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Jörg Fauser

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Jörg Christian Fauser (geb. 16. Juli 1944 in Bad Schwalbach, Taunus; gest. 17. Juli 1987 zwischen Feldkirchen und München-Riem) war ein deutscher Schriftsteller und Journalist.

Fauser war in seinen frühen Jahren ein Underground-Autor, der stark von der amerikanischen Beat-Literatur beeinflusst war und in seinen Texten eigene Drogenerfahrungen verarbeitete. Unter dem Einfluss der amerikanischen Hard-boiled-Autoren Dashiell Hammett und Raymond Chandler wandelten sich in den 1980er-Jahren zwar seine Sujets, die in der zeitgenössischen Literaturkritik oft vorgenommene Etikettierung Fausers als Autor von Kriminalromanen aus der bundesrepublikanischen Wirklichkeit wird seinem literarischen Gewicht jedoch keineswegs gerecht. Exemplarisch für das Fauser von der etablierten Literaturkritik oft entgegengebrachte Unverständnis ist seine vernichtende Beurteilung durch Marcel Reich-Ranicki beim Lese-Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis von 1984.[1] Heute gilt Fauser im Kreis der Underground-Literatur als der große Wegbereiter des Genres in Deutschland.[2] Fausers letzter Roman Die Tournee blieb unvollendet und erschien erst im September 2007.

Leben

Fauser wurde als Sohn des Künstlers Arthur Fauser und der Schauspielerin Maria Razum geboren. Bereits um 1960 begann er journalistische Arbeiten zu verfassen. Nach seinem Abitur in Frankfurt am Main im Jahr 1965 studierte er an der dortigen Johann Wolfgang Goethe-Universität Ethnologie und Anglistik. Dieses Studium brach er 1966 ab. Während des anschließenden Zivildienstes in Heidelberg geriet er in Abhängigkeit von harten Drogen, von denen er sich erst 1972 zu lösen vermochte. Er verbrachte 1967/68 ein Jahr im Istanbuler Drogenviertel Tophane.

Um 1971 hatte er Kontakt zur Hausbesetzerszene in Frankfurt-Westend, u.a. zur Gruppe von Joschka Fischer. Zur 68er-Bewegung, deren Protagonisten zur selben Generation gehörten, hielt Fauser jedoch stets eine kritische Distanz, was sich auch in seinen Werken zeigt.[2]

Von 1968 bis 1974 lebte Jörg Fauser in Berlin, Frankfurt und Göttingen; er arbeitete an verschiedenen literarischen Zeitschriften mit, unter anderem bei den Alternativzeitschriften Gasolin 23, Ufo und Ulcus Molle Info. Über seine Reisen, die ihn u.a. 1975 nach Marokko und 1976 in die Vereinigten Staaten führten, berichtete er in Reportagen für die Basler Nationalzeitung. In den 1970er-Jahren veröffentlichte er mehrere Gedichtbände und begann die Zusammenarbeit als Texter mit dem Rockmusiker Achim Reichel. Ein großer Populär-Erfolg gelang Fauser/Reichel mit der Single Der Spieler aus dem Konzeptalbum Blues in Blond, durch die ein Fauser-Text sogar in die ZDF-Hitparade gelangte.

In den 1980er-Jahren zog Fauser nach Berlin, verfasste drei erfolgreiche Romane und war als Journalist für den Berliner tip und die Zeitschriften Lui und TransAtlantik tätig. Am 9. Juli 1985 heiratete er Gabriele Oßwald und zog mit ihr nach München. Er starb am 17. Juli 1987 unter ungeklärten Umständen in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag, als er als Fußgänger auf der A 94 bei München von einem Lkw erfasst wurde.

Postum erhielt er auf der Criminale 1988 den Friedrich Glauser-Preis verliehen. Der Filmemacher Christoph Rüter stellte im Jahr 2006 einen Dokumentarfilm über Fauser mit dem Titel Rohstoff – Der Schriftsteller Jörg Fauser zusammen. Erstausstrahlung war am 17. Juli 2006 auf 3sat.[3]

Michael Köhlmeiers Klagenfurter Rede

Anlässlich seiner Rede zum Ingeborg-Bachmann-Preis am 3. Juli 2013 äußerte Michael Köhlmeier die Vermutung, dass Jörg Fausers Tod kein Unfall gewesen sei und mit dessen Recherchen über Verbindungen zwischen dem Drogenmilieu und der deutschen Politik zu tun gehabt hätte. Außerdem griff er die damaligen Juroren des Ingeborg-Bachmann-Preises an, namentlich allen voran Marcel Reich-Ranicki, Walter Jens, Gertrud Fussenegger und Peter Härtling, deren Angriffe nicht Fausers Werk galten, sondern seiner Person. Jörg Fauser sei damals die deutsche Literaturkritik in ihrer "hinterhältigsten und erbärmlichsten Gestalt" begegnet, er wäre verrissen worden, egal was er gelesen hätte. Die Gehässigkeiten von Marcel Reich-Ranicki und Konsorten hätten Fauser nicht unberührt gelassen, er sei vielmehr tief verletzt worden.

