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Brasilianische Wanderspinne

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Brasilianische Wanderspinne
Brasilianische Wanderspinne (Phoneutria nigriventer), Weibchen

Brasilianische Wanderspinne (Phoneutria nigriventer), Weibchen

Systematik
Ordnung: Webspinnen (Araneae)
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Teilordnung: Entelegynae
Familie: Kammspinnen (Ctenidae)
Gattung: Phoneutria
Art: Brasilianische Wanderspinne
Wissenschaftlicher Name
Phoneutria nigriventer
(Keyserling, 1891)

Die Brasilianische Wanderspinne (Phoneutria nigriventer), auch zusammen mit anderen Spinnen der Familie schlicht als Wanderspinne oder wie andere Vertreter der Gattung als Bananenspinne bezeichnet, ist eine Webspinne aus der Familie der Kammspinnen (Ctenidae). Die Art erlangt durch die von ihr ausgehende Gefahr (siehe Abschnitt „Toxizität und Bissunfälle“) eine große Bekanntheit.

Merkmale

Männchen

Das kräftigere Weibchen der Brasilianischen Wanderspinne erreicht eine Körperlänge von 30 bis 50 mm, das schmaler gebaute Männchen 30 bis 40 mm. Die Spannweite der Beine beider Geschlechter, die die Art äußerst agil und schnell werden lassen, kann 130 bis 150 mm betragen, wobei die Beine der Weibchen ebenfalls kräftiger gebaut sind. Diese Maße lassen die Brasilianische Wanderspinne zu den größten Vertretern der Kammspinnen zählen, deren typischen Körperbau die Spinne weitestgehend entspricht. Die Grundfarbe, die je nach Gebiet variieren kann, besteht im Regelfall aus einem braunen Farbton. Wie viele Kammspinnen verfügt auch die Brasilianische Wanderspinne über eine kontrastreiche Zeichnung, diese besteht u. a. aus fünf Paaren ineinander verschmelzender, hellbrauner und kleeblattförmiger Flecken auf dem Abdomen und einem schwarzen, vertikal verlaufenden Streifen auf dem Prosoma. Zwei weitere schwarze Linien zieren den Kopf der Spinne. Die Beine und Pedipalpen besitzen die gleiche Grundfarbe und verfügen zusätzlich über schwarze Ringe, die während der Drohgebärde gezeigt werden. Die Färbung der Cheliceren ist rot und dient ebenfalls als Signalfarbe. Auch ist die Unterseite der Jungspinnen rot gefärbt. Wie alle Kammspinnen verfügt die Brasilianische Wanderspinne über gut ausgebildete Augen sowie Sinneshaare, die vor allem für das Navigieren, das Finden eines Unterschlupfes und zum Finden von Beutetieren verwendet werden.[1]

Vorkommen

Die Brasilianische Wanderspinne kommt natürlich im nördlichen Teil Argentiniens, in Uruguay, Paraguay sowie in Zentral- und Südbrasilien vor. Ihr Habitat bilden vorwiegend die Regenwälder ihres Verbreitungsgebietes.[1]

Lebensweise

Frontalansicht eines Weibchens

Die Brasilianische Wanderspinne ist wie alle Kammspinnen überwiegend nachtaktiv und versteckt sich tagsüber oft unter Blättern, Holz oder in verlassenen Termitenhügeln in Bodennähe. Netze zum Unterschlupf oder Fangen von Beute werden nicht errichtet. Während der Jagd kommen die Augen und der Vibrationssinn zum Einsatz. Hat die Brasilianische Wanderspinne ein Beutetier geortet, schnellt sie auf dieses zu, hält es mit den Beinen fest und injiziert ihr Gift. Größere Beutetiere werden eingesponnen. Das Beutespektrum der Brasilianischen Wanderspinne umfasst andere Arthropoden und kleine Wirbeltiere wie kleinere Amphibien und Reptilien, gelegentlich auch kleinere Nagetiere.[2] Das äußerst wirksame Gift der Spinne wird auch zur Verteidigung eingesetzt. Zuvor nimmt die leicht reizbare Spinne eine charakteristische Drohstellung ein, bei der sie sich sowie das erste Beinpaar und die Pedipalpen aufrichtet und die Cheliceren zeigt. Ein Biss kann folgen, sollte die Spinne weiterhin provoziert werden.[1][3]

