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Bergsturz

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Felssturz am Hübschhorn (2012)

Ein Bergsturz ist eine großvolumige, schnell vonstattengehende Fels- und Schuttbewegung aus steilen Bergflanken. Auch stabil erscheinende Felswände können betroffen sein, wenn sie von Klüften durchzogen sind. Bei Bergstürzen verhält sich das Gestein großräumig „wasserähnlich“, kann auf einer geneigten Gleitbahn eine Geschwindigkeit von über 100 km/h erreichen und sogar an gegenüberliegenden Hängen „aufbranden“, wie beispielsweise im Oberinntal mehrfach zu sehen ist. Die Untersuchung von Bergstürzen und ihrer Ursachen ist ein interdisziplinäres Thema zwischen mehreren Fachgebieten, v. a. Geologie, Felsmechanik, Ingenieurvermessung und Geomorphologie, während zugehörige Warnsysteme in jüngst entstandenen Kooperationen zwischen Geotechnik und Geodäsie entwickelt werden.

Die Ablagerungsgebiete können Volumina von Millionen Kubikmetern und Flächenausdehnungen von mehr als 10 Hektar erreichen. Eine umfassende Definition von Bergstürzen stammt vom Geografen Gerhard Abele (1974): Bergstürze sind „Fels- und Schuttbewegungen, die mit hoher Geschwindigkeit in Sekunden oder Minuten aus Bergflanken niedergehen und im Ablagerungsgebiet ein Volumen oberhalb von einer Million Kubikmeter besitzen, sowie eine Fläche von über 10 Hektar bedecken. Kleinere Ereignisse bezeichnet man als Felsstürze“.[1]

Frank Ahnert definiert sie im Lehrbuch Geomorphologie (1996) stattdessen auf der subjektiven Ebene: „Die von der Bewegung erfasste Hangfläche und die bewegte Gesteinsmasse (bzw. Volumen) muss groß genug sein, um der Bezeichnung "Bergsturz" in der Auffassung der umwohnenden Bevölkerung und der das Ereignis untersuchenden Geomorphologen gerecht zu werden“.[2]

Bergstürze sind demnach groß dimensionierte Felsstürze mit teils verheerenden Auswirkungen. In den zurückbleibenden Schuttmassen können sich zudem kleinere Stauseen bilden, bisweilen auch größere Abdämmungsseen. Eine Sonderart von Felssturz ist der Eissturz mit weit überhöhter Schadensfläche, da das Eis (zusammen mit Schutt) weiter transportiert wird, das Eis, auch Sturzeis genannt,[3][4] dabei durch die Reibungshitze schmilzt oder gar verdampft und damit ein Effekt ähnlich dem bei einem Luftkissenfahrzeug entstehen kann.

Grundlagen

Der 1991er Bergsturz von Randa in der Schweiz (Foto: 2008)

Bergstürze entstehen in der Regel an der Grenze zweier oder mehrerer Gesteinsschichten und an tektonischen Störungslinien, wenn derartige Grenzflächen durch Erdbeben, extreme Wetterereignisse (heftige Niederschläge oder Temperaturschwankungen) geschwächt werden oder auch wenn ein Gletscher abschmilzt und dessen Gegendruck fehlt. Zunehmende Steinschlagaktivität kann ein Hinweis auf bevorstehende Bergsturzereignisse sein. Eingriffe des Menschen in die Natur (Hangrodung, zu breite Forstwege, Rohstoffabbau) können diese Vorgänge beschleunigen, wie exemplarisch beim Bergsturz von Elm 1881. Fels- und Bergstürze stellen neben Muren und Lawinen die Hauptgefahr natürlicher Phänomene im Gebirge dar.

Man unterscheidet zwischen den häufiger vorkommenden Schlipfstürzen und den selteneren Fallstürzen. Ein Schlipfsturz beginnt mit einer Gleitbewegung, bei der die rutschende Masse weitgehend im Verband bleibt oder völlig in Kleinteile zerfällt. Durch eingeschlossene Luft, die wie ein Luftpolster zwischen dem festen Untergrund und der abrutschenden zerfallenden Gesteinsmasse wirkt, können Schlipfstürze selbst in Gesteinspartien ohne größeren Wassergehalt auftreten. Beim Fallsturz hingegen erfolgt praktisch unmittelbar ein Abbruch, bei dem sich das Gestein im freien Fall befindet.[5]

Der mit dem Klimawandel verbundene Temperaturanstieg und das damit einhergehende Auftauen des bis anhin stabilisierenden Permafrosts erhöht die Gefahr von Bergstürzen. Die historische Geologie kennt Bergstürze mit diesen Ursachen bereits aus früheren Warmzeiten.

