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Schwerelosigkeit

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Unter Schwerelosigkeit (im freien Fall) formen Wassertropfen sich zu Kugeln.

Unter Schwerelosigkeit versteht man einen Zustand, in dem entweder keine Schwerkraft wirkt, oder deren Auswirkung nicht zu spüren ist. Da die Reichweite der Schwerkraft prinzipiell unendlich ist, gibt es praktisch keinen Punkt im Universum, an dem sie nicht wirkt. Es gibt jedoch Zustände, bei denen die Wirkung der Schwerkraft nicht spürbar ist, wie zum Beispiel bei einem freien Fall im Vakuum, in einem Satelliten[1] oder beim Parabelflug. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass hier nur die Schwerkraft wirkt.[2]

Übersicht

Newtons Gedankenexperiment einer horizontal abgeschossenen Kanonenkugel, die bei genügend großer Anfangsgeschwindigkeit schließlich schwerelos um die Erde kreisen wird (C, D).

Die Wirkung der Schwerkraft auf der Erde zeigt sich z. B. dadurch, dass ein Apfel vom Baum auf den Boden fällt oder dass wir mit unserem Gewicht auf den Boden gedrückt werden. Die Schwere, die wir dabei spüren und üblicherweise mit der Schwerkraft gleichsetzen, kommt daher, dass die Gegenkraft des Bodens nicht auf alle Teile unseres Körpers gleichmäßig wirkt, sondern hauptsächlich auf unsere Füße. Daher wird unser Körper etwas zusammengestaucht.

Wenn außer der Schwerkraft keine weiteren äußeren Kräfte wirken, herrscht Schwerelosigkeit. Der einfachste Weg, Schwerelosigkeit zu erreichen, ist der freie Fall – allerdings nur für begrenzte Zeit. Ein wirklich freier Fall entsteht nur, wenn der Luftwiderstand wegfällt, was in evakuierten Falltürmen gelingt.

Wie beim Parabelflug ist jeder senkrecht, schräg oder waagrecht geworfene Körper oder allgemein jeder Körper auf einer Wurfparabel (ohne weitere Krafteinwirkung, also insbesondere ohne Luftreibung) schwerelos. Bei sogenannten Parabelflügen gleicht man die Luftreibung eines Flugzeugs durch den Schub der Triebwerke bzw. geeignete Flugmanöver exakt aus und erreicht so für einige Sekunden Schwerelosigkeit.

Andauernd in Schwerelosigkeit ist man auf der Kreisbahn einer Raumstation um die Erde. Obwohl in der Höhe, in der sich eine Raumstation üblicherweise befindet, noch etwa 90 % der Erdschwerkraft wirken, wird diese für die Astronauten nicht spürbar – eben weil außer der Schwerkraft, die alle Massepunkte gleich beschleunigt, keine weiteren Kräfte wirken.

Bei der Simulation von Schwerelosigkeit unter Wasser, wie sie für Trainingszwecke für Astronauten auch erfolgt, liegt hingegen keine echte Schwerelosigkeit vor: Es wird zwar die Schwerkraft durch den statischen Auftrieb im Wasser kompensiert, sodass die Astronauten im Wasser schweben. Auf jedes einzelne Atom wirkt jedoch weiterhin die Gravitation. Lediglich im Mittel wird die Gravitationskraft durch Druckkräfte aufgehoben. Daher hat man im Wasser nicht wie bei Schwerelosigkeit das Gefühl eines freien Falls. Vielmehr fühlt man sich vom Wasser getragen.

Beispiele für (annähernde) Schwerelosigkeit im Alltag

  • Bei einem Sprung auf einem Trampolin von 1,5 Meter Höhe kann das Gefühl der „Schwerelosigkeit“ für mehr als eine Sekunde erlebt werden.
  • Wird ein Gefäß über einige Meter geworfen, verhalten sich darin befindliche Gegenstände untereinander quasi schwerelos. Beispiele: eine große, leere Plastikwasserflasche mit ein paar hineingeworfenen Nüssen oder Murmeln; ein aus Plexiglas geklebter Würfel mit hineingelegten Gegenständen; ein Glasballon mit Wasser, das kräftig geschüttelt wird, so dass man die Luftblasen beim Wurf beobachten kann.[3]
  • Auch beim Turmspringen oder beim Bungeespringen fühlt sich der Körper des Springers (wenn auch nur für einige Sekunden) schwerelos, so lange, bis die Wasseroberfläche berührt wird oder sich das Gummiseil strafft. Bei einem Sprung aus großer Höhe, etwa mit dem Fallschirm, endet das Gefühl der Schwerelosigkeit nach einigen Sekunden, da dann der Luftwiderstand deutlich spürbar wird.
  • Sekundenlange Schwerelosigkeit kann man ebenfalls in verschiedenen Fahrgeschäften in Vergnügungsparks erleben, vor allem Achterbahnen und Freifalltürme. Im Fan-Jargon wird sie dort Airtime genannt.
  • Eine alte Anwendung der „Schwerelosigkeit“ ist die Herstellung von Schrotkugeln. Hierbei lässt man flüssiges Blei im Innern eines Schrotturmes durch ein feines Sieb herabregnen. Während des freien Falles nehmen die Bleitropfen die runde Kugelform an.

