichtet.[3] Kurz vor der Auflösung des Lagers im April 1945 kam es zu einem Massaker. Als überstürzt der Abmarsch der Gefangenen befohlen wurde, protestierten die Angehörigen der Nachtschicht, die fürchteten, keine Essensration mehr vor dem Aufbruch zu erhalten. Als dann einige Häftlinge einen Sack Kartoffeln an sich brachten, schossen SS-Männer in die Menge. Mindestens 40 Häftlinge wurden getötet und viele verletzt.[4]

Todesmarsch

Gedenkstätte Schustershieb, Steinach, für die ersten acht erschossenen Opfer des Todesmarsches
Grabstätte in Eschenthal, in der zwei, am 4. April 1945 ermordete Häftlinge begraben sind
Eine der dreizehn Metalltafeln, die an die Ofer des Todesmarsches erinnern. Ort: Hallstraße in Bettelhecken, Sonneberg

Am 4. April 1945 begann der Todesmarsch der 467 KZ-Häftlinge aus dem Lager Sonneberg, wegen der heranrückenden 3. US-Armee. Viele Häftlinge wurden auf dem Marsch erschossen, andere starben auf dem Marsch an Misshandlungen oder an den Folgen der Strapazen. Es soll ein schreckliches Bild gewesen sein, was sich den Sonnebergern Einwohnern bot. Die Häftlinge trugen blau-weiß gestreifte KZ-Häftlingskleidung, jeweilig gekennzeichnet mit einem farbigen Stern oder farbigen Dreieck, sowie mit schwarzen Nummern auf dem Rücken und an der Vorderseite. An den Füßen trugen sie Holzschuhe. Am Schluss des Zuges liefen bewaffnete SS-Männer mit abgerichteten Hunden. Ein von Häftlingen gezogener Karren mit zwei Rädern bildete den Abschluss des Zuges.

Es gab zwei Marschrouten. Der größere von ihnen führte vom Lager über die Sonneberger obere Stadt, zum Schusterhieb nach Steinach, dann über den Rennsteig durch Geraer Gebiet bis auf böhmisches, beziehungsweise tschechisches Gebiet. Der Rest des Zuges verlief sich am 7. Mai in Praseles, 50 km vor Prag, nachdem die SS-Männer vor der nahen Roten Armee geflohen waren. Die zweite Marschroute führte wahrscheinlich über Köppelsdorf und Friedrichsthal nach Bad Elster. 111 Häftlinge sollen dort von der 3. US-Armee befreit worden sein.

Die ersten Todesopfer dieser Märsche waren acht Häftlinge, deren Leichen auf der Höhe des Schusterhiebs zwischen Sonneberg und Steinach im Juni 1945 von Steinacher Frauen gefunden wurden. Nur notdürftig verscharrt, lagen sie im Straßengraben. Manche Leichen hielten noch ihre kleinen Blechbüchsen mit rohe Kartoffeln darin unter dem Arm geklemmt. Alle waren durch Kopfschüsse getötet worden. Auch im Steinbruch am Ortsausgang von Friedrichsthal wurden zwei dort verscharrte Leichen in Häftlingskleidung gefunden. Heute liegen die sterblichen Überreste der ermordeten Häftlinge auf den Friedhöfen in Steinach und Eschenthal.[5] Auf dem Friedhof in Eschental ist zudem noch ein weiteres Grab in dem zwei, am 4. April 1945 ermordete Häftlinge begraben sind. In Burgstein sind ebenfalls Grabstätten auf dem Friedhof des Ortsteiles Großzöbern für fünf jüdische Häftlinge, die im April 1945 bei dem Todesmarsch in Pirk, einem Ortsteil der Gemeinde Weischlitz, von SS-Männern ermordet wurden.