Das bei Bergstürzen zurückbleibende Material bildet eine Sturzhalde, in der Schweiz „Bergsturzkegel“ genannt; zur Orientierung in solchen Blockhalden (etwa bei Vermessungen oder Umweltprojekten) werden größere Felsblöcke oft mit roten Nummern markiert. Nach längeren Zeiträumen können durch Bergstürze auch reizvolle Landschaften entstehen. Typisch für das Ablagerungsgebiet ist ein kleinhügeliges Relief (sogenannte Tomahügel) mit meist deutlicher Abgrenzung zur Umgebung.

Die Geschwindigkeit eines Bergsturzes beim Auftreffen aufs Gelände kann – abhängig von der Fallhöhe – 100 km/h übersteigen. Auf einer stark geneigten Gleitbahn kann die Geschwindigkeit der Gesteinslawine weiter auf 200 km/h anwachsen, auf einem Gletscher auch noch mehr. Sie hängt von der Gesamtmasse, vom Material und dessen Verdampfen sowie von der Gleitreibung des Untergrunds ab.

Folgen

Ein Bergsturzereignis bewirkt sowohl im Abbruchgebiet als auch im Ablagerungsgebiet markante Änderungen. Im Abbruchgebiet kann es zum Beispiel zu Nachstürzen und zu Sackungsbewegungen am oberen Rand der Abrisswände kommen. Weitere Folgen von Bergstürzen können sein:

  • Bildung von Bergsturzseen, Verlagerung von Wasserläufen und Wasserscheiden
  • Bildung von Schuttkegeln
  • Entstehung einer eigenen Bergsturzvegetation
  • Epigenesen.

Besonders in dichter besiedelten Gebieten werden auch Kulturbauten und Menschenleben gefährdet, insbesondere durch

  • Verschüttung von Siedlungsgebieten und Verkehrswegen (Straßen, Eisenbahnlinien)
  • direkte Flutwellen, wenn Gesteinsmassen in größere Gewässer stürzen
  • instabile Aufstauung von Flüssen und Bächen, welche später zu Flutwellen führen kann, insbesondere bei Ausbrüchen von Bergsturzstauseen.

Größenangaben zu Berg- und Felsstürzen

Zur Einschätzung der Größe und Auswirkung von Berg- und Felsstürzen werden in der Regel Angaben zu den Volumina der umgelagerten Gesteinsmassen und zur Flächenausdehnung ihrer Ablagerungsgebiete gemacht. Bei Bergstürzen geht es dabei um Volumina im Bereich von Millionen bis zu Milliarden Kubikmetern und Ablagerungsflächen von einem Dutzend bis zu über tausend Hektar. Bei mittelgroßen bis großen Felsstürzen betragen die Volumina einige tausend bis zu einigen hunderttausend Kubikmetern mit Ablagerungsflächen im Hektar-Bereich.

Für Sturzmassen, die bis in den Talgrund gelangt sind und ggf. ein Fließgewässer aufgestaut haben, finden sich häufig Angaben, auf welcher Länge und bis zu welcher Höhe über dem Talboden das Tal verlegt wurde und bis zu welcher Höhe die Gesteinsmasse am gegenüberliegenden Prallhang emporgebrandet ist.

Für die Einschätzung der bei einem Berg- bzw. Felssturz umgesetzten Energie (von Lageenergie in Wärme, Verformungsarbeit und im abgelagerten Gestein gebundene chemische Energie) sind Angaben zur mittleren Sturzhöhe erforderlich, die über die Höhe und Massenverteilung im Abriss- und Ablagerungsgebiet geschätzt werden können. Für die größten bekannten Bergsturzereignisse wie den Flimser Bergsturz kommen vorsichtige Abschätzungen zu umgesetzten Energien jenseits von 100 Petajoule (1017 Joule).

Die Umrechnung zwischen verschiedenen Einheiten und die damit verbundenen Größenordnungsunterschiede geben die folgenden Tabellen wieder.