Experimente in der (annähernden) Schwerelosigkeit

Zeit der Schwerelosigkeit in Abhängigkeit von der Fallhöhe. Die Werte verdoppeln sich, wenn auch der Aufstieg kräftefrei erfolgt.
  • Wenn ein Flugzeug in einer speziellen parabelförmigen Flugbahn fliegt, die nach unten geöffnet ist (der Scheitel ist dann oben). Solche Parabelflüge können bis zu 90 Sekunden das Gefühl der Schwerelosigkeit herbeiführen. Parabelflüge werden zu Forschungszwecken und im Astronauten/Kosmonauten-Training eingesetzt. Es gibt in verschiedenen Ländern kommerzielle Parabelflüge.
  • Bei allen Raumflugkörpern, die in einem Orbit um einen Himmelskörper kreisen (genau genommen nur um dessen Schwerpunkt). Beschreibt man die Situation im beschleunigten System des Raumflugkörpers, so ist hier die Zentrifugalkraft die Trägheitskraft, die die Schwerkraft kompensiert.[4][5]
  • Von Mikrogravitation spricht man auch bei Suborbitalflügen, während denen die Wirkung der Schwerkraft zwar sehr stark reduziert, aber immer noch messbar ist.
  • Aufnahmen aus dem Space Shuttle von einer fest montierten Kamera zeigen, wie mehrere Astronauten im Spacelab schweben und dort arbeiten. Dann werden die Steuerdüsen des Shuttles kurz in Querrichtung betätigt. Die Folge ist, dass alles, was nicht angeschraubt ist – also die Astronauten und diverse lose Gerätschaften – sich wegen ihrer Trägheit parallel zueinander auf die eine Shuttle-Innenwand zu bewegen, bis sie dort anprallen und sich neu mit deren Bewegung synchronisieren.
  • Etwas der Schwerelosigkeit recht Ähnliches erlebt man in einem Tauchbecken. Dies ermöglicht lange Zeiten, die im Astronautentraining zum Üben von Reparaturen des Raumschiffs bei Außenbordeinsätzen genutzt werden. Ein solches großes Übungsbecken für Kosmonauten befindet sich beispielsweise im Sternenstädtchen nahe Moskau. Diese Übungseinrichtung wird auch von der ESA verwendet und es werden darin Montagen an der ISS trainiert.
  • Der 146 Meter hohe Bremer Fallturm ermöglicht eine Fallhöhe von 110 m in einem evakuierten Rohr von 3,5 m Durchmesser. Dennoch ist bei dieser großen Fallhöhe die Fallzeit noch relativ kurz, sie beträgt genau 4,74 Sekunden. Die Experimente werden in einer speziell konstruierten Fallkapsel durchgeführt, die am Ende der Fallstrecke in einem 8 m hohen, mit feinkörnigem Polystyrol-Granulat gefüllten Behälter abgebremst wird. Dort haben die „Versuchskandidaten“ eine Endgeschwindigkeit von 167 km/h. Seit 2004 besitzt der Turm außerdem ein Katapult, mit dem die Fallkapsel in die Höhe geschossen werden kann. Hierbei erfährt das Experiment dann für ca. 9,2 Sekunden Schwerelosigkeit, da auch der Steigflug schon ein „freier Fall“ ist.[6]
  • Ein „Minifallturm“ von etwa zwei Metern Höhe erlaubt eine Fallzeit von 0,6 Sekunden, was für eine Beobachtung und Auswertung mittels Videosignal und Computer ausreicht. Schüler eines Bremer Gymnasiums untersuchten bei „Jugend forscht 2002“ auf diese Weise physikalische Phänomene wie Kapillarkraft, Oberflächenspannung oder Verbrennungsvorgänge: Magnete fliegen auseinander, Wasser umschließt Luft und eine Kerzenflamme sieht ganz anders aus.

