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Wilhelm Schuster

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Wilhelm Robert Georg Schuster (* 10. Juni 1888 in Grabow; † 15. März 1971 in Berlin) war ein deutscher Germanist, Bibliothekar und Verbandsfunktionär.

Ausbildung und Wirken in Berlin

Wilhelm Schuster war der Sohn eines Apothekers. Er besuchte das Friedrichs-Gymnasium in Frankfurt an der Oder, das er 1907 mit dem Abitur verließ. Danach studierte er Germanistik, Altphilologie und Philosophie an Universitäten in Göttingen, Berlin und Kiel. Während seines Studiums wurde er 1907 Mitglied der Burschenschaft Alemannia Göttingen.[1] Nach der Promotion 1913 an der Kieler Universität bestand er Anfang 1914 das Staatsexamen. Im April desselben Jahres ging er an das Germanische Seminar der Universität Hamburg. Hier arbeitete er als Volontär-Assistent bei Conrad Borchling. Trotz Borchlings Versprechen, ihn Anfang 1915 als besoldeten Assistenten anzustellen, meldete sich Schuster im August 1914 freiwillig zum Kriegsdienst. Er verließ die Armee zum 1. Januar 1919 als Leutnant der Reserve und diente zuvor vermutlich kurzzeitig in einem Freikorps.

Da Borchling die zugesagte Assistentenstelle an der Hamburger Universität anderweitig besetzt hatte, wechselte Schuster als Volontär an die Universitätsbibliothek Halle. Wenig später zog er nach Göttingen und beteiligte sich als Zeitfreiwilliger des Studentenbataillons am Ruhraufstand. 1919/20 gehörte er der DNVP an. Im Juli 1920 ging er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter für drei Monate an die Stadtbibliothek Schwerin, deren Leiter Erwin Ackerknecht einen großen Einfluss auf ihn hatte. Zum 1. Oktober 1920 nahm der Bibliothekar eine neue Stelle beim Verband Oberschlesischer Volksbüchereien in Gleiwitz an. Schuster beteiligte sich an den Kämpfen zwischen Freischärlern um die Region und erhielt dafür den Schlesischen Adler II.

Während des Aufenthalts in Gleiwitz heiratete Schuster am 1. Juli 1922 die Bibliothekarin Elfriede Luise Auras, mit der er einen Sohn hatte. Im selben Jahr übernahm er die Leitung des Verbandes der Deutschen Volksbüchereien für Polnisch-Schlesien und Galizien in Kattowitz. In dieser Position in den „besetzten Gebieten“ zeigte er großes Engagement für die deutsche Kultur und redigierte die Zeitung Schaffen und Schauen. Außerdem erweiterte er die öffentlichen Büchereien umfangreich. Eine Verhaftung und Anklage aufgrund mutmaßlichen Hochverrats 1924 endete mit einem Freispruch.

1926 wechselte Schuster an die Stadtbibliothek Berlin unter der Leitung von Gottlieb Fritz (1873–1934). 1928 übernahm er von Fritz den Vorsitz des Verbands Deutscher Volksbibliothekare und wurde am 1. April 1929 zu dessen Stellvertreter in der Berliner Bibliothek ernannt. Im Verband nahm er rege an Diskussionen teil und gestaltete die Verbandszeitung Bücherei und Bildungspflege mit, die mit den Heften für Büchereiwesen aus Leipzig konkurrierte. Ab 1927 gab er die Zeitung mit heraus und verfasste viele Aufsätze, in denen er das allgemeine Volksbüchereiwesen und speziell das Problem der „Grenzlandbüchereien“ behandelte. Neben Buchrezensionen referierte er und sammelte in Listen mögliche Neuanschaffungen der Bibliotheken für diverse Themengebiete oder regte an, derartige Listen zu erstellen. Innerhalb des Verbandes sah man Schuster als Vermittler zwischen den Bibliothekaren aus Stettin und den „Leipzigern“ an.

