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Wohn- und Geschäftshaus Ludwig Marx

Aus Jewiki
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Haus Ludwig Marx, Frankfurter Straße 18 u. 18/1
Grabstein in Roermond, Eheleute Marx
Blechdosen, Marx
Unterschrift Ludwig Marx

Das Wohn- und Geschäftshaus Ludwig Marx (auch Wohn- und Geschäftshaus Louis Marx) in der Frankfurter Straße 18 in Heilbronn befand sich am Kaiser-Friedrich-Platz und dessen Schaufassade war zum Platz orientiert. Dort ist heute eine Baulücke, die auch das erste Rückgebäude 18/1 umfasst. Das Gebäude wurde 1906 für den 1943 in Sobibor ermordeten, jüdischen Kaufmann Ludwig Marx erbaut. Der Einkaufswert des Hauses betrug 75.000 Reichsmark, musste aber während der so genannten Arisierung im 3. Reich für 55.000 Reichsmark verkauft werden.[1] 1948 erfolgte ein Rückerstattungsverfahren für das Anwesen Frankfurter Straße 18 und 18a (Vorb.: Louis Marx), das 1966 durch Vergleich abgeschlossen wurde.

Beschreibung

Lage und Umgebung

Das Haus Ludwig Marx befindet sich rechts unten
Via regis Königsweg Frankfurter Straße (rot)

Der repräsentative Bau am Kaiser-Friedrich-Platz bzw. Frankfurter Straße lag an einem wichtigen Platz und an einer wichtigen Hauptverkehrsachse der Stadt. Der nach Kaiser Friedrich benannte Platz war mit dem Heilbronner Kaiser-Friedrich-Denkmal geschmückt und stark frequentiert.


Die Frankfurter Straße beruht auf einem uralten Straßenzug ("Via Regis"), der in gerader Linie auf das Tor des Deutschhofes führte, wo auch das Tor der Bopponischen Grafenburg und des fränkischen Königshofes vermutet wird.[2] Die Frankfurter Straße war Teil eines alten fränkischen Königsweg, der als „Alte Hällische Straße“ bezeichnet wurde und nach Schwäbisch Hall führte.[3]


Geschichte

Vorher hatte das Anwesen an der Frankfurter Straße 18 die Adresse Frankfurter Straße Nr. 1037 getragen. Bei der Häuserzählung 1855 erhielt es die Hausnummer Nr. 16.

Unternehmen

Der jüdische Bauherr Ludwig Marx war Gesellschafter der Emil Marx & Co. OHG, einem Betrieb für Darm- u. Gewürzgroßhandel sowie Fleischereibedarf in Heilbronn, der von 1905 bis 1964 bestand. 1938 wurde das Unternehmen Emil Marx & Co, Darmgroßhandlung mit Sortierbetrieb, Metzgerei-Einrichtungsgegenständen an der Frankfurter Straße 18 und 18a von der Huber & Bierhalter oHG (ZS 3270) übernommen (1939-1946). Benno Marx (* 15. September 1883 in Heilbronn),[4] auch Gesellschafter der Emil Marx OHG flüchtete nach Palästina, wo er als einziger Gesellschafter der OHG überlebte. 1949 war das Geschäft in der Frankfurter Straße wieder mit einem Fabrikationsbau zu finden.

Familie

Louis Marx (* 8. September 1873 in Heilbronn; gest. 23. Juli 1943 in Sobibor)[5][6][7] war verheiratet mit Hannchen – Tochter von Simon/Sigmund Rothschild und Rosa Neuhöfer (geb. 12. Juni 1880 in Wilhelmsdorf; gest. 29. Mai 1941 in Roermond), mit der er den Sohn Walter (geb. 1926) hatte und zusammen das Haus Frankfurter Straße 18 bewohnte.[8][9] Das Leben und Sterben der jüdischen Familie Marx steht laut Jens Westemeier „exemplarisch für das Schicksal Unzähliger“.[10] Die Familie flüchtete 1939 zuerst nach Holland, dann nach Montpellier und anschließend nach Lamalou-les-Bains (Hérault), wo Louis inhaftiert, deportiert und in Sobibor ermordet wurde.[11]

Walter, der Sohn der Eheleute Marx, wusste noch von seiner Flucht zu berichten:

„Es dauerte zwei bis drei Tage, bis wir die Alpen zu Fuß überquert hatten. Der Flüchtlingszug erinnerte an das Bild vom biblischen Exodus. Männer und Frauen beladen mit Koffern und Taschen, die Baby und Kindern trugen.[12]

Auf dem jüdischen Friedhof Roermond[13] befindet sich ein Grabstein, der den Eheleuten Marx gewidmet ist. Der Text und die Übersetzung des Grabsteins mit der Widmung der Mutter lautet:

  • פ״ט
  • אשה ישרה
  • מרת חנה בת שמעון
  • נפטרה בש״ט ג׳ סיון תש״א לפ״ק
  • תנצב״ה
  1. Hier ist geborgen
  2. eine aufrechte Frau
  3. Frau Channa, Tochter des Schimon,
  4. verschieden ›mit gutem Namen‹ (am) 3. Sivan 701 der kleinen Zählung.
  5. Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens
  • Hier rust
  • onze geliefde onvergetelijke
  • echtgenoote en moeder
  • Hannchen Marx-Rothschild
  • geb. in Wilhermsdorf 12 Juni 1880
  • overl. in Roermond 3 Siwan 5701 / 29 Mei 1941
  1. Hier ruht
  2. Unsere geliebte unvergessliche
  3. Ehegattin und Mutter
  4. Hannchen Marx-Rothschild
  5. geb. Wilhermsdorf am 12. Juni 1880
  6. gest. Roermond 3 Siwan 5701/29 Mai 1941