Größenordnungen für Volumenangaben zu Sturzmassen:

Größenordnung Umrechnung in kleinere Einheit anschauliche Entsprechung
tausend Kubikmeter (1.000 m³) Rauminhalt eines Würfels mit 10 m Kantenlänge
1 Million Kubikmeter (1.000.000 m³) Rauminhalt eines Würfels mit 100 m Kantenlänge
1 Kubikkilometer (1 km³) 1 Milliarde Kubikmeter
bzw. 1000 Millionen Kubikmeter
Rauminhalt eines Würfels mit 1 km Kantenlänge

Größenordnungen für Flächenangaben zu Ablagerungsgebieten:

Größenordnung Umrechnung in kleinere Einheit anschauliche Entsprechung
1 Hektar (1 ha) 10.000 Quadratmeter (10.000 m²) Flächeninhalt eines Quadrates mit 100 m Kantenlänge
1 Quadratkilometer (1 km²) 100 Hektar (100 ha)
bzw. 1 Million Quadratmeter (1.000.000 m²)
Flächeninhalt eines Quadrates mit 1 km Kantenlänge

Prähistorische Bergstürze

Prähistorische Bergstürze können aufgrund der geologischen Beschaffenheit des Bodens und der Oberflächenformen im Abbruchgebiet und im Ablagerungsgebiet erkannt werden.

Durch den Bergsturz von Köfels wurde vor rund 9000 Jahren die Ötztaler Ache in der Bildmitte aufgestaut.
  • Pyhrnpass (Österreich): ein möglicherweise durch das 300 km entfernte Ries-Ereignis (vor etwa 15 Millionen Jahren) ausgelöster Bergsturz leitet den nach Norden gerichteten Lauf der Ur-Enns nach Süden, ins Grazer Becken, um.[6]
  • Langtang-Tal (Nepal): Vor 40.000 Jahren stürzten wahrscheinlich infolge eines Erdbebens an der Himalaya-Hauptstörung 10 bis 15 km³ Gestein eines vormals bis zu 8.000 m hohen Berges im Himalaya-Hauptkamm zu Tal. Hiervon wurde der Großteil bis auf einen Rest von 2 bis 3 km³ bereits durch nachfolgende Gletschertätigkeit ausgeräumt. Der noch erhaltene Abrisskamm läuft über bis zu 7.000 m hohe Gipfel und Grate. Im Bereich des 24 km² umfassenden Ablagerungsgebietes befindet sich heute der 4.984 m hohe Tsergo Ri, mit dessen Namen das Ereignis häufig verbunden wird, dessen Gipfel aber selbst Teil der Bergsturzmasse ist. Es gilt als weltweit größtes Bergsturzereignis im Kristallingestein.[7]
  • Flimser Bergsturz (Schweiz, Graubünden): Ca. 12 bis 15 km³, vor etwa 10.000 Jahren.
  • Fernpass (Nordtirol): Entstand durch einen Bergsturz des Westhangs vor etwa 4000 Jahren.
  • Storegga (Mittelnorwegen): Unter Wasser und mit einem Tsunami als Folge. Etwa vor 8000 Jahren, die Sturzmasse muss mehr als hundertmal größer gewesen sein als in Flims. Sie hatte Auswirkungen auch in Schottland und Island.
  • Dobratsch (Kärnten): Ca. 0,9 km³ Gesteinsmassen stürzten in das Gailtal.
  • Davos (Schweiz, Graubünden): Weit über 0,3 km³ stürzten von der Totalp im Parsenngebiet und bildeten so den Wolfgang-Pass und den Davosersee. Datierung: jünger als 8000 Jahre.
  • Köfels (Tirol): Über drei Kubikkilometer Gestein stürzten vor etwa 8700 Jahren vom Westhang in das mittlere Ötztal bei Umhausen und blockierten die Ötztaler Ache, die sich später eine Schlucht (Maurach) durch den Schutt fressen musste. Durch die Reibungshitze kam es bei dem Bergsturz zu einer Umwandlung von Gneis in ein glasiges Gestein, das als Köfelsit bezeichnet wird.
  • Tschirgant (Tirol): 240 Millionen Kubikmeter Gesteinsmasse stürzten vor etwa 4000 Jahren in das Inntal und vordere Ötztal und hinterließen ein Ablagerungsgebiet von 13 Quadratkilometern.
  • Wildalpen (Steiermark): Vom Ebenstein und Brandstein (Hochschwabgruppe) stürzten etwa 4000 v. Chr. gewaltige Felsmassen nach Norden und brandeten als Sturzstrom bis ins Salzatal hinaus.
  • Almtal (Oberösterreich): Von der Nordabdachung des Toten Gebirges stürzte eine große Felsmasse in die Hetzau hinab, wo möglicherweise der Rest eines eiszeitlichen Gletschers oder auch ein See oder Sumpf lag. Durch die Reibungshitze glitt die Felsmasse auf einem Wasser- oder gar Dampf-Teppich weit hinaus ins Almtal, wo sie erst in Heckenau unmittelbar südlich von Grünau im Almtal zum Stillstand kam. Die Tomahügel von den Ödseen bis zum Cumberland Wildpark sind auf diesen Sturzstrom zurückzuführen.
  • Hocharn im Raurisertal (Salzburg): Die Ostflanke des Hocharn (Grieswies-Schwarzkogel) stürzte in den Talschluss von Kolm-Saigurn und brandete auf die Ostflanke Richtung Filzenalm wieder hinauf. Der unregelmäßige und von Lacken durchsetzte Hügel des Durchgangwalds (Rauriser Urwald) repräsentiert die Sturzmasse.
  • Hochkaltermassiv: Ein Bergsturz von ca. 15 Millionen Kubikmetern aus dem Blaueistal vor rund 3500 bis 4000 Jahren staute die Ramsauer Ache zum Hintersee auf und schuf den Zauberwald. Er bedeckt eine Fläche von 0,75 km², die sich zwischen dem Hintersee und der Marxenklamm befindet.
  • Marocche di Dro (Italien): Ergebnis mehrerer Bergstürze im unteren Sarca-Tal, deren erster sich frühestens zwischen 2950 und 2600 v. Chr. und deren letzter (die frana di Kas) sich frühestens zwischen 400 und 200 v. Chr. ereignete. Das Volumen der Bergstürze betrug zusammen etwa 1 km³.
  • Vom Schafberg: geschätzte 50–100 Millionen m³, trennte Attersee und Mondsee und könnte um 3200 v. Chr. durch die Binnentsunami die Pfahlbausiedlungen der Mondseekultur ausgelöscht haben.