Wirken in den Hamburger Bücherhallen

Nach dem plötzlichen Tod Otto Plates (1863–1930) im November 1930, der die Hamburger Bücherhallen geleitet hatte, übernahm Schuster am 1. April 1931 das Amt des Direktors der Einrichtung. Die Bücherhallen hatten zu dieser Zeit mehrere Probleme: neben steigender Arbeitslosigkeit und Inflation konnten die Öffnungszeiten aus Kostengründen nicht beibehalten und der Betrieb nur durch erhöhte Beiträge gesichert werden. Außerdem musste Mitarbeitern gekündigt werden und das bestehende Personal länger Arbeiten. Die Verwaltung der Bücherhallen galt als deutlich überholt, Lesehallen für Kinder und Jugendliche existierten nicht. Die größte Nachfrage bestand nach Lesezimmern für Arbeitslose. Als die Probleme zunahmen, forderte Schuster, den Zugang zu beschränken, auch, um die zahlreichen Erwerbslosen nicht länger bedienen zu müssen. Zudem organisierte Schuster, dass Bücherhallen Werke der „Neuen Rechten“ ankauften.

Unmittelbar nach der Machtergreifung bot sich Schuster den Nationalsozialisten an. Während der 18. Leitersitzung der Bücherhallen am 18. März 1933, bei der noch keine „Schwarzen Listen“ existierten, verfügte er, dem Regime nicht genehme Werke aus den Beständen der Bücherhallen zu entfernen. Mitte April 1933 schrieb er in Hamburger Zeitungen, welche Aufgaben die Volksbüchereien im Deutschen Reich grundsätzlich übernehmen sollten. Außerdem erstellte er Listen, die unter anderem beispielhaft Literatur aufführten, die aus Schulbibliotheken entfernt werden sollte. Im August 1933 richtete er die Volksbibliothek in Eppendorf, die sich im Holthusenbad befand, als reine Freihandaufstellung neu ein. Mit dieser für Bücherhallen neuen Aufstellungsform orientierte er sich am Beispiel englischer public libraries. Ende November 1933 nahmen die Bücherhallen an der Deutschen Buchmesse in Hamburg teil. Diese fand im Museum für Kunst und Gewerbe statt und folgte nationalsozialistischen Ansprüchen.

Gemeinsam mit Wolfgang Herrmann gab Schuster, der seit dem 1. Mai 1933 der NSDAP angehörte, im September 1933 vor Kollegen eine Erklärung ab. Beide sagten, dass in den meisten Bibliotheken nahezu keine unterwünschte Literatur zu finden sei. Die deutschen Volksbüchereien hätten „immer schon einen Kampf gegen Literatentum und Asphaltliteratur für das echtbürtige Schrifttum“ geführt, so die Bibliothekare. Schuster vertrat die Meinung, dass die Volksbüchereien fachlich dem Erziehungsministerium unter Leitung von Bernhard Rust unterstehen sollten. Als Verbandsvorsitzender stellte er es als seine persönliche Errungenschaft dar, dass dieser Wechsel 1935 vollzogen wurde.

Rückkehr nach Berlin

Schuster erhielt Rufe in mehrere Gremien und wechselte daher nach Berlin, wo er am 1. Mai 1934 von Gottlieb Fritz die Leitung der Stadtbibliothek übernahm.

Im August 1939 meldete sich Schuster, der immer Kontakte mit ehemaligen Soldaten aus der Kaiserzeit gepflegt hatte, zum Kriegsdienst. Von September bis Dezember 1939 war er am Einmarsch in Polen beteiligt und kämpfte von Mai bis September 1940 beim Westfeldzug in Frankreich. Während der Besetzung des Landes versuchte er, Literatur für die Bibliothek in Berlin beschlagnahmen zu lassen, an die er anschließend zurückkehrte. Im Januar 1945 wurde er zum Volkssturm abkommandiert und erlitt Ende April 1945 schwere Verletzungen. Mit großen gesundheitlichen Problemen kam er im August 1946 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Berlin zurück.

Da er als „faschistisch belastet“ galt, hatte Schuster die Direktorenstelle in Abwesenheit 1945 verloren. Mitte 1948 stellte er einen Antrag zur Entnazifizierung, dem 1949 entsprochen wurde. Seine Arbeit als Direktor für den Erhalt und Ausbau der Volksbüchereien wurde gelobt, insbesondere auch die Rettung sekretierter Bücher aus dem Bestand der Berliner Stadtbibliotheken. Vermutlich handelte er aber auch eigennützig und karriereorientiert. Bis heute wird ihm vorgehalten, vorauseilenden Gehorsam gezeigt zu haben. Von 1950 bis zum Ruhestand 1953 lehrte er erneut an der Bibliotheksschule.

Literatur

  • Angela Graf: Schuster, Wilhelm. In: Hamburgische Biografie, Band 6, Wallstein, Göttingen 2012, S. 306–309.

Einzelnachweise

  1. Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934, S. 457.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wilhelm Schuster aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.