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Differential (Mathematik)

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Ein Differential (oder Differenzial) bezeichnet in der Analysis den linearen Anteil des Zuwachses einer Variablen oder einer Funktion. Historisch war der Begriff im 17. und 18. Jahrhundert der Kern der Entwicklung der Infinitesimalrechnung. Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Analysis durch Augustin Louis Cauchy und Karl Weierstraß auf der Grundlage des Grenzwertbegriffes mathematisch korrekt neu aufgebaut, und der Begriff des Differentials verlor für die elementare Differential- und Integralrechnung an Bedeutung.

Besteht eine funktionale Abhängigkeit mit einer differenzierbaren Funktion , dann lautet der grundlegende Zusammenhang zwischen dem Differential der abhängigen Variablen und dem Differential der unabhängigen Variablen

,

wobei die Ableitung von an der Stelle bezeichnet. Anstelle von schreibt man auch oder . Diese Beziehung lässt sich mit Hilfe partieller Ableitungen auf Funktionen mehrerer Variabler verallgemeinern und führt dann auf den Begriff des totalen Differentials.

Differentiale werden heute in verschiedenen Anwendungen in unterschiedlicher Bedeutung und auch mit unterschiedlicher mathematischer Strenge verwendet. Die in Standardschreibweisen wie für Integrale oder für Ableitungen auftretenden Differentiale werden heutzutage üblicherweise als bloßer Notationsbestandteil ohne eigenständige Bedeutung angesehen.

Eine rigorose Definition liefert die Differentialgeometrie, wo Differentiale als exakte 1-Formen interpretiert werden. Einen anders gearteten Zugang vermittelt die Nichtstandardanalysis, die den historischen Begriff der Infinitesimalzahl wieder aufgreift und im Sinne der modernen Mathematik präzisiert.

Das Differential als linearisierter Zuwachs

Ist eine reelle Funktion einer reellen Variablen, so bewirkt eine Änderung des Arguments um von auf eine Änderung des Funktionswertes von auf ; für den Zuwachs des Funktionswerts gilt also

.

Ist beispielsweise eine (affin) lineare Funktion, also etwa , so folgt . Das heißt, der Zuwachs des Funktionswerts ist in diesem einfachen Fall direkt proportional zum Zuwachs des Arguments und das Verhältnis entspricht gerade der konstanten Steigung von .

Das Differential als linearer Anteil des Zuwachses

Bei Funktionen, deren Steigung nicht konstant ist, ist die Situation komplizierter. Ist an der Stelle differenzierbar, dann ist die Steigung dort gegeben durch die Ableitung , wobei diese als Grenzwert des Differenzenquotienten definiert ist:

.

Betrachtet man nun für die Differenz zwischen dem Differenzenquotienten und der Ableitung

,

so folgt für den Zuwachs des Funktionswertes

.

In dieser Darstellung wird zerlegt in einen Anteil , der linear von abhängt, und einen Rest, der von höherer als linearer Ordnung verschwindet, in dem Sinne, dass gilt. Der lineare Anteil des Zuwachses, der deshalb für kleine Werte von im Allgemeinen einen guten Näherungswert für darstellt, wird Differential von genannt und mit bezeichnet.

Definition

Es sei eine Funktion mit Definitionsbereich . Ist an der Stelle differenzierbar und , dann heißt[1]

das Differential von an der Stelle zum Argumentzuwachs . Gilt , so schreibt man auch anstelle von .

Speziell für die identische Funktion , gilt also wegen die Gleichung und somit[2]

.

Analog lassen sich Differentiale höherer Ordnung definieren: Ist an der Stelle -mal differenzierbar () und , so heißt[3]

das Differential -ter Ordnung von an der Stelle zum Argumentzuwachs . In diesem Produkt bezeichnet die -te Ableitung von an der Stelle und die -te Potenz der Zahl .