Historische Bergstürze

P. J. Loutherbourg d. J.: Avalanche dans les Alpes, 1803 (tatsächlich ist ein Eissturz dargestellt)

(Aufzählung nach Datum):

  • 1172: Ein großer Bergsturz geht auf den Moränenwall zwischen Königssee und Obersee in den Berchtesgadener Alpen nieder.[8]
  • 24. November 1248: Mont Granier im Chartreuse-Massiv bei Chambéry im Savoyen: Bergsturz in der Nacht auf den 25. November von ca. 150 Millionen m³ Felsmasse mit einer Gerölllänge von sieben Kilometern, Ort Saint-André mit etwa 3000 Menschen total verschüttet, ferner 16 Dörfer begraben, insgesamt geschätzt bis zu 5000 Tote.[9]
  • 1348 – Dobratsch (2100 m) bei Villach in Kärnten: Ausgelöst durch das Friaul-Erdbeben stürzten im selben Gebiet, in dem auch ein prähistorischer Bergsturz stattfand, geschätzte 150 Millionen m³ Gesteinsmassen in das Gailtal. Das Abbruchgebiet an der südöstlichen Felswand ist als Rote Wand noch gut sichtbar. Sein Ablagerungsgebiet reicht 3 km bis zur Gail, trägt den Namen Die Schütt und steht unter Naturschutz. Zwischen dem Schütter Wald und dem Fluss wurde die neue Ortschaft Oberschütt gegründet (Im Januar 2015 stürzten nochmals fast 2.000 m³ Gestein aus der Roten Wand auf den darunterliegenden Wald. Die Abbruchstelle und der neue Schuttkegel sind von der Aussichtsplattform beim Alpengarten gut zu beobachten).
  • 30. September 1512: Bergsturz Buzza di Biasca im Valle di Blenio nördlich Biasca. Die Gesteinsmassen stauten einen See auf; der Damm brach 1515 und verwüstete das Tal des Tessin bis zum Lago Maggiore.
  • 3. April 1595: Bergsturz in Reurieth vom so genannten „Reuriether Felsen“. Davor soll bereits 1137 ein Bergsturz das Dorf verschüttet haben.
  • 24. August 1598: Bergsturz von Wartha oberhalb der Glatzer Neiße in Bardo Śląskie, Polen.
Matthäus Merian: Plurs vor und nach dem Bergsturz 1618. Abbildung aus Martin Zeiller, Topographia Helvetiae, 1642/1654
  • 4. September 1618 (julianischer Kalender: 25. August) Bergsturz von Plurs (bei Chiavenna an der Straße zum Malojapass, damals Drei Bünde, heute Italien): Hier wurde eine ganze Stadt samt dem Ortsteil Scilano (Schilan) verschüttet, nach zeitgenössischen Quellen starben zwischen 930 und 1200 Menschen. Forschungsgeschichtlch bedeutend ist auch die Vorher-nachher-Dokumentation von Matthäus Merian.
  • 1714 und 1749: Zwei Bergstürze, einer von ihnen bildete den Stausee Lac de Derborence.
  • 2. September 1806 Bergsturz von Goldau/Schweiz: Hier wurde ein ganzes Dorf von 40 Millionen m³ Fels verschüttet, 457 Menschen starben.
  • 10. März 1876 Bergsturz von Kaub am Rhein: acht Häuser wurden verschüttet, 25 Menschen starben.
  • 11. September 1881 Elm/Schweiz: zehn Millionen Kubikmeter: Der Bergsturz von Elm wurde durch den jahrelangen, rücksichtslosen Abbau von Schiefer verursacht. 115 Menschen starben.
