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Jüdische Gemeinde Niederstetten

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Die Jüdische Gemeinde in Niederstetten im Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg, entstand im Mittelalter und existierte bis zur Zeit des Nationalsozialismus.[1]

Geschichte

Historische Entwicklung der jüdischen Gemeinde

Bereits im Mittelalter lebten Juden in Niederstetten. Sie waren vom Rintfleisch-Pogrom 1298 betroffen. Die Entstehung der neuzeitlichen jüdische Gemeinde geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1647 Juden am Ort genannt. 1748 gab es 15 jüdische Haushaltungen. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1844 mit 217 Personen erreicht. Danach ging sie durch Aus- und Abwanderung zurück (1900 163, 1910 116 Personen). Die jüdische Gemeinde gehörte seit 1832 zum Bezirksrabbinat Mergentheim. Die jüdischen Handels- und Gewerbebetrieben waren schon im 19. Jahrhundert von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt. Bis um 1933 gehörten zahlreiche Betriebe jüdischen Familien, darunter Fellhandlungen, Handelsgeschäfte für Wein und Landesprodukte, Textilgeschäfte, Metzgereien und Viehhandlungen. Auch eine Schleiferei für Industriediamanten war vorhanden.[1]

Der Jüdische Friedhof Niederstetten im Herbst 2018

Die jüdische Gemeinde Niederstetten besaß die Synagoge Niederstetten, eine israelitische Volksschule (Konfessionsschule), ein rituelles Bad und den jüdischen Friedhof Niederstetten. Ein eigener Religionslehrer war angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.[2]

Am 25. März 1933 schleppten SA-Mitglieder die jüdischen Männer der Gegend ins Rathaus und schlugen sie unter den Augen der örtlichen Polizei brutal zusammen. Hermann Umfrid, evangelischer Pastor, protestierte öffentlich. Als die Nazis begannen, ihn zu verfolgen, kam ihm seine Kirche nicht zu Hilfe.[3]

Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der NS-Zeit kamen von den 1933 in Niederstetten wohnhaften 102 jüdischen Personen 44 in Konzentrationslagern ums Leben, 45 Gemeindemitglieder wanderten aus und 12 starben im Inland eines natürlichen Todes. Eine Frau kehrte aus der Deportation nach Niederstetten zurück. Die Synagoge wurde bei dem amerikanischen Bombenangriff im April 1945 zerstört.[2]

Opfer des Holocaust

Von den jüdischen Personen, die in Niederstetten geboren wurden oder längere Zeit im Ort wohnten, kamen in der Zeit des Nationalsozialismus die folgenden Personen beim Holocaust nachweislich ums Leben:[1][4][5] Frieda Adler geb. Selz (1905), Rosa Benjamin geb. Thalheimer (1872), Jette Braun geb. Selling (1874), Julius Braun (1897), Max Braun (1865), Nelly Braun geb. Löwenthal (1883), Samuel Braun (1886), Wolf Braun (1874), Recha Gold geb. Stern (1865), Hanna Goldstein (1872), Rosa Haas geb. Reis (1869), Klara Herrscher geb. Straus (1877), Gella Heß geb. Reis (1866), Betty Hirsch geb. Reis (1864), Max Hänlein (1864), Albert Kahn (1882), Charlotte Kahn geb. Strauss (1887), Johanna Kahn geb. Hänlein (1905), Klara Kahn (1903), Max Kahn (1895), Cilli Kirchheimer geb. Rosenthal (1888), Jenny Kirchheimer geb. Löwenthal (1884), Josef Kirchheimer (1931), Max Kirchheimer (1884), Ruth Kirchheimer (1918), Simon Kirchheimer (1882), Mina Laub geb. Braun (1864), Berta Lazarus geb. Reis (1872), Regina Lemle geb. Ney (1884), Else Levi geb. Seligmann (1881), Michael (Mihai) Levi (1878), Mathilde Luchs geb. Ney (1879), Julius Löwenstein (1891), Mathilde Löwenstein (1893), Sophie Mainzer geb. Kahn (1889), Fanny Mayer geb. Reis (1889), Benno Neu (1899), Jakob Neu (1885), Jenny Oettinger geb. Reis (1892), Emma Ottenheimer geb. Straus (1871), Frieda Ottenheimer geb. Wiesenbacher (1888), Emil Reis (1930), Frieda Reis (1894), Henriette Reis (1900), Julius Reis (1936), Mina Reis geb. Feuchtwanger (1903), Walter Reis (1932), Ida Rosenfeld geb. Ney (1890), Gerson Rosenthal (1879), Jakob Rosenthal (1889), Moses Rosenthal (1878), Rosa Rosenthal geb. Samfeld (1882), Grete Schloss (), Paula Schloss geb. Lilienstrauss (1891), Samuel Schloss (1881), Lina Schlossberger (1892), Rosa Schlossberger (1895), Henriette Schwerin (1909), Selma Schwerin geb. Reichenberger (1879), Nanny Schönwalter geb. Neu (1892), Gitta Selling geb. Braun (1896), Mathilde Stein geb. Löwenstein (1883), David Stern (1869), Albert Strauss (1890), Moses Talheimer (1855), Rosalie Weinberg (1887), Mathilde Wolf (1872) und Heinrich Wortsmann (1896).

Literatur

  • Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Kohlhammer, Stuttgart 1966. Darin: Niederstetten Kr. Mergentheim, S. 134–136.
  • Bruno Stern: Meine Jugenderinnerungen an eine württembergische Kleinstadt und ihre jüdische Gemeinde. Mit einer Chronik der Juden in Niederstetten und Hohenlohe. Kohlhammer, Stuttgart 1968 (Lebendige Vergangenheit,Band 4).
  • Bruno Stern: So war es. Leben und Schicksal eines jüdischen Emigranten. Eine Autobiographie. Thorbecke, Sigmaringen, 1985, ISBN 3-7995-7622-3. Historischer Verein für Württemberg, Schwäbisch Hall, 1985, ISBN 3-921429-23-4. Darin: Meine Heimat, S. 1–35. Von der Machtergreifung zur Emigration, S. 36–121 (Forschungen aus Württembergisch-Franken, Band 23).
  • Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1843-5, S. 350–352 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4).

Weblinks

 Commons: Jüdische Gemeinde Niederstetten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Alemannia Judaica: Niederstetten (Main-Tauber-Kreis) Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge, alemannia-judaica.de, abgerufen am 5. Dezember 2015.
  2. 2,0 2,1 Niederstetten (Main-Tauber-Kreis) Jüdischer Friedhof, alemannia-judaica.de, abgerufen am 5. Dezember 2015.
  3. Nach: Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. München 1998, S. 54.
  4. Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem.
  5. Angaben aus Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jüdische Gemeinde Niederstetten aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.