Differentiale in der Integralrechnung

Um den Flächeninhalt eines Bereiches zu berechnen, der von dem Graphen einer Funktion , der -Achse und zwei dazu senkrechten Geraden und eingeschlossen wird, unterteilte man die Fläche in Rechtecke der Breite , die „unendlich schmal“ gemacht werden, und der Höhe . Ihr jeweiliger Flächeninhalt ist das „Produkt“

,

der gesamte Flächeninhalt also die Summe

wobei hier wieder eine endliche Größe ist, die einer Unterteilung des Intervalls entspricht. Siehe genauer: Mittelwertsatz der Integralrechnung. Es gibt im Intervall einen festen Wert dessen Funktionswert multipliziert mit der Summe der endlichen des Intervalls den Wert des Integrals dieser einen stetigen Funktion wiedergibt:

Das Gesamtintervall des Integrals muss nicht gleichmäßig unterteilt sein. Die Differentiale an den unterschiedlichen Unterteilungsstellen können verschieden groß gewählt sein, die Wahl der Unterteilung des Integrationsintervalls hängt oft von der Art des Integrationsproblems ab. Zusammen mit dem Funktionswert innerhalb des „differentiellen“ Intervalls (beziehungsweise des Maximal- und Minimalwerts darinnen entsprechend Ober- und Untersumme) bildet sich eine Flächengröße; man macht den Grenzwertübergang in dem Sinne, dass man die Unterteilung von immer feiner wählt. Das Integral ist eine Definition für eine Fläche mit Begrenzung durch ein Kurvenstück.

Als Beispiel kann die Fläche unter der Parabel im Intervall 0 bis 1 dienen, die man elementar mit dem gaußschen Summensatz löst.

Ordnung der Differentiale

Das Differential zweiter Ordnung (auch als und geschrieben) ist das aus einem Differential erneut gebildete Differential (nach der Definition ist das die Differenz der Differenz). Für dieses Differential gelten die unten angegebenen Rechenregeln.

Denkt man sich irgendwie gewählt, und zwar denselben Wert für verschiedene , also festgehalten, so wird eine Funktion von und man kann von ihr wieder ein Differential bilden [4](s. Abb.).

Für dieses Differential kann man formal schreiben. Wenn und derselbe Wert für verschiedene ist, ist diese Größe der lineare Anteil des Zuwachses , das heißt, es wird . Für höhere Ableitungen gilt dies entsprechend, z. B. .

Historisches

Gottfried Wilhelm Leibniz verwendet erstmals in einem Manuskript 1675 in der Abhandlung Analysis tetragonistica das Integralzeichen, er schreibt nicht sondern . Am 11. November 1675 verfasste Leibniz einen Aufsatz mit dem Titel „Beispiele zur umgekehrten Tangentenmethode“ und hier kommt neben zum ersten Mal vor, ebenso statt die Schreibweise .[5]

In der modernen Fassung dieses Zugangs zur Integralrechnung nach Bernhard Riemann ist das „Integral“ ein Grenzwert der Flächeninhalte endlich vieler Rechtecke endlicher Breite für immer feinere Unterteilungen des „-Bereichs“.

Deshalb ist das erste Symbol im Integral ein stilisiertes S für „Summe“. Leibniz schreibt 1675: „Utile erit scribi pro omnia“ (Es wird nützlich sein anstatt omnia zu schreiben). Omnia steht dabei für omnia l und wird in dem geometrisch orientierten Flächenberechnungsverfahren von Bonaventura Cavalieri verwendet. Die zugehörige gedruckte Veröffentlichung Leibniz’ ist De geometria recondita von 1686. Leibniz gab sich mit der Bezeichnungsweise Mühe, „um die Rechnung kalkülmäßig einfach und zwangsläufig zu machen.”[6]

Blaise Pascals Betrachtungen zum Viertelkreisbogen: Quarts de Cercle

Das charakteristische Dreieck

Als Leibniz als junger Mann 1673 in Paris war, empfing er eine entscheidende Anregung durch eine Betrachtung Pascals in dessen 1659 erschienener Schrift Traité des sinus des quarts de cercle (Abhandlung über den Sinus des Viertelkreises)[7]. Er sagt, er habe darin ein Licht gesehen, das der Autor nicht bemerkt habe. Es handelt sich um folgendes (in moderner Terminologie geschrieben, siehe Abbildung):

Um das statische Moment

des Viertelkreisbogens bezüglich der x-Achse zu bestimmen[8], schließt Pascal aus der Ähnlichkeit der Dreiecke mit den Seiten

und

dass ihr Seitenverhältniss gleich ist

und somit

so dass

[9]

gilt. Leibniz bemerkte nun - und dies war das „Licht“, das er sah - , dass dieses Verfahren nicht auf den Kreis beschränkt ist, sondern allgemein für jede (glatte) Kurve gilt, sofern der Kreisradius a durch die Länge der Kurvennormalen (die reziproke Krümmung, der Radius des Krümmungskreises) ersetzt wird. Das infinitesimale Dreieck

ist das charakteristische Dreieck (Es findet sich auch bei Isaac Barrow zur Tangentenbestimmung.[10]) Es ist bemerkenswert, dass die spätere Leibniz'sche Symbolik der Differentialrechnung (dx, dy, ds) gerade dem Standpunkt dieser „verbesserten Indivisibilienvorstellung“ entspricht.[11]