Veröffentlichungen

Bücher

  • Aqualunge, Göttingen 1971
  • Tophane, Gersthofen 1972
    • Neuauflage in einer grafisch aufwendig gestalteten und limitierten Auflage, molokoplus Verlag, 2011, ISBN 978-3-943603-00-2.
  • Die Harry-Gelb-Story, Gersthofen 1973
  • Open end, München 1977
  • Marlon Brando – der versilberte Rebell, München 1978
  • Der Strand der Städte, Berlin 1978
  • Alles wird gut, München 1979
  • Requiem für einen Goldfisch, Basel 1979
  • Trotzki, Goethe und das Glück, München 1979
  • Der Schneemann, München 1981
  • Mann und Maus, München 1982
  • Blues für Blondinen, Frankfurt/M. [u. a.] 1984
  • Rohstoff, Frankfurt/M. 1984
  • Das Schlangenmaul, Frankfurt/M. [u. a.] 1985
  • Kant, München 1987
  • Jörg-Fauser-Edition, Hamburg [u. a.]
    • Band 1. Romane I, 1990
    • Band 2. Romane II, 1990
    • Band 3. Erzählungen I, 1990
    • Band 4. Erzählungen II, 1990
    • Band 5. Gedichte, 1990
    • Band 6. Essays, Reportagen, Kolumnen I, 1990
    • Band 7. Essays, Reportagen, Kolumnen II, 1990
    • Band 8. Marlon-Brando-Biographie, 1990
    • Beiheft. Informationen und Bilder, 1990
    • Ergänzungsband Das leise lächelnde Nein und andere Texte, 1994
  • Blues in Blond, Hamburg 1992 (mit Achim Reichel und Elfi Küster)
  • „Ich habe eine Mordswut“, Frankfurt/M. 1993
  • Lese-Stoff, Frankfurt/M. 2003 [4]
  • Die neue Jörg-Fauser-Edition. Berlin, 2004–2009.
    • Band I: Marlon-Brando. Der versilberte Rebell. Biographischer Essay. Mit einem Nachwort von Michael Althen und einem Gespräch mit der ehemaligen Verlegerin Monika Nüchtern. Berlin 2004.
    • Band II: Rohstoff. Roman. Mit einem Nachwort von Benjamin von Stuckrad-Barre und einem Gespräch mit der Lektorin Hanna Siehr. Berlin 2004.
    • Band III: Der Schneemann. Roman. Mit einem Nachwort von Feridun Zaimoglu und einem Gespräch mit dem ehemaligen Verleger Thomas Landshoff. Berlin 2004.
    • Band IV: Trotzki, Goethe und das Glück. Gesammelte Gedichte und Songtexte. Mit einem Nachwort von Franz Dobler und Gesprächen mit den Musikern Achim Reichel und Veronika Fischer. Berlin 2005.
    • Band V: Alles wird gut. Gesammelte Erzählungen 1. Mit einem Vorwort von Helmut Krausser und einem Nachwort von Jürgen Ploog. Berlin 2005.
    • Band VI: Mann und Maus. Gesammelte Erzählungen 2. Anstelle eines Nachworts: Der Tequila kommt heute gut - Eine Zechtour mit Jörg Fauser von Martin Compart, Berlin 2006.
    • Band VII: Das Schlangenmaul. Roman. Mit einem Nachwort von Martin Compart, Berlin 2006.
    • Band VIII: Der Strand der Städte – Gesammelte Journalistische Arbeiten 1959–1987. Essays, Reportagen, Kolumnen. Mit einem Vorwort von Matthias Penzel. Berlin 2009.
    • Band IX: Die Tournee. Romanfragment. Berlin 2007.[5]

Filmografie

  • 1976: C'est la vie Rrose. Regie: Hans-Christof Stenzel, Drehbuch: Jörg Fauser (mit Y Sa Lo)
  • 1984: Der Schneemann. Regie: Peter F. Bringmann (mit Marius Müller-Westernhagen und Polly Eltes)
  • 1998: Das Frankfurter Kreuz. Regie: Romuald Karmakar (mit Michael Degen und Manfred Zapatka)

Diskografie

  • 1980: Ungeschminkt. LP von Achim Reichel, drei Texte von Fauser
  • 1981: Blues in Blond. LP von Achim Reichel, alle Texte von Fauser
  • 1983: Nachtexpress. LP von Achim Reichel, sechs Texte von Fauser
  • 1984: Sehnsucht nach Wärme. LP von Veronika Fischer, ein Text von Fauser
  • 1987: Eine Ewigkeit unterwegs. LP von Achim Reichel, sieben Texte von Fauser
  • 1987: Spiegelbilder. LP von Veronika Fischer, ein Text von Fauser
  • 1984: Veronika Fischer. LP von Veronika Fischer, drei Texte von Fauser
  • 1997: Fauser O-Ton. Doppel-CD mit vornehmlich von Fauser gelesenen Texten, Hrsg.: Christian Lyra
  • 2004: Rohstoff. 2-CD-Audiobook, gelesen von Benjamin von Stuckrad-Barre
  • 2005: Cut City Blues. Franz Dobler liest Gedichte Fausers
  • 2005: Fausertracks. Mash-up mit Fausers Stimme zu Musik von lebenDigital
  • 2007: Der Schneemann. 6-CD-Audiobook, gelesen von Heikko Deutschmann

Übersetzungen

Literatur

  • Matthias Penzel, Ambros Waibel: Rebell im Cola-Hinterland. Biografie. Berlin 2004, ISBN 3-89320-076-2.

Film

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Video vom Ende des Vortrags Fausers und Beurteilung durch Reich-Ranicki. www.youtube.com. Abgerufen am 4. August 2010.
  2. 2,0 2,1 Johannes Ullmaier: Von ACID nach ADLON. Eine Reise durch die deutschsprachige Popliteratur. Ventil-Verlag, Mainz 2001, S. 77–78.
  3. Gerrit Bartels: Rohstoff Leben auf taz.de
  4. Trivial ist besser. Rezension zu Lesestoff von Andreas Hartmann in der „taz“ vom 10. Januar 2004, abgerufen am 16. Juli 2012.
  5. „Diven, Dealer, Drahtseiltänzer.“ Rezension zu Die Tournee von Christian Büß, auf Spiegel Online, 22. September 2007, abgerufen am 16. Juli 2012.
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