Fortpflanzung

Die Paarungszeit verläuft in den Monaten April und Mai. Hat ein geschlechtsreifes Männchen ein Weibchen aufgefunden, so beginnt es mit einem Balzverhalten, bei dem es zuerst mit den Pedipalpen trommelt, bevor es diesen Prozess verlangsamt und anschließend zu einer weiteren Bewegung übergeht, bei der das Abdomen gehoben und gesenkt wird. Danach nähern sich Männchen und Weibchen, sofern letzteres paarungswillig ist, langsam einander an. Das Männchen besteigt das Weibchen von oben und führt anschließend seine Bulbi abwechselnd in die Epigyne des Weibchens ein. Das Männchen verlässt das Weibchen anschließend. Nach etwa zwei Wochen baut das Weibchen seien ersten Eikokon, der über 3.000 Eier enthalten kann und bewacht diesen, bis die Jungspinnen schlüpfen. Auch die geschlüpften Jungtiere werden anschließend einige Zeit bewacht, ehe diese selbstständig werden und das Nest verlassen. Bis zu vier Kokons kann ein befruchtetes Weibchen herstellen. Die Jungspinnen benötigen bis zum Adultstadium drei Jahre, in denen sie sich mehrmals häuten. Die Anzahl der Häutungen hängt von der Temperatur und vom Nahrungsangebot ab. Im ersten Jahr häuten sich die Jungspinnen fünf bis zehn mal, im darauf folgenden drei bis sieben mal. Die Anzahl der Häutungen im dritten Jahr beträgt lediglich zwei oder drei. Mit der letzten Häutung geht die Geschlechtsreife einher. Die gesamte Lebensdauer der Brasilianischen Wanderspinne kann bis zu sechs Jahre betragen.[1][3]

Toxizität und Bissunfälle

Weibliche Brasilianische Wanderspinne auf dem Arm

Die Brasilianische Wanderspinne gilt zusammen mit der Art Phoneutria fera als die giftigste Art der Gattung und gemeinsam mit dieser als die wohl giftigste Spinne überhaupt. Ihr Gift macht die Art zu einer der wenigen, deren Wirkung auch für einen gesunden erwachsenen Menschen lebensgefährliche Folgen haben kann. Das Gift der Brasilianischen Wanderspinne enthält neben einigen Enzymen unter anderem neurotoxische Peptide und Proteine, die die Ionenkanäle und Rezeptoren des neuromuskulären Systems sowohl von Wirbeltieren als auch von Wirbellosen beeinflussen können. Es sind im Giftsekret vermutlich bis zu 150 Verbindungen enthalten, von denen bislang 54 dokumentiert wurden. Ferner sind cysteinhaltige arteigene Toxine, sogenannte "PnTxs" (Phoneutria nigriventer toxins), enthalten. Mehrere Proteine mit hohem Molekulargewicht werden vermutet, von denen bislang nur wenige beschrieben wurden. Diese Eigenschaften machen das Gift deutlich wirkungsvoller als etwa die Gifte anderer gefährlicher Spinnen, wie der Sydney-Trichternetzspinne (Atrax robustus) oder der Südlichen Schwarzen Witwe (Latrodectus mactans).

Ein Biss der Brasilianischen Wanderspinne kann mit verschiedenen Symptomen einhergehen. Als erstes tritt ein großer lokaler Schmerz an der Bissstelle ein. Ebenso können Ödeme, Erythem, Hyperhidrose, Parästhesien und Muskelfaszikulationen an der Bissstelle auftreten. Tachykardie, Bluthochdruck, Priapismus, Erbrechen und Sialorrhoe können Anzeichen für akutere durch das Gift hervorgerufene Körperschäden (systemische Effekte) sein. Weitere starke Symptome, die besonders bei Kindern auftreten, sind Erbrechen, Priapismus, Durchfall, Bradykardie, Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, akutes Lungenödem und Schockzustände. Unbehandelt kann das Gift der Brasilianischen Wanderspinne zum Tod führen.

Die hohe Gefahr der Brasilianischen Wanderspinne geht nicht nur von der hohen Aggressivität sowie Agilität aus, sondern auch von der hohen Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens zwischen Mensch und Spinne, da sich die Brasilianische Wanderspinne etwa im Gegensatz zur überwiegend abseits lebenden Phoneutria fera auch gerne in Siedlungsbereichen aufhält. Dabei suchen die Spinnen auch das Innere von menschlichen Behausungen auf, wo sie durch ihre tagsüber versteckte Lebensweise Unterschlüpfe wie Bekleidungen oder Haushaltsutensilien aufsuchen und dort unbemerkt bleiben können. Ein Biss kann bei Benutzung oder Anhebung der Gegenstände und einer ungeahnten Näherung der Spinnen erfolgen, welche diese dazu veranlassen können, sich mit einem Biss zur Wehr zu setzen. Besonders während der Paarungszeit kommt es zu Bissen durch männliche Tiere, da diese bei der Suche nach Weibchen gehäuft in Häuser gelangen. Die Spinnen injizieren allerdings nicht bei jedem Biss Gift, sodass solche sog. Trockenbisse abgesehen von den durch die eingedrungenen Cheliceren ausgelösten Schmerzen und eventuellen Infektionen keine weiteren Symptome hervorrufen.[4]