Ähnlichkeit

Alle Dreiecke aus einem Abschnitt der Tangente zusammen mit den zur jeweiligen x-und y-Achse parallelen Stücken und bilden mit dem Dreieck aus Krümmungskreisradius a, Subnormaler und Ordinate y ähnliche Dreiecke und behalten deren Verhältnisse entsprechend der Steigung der Tangente an den Krümmungskreis in diesem Punkt auch bei, wenn der Grenzwertübergang gemacht wird. Das Verhältnis von ist ja genau die Steigung von . Deshalb kann man für jeden Krümmungskreis an einem Punkt der Kurve dessen (charakteristische) Proportionen im Koordinatensystem auf die Differentiale dort übertragen, insbesondere wenn sie als infinitesimale Größen aufgefasst werden.[12]

Nova methodus 1684

Tafel XII
Erste inhaltliche Seite

Neue Methode der Maxima, Minima sowie der Tangenten, die sich weder an gebrochenen, noch an irrationalen Größen stößt, und eine eigentümliche darauf bezügliche Rechnungsart. (Leibniz (G. G. L.), Acta eruditorum 1684)

Leibniz erläutert hier sehr kurz auf vier Seiten seine Methode. Er wählt ein beliebiges unabhängiges festes Differential (hier dx, s. Abb. r. o.) und gibt die Rechenregeln, wie unten, für die Differentiale an, beschreibt, wie man sie bildet.

Danach gibt er die Kettenregel an:

"So kommt es, daß man zu jeder vorgelegten Gleichung ihre Differentialgleichung aufschreiben kann. Dies geschieht, indem man für jedes Glied (d. h. jeden Bestandteil, der durch bloße Addition oder Subtraktion zur Herstellung der Gleichung beiträgt) einfach das Differential des Gliedes einsetzt, für eine andere Größe jedoch (die nicht selbst ein Glied ist, sondern zur Bildung eines Gliedes beiträgt) ihr Differential anwendet, um das Differential des Gliedes selbst zu bilden, und zwar nicht ohne weiteres, sondern nach dem oben vorgeschriebenen Algorithmus." [13]

Das ist aus heutiger Sicht ungewohnt, weil er unabhängige und abhängige Differentiale gleich und einzeln, und nicht wie abschließend benötigt, den Differentialquotienten aus abhängiger und unabhängiger Größe betrachtet. Andersherum, wenn er eine Lösung angibt, ist die Bildung des Differentialquotienten möglich. Er behandelt die gesamte Bandbreite der rationalen Funktionen. Es folgen ein formales kompliziertes Beispiel, ein dioptrisches der Lichtbrechung (Minimum)[anm. 1], ein leicht lösbares geometrisches, mit verwickelten Abstandsverhältnissen[anm. 2], und eines, das den Logarithmus behandelt.

Weitere Zusammenhänge werden wissenschaftlich historisch bei ihm aus dem Zusammenhang mit früheren und späteren Arbeiten zu dem Thema betrachtet, die teils nur handschriftlich oder in Briefen und nicht veröffentlicht vorliegen. In Nova methodus 1684 steht zum Beispiel nicht, dass für das unabhängige dx gilt dx = const. und ddx=0. In weiteren Beiträgen behandelt er das Thema bis zu "Wurzeln" und Quadraturen von unendlichen Reihen.

Grafische Veranschaulichung des Beauneschen Problems

Das Verhältnis von Unendlichklein und bekanntes Differential (= Größe) beschreibt Leibniz:

"Es ist auch klar, daß unsere Methode die transzendenten Linien beherrscht, die sich nicht auf die algebraische Rechnung zurückführen lassen oder von keinem bestimmten Grade sind, und zwar gilt das ganz allgemein, ohne besondere, nicht immer zutreffende Voraussetzungen. Man muß nur ein für allemal festhalten, daß eine Tangente zu finden so viel ist wie eine Gerade zeichnen, die zwei Kurvenpunkte mit unendlich kleiner Entfernung verbindet, oder eine verlängerte Seite des unendlicheckigen Polygons, welches für uns mit der Kurve gleichbedeutend ist. Jene unendlich kleine Entfernung läßt sich aber immer durch irgend ein bekanntes Differential, wie dv oder durch eine Beziehung zu demselben ausdrücken, d. h. durch eine gewisse bekannte Tangente." [13]'

Für die transzendente Linie wird die Zykloide als Nachweis herangezogen.