  • 29. April 1903 Bergsturz in Frank (Frank Slide), Alberta (Kanada): 30 Millionen m³, einer der bekanntesten Bergstürze: eine Klippe brach über eine sehr steile Flanke von rund 1000 Metern Höhendifferenz ab.
  • 18. Februar 1911 Saressee/Pamir, Tadschikistan: ein Erdbeben verursachte einen Bergsturz von 2,2 km³, der den höchsten Damm der Welt und den 55,8 km langen Saressee bildete.
  • 10. April 1939: Der Bergsturz von Fidaz ereignete sich östlich des Dorfes Fidaz in der Gemeinde Flims im schweizerischen Kanton Graubünden. Es stürzten 100'000 Kubikmeter Fels zu Tal. 18 Menschen fanden den Tod.
  • 10. Juli 1949: Ein durch ein Erdbeben ausgelöster Bergsturz im Pamir traf den oberhalb des tadschikischen Ortes Chait gelegenen See Chaus-Chait. Die resultierende Mure überrollte den Ort und begrub rund 18.000 Bewohner unter einer zwanzig bis dreißig Meter hohen Schicht aus Schlamm und Geröll.[10][11]
  • 9. Juli 1958: Ein Erdrutsch, der mit geschätzt 90 Mio. t Gestein und Eis in die Meeresbucht Lituya Bay, Alaska hineinlief und eine Tsunami erzeugte, die zumindest über einen 520 m hohen Hügel schwappte.
  • 9. Oktober 1963: Katastrophe von Vajont (Longarone), 90 km nördlich von Venedig im Friaul/Italien: Felssturz von 260 Millionen m³ in Stausee, rund 2000 Menschen verloren ihr Leben.
  • 9. Januar 1965: Bergsturz von Hope (Hope Slide) bei Hope in British Columbia, Kanada: 46 Millionen m³ Gestein und Geröll ergossen sich zu einer Halde von 70 m Höhe und 3 km Länge zu Tal. Dabei wurde ein See vollständig zugeschüttet, vier Menschen starben.
  • 31. Mai 1970: Yungay, Peru[12]: Infolge eines Erdbebens der Stärke 7,8 stürzten vom Nevado Huascarán etwa 60 Millionen m³ Eis und Fels ab und töteten über 70.000 Menschen im Tal Callejón de Huaylas, wobei etwa 150.000 verletzt und weit über 500.000 obdachlos wurden. Die Stadt Yungay mit rund 5000 Einwohnern wurde komplett zerstört, nur etwa 400 überlebten. Heute leben wieder etwa 10.000 Bewohner neben der Gedenkstätte.
  • 18. März 1971 – Chungar: 100.000 m³ Gestein lösen sich 400 m über dem See Lago Yanahuin aus anstehendem Kalkstein und verursachte eine bis zu 30 m hohe Flutwelle, die das gegenüberliegende Ufer unter sich begrub, nahezu die gesamte Minensiedlung zerstörte und (nach unterschiedlichen Schätzungen) 400–600 Menschen tötete.
  • 28. Juli 1987 – Morignone im Val Pola in der Provinz Sondrio/Italien (Veltlin): 40 Millionen m³
  • April und Mai 1991 – Randa/Schweiz: 30 Millionen m³.
  • 4. Januar 2010: Bergsturz des Flusses Hunza im Sonderterritorium Gilgit-Baltistan in Pakistan
  • Dezember 2011 und 23. August 2017: Bergstürze von Bondo mit rund 1 und 4 Millionen m³ Gesteinsvolumen. Letzterer Bergsturz führte über eine Mure zu großen Schäden im Dorf.