Technische Probleme in der Schwerelosigkeit

Schwerelosigkeit kann bei empfindlichen technischen Geräten (besonders bei solchen mit zahlreichen beweglichen Teilen) Probleme verursachen. Physikalische Prozesse, die von der Wirkung des Gewichts von Körpern abhängen (etwa die Konvektion, siehe zum Beispiel bei Kerzen oder beim Wasser kochen), funktionieren im schwerelosen Zustand genauso wenig wie Geräte des Alltags z. B. Duschen, Waschbecken oder Toiletten. Daher sind in Raumfähren und Raumstationen speziell an die Schwerelosigkeit angepasste sanitäre Anlagen (etwa ein Klosett mit Fäkalien-Sauganlage) im Einsatz. Getrunken wird im Weltraum auch nicht aus Tassen oder Gläsern, sondern aus verschließbaren Tuben oder Bechern mit Deckel und verschließbarem Strohhalm.

Die Schwerelosigkeit bietet aber auch viele technische Vorteile gegenüber den Möglichkeiten, die wir auf der Erde haben. So können zum Beispiel die Adhäsionskraft und die Eigenschaften der Oberflächenspannung besser beobachtet werden, was nicht zuletzt ein großer Fortschritt für die Erforschung des Mikrokosmos ist. Ein Beispiel für eine Beobachtung, die man auch im Alltag an frei fallenden Flüssigkeiten machen kann, ist die kettenartige Verformung einer Wassersäule (Springbrunnen, kleiner Wasserfall), die entsteht, wenn die Oberflächenspannung versucht, kugelförmige Tropfen zu bilden, während die Kohäsion versucht, die Wassersäule zusammenzuhalten. Für Raumstationen bietet die Schwerelosigkeit den Vorteil einer optimalen Platzausnutzung, da auch an Wänden und an der Decke Ausrüstungen montiert werden können.

Reaktion des menschlichen Körpers auf Schwerelosigkeit

Der menschliche Körper reagiert auf das Gefühl der Schwerelosigkeit vielfach mit der Raumkrankheit, die genauso wie die Reisekrankheit durch eine Verwirrung des Gleichgewichtssinns hervorgerufen wird.

Mit fortschreitender Gewöhnung an den schwerelosen Zustand verschwinden die für die Raumkrankheit charakteristischen Symptome (Schwindelgefühl, Übelkeit bis zum Erbrechen). Lang andauernde Schwerelosigkeit (2 Monate oder länger) führt zu einer Anpassung des menschlichen Körpers an die (vor allem im Wirbelsäulen- und Beinbereich spürbare) Entlastung: Knochen- und Muskelmasse sowie das Blutvolumen schwinden, was vielen Raumfahrern bei der Rückkehr auf die Erde gesundheitliche Probleme bereitet. Zur Vorbeugung müssen Raumfahrer auf Langzeiteinsätzen daher (auf einem Laufband oder Ergometer) durch körperliche Betätigung der Schwerelosigkeit einen künstlich erzeugten Widerstand entgegensetzen. 2012 zeigten Untersuchungen an Astronauten auch Veränderungen an Gehirn und Augen.[7][8]

Weblinks

 Commons: Schwerelosigkeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Greiner: Klassische Mechanik I. Harri Deutsch, 2007, ISBN 978-3817118151 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch Der Experimentalphysik: Mechanik, Relativitat, Wärme, Band 1. de Gruyter, 1998, ISBN 3110128705 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  3. Glasballon-Experiment in der Folge 11 „Menschen ohne Gewicht“ der Sendereihe Was sucht der Mensch im Weltraum? mit Heinz Haber, wie sie derzeit (Frühjahr 2011) in der Space Night des BR ausgestrahlt werden
  4. Ernst Schmutzer: Grundlagen der Theoretischen Physik, S. 333–, John Wiley & Sons 29. August 2005, ISBN 978-3-527-40555-8 (Zugriff am 22. Juli 2013)
  5. Paul Dobrinski,Gunter Krakau,Anselm Vogel: Physik für Ingenieure, S. 92–, Springer DE 11. Dezember 2009, ISBN 978-3-8348-9374-1 (Zugriff am 22. Juli 2013)
  6. Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
  7. Schwerelosigkeit verändert Gehirn orf.at;Astronauts' eyeballs deformed by long missions in space, study finds guardian.co.uk, abgerufen am 13. März 2012
  8. Larry A. Kramer, et al.: Orbital and Intracranial Effects of Microgravity: Findings at 3-T MR Imaging. Radiology, March 13, 2012, abstract abgerufen am 15. März 2012
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