Als Anhang erklärt er 1684 die Lösung eines Problems, das Florimond de Beaune Descartes stellte, und das er nicht löste. Das Problem sieht vor, dass eine Funktion (w, der Linie WW in Tafel XII) gefunden wird, deren Tangente (WC) die x-Achse immer so schneidet, dass der Abschnitt zwischen Schnittpunkt der Tangente mit der x Achse und dessen Abstand zur zugehörigen Abszisse x, dort wählt er dx immer gleich b, konstant, er nennt es hier a, ist. Diese Proportionalität vergleicht er mit der arithmetischen Reihe und der geometrischen und erhält als Abszisse die Logarithmen und als Ordinate die Numeri. "Es werden also die Ordinaten w" (Wertzunahme) "den dw" (Steigungszunahme)", ihren Inkrementen oder Differenzen, proportional, ..." Er gibt die Logarithmusfunktion als Lösung an: "... wenn die w die Numeri sind, so sind die x die Logarithmen.": w=a/b dw, oder w dx = a dw. Dies erfüllt

oder

Cauchys Differentialbegriff

In den 1980er Jahren fand in Deutschland eine Auseinandersetzung statt, inwieweit die Grundlegung der Analysis bei Cauchy logisch einwandfrei ist. Detlef Laugwitz versucht mit Hilfe einer historischen Lesart Cauchys, den Begriff unendlich kleiner Größen für seine -Zahlen fruchtbar zu machen, findet aber daraus resultierend bei Cauchy Unstimmigkeiten. Detlef Spalt korrigiert den (ersten!) historischen Lesansatz der cauchyschen Arbeiten und fordert die Verwendung von Begriffen aus Cauchys Zeit und nicht heutigen Begriffen zum Nachweis seiner Sätze und kommt zu dem Ergebnis, dass Cauchys Grundlegung der Analysis logisch einwandfrei ist, jedoch bleiben weiterhin die Fragen nach der Behandlung unendlich kleiner Größen offen.

Die Differentiale bei Cauchy sind endlich und konstant ( endlich). Der Wert der Konstanten ist nicht näher bestimmt.

ist bei Cauchy unendlich klein und veränderlich.

Die Beziehung zu ist , wobei endlich und infinitesimal (unendlich klein) ist.

Ihr geometrisches Verhältnis ist als

bestimmt. Dieses Verhältnis unendlich kleiner Größen, oder genauer die Grenze geometrischer Differenzenverhältnisse abhängiger Zahlgrößen, einen Quotienten, kann Cauchy auf endliche Größen übertragen.

Differentiale sind endliche Zahlgrößen, deren geometrische Verhältnisse streng gleich den Grenzen der geometrischen Verhältnisse sind, welche aus den unendlich kleinen Zuwächsen der vorgelegten unabhängigen Veränderlichen oder der Veränderlichen der Funktionen gebildet sind. Cauchy hält es für wichtig Differentiale als endliche Zahlgrößen zu betrachten.

Der Rechner bedient sich der Unendlich kleinen als Vermittelnden, welche ihn zu der Kenntnis der Beziehung führen müssen, die zwischen den endlichen Zahlgrößen bestehen; und nach Cauchys Meinung dürfen die Unendlich kleinen in den Schlussgleichungen, wo ihre Anwesenheit sinnlos, zwecklos und nutzlos bliebe, nie zugelassen werden. Außerdem: Wenn man die Differentiale als beständig sehr kleine Zahlgrößen betrachtete, dann gäbe man dadurch den Vorteil auf, der darin besteht, dass man unter den Differentialen von mehreren Veränderlichen das eine als Einheit nehmen kann. Denn um eine klare Vorstellung einer beliebigen Zahlgröße auszubilden, ist es wichtig, sie auf die Einheit ihrer Gattung zu beziehen. Es ist also wichtig, unter den Differentialen eine Einheit auszuwählen.

Insbesondere fällt für Cauchy die Schwierigkeit weg, höhere Differentiale zu definieren. Denn Cauchy setzt nachdem er die Rechenregeln der Differentiale durch Übergang zu den Grenzen erhalten hat. Und da das Differential einer Funktion der Veränderlichen eine andere Funktion dieser Veränderlichen ist, kann er mehrmals differenzieren und erhält in dieser Weise die Differentiale verschiedener Ordnungen.

