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Stimmrecht

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Unter Stimmrecht wird allgemein das Recht verstanden, an einer einberufenen Abstimmung mit einem bestimmten Stimmgewicht teilnehmen zu dürfen. In der Schweiz bedeutet es das Recht, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen, beinhaltet somit auch das Wahlrecht.

Allgemeines

Das Stimmrecht bildet einen Teil eines Beschlussprozesses. Um am Beschlussverfahren teilnehmen zu können, bedarf es des Stimmrechts. Die Stimmabgabe wird Abstimmung genannt. Die Stimmabgabe ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die darauf gerichtet ist, einen Beschlussantrag anzunehmen oder abzulehnen. Die Stimmenthaltung ist – wo zulässig – ein rechtliches Institut der Beschlussfassung und bedeutet, dass ein stimmberechtigtes Mitglied weder für noch gegen einen Antrag stimmt.[1] Doch kann Stimmenthaltung wie eine Nein-Stimme wirken, wenn es ein Quorum gibt oder die Zustimmung einer Mehrheit der Stimmberechtigten (nicht der Abstimmenden) für die Genehmigung eines Antrags erforderlich ist.

Bei Personenvereinigungen wie Unternehmen bezieht sich das Stimmrecht auf das Recht der Mitglieder oder Gesellschafter, bei den Beschlüssen der Haupt-, General-, Mitglieder- oder Gesellschafterversammlung mit zu stimmen. Gesetzlich besonders umfangreich geregelt ist das Aktienstimmrecht. In den Parlamenten, Körperschaften des öffentlichen Rechts oder den Vertretungsorganen der Sozialversicherungen wird die Stimmrechtsausübung Abstimmung genannt. Sprachlich ist Abstimmung jedoch lediglich der Vorgang der Wahrnehmung/Ausübung des Stimmrechts.

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Aktienstimmrecht

Das Aktienstimmrecht ist bei einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien das jedem Aktionär zustehende Mitgliedschaftsrecht, welches in der Hauptversammlung nach Aktiennennbeträgen (Nennwertaktien) oder nach Anzahl der Stücke (Stückaktien) auszuüben ist (§ 134 Abs. 1 AktG). Es kann dem Aktionär nicht entzogen werden. Die Ausübung kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen sein (etwa bei eigenen Aktien, § 71b AktG und Vorzugsaktien, §§ 139 bis § 141 AktG). Das Stimmrecht ruht bei eigenen Aktien, also bei Aktien, die das ausgebende Unternehmen im Eigenbestand hält (§ 56 Abs. 3 Satz 3 AktG). Ausgeschlossen ist das Stimmrecht zudem bei Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, die Aktien ihres Unternehmens besitzen, wenn es bei der Beschlussfassung um ihre Entlastung, die Geltendmachung eines Anspruchs gegen sie oder die Befreiung von einer Verbindlichkeit geht (§ 136 Abs. 1 AktG). Ein Aktionär ist auch dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn die Beschlussfassung eine von ihm abhängige Gesellschaft betrifft[2]. Bei wechselseitiger Beteiligung ist das Stimmrecht beschränkt (§ 328 Abs. 1 AktG).

Voraussetzungen

Formale Voraussetzungen für Bedingung und Form der Ausübung des Stimmrechts werden in der jeweiligen Unternehmens-Satzung festgelegt (§ 134 Abs. 4 AktG). Die Satzung kann die Ausübung des Stimmrechts von der Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung abhängig machen (§ 123 Abs. 2 AktG). Dies ist bei börsennotierten Unternehmen gängige Praxis, denn nur auf diese Weise kann organisatorisch berücksichtigt werden, wie viele Aktionäre sich zur Hauptversammlung einfinden werden.

Durch das im November 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) wurde das Stimmrecht bei börsennotierten Gesellschaften reformiert. Danach wird eine Bescheinigung des Anteilsbesitzes eines Aktionärs vorausgesetzt, die durch das depotführende Kreditinstitut auszustellen ist. Der Nachweis muss sich auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung – den sogenannten „Record Date“ – beziehen und der Gesellschaft spätestens am siebten Tag vor der Hauptversammlung zugehen. Ein solcher „Record Date“ ist international üblich und wird von der EU-Aktionärsrechterichtlinie[3] europaweit vorgeschrieben (jedoch nicht namentlich so bezeichnet).

Ausübung

Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) ist am 1. September 2009 in Kraft getreten. Anlass war die erwähnte Richtlinie 2007/36/EG über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären bei börsennotierten Gesellschaften. Ziel dieser Reform war die bessere Information und die Erleichterung der Stimmrechtsausübung von Aktionären. Durch eine Vereinfachung des Vollmachtsstimmrechts der Banken will das Gesetz die Präsenz von Aktionären in der Hauptversammlung weiter erhöhen (§ 124a AktG). Börsennotierte Gesellschaften unterliegen einer generellen Internetveröffentlichungspflicht. Einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums[4] zufolge sollen „Aktiengesellschaften bei Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung moderne Medien in weitaus größerem Umfang nutzen. So verbessert sich die Informationslage für Aktionäre börsennotierter Gesellschaften und erleichtert ihnen die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten.“ Dies würde Zufallsmehrheiten in der Hauptversammlung vor allem dann verhindern, wenn die Aktionäre weltweit verstreut seien und ihnen eine persönliche Teilnahme an der Hauptversammlung zu umständlich und zu teuer sei. So ist in § 118 Abs. 1 AktG eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung vorgesehen; zudem haben nun Aktionäre mehr Möglichkeiten, ihre Stimmrechte auszuüben, wenn sie nicht persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen wollen. Statt einen Vertreter zu beauftragen, kann der Aktionär auch per Briefwahl von seinem Stimmrecht Gebrauch machen, wenn dies in der Satzung der Gesellschaft vorgesehen ist (§ 118 Abs. 2 AktG).