Der Text und die Übersetzung des Grabsteins mit der Widmung des Vaters lautet:

  • לזכרון
  1. Zum Andenken an
  • Ter herinnering
  • aan onze dierbare vader
  • Louis Marx
  • geb. in Heilbronn (Dld) 8 Sept. 1873
  • overl. in Sobibor (Polen)
  • 20 Tammoez 5703 / 23 Juli 1943
  1. Zu Erinnerung
  2. unserem lieben Vater
  3. Louis Marx
  4. geb. in Heilbronn (Deutschland) 8 Sept. 1873
  5. gest. in Sobibor (Polen)
  6. 20 Tammus 5703 / 23 Juli 1943

Architektur

Das Gebäude entstand nach Entwürfen von Beutinger und Steiner (Reformarchitektur). Die Giebelfassade ist zum Kaiser-Friedrich-Platz ausgerichtet und wird von einem mittig angelegten Konsolerker mit Zwiebeldachbekrönung, der sich über zwei Geschosslagen erstreckt, wesentlich geprägt. Im Untergeschoss befinden sich zwei Ladenlokale, deren große rundbogigen Schaufenster die massive architektonische Gliederung der restlichen Architektur etwas auflockern. Flankiert werden die Schaufenster jeweils von einem Eingang mit Rundbogenabschluss.

Rezeption

Der Bau wurde in der Fachzeitschrift "Der Profanbau" beschrieben. Die Blechdosen der Fa. Emil Marx & Co, Großhandlung für Gewürze, Därme und Metzgereibedarf und Fa. Eisig & Marx sind im Haus der Stadtgeschichte (Heilbronn) ausgestellt.


  • Donnerstag 15. März 1945: "Die Warenausgabe der Darmgroßhandlung Huber & Bierhalter (bisher Frankfurter Straße 18 und 18a) erfolgt in der Tiroler Straße 10 . [14]
  • Frankfurter Straße 18: Marx Ludwig, Kaufmann (1.OG - Huber & Bierhalter, vorm. Marx, Emil ohG, Metzgereiartikel - Bierhalter, Ludwig, Kaufmann (2.0G) - Rieker, Karl, Kaufmann (3.OG). Marx Ludwig hat ein Sternchen ist somit Eigentümer. [15]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Franke, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Heilbronn 1963 (Veröffentlichungen des Archivs Heilbronn, Heft 11), S. 137.
  2. Heim: Heilbronns älteste Brücke und ältestes Tor. In: Schwaben und Franken. Heimatgeschichtliche Beilage der Heilbronner Stimme. 4, Nr. 11, Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 29. November 1958, S. 2.
  3. Heim: Heilbronns älteste Brücke und ältestes Tor. In: Schwaben und Franken. Heimatgeschichtliche Beilage der Heilbronner Stimme. 20, Nr. 3, Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 9. März 1974, S. 1.
  4. Hans Franke, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Heilbronn 1963 (Veröffentlichungen des Archivs Heilbronn, Heft 11), S. 363: Auswanderungsliste.
  5. Hans Franke, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Heilbronn 1963 (Veröffentlichungen des Archivs Heilbronn, Heft 11), S. 363: Auswanderungsliste.
  6. Datenbank: Jüdische Grabsteine auf www.steinheim-institut.de.
  7. The Central Database of Shoah Victims' Names: List of murdered Jews from the Netherlands Item ID: 4269959 auf db.yadvashem.org.
  8. Hans Franke, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Heilbronn 1963 (Veröffentlichungen des Archivs Heilbronn, Heft 11), S. 363: Auswanderungsliste.
  9. Datenbank: Jüdische Grabsteine auf www.steinheim-institut.de.
  10. Jens Westemeier:Himmlers Krieger:Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit, S. 268 online
  11. Susan Zuccotti:Holocaust Odysseys: The Jews of Saint-Martin-Vésubie and Their Flight through France and Italy, New York 2007, S. 229f. online
  12. Jens Westemeier:Himmlers Krieger:Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit, S. 268.
  13. http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=e54-1033
  14. Susanne Schlösser: Chronik der Stadt HN 1939-1945, Heilbronn 2004, S. 334.
  15. Anschriftenbuch der Stadt Heilbronn am Neckar 1938/39 , III 40.

Literatur

  • Bauten der Architekten Beutinger & Steiner, B.D.A., Darmstadt–Heilbronn. In: Der Profanbau. Zeitschrift für Geschäftshaus-, Industrie- und Verkehrs-Bauten. Nr. 19, 1. Oktober 1907, S. 285ff.
  • Hans Franke: Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Heilbronn 1963 (Veröffentlichungen des Archivs Heilbronn, Heft 11).
  • Susan Zuccotti: Holocaust Odysseys: The Jews of Saint-Martin-Vésubie and Their Flight through France and Italy. New York 2007.
  • Jens Westemeier: Himmlers Krieger: Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit. Bonn 1998.
49.1415889.220889
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