[14]

Rechenregeln

Unabhängig von der verwendeten Definition gelten für Differentiale die folgenden Rechenregeln. Im Folgenden bezeichnen die unabhängige Variable, abhängige Variable bzw. Funktionen und eine beliebige reelle Konstante. Die Ableitung von nach wird geschrieben. Dann ergeben sich die nachfolgenden Rechenregeln aus der Beziehung

und den Ableitungsregeln.

Konstante und konstanter Faktor

  • und
    • Insbesondere für die Unabhängige wählt Leibniz die Einheit, indem er setzt[15]:

Addition und Subtraktion

  • und

Multiplikation

Division

Kettenregel

  • Ist abhängig von und von , also und , dann gilt
.

Beispiele

  • Für und gilt bzw. . Es folgt
.
  • Für und gilt und , also
.

Erweiterung und Varianten

Anstatt finden sich folgende Symbole, die Differentiale bezeichnen:

  • Mit (vom griechischen Delta abgeleitet, gesprochen: del) wird ein partielles Differential bezeichnet. Das Zeichen ist einem „runden“ Fraktur-d ähnlich.
  • Mit (dem griechischen kleinen Delta) wird eine virtuelle Verschiebung, die Variation eines Ortsvektors bezeichnet. Sie hängt also mit dem partiellen Differential nach den einzelnen Raumdimensionen des Ortsvektors zusammen.

Totales Differential

Eine Mischform verschiedener Differentiale und einer Summe anstatt eines Integralzeichens weist das totale Differential oder vollständige Differential auf:

Die partiellen Differentiale erhält man, indem man das zu betrachtende gleich Eins setzt, alle anderen gleich Null. Hat man beispielsweise n=2, so erhält man das partielle Differential nach , indem man setzt und . Ob sich aus den einzelnen partiellen Differentialen ein totales bilden lässt, bedarf immer einer gesonderten Klärung.

Virtuelle Verschiebung, Variationsableitung

Mathematisch gesprochen werden bei einer virtuellen Verschiebung die Ortskoordinaten des physikalischen Systems bei festgehaltener Zeit t variiert. Die Variation des Ortsvektors , also die virtuelle Verschiebung des betreffenden Systempunkts ist

.

Das Symbol wird also für die Variationsableitung benutzt.

Der Vektor wird als Funktion aufgefasst. Ebenso werden die einzelnen Ableitungen nach den Richtungen ermittelt, indem man wie oben ein gleich Eins setzt und alle anderen gleich Null.

Stochastische Analysis

In der stochastischen Analysis wird die Differentialschreibweise häufig angewendet, etwa zur Notation stochastischer Differentialgleichungen; sie ist dann stets als Kurzschreibweise für eine entsprechende Gleichung von Itō-Integralen aufzufassen. Ist beispielsweise ein stochastischer Prozess, der bezüglich eines Wiener-Prozesses Itō-integrierbar ist, dann wird die durch

gegebene Gleichung für einen Prozess in Differentialform als notiert. Die oben genannten Rechenregeln für Differentiale sind jedoch im Fall stochastischer Prozesse mit nichtverschwindender quadratischer Variation gemäß dem Lemma von Itō zu modifizieren.

Beispiel: Mathematische Physik

Als Beispiel diene ein wichtiger erster Schritt der mathematischen (oder theoretischen) Physik. Diese arbeitet als Integrationstheorie mit Differentialen.

Es gelte das zweite newtonsche Axiom.

Die Masse ist nicht von t abhängig, die Bewegung findet nur auf der x-Achse statt.

Die Kraft ist als lineares Kraftfeld gegeben und wird als Funktion des Ortes betrachtet.

man erweitert mit (dx/dt) dt = dx:

Wir wenden die Produktregel auf das an, was oben links mit m multipliziert steht.

Oben eingesetzt ergibt es:

Links steht nach dieser Umformung ein vollständiges Differential!

Dann wird links über t integriert, rechts über x (den Weg):

[16]

Links hebt das Integral das Differential des Geschwindigkeitsquadrats auf.

[16]

Die kinetische Energie links ist nur bei verschiedenen Geschwindigkeiten ungleich Null, was rechts der Definition der Arbeit dient:

Die negative Arbeit A ist die potentielle Energie V, die Hubarbeit. Das Potential tritt in funktional unterschiedlicher Abhängigkeit auf, je nachdem wie das Kraftgesetz lautet. In dieser Definition kommt eine additive Konstante vor, die auch der Gesamtenergie zugeschlagen wird. (Bsp.: Heben in Erdnähe mit mgh auf 0 Meter Höhe oder auf 100 Meter)

Die Integration nach der Zeit, wenn F als Funktion von t gegeben ist, ergibt eine Definition des Impulses und seiner Änderung, sowie die Weggleichung, die kinematisch ist, da sich die Masse herauskürzt.