Felsstürze

Breitachklamm nach dem Felssturz von 1995
Kleinerer Felssturz am Eiger am 21. Juni 2006
  • 16. Juli 1669 – Felssturz von 1669 in der Stadt Salzburg/Österreich: Zwei Felsstürze vom Mönchsberg, der aus lockerem Nagelfluh besteht, kostete in der Gstättengasse 230 Menschen das Leben. Seitdem werken hier Bergputzer.
  • 30. August 1965 – Mattmark, Saas-Almagell, Wallis/Schweiz: Eissturz 500.000 m³, 88 Tote.
  • seit 1993 – Bischofsmütze im Land Salzburg: am 22. September 1993 stürzte ein mehr als 200 m hoher Pfeiler aus der Felswand in den Abgrund. Seither kommt es immer wieder zu kleineren Felsstürzen.
  • 23. September 1995 – Breitachklamm im Allgäu: Um 6:00 Uhr lösten sich etwa 50.000 m³ Fels und Geröll, wodurch 300.000 m³ Wasser bis zu einer Höhe von 30 m angestaut wurden. Am 23. März 1996 erfolgte um 11:30 Uhr der Durchbruch, der die Klamm total verwüstete.
  • 10. Juli 1999 – Schwaz in Tirol: Im Bergbaugebiet des Eiblschrofen stürzten etwa 150.000 m³ Gestein in den darunter liegenden Bergwald und bedrohten einen Ortsteil. 250 Einwohner mussten evakuiert werden und konnten erst nach mehreren Wochen und umfangreichen Sicherungsmaßnahmen wieder in ihre Häuser zurückkehren.
  • 14. Oktober 2000 – Gondo am Simplonpass, Wallis/Schweiz; Grenzort zu Italien: Bergmure mit ungeheurer Geschwindigkeit und einem Volumen von etlichen 10.000 m³, elf Tote und zwei Verschollene (kein eigentlicher Felssturz).
  • 13. Juli 2006 – Eiger: 500.000 m³ Gestein stürzten auf den Unteren Grindelwaldgletscher ab.
  • 30. Oktober 2006 – Dents du Midi: Vom Berg Dents du Midi im Val d’Illiez (Wallis/Schweiz) stürzten ca. 1 Million m³ Gestein ins Tal. Personen- und Sachschäden gab es keine. Als Grund für den Felssturz wurde der ungewöhnlich warme Sommer vermutet.
  • 12. Oktober 2007 – Sexten: Vom Einserkofel oberhalb des Fischleintals bei Sexten-Moos stürzten ca. 60.000 m³ Fels und Geröll ins Tal. Staub hüllte das Tal ein, Verletzte gab es nicht.
  • 24. Dezember 2017 – Vals (Tirol): 117.000 m³ Gestein verschüttete die Landesstraße, 3 Häuser wurden evakuiert, ein Notweg wurde gebaut.

Steinschmelze bei großen Bergstürzen

Köfelsit

Im Jahr 1895 wurde der Ötztaler Pfarrer Adolf Trientl, der auch Naturkundler war, darauf aufmerksam, dass Zimmerleute zum Holzschleifen heimischen Bimsstein verwendeten, dessen Herkunft der angefragte Innsbrucker Geologieprofessor Adolf Pichler auf die Tätigkeit eines örtlichen Vulkans zurückführte. Diese Theorie ließ sich aber ebenso wenig erhärten wie die Idee eines großen Meteoriteneinschlages. Der an Meteoriteneinschlägen besonders interessierte Mineraloge und Petrologe Ekkehard Preuss[13] aus Regensburg erforschte ab 1962 die Bimssteinfundstellen und die Oberflächenform des Bergsturzes genau und kam zu dem Schluss, dass die für die Theorie nötige Reihenfolge – erst Meteoriteneinschlag, dann Bergsturz – nicht stimmen könne.