Depot- oder Bankenstimmrecht

Das Depot- oder Bankenstimmrecht ist im Laufe der Zeit reformiert worden. Bis 31. Dezember 2009 war bei Aktiengesellschaften in den Vereinigten Staaten der jeweilige Broker, über den die Aktie erworben worden war, auch zur Ausübung des Stimmrechts befugt. Nunmehr muss sich jeder Aktionär selbst um sein Stimmrecht kümmern.[5]

Das „automatische“ Depotstimmrecht ist in Deutschland mit Inkrafttreten des Aktiengesetzes am 6. Dezember 1965 abgeschafft worden.

In Deutschland haben Banken erweiterte Möglichkeiten, sich eine – jederzeit widerrufliche – schriftliche Vollmacht für die Stimmabgabe erteilen zu lassen (§ 135 AktG), wobei sie Interessenkollisionen – etwa bei eigener Beteiligung an der Aktiengesellschaft – offenlegen müssen.

Das Stimmrecht kann durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden; die Vollmacht bedarf der Schriftform (§ 134 Abs. 3 AktG; sog. Vollmachtsaktionär). Börsennotierte Gesellschaften bieten einen Stimmrechtsvertreter an, meist einen Mitarbeiter der Gesellschaft, der nach den Weisungen der Aktionäre abstimmt. Das Stimmrecht kann auch über Aktionärsvereinigungen ausgeübt werden.

Stimmrechte bei anderen Gesellschaftsformen

Bei der GmbH erfolgt die Beschlussfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Bei Personenhandelsgesellschaften ist die Abstimmung eine Form der Willensbildung im Innenverhältnis der Gesellschafter. Bei der OHG muss nach § 119 Abs. 1 HGB ein Gesellschafterbeschluss einstimmig erfolgen. Wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Stimmenmehrheit entscheiden soll, wird diese im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter, nicht jedoch nach dem Kapital- oder Gewinnanteil berechnet (§ 119 Abs. 2 HGB). Bei der Kommanditgesellschaft hat der Kommanditist bei grundlegenden Gesellschafterbeschlüssen (wie Abänderung des Gesellschaftsvertrages, Aufnahme neuer Gesellschafter, Auflösung der Gesellschaft) gleichberechtigt mitzuwirken.

Insolvenzverfahren

In der Gläubigerversammlung nehmen die erschienenen oder vertretenen Gläubiger ohne Rücksicht auf Insolvenzvorrechte teil. Stimmberechtigt sind die Gläubiger festgestellter Insolvenzforderungen (§§ 76 ff. InsO) und die Gläubiger bestrittener Forderungen, soweit sich Verwalter und stimmberechtigte Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben (§ 77 Abs. 2 InsO). Die Beschlüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit auf Grundlage von Forderungsbeträgen gefasst. Bei der Abstimmung über die Annahme des Insolvenzplanes hingegen ist die Zustimmung der Kopfmehrheit der im Termin anwesenden oder vertretenen nicht bevorrechtigten Insolvenzgläubiger erforderlich. Diese müssen mindestens die Hälfte der Gesamtsumme aller stimmberechtigten Forderungen verfügen (Summenmehrheit).

Stimmrechte bei Wahlen

Bei öffentlichen politischen Wahlen gehört das Stimmrecht neben dem Wahlrecht, dem Initiativrecht, dem Referendumsrecht, dem Petitionsrecht zu den politischen Rechten. Besitzen ausländische Staatsangehörige dieses Recht, spricht man vom Ausländerstimmrecht. In der Schweiz kann das Stimmrecht auf Bundesebene etwa beim Urnengang über Volksinitiativen oder Referenden ausgeübt werden. Auf kantonaler und kommunaler Ebene bestehen weitere Ausprägungen des Stimmrechts.

Bei nichtöffentlichen Wahlen und Abstimmungen können Teilnehmende Stimmrecht mit verschiedenen Stimmgewichten haben, zum Beispiel im Deutschen Bundesrat kleine und große Bundesländer.

Einzelnachweise

Literatur

  • Wolfgang Ernst: Kleine Abstimmungsfibel. Leitfaden für die Versammlung. Buchverlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2011, ISBN 978-3-03823-717-4.

Siehe auch

  • Stammaktie, Verbriefungsform des Stimmrechts von Aktiengesellschaften
  • Stimmrechtsmitteilung, Mitteilung über den Besitz eines gewissen Anteils an einer Aktiengesellschaft

Weblinks

Wiktionary: Stimmrecht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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