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Wanda Landowska

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Wanda Landowska, porträtiert von Emil Orlík, 1917

Wanda Aleksandra Landowska (geboren 5. Juli 1879 in Warschau, Russisches Kaiserreich; gestorben 16. August 1959 in Lakeville, Connecticut) war eine polnische Cembalistin und Pianistin.

Künstlerische Laufbahn

Landowska erhielt ihren ersten Klavierunterricht im Alter von drei Jahren. Mit vierzehn schloss sie ihre Ausbildung am Warschauer Konservatorium ab. Nach dem Kompositionsstudium bei Heinrich Urban in Berlin wurde sie Lehrerin an der Schola Cantorum in Paris und beschäftigte sich intensiv mit Alter Musik und dem Cembalospiel. Von 1913 bis 1919 unterrichtete sie an der Berliner Hochschule für Musik. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Basel lehrte sie 1920 in Paris an der École Normale de Musique. 1923 machte sie erste Schallplattenaufnahmen, nachdem sie bereits 1905 acht Klavierstücke für das Reproduktionsklavier Welte-Mignon im Aufnahmestudio von M. Welte & Söhne aufgenommen hatte.[1] 1925 gründete sie in Saint-Leu-la-Forêt die Schule „École de Musique Ancienne“, wo sie jährlich Sommerkurse abhielt und Konzerte veranstaltete. Sie unterrichtete unter anderem Alice Ehlers, Eta Harich-Schneider, Ralph Kirkpatrick und Rafael Puyana. Von 1925 bis 1928 lehrte sie am Curtis Institute of Music in Philadelphia (USA).

Wanda Landowska spielte seit 1903 auf einem modernisierten Cembalo der französischen Pianoforte-Fabrik Pleyel, das die Kielmechanik mit Elementen des modernen Konzertflügels verband und mit dem sie zunächst in Fachkreisen reüssierte. Weite Verbreitung fanden sie und ihr Cembalo-Spiel, als sie im Jahre 1912 mit einem nach ihren Wünschen von Pleyel gebauten neuen Cembalo-Modell auftrat. Dieser Typ besaß eine um ein 16'-Register erweiterte Disposition, wie Landowska sie bei einem historischen Original von Hieronymus Hass im Brüsseler Museum kennengelernt hatte, zudem als fünftes Register einen nasalen 8' im zweiten Manual. Das „Landowska-Modell“ ging in Serie und wurde zum Vorbild für Cembalo-Neukonstruktionen vieler anderer Hersteller im 20. Jahrhundert, bis sich ein halbes Jahrhundert später der möglichst getreue Nachbau historischer Originale bei Interpreten und Instrumentenbauern durchsetzte.

Landowska motivierte Komponisten, für diesen neuen Cembalo-Typus zu schreiben. Manuel de Falla widmete ihr 1926 ein Konzert für Cembalo und Orchester, 1927/1928 komponierte Francis Poulenc das Concert champêtre pour clavecin et orchestre FP.049. Als erste Cembalistin führte sie 1933 die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach zusammenhängend und ungekürzt auf.

Flucht und Beraubung

Wegen ihrer jüdischen Abstammung flüchtete Landowska im Juni 1940 in den von der deutschen Wehrmacht unbesetzten Teil Frankreichs. Sie musste ihre umfangreiche Musikbibliothek, wertvolle Handschriften sowie ihre berühmte Sammlung von Musikinstrumenten in Paris zurücklassen. Am 20. September 1940 beschlagnahmte Herbert Gerigk vom „Sonderstab Musik“ im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg für die besetzten Gebiete (ERR) ihr Eigentum und ließ die Instrumente in 54 Spezialkisten verpackt nach Berlin schaffen. Offiziellen Protesten gegen den Kunstraub aus französischem Kulturbesitz widersprach man mit dem Argument, Landowska sei keine Französin, sondern eine Jüdin mit polnischem Pass.[2]

Wanda Landowska konnte ein Visum für die USA bekommen und schiffte sich im November 1941 an Bord der Exeter der American Export Lines in Lissabon ein. 1947 fand sie in Lakeville ein neues Domizil, wo sie nach 1950 auch wieder unterrichtete. Im Alter von fünfundsiebzig Jahren gab sie in New York ihr Abschiedskonzert. Ihre Partnerin, Denise Restout, wurde zur Herausgeberin und Übersetzerin ihrer Schriften zur Musik, der Alten Musik, 1964 posthum veröffentlicht.

Große Teile ihrer Sammlung waren verschollen und galten als im Bombenkrieg zerstört. Verschiedene Instrumente tauchten später bei Auktionen in Belgien, Kanada und Australien auf. Eine Entschädigungszahlung erhielt Wanda Landowska nicht.[3]

Musikgeschichtliche Bedeutung

Wanda Landowska machte sich in herausragender Weise um die Wiederentdeckung der Kielinstrumente verdient und gab damit auch einen wichtigen Impuls für die historische Aufführungspraxis. Durch Wanda Landowska wurde der bulgarisch-französische Pianist Alexis Weissenberg in seinen Bach-Interpretationen stark geprägt.

Kompositionen

Vor dem 26. Februar 1896 in Berlin

Ausstellungen

  • 2009/10 Die Dame mit dem Cembalo – Wanda Landowska und die Alte Musik, Berliner Musikinstrumenten-Museum
  • 2011: Erinnerungen an Wanda Landowska, Bachhaus Eisenach

Dokumentation

  • Barbara Attie (u. a.): Uncommon Visionary: A Documentary on the Life and Art of Wanda Landowska, 1997. DVD-Veröffentlichung: VAImusic 4246. (Enthält vier Videoaufnahmen von Wanda Landowska am Cembalo aus dem Jahr 1953)

Schriften

  • Wanda Landowska und Henri Lew-Landowski: Musique Ancienne. Mercure de France, Paris 1909 (franz.)

Literatur

  • Ingo Harden, Gregor Willmes: PianistenProfile. 600 Pianisten: Ihre Biografie, ihr Stil, ihre Aufnahmen. Wanda Landowska. 1. Auflage. Bärenreiter, Kassel 2008, ISBN 978-3-7618-1616-5, S. 413-415.
  • Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk, Reinbek 1993, ISBN 3-499-16344-6.
  • Martin Elste: Wanda Landowskas Musique ancienne. Die legendäre Streitschrift einer musikalischen Amazone: Themen, Editionen, Konkordanz, in: Jahrbuch 2016 des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz hrsg. v. Simone Hohmaier. Schott, Mainz 2019, S. 235–276.

Weblinks

 Commons: Wanda Landowska – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerhard Dangel und Hans-W. Schmitz: Welte-Mignon-Reproduktionen / Welte-Mignon Reproductions. Gesamtkatalog der Aufnahmen für das Welte-Mignon Reproduktions-Piano 1905–1932 / Complete Library Of Recordings For The Welte-Mignon Reproducing Piano 1905–1932. Stuttgart 2006, ISBN 3-00-017110-X, S. 466.
  2. Willem den Vries: Wanda Landowska und ihre ‚Musique Ancienne‘. In: Raub und Restitution. hrsg. von Inka Bertz und Michael Dorrmann, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0361-4, S. 219.
  3. Willem den Vries: Wanda Landowska und ihre ‚Musique Ancienne‘. S. 222.
  4. Quelle: Tagebuch von Wanda Landowska
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wanda Landowska aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.