Von dem Häftling Ignacy Arthur Krasnokucki ist bekannt, dass er im April 1945 von dem Todesmarsch fliehen konnte.[6] Während einer Rast an einem Brunnen, konnte er sich in einem Abwasserkanal verstecken. Einen Tag später zog er weiter in Richtung Osten, bis er auf eine amerikanische Armee traf und in sicherer Freiheit war.[7]

Urteile

1947 wurde in den Buchenwalder Nebenprozessen unter anderem gegen den SS-Mann Heinrich Buuck (er hatte nur einen IQ von 67) verhandelt,[8] der vor Gericht dann zugab, auf dem Evakuierungsmarsch aus dem Außenlager Sonneberg Häftlinge auf Befehl getötet zu haben. Er bekam die Todesstrafe, die später in 15 Jahre Haftstrafe umgewandelt wurde, jedoch wurde ihm im Überprüfungsverfahren Befehlsnotstand zugebilligt, sodass er 1954 auf Bewährung aus Landsberg entlassen wurde. Der SS-Oberscharführer Alfred Andreas Hoffmann, nach Einsatz im KZ Buchenwald Kommandoführer im Außenkommando Sonneberg von Oktober 1944 bis 11. April 1945,[9] bekam eine fünfjährige Haftstrafe.

Ein weiterer SS-Oberscharführer im Außenkommando Sonneberg war Ernst Fölsche,[10] der in einem ostdeutschen Verfahren zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Ein weiterer Angeklagter erhielt eine zweieinhalbjährige Haftstrafe. In westdeutschen Verfahren wurden zwei Angeklagte zu jeweils zwei und dreieinhalb Jahren verurteilt und zwei erhielten einen Freispruch. Deren Verfahren wurden eingestellt.[11]

Gedenken

Jährlich gedachten zu Zeiten der DDR im September am Gedenktag der Opfer des Faschismus tausende Bürger mit einem Marsch des Gedenkens dieser Opfer.[5] 1977 wurde auf dem Schusterhieb eine Gedenkstätte für die dort gefundenen acht Opfer des Todesmarsches errichtet. Seit 1982 erinnern in Sonnenberg und Umgebung entlang der zwei Routen zudem dreizehn Metalltafeln an die Opfer der Todesmärsche.[12][13] Auch zur Zeit der BRD wurde jährlich bisher an die Opfer erinnert.[14] Am Ortausgang von Pirk befindet sich ebenfalls ein Gedenkstein für fünf jüdische Häftlinge, die im April 1945 bei dem Todesmarsch in Pirk von SS-Männern ermordet wurden.

Literatur

  • Gerhard Stier: Zwangsarbeit in Sonneberg: das Beispiel Zahnradwerk, Museums- und Geschichtsverein Sonneberg, 2001[15]

Film

  • Zahnradwerk – Das vergessene KZ, 2007 SON-Film e.V., DVD und Blue-Ray[16]

Weblinks

 Commons: KZ Außenkommando Sonneberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Genaues Datum und Häftlingsanzahl unter Sonneberg
  2. Informationen zum Lager Sonneberg
  3. 3,0 3,1 Schmidt van der Zanden, Christine, Sonneberg West, in: Megargee, Geoffrey, P., (Hrsg.), The United States Holocaust Memorial Museum. Encyclopedia of Camps and Ghettos,1933-1945, Band 1, Bloomington, Indiana, 2009, S.420
  4. Elkind, Lucien, Caporal Dick, Paris 1997, S. 186
  5. 5,0 5,1 Zitat aus einem Buch zur Sonneberger Geschichte
  6. Ignacy Arthur Krasnokucki konnte vom Todesmarsch fliehen.
  7. Flucht des Ignacy Arthur Krasnokucki
  8. Heirich Buuck, Protokoll, PDF-Datei (englisch)
  9. Alfred Andreas Hoffmann, Protokoll, PDF-Datei (englisch)
  10. Aufgeführt im Bundesrchiv, Nummer DY 55/ 68
  11. Justiz und NS-Verbrechen Deutsch/Deutsche Verfahren
  12. Nachweis über die Gedenkstätten und Metalltafeln
  13. Jahresangabe in Kulturdenkmale in Thüringen. Landkreis Sonneberg von Thomas Schwämmlein, E. Reinhold Verlag, Altenburg, S. 418
  14. Nachweis Erinnerung zur Zeit der BRD
  15. Nachweis Gerhard Stier: Zwangsarbeit in Sonneberg: das Beispiel Zahnradwerk
  16. Film auf Webseite zauberhaftes-sonnenberg.de
50.360671611.1431862
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel KZ Außenkommando Sonneberg aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.