Das im Gift enthaltene Neurotoxin Phα1β kann eventuell einen medizinischen Nutzen als Schmerzstiller von durch Krebs ausgelöste Schmerzen bieten. Im Tierversuch (Maus) wurden analgetische Effekte festgestellt (auch im Falle einer Morphintoleranz).[5]

Die Gefährlichkeit der Brasilianischen Wanderspinne für den Menschen ist allerdings weitaus geringer als oft befürchtet und auch die weitaus verbreitete Annahme, dass die Art mittels Bananentransport gelegentlich nach Deutschland gelangt, ist in den meisten Fällen ebenfalls nicht zutreffend. Auch die Todesfälle haben stark abgenommen, da ein mittlerweile verfügbares Gegengift die meisten Todesfälle heutzutage verhindert. In der Zeit zwischen 1926 und 1996 sind 14 Todesfälle überliefert worden, die der Brasilianischen Wanderspinne zugerechnet wurden.[1] Ferner exportiert von den Ländern innerhalb des Verbreitungsgebiets der Art lediglich Brasilien Bananen in die Europäische Union und lediglich 0,8 % der Bananen auf deutschen Märkten stammen aus Brasilien, was die Wahrscheinlichkeit der oft befürchteten Einfuhr mit Bananen ohnehin senkt. Darüber hinaus handelt es sich bei den gefundenen Spinnen zumeist um heimische Spinnenarten, die während des Transports zwischen die Früchte gelangten, oder um andere Spinnen, etwa andere Arten der Gattung Phoneutria oder ähnliche Vertreter der Kammspinnen, beispielsweise um die Große Wanderspinne (Cupiennius salei).[6]

Systematik

Die Taxonomie der Brasilianischen Wanderspinne wurde seit ihrer Erstbeschreibung mehrfach geändert. Ihr Erstbeschreiber Eugen von Keyserling ordnete die Art in die Gattung Ctenus ein und gab ihr den Namen Ctenus nigriventer. Der brasilianische Zoologe Cândido Firmino de Mello-Leitão ordnete die Spinne mehrfach neu ein. So gab er ihr 1917 den Namen Ctenus rufichelis, ehe er sie 1922 als C. paca und 1927 als P. luederwaldti beschrieb. Einige Zeit danach ordnete Mello-Leitão die Spinne in die Gattung Phoneutria ein und sie erhielt erstmals ihren heutigen wissenschaftlichen Namen. Im gleichen Jahr wurden die Art allerdings von Mello-Leitão als P. luederwaldti und danach als P. paca umbenannt. Wolfgang Bücherl verlieh der Art den Namen Phoneutria fera, ehe dieser an die gleichnamige Schwesterart ging. Die argentinischen Arachnologen Rita Delia Schiapelli und Berta S. Gerschman de Pikelin änderten 1966 die Bezeichnung der Spinne wieder auf die heutige gebräuchliche zurück. Gleich drei Jahre danach änderten Bücherl, Lucas und V.R.D von Eickstedt die Bezeichnung der Art erneut in Phoneutria luederwaldti, P. paca und P. rufichelis um. Lucas und Eickstedt benannten die Brasilianische Wanderspinne ein letztes Mal in ihre bis heute existierende wissenschaftliche Bezeichnung Phoneutria nigriventer um.[7]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Beschreibung und Haltungsbericht der Brasilianischen Wanderspinne auf www.minaxtarantulas.se (Link)
  2. Beschreibung der Brasilianischen Wanderspinne auf animalcorner.co.uk (Link)
  3. 3,0 3,1 Beschreibung der Gattung Phoneutria auf https://edis.ifas.ufl.edu/in1207 (Link)
  4. Analyse zur Giftigkeit der Brasilianischen Wanderspinne auf www.ncbi.nlm.nih.gov (Link)
  5. Beschreibung des Einsatzes des Neurotoxins Phα1β als Versuchsexperiment für Schmerzlinderung an Labormäusen auf www.docphin.de (Link)
  6. Bericht von Biologin Claudia Wesseloh über die Gefährlichkeit der Brasilianischen Wanderspinne und dem Mittransport an Bananenstauden auf www.smnk.de (Link)
  7. Die Brasilianische Spinne im World Spider Catalog (Link)

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Brasilianische Wanderspinne aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.