Aufgeklärt wurde das Phänomen der Bimssteinvorkommen dann von Theodor H. Erismann, dem damaligen Direktor der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Versuchsanstalt in Dübendorf bei Zürich. Als vor ca. 8000 Jahren 3 km3 Gestein vom Köfels in das Ötztal rutschten, erreichten die Rutschmassen Geschwindigkeiten von 150 bis 200 km/h. Die Reibung im Bereich der Gleitfläche führte unter dem hohen Gewichtsdruck zu einer so großen Hitzeentwicklung, dass der Gneis schon nach 100 m Wegstrecke zu schmelzen begann. Am Köfels überschritten die Temperaturen 1700 °C. Während der Gneis schmolz, wurde der darin in geringen Mengen enthaltene Calcit durch die Hitze in Branntkalk und Kohlendioxid zerlegt. Das so entstandene Gaspolster und die Gesteinsschmelze bildeten ein ausgezeichnetes Gleitmittel für die ganze Masse. Der „Bimsstein“ aus dem Ötztal wird heute nach seinem Fundort Köfels als Köfelsit bezeichnet.

Ein ähnliches Szenario fand der bereits erwähnte Preuss 1973 nach Hinweisen früherer Himalaya-Expeditionen im nepalesischen Langtang-Tal vor, ca. 60 km nördlich der Hauptstadt Kathmandu und am Himalaya-Hauptkamm gelegen, wo vor ungefähr 40.000 Jahren im Bereich des heutigen Tsergo Ri 10–15 km3 Gestein abgerutscht waren. Eine so große Massenbewegung setzte gemäß einer Berechnung der Wissenschaftler genug Energie frei, um eine Masse von der Größe der Cheops-Pyramide in eine Erdumlaufbahn zu schießen. Es wird vermutet, dass das Massiv um Yala Peak und Tsergo Ri die Überreste eines durch den Bergsturz zusammengebrochenen 8000ers sind. Als wahrscheinlicher Auslöser wird ein starkes Erdbeben an der zentralen Hauptstörung (engl. Main Central Thrust) des Himalayas vermutet.[7]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Abele: Bergstürze in den Alpen ihre Verbreitung, Morphologie und Folgeerscheinungen (= Wissenschaftliche Alpenvereinshefte. Bd. 25, ISSN 0084-0912). Deutscher Alpenverein, München 1974, S. 21, (Zugleich: Karlsruhe, Universität, Habilitations-Schrift, 1972).
  2. Frank Ahnert, Geomorphologie 1996, zit. in Wissen.de/Bergsturz
  3. Zinalgletscher (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive) globezoom.info
  4. Roland Weisse: Glaziäre Kleinsenken des Potsdamer Gebiets. In: Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge. 14, Nr. 1, 2007 S. 54 (Volltext).
  5. Bergsturz. Eintrag auf wissen.de, abgerufen am 20. April 2013.
  6. Kurt Lemcke: Geologische Vorgänge in den Alpen ab Obereozän im Spiegel vor allem der deutschen Molasse. In: Geologische Rundschau. Bd. 73, Nr. 1, 1984, ISSN 0016-7835, S. 371–397, hier S. 386, doi:10.1007/BF01820376.
  7. 7,0 7,1 Johannes T. Weidinger: Die Erforschung der Tsergo Ri-Großmassenbewegung im Nepal Himalaya als Grundlage für rezente Gefahrenzonenkartierungen. In: Geoforum Umhausen. 2, 2001 S. 36–59 (Volltext).
  8. Nationalpark-Flyer, herausgegeben von der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden, Stand Juli 2015
  9. Dieter Groh, Michael Kempe, Franz Mauelshagen (Hrsg.): Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert (= Literatur und Anthropologie. Bd. 13). Narr, Tübingen 2003, ISBN 3-8233-5712-3.
  10. Tourenbericht „Zwischen Pamir und Wüste“
  11. Walter Steiner: Auf den Gletschern des Pamir. 2. Auflage. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1987, ISBN 3-325-00166-1, S. 87 f..
  12. Yungay Erdsturz (Memento vom 11. April 2008 im Internet Archive)
  13. Helmuth Ackermann: Festband – Ekkehard Preuss. In: Acta Albertina Ratisbonensia. 47, 1991 S. 7–16 (Volltext).
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