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Wahrscheinlichkeitsverteilung
Wahrscheinlichkeitsverteilungen, kurz Verteilungen, werden in der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik verwendet, um anzugeben, wie sich die Wahrscheinlichkeiten auf die möglichen Zufallsergebnisse, insbesondere auf die möglichen Werte einer Zufallsvariablen, verteilen (Verteilung einer Zufallsvariablen).
Der Begriff der Wahrscheinlichkeitsverteilung ist das theoretische Pendant zur empirisch ermittelbaren Häufigkeitsverteilung, die Gegenstand der deskriptiven Statistik ist.
Beispielsweise wird der Wurf eines symmetrischen Würfels dadurch beschrieben, dass jedes der sechs möglichen Ergebnisse mit der Wahrscheinlichkeit eintritt.
Typen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Diskrete Verteilungen
Von einer diskreten Verteilung spricht man, wenn sich der Wertebereich der Zufallsvariablen auf eine endliche oder abzählbare Menge konzentriert. Diskrete Verteilungen lassen sich durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion (oder Zähldichte) beschreiben, die die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Wert angibt.
Beispiele für diskrete Verteilungen sind die Binomialverteilung und die Hypergeometrische Verteilung, die die Anzahl der Erfolge beim Ziehen aus einer Urne mit bzw. ohne Zurücklegen beschreiben. Eine weitere diskrete Verteilung ist die Poisson-Verteilung, die man aus der Binomialverteilung erhalten kann, wenn man die Erfolgswahrscheinlichkeit immer weiter reduziert und gleichzeitig die Anzahl der Ziehungen um denselben Faktor erhöht.
Stetige Verteilungen
Stetige (kontinuierliche) Verteilungen werden durch eine stetige Verteilungsfunktion charakterisiert. Die zugehörige Zufallsvariable besitzt dann einen überabzählbaren Wertebereich, wobei die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Wert gleich 0 ist.
Eine wichtige stetige Verteilung ist die Normalverteilung. Ihre Wahrscheinlichkeitsdichte (siehe unten) bzw. deren Graph wird auch Gauß-Funktion, Gauß-Kurve, Gauß-Glocke oder Glockenkurve genannt. Viele Häufigkeitsverteilungen, die sich in Natur und Gesellschaft beobachten lassen, können näherungsweise durch eine Normalverteilung beschrieben werden.
Sonstige Verteilungen
Die beiden Begriffe diskrete Verteilung und stetige Verteilung sind nicht komplementär, da es zum Beispiel Mischformen von beiden Typen gibt.
Beschreibung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Zur Beschreibung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen verwendet man unter anderem
Wahrscheinlichkeitsmaß
Der mathematisch allgemeinste Begriff, der für beliebige Ergebnismengen Gültigkeit besitzt, ist das Wahrscheinlichkeitsmaß, d. h. eine Funktion , die jedem Ereignis eine Wahrscheinlichkeit zuordnet. In der Wahrscheinlichkeitstheorie versteht man unter der Verteilung einer Zufallsvariable das Wahrscheinlichkeitsmaß , welches die Wahrscheinlichkeiten erfasst, mit denen die Zufallsvariable bestimmte Werte annimmt (Bildmaß von ).
Wahrscheinlichkeitsfunktion
Wahrscheinlichkeitsfunktionen eignen sich zur Beschreibung von diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Man erhält dann die Wahrscheinlichkeit eines beliebigen Ereignisses als Summe:
- bzw.
Verteilungsfunktion und Dichte
Bei stetigen Verteilungen lassen sich Wahrscheinlichkeiten nicht als Summen von Einzelwahrscheinlichkeiten berechnen, da für stetige Zufallsvariablen stets gilt. Sie lassen sich jedoch oft als Integrale über eine Dichtefunktion (oder Wahrscheinlichkeitsdichte) darstellen (stetige Verteilungen im engeren Sinne):
- bzw.
Verteilungen auf den reellen Zahlen können allgemein durch die (kumulative) Verteilungsfunktion (engl. cumulative distribution function, cdf) beschrieben werden. Sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Zufallsvariable einen Wert kleiner oder gleich annimmt:
bzw.
Wenn die Verteilungsfunktion differenzierbar ist, ist ihre Ableitung eine Dichtefunktion der Verteilung. Für eine Verteilungsfunktion gilt stets und
Charakterisierung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen durch Kennzahlen
Eine ungefähre Charakterisierung einer Zufallsvariablen ist durch diverse Kennzahlen möglich, die allesamt aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnet werden können:
- der Erwartungswert,
- die Varianz sowie die daraus berechnete Standardabweichung,
- Momente beziehungsweise Kumulanten,
- die Funktionswerte der charakteristischen Funktion.
Sehr grobe Aussagen über die Verteilung einer Zufallsvariablen bei alleiniger Kenntnis von Erwartungswert und Varianz macht die Tschebyscheff-Ungleichung.