Anmerkungen

  1. Grafik Tafel XII, links Mitte
  2. Grafik Tafel XII unten links

Siehe auch

Quellen

  1. Herbert Dallmann, Karl-Heinz Elster: Einführung in die höhere Mathematik. Band 1. 3. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00409-0, S. 370.
  2. Herbert Dallmann, Karl-Heinz Elster: Einführung in die höhere Mathematik. Band 1. 3. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00409-0, S. 371.
  3. Herbert Dallmann, Karl-Heinz Elster: Einführung in die höhere Mathematik. Band 1. 3. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00409-0, S. 381.
  4. Courant Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung, Springer, 1971
  5. Anmerkungen Kowalewskis zu Über die Analysis des Unendlichen von Leibniz.
  6. K. Popp, E. Stein, Gottfried Wilhelm Leibniz. Philosoph, Mathematiker, Physiker, Techniker. Schlütersche, Hannover 2000, ISBN 3-87706-609-7 S. 50
  7. franz. Text, Fig. 29 ist am Ende des Buchs
  8. Bei konstanter Dichte deckt sich die Teilmasse mit dem Bogen an dieser Stelle und entsprechend.
  9. ist die Grenze für die Unabhängige s, a die entsprechend umgerechnete für den „Parameter“ x. Man sieht auch anschaulich in der Abbildung, dass man mit dem Viertelbogen eine Radiuslänge auf der x-Achse durchläuft und umgekehrt.
  10. Barrow. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Bd. 2, Altenburg 1857, S. 349–350 (Online bei zeno.org).
  11. Oskar Becker, Grundlagen der Mathematik, suhrkamp
  12. Reinhard Finster, Gerd van der Heuvel, Gottfried Wilhelm Leibniz, Monographie, Rowohlt
  13. 13,0 13,1 Über die Analysis des Unendlichen dt. v. G. Kowalewski, Ostwalds Klassiker der exakten Naturwissenschaften, S. 7
  14. Detlef Spalt: Die Vernunft im Cauchy-Mythos. Verlag Harri Deutsch, ISBN 3-8171-1480-X (zu modernen Begriffsproblemen, und ob Cauchy es nun verstanden hat oder nicht, und einiges andere, unter anderem virtuelle Diskussionen mit verstorbenen Mathematikern Abel etc.)
  15. Henk Bos: Differentials, Higher-Order Differentials and the Derivative in the Leibnizian Calculus. Archive for History of Exact Sciences 14, 1–90.
  16. 16,0 16,1 Joos, Lehrbuch der theoretischen Physik

Literatur

  • Gottfried Leibniz, Sir Isaac Newton: Über die Analysis des Unendlichen – Abhandlung über die Quadratur der Kurven. Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Band 162, Verlag Harri Deutsch, ISBN 3-8171-3162-3
  • Oskar Becker: Grundlagen der Mathematik. Suhrkamp Verlag, ISBN 3-518-07714-7
  • Detlef Spalt: Die Vernunft im Cauchy-Mythos. Verlag Harri Deutsch, ISBN 3-8171-1480-X (Spalt problematisiert die Übernahme moderner Begriffe auf frühere Analysis, stellt fest, dass Cauchys Aufbau der Analysis logisch einwandfrei ist, thematisiert benachbarte Begriffe und lässt Cauchy virtuelle Diskussionen mit wesentlich jüngeren Mathematikern führen über deren begriffliche Genauigkeit, z. B. Abel etc.)
  • K. Popp, E. Stein (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz, Philosoph, Mathematiker, Physiker, Techniker. Schlütersche GmbH & Co. KG, Verlag und Druckerei, Hannover 2000, ISBN 3-87706-609-7
  • Bos, Henk, Differentials, Higher-Order Differentials and the Derivative in the Leibnizian Calculus, Archive for History of Exact Sciences 14, 1974, 1–90. Heftig diskutierte Veröffentlichung aus den 1970ern, um Kontinuum und Unendlichkeit.
  • Courant Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung, Springer, 1971
  • Joos/Kaluza Höhere Mathematik für den Praktiker in älteren Auflagen so z. B. 1942, Johann Ambriosius Barth.
  • Duden Rechnen und Mathematik, Dudenverlag 1989
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