Beziehungen zwischen verschiedenen Zufallsvariablen
Die Beziehung zwischen zwei oder mehr Zufallsvariablen wird durch ihre gemeinsame Verteilung beschrieben. Eigenschaften, die auf dieser Basis charakterisiert werden können, sind insbesondere die stochastische Unabhängigkeit sowie die Unkorreliertheit.
Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Wichtige stetige Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Viele Wahrscheinlichkeitsverteilungen lassen sich bei großer Stichprobe durch die Normalverteilung approximieren. Viele natur-, wirtschafts- und ingenieurswissenschaftliche Vorgänge lassen sich durch die Normalverteilung entweder exakt oder in sehr guter Näherung beschreiben (vor allem Prozesse, die in mehreren Faktoren unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen wirken).
Die Chi-Quadrat-Verteilung ist eine so genannte Stichprobenverteilung, die bei der Schätzung von Verteilungsparametern, beispielsweise der Varianz, Anwendung findet.
Über der gesamten Zahlengeraden:
- Normalverteilung (Gauß-Verteilung, Glockenkurve, siehe Bild)
- Cauchy-Verteilung (Lorentz-Verteilung)
- Crystal-Ball-Funktion
- Extremwertverteilung
- Fisher-Tippett-Verteilung
- Fishersche z-Verteilung
- Gumbel-Verteilung
- Laplace-Verteilung (Doppelexponentialverteilung)
- Lévy-Verteilung
- Logistische Verteilung
- Rayleigh-Verteilung
- Rossi-Verteilung
- Studentsche t-Verteilung
Für konvexe Kombinationen mehrerer Verteilungen siehe Mischverteilung, ihr Sonderfall ist die
Über einem endlichen Intervall , im einfachsten Fall [0,1]:
- Betaverteilung (siehe Bild)
- Dreiecksverteilung (Simpson-Verteilung)
- Stetige Gleichverteilung (Rechteck- oder Uniformverteilung)
Über einem halbseitig unendlichen Intervall, üblicherweise als [0,∞] angenommen:
- χ²-Verteilung
- Erlang-Verteilung
- Exponentialverteilung
- F-Verteilung (siehe Bild)
- Gammaverteilung
- Inverse Normalverteilung (Inverse Gauß-Verteilung, Wald-Verteilung)
- Logarithmische Gammaverteilung
- Logarithmische Normalverteilung
- Pareto-Verteilung, Verschobene Pareto-Verteilung
- Weibull-Verteilung
Verteilungsklassen
Eine Verteilungsklasse oder Verteilungsfamilie besteht aus Verteilungen gleichen Typs. Man teilt sie anhand unterschiedlicher mathematischer Eigenschaften ein. Weiterhin wird noch zwischen parametrischen und nichtparametrischen Klassen unterschieden.
Zur Klasse der parametrischen Klassen gehört die exponentielle Familie. Sie vereinigt:
- Normalverteilung
- Binomialverteilung
- Multinomialverteilung
- Poisson-Verteilung
- Gammaverteilung
- Inverse Normalverteilung
Die Familie der Beta-Verteilungen wird „die zur Binomial-Verteilung konjugierte Verteilungsklasse“ genannt.
Die Panjer-Verteilung vereint Negative Binomialverteilung, Binomialverteilung und Poisson-Verteilung in einer Verteilungsklasse.
Man sondiert die Verteilungsfamilie auch mit einem monotonen Dichtequotienten, die Dominierte Verteilungsklasse, und Alpha-stabile Verteilungen auf Grund von verschiedenen Aspekten.
Siehe auch
- Liste von Beziehungen zwischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen
- Liste univariater Wahrscheinlichkeitsverteilungen
- Alpha-stabile Verteilungen
- Heavy-tailed-Verteilung
- Boltzmann-Verteilung
Literatur
- Jörg Bewersdorff: Statistik – wie und warum sie funktioniert. Ein mathematisches Lesebuch. Vieweg+Teubner Verlag 2011, ISBN 978-3-8348-1753-2, doi:10.1007/978-3-8348-8264-6.
- Hans-Otto Georgii: Stochastik: Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, 4. Auflage, de Gruyter, 2009, ISBN 978-3-11-021526-7, doi:10.1515/9783110215274
- Norbert Henze: Stochastik für Einsteiger: Eine Einführung in die faszinierende Welt des Zufalls. Vieweg+Teubner Verlag, 2010, ISBN 978-3-8348-0815-8, doi:10.1007/978-3-8348-9351-2.
Weblinks
- Interaktive graphische Darstellungen verschiedener Wahrscheinlichkeitsfunktionen bzw. Dichten (Uni Konstanz)
- Katalog der Wahrscheinlichkeitsverteilungen in der Gnu Scientific Library.
- Numerische Berechnung und Darstellung von Dichten und Verteilungsfunktionen einiger wichtiger Wahrscheinlichkeitsverteilungen
- Weitere Verteilungen aus dem Wiki der Uni Frankfurt (Memento vom 30. Mai 2009 im Internet Archive)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wahrscheinlichkeitsverteilung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |