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Schusswunde

Aus Jewiki
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Ausschussdefekt des Schädeldachs mit trichterförmiger Erweiterung nach außen und Entlastungsbruchlinien im rechten Scheitelbein
Klassifikation nach ICD-10
T14.1- Offene Wunde an einer nicht näher bezeichneten Körperregion
X93 / X94 / X95 Tätlicher Angriff:

mit Handfeuerwaffe / mit Gewehr, Schrotflinte oder schwererer Feuerwaffe [Schusswaffe] / mit sonstiger oder nicht näher bezeichneter Feuerwaffe [Schusswaffe]

W32 / W33 / W34 Unfall:

durch Handfeuerwaffe / durch Gewehr, Schrotflinte und schwerere Feuerwaffe [Schusswaffe] / durch sonstige und nicht näher bezeichnete Feuerwaffen [Schusswaffen]

X 72 / X 73 / X74 Vorsätzliche Selbstbeschädigung:

durch Handfeuerwaffe / durch Gewehr, Schrotflinte und schwerere Feuerwaffe [Schusswaffe] / durch sonstige und nicht näher bezeichnete Feuerwaffen [Schusswaffen]

Y35.0 Gesetzliche Maßnahme unter Einsatz von Feuerwaffen [Schusswaffen]
Y36.4 Kriegsverletzungen durch Feuerwaffen [Schusswaffen] und sonstige Formen der konventionellen Kriegsführung
Y22 / Y23 / Y24 Umstände unbestimmt:

Schuss aus Handfeuerwaffe / Schuss aus Gewehr, Schrotflinte oder schwererer Feuerwaffe [Schusswaffe] / Schuss aus sonstiger oder nicht näher bezeichneter Feuerwaffe [Schusswaffe]

ICD-10 online (WHO-Version 2013)

Eine Schusswunde (lat., Plural vulnera sclopeteria) oder Schussverletzung ist eine Verletzung, die durch ein Geschoss (Pfeil oder Projektil) verursacht wird; dieses kann in der Wunde stecken bleiben oder es durchdringt den Körper. Forensisch und militärisch wird die Schusswunde in der Wundballistik näher untersucht.

Arten

Je nach Weg und Verbleib des Projektils unterscheidet man zwischen Durchschuss, Steckschuss (das Projektil, hier Steckgeschoss genannt, verbleibt im Körper), Prellschuss und Streifschuss.

Der Streifschuss verläuft tangential zur Körperoberfläche, so dass das Geschoss eine grabenförmige Wunde aufreißt, ohne jedoch in den Körper zu tunneln. Ein Tangentialschuss mit rinnenförmiger Wunde wird als Rinnenschuss, bei unter der Haut liegendem Verlauf als Haarseilschuss bezeichnet.

Ein Prellschuss wird durch matte Geschosse (Gummigeschosse, wie sie z. B. durch Ordnungskräfte auf Demonstrationen eingesetzt werden) ausgelöst. Er dringt nicht in die Haut ein, verursacht also keine äußere Wunde, sondern eine Quetschung, deren Spuren häufig an der zähelastischen Haut übersehen werden. Darunter können jedoch erhebliche Verletzungen verborgen sein, sogar Knochenbrüche, Muskel- und Eingeweidezerreißungen (letztere zählen zu den inneren Wunden).

Die Wirkung eines Schusses richtet sich nach dem betroffenen Organ oder Körperbereich und auch nach der Art des Geschosses und physischer Konstitution des Getroffenen. Sie ist entgegen allen Mythen nicht vorhersagbar. Die alten Musketenkugeln wurden sehr leicht durch Widerstände abgelenkt, wie z. B. Knochen. Sie umzogen dann den betreffenden Körperteil, z. B. bei einem Rippenschuss den Brustkasten (Ringel-/Konturschuss). Die konischen Geschosse der Büchsen durchdringen den Körper meist in gerader Richtung. Alle Bleigeschosse können sich am Körper abplatten, sofern sie matt sind. Vollmantelgeschosse mit kleinen Kalibern haben eine hohe Durchschlagskraft und behalten meist ihre Form. Schrotschusswunden sind von geringerer Bedeutung, da die Schroten meist nicht tief eindringen können. Beim Kanonenbeschuss auf hölzerne Segelschiffe waren oft Wunden durch umherfliegende Holzsplitter zu beobachten, welche entweder an den Knochen abprallten und nur unter die Haut drangen, aber je nach Winkel und Wucht mitunter auch ins Körperinnere. Diese Verletzungen sind nach heutiger und strenger Definition keine Schusswunden, auch medizinisch gleichen sie eher den Verletzungen bei Explosionen.

Schussbruch des Oberschenkelknochens. Röntgenbild seitlich

Medizinische Aspekte

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Bei der Schusswunde unterscheidet man den Einschuss vom Ausschuss. Schussverletzungen ohne Ausschuss nennt man Steckschuss. Die Ausschusswunde ist in der Regel infolge irregulärer Taumelbewegung und Schockwelle des Projektils deutlich größer. Besondere Auswirkungen haben Schussverletzungen durch die Tatsache, dass nicht nur ein Gewebsverlust im Schusskanal selbst, sondern auch infolge der hohen kinetischen Energie des Geschosses Gewebsuntergang in einer Zone der molekularen Erschütterung um den Schusskanal herum resultiert. Bei Schussverletzungen kommt es zunächst zu einem so genannten temporären Wundkanal durch das Geschoss, der durch eindringende Gase und die Verdrängungswirkung des Geschosses hervorgerufen wird. Durch die Elastizität des Gewebes verkleinert sich dieser aber wieder und es kommt zu der Bildung des permanenten Wundkanals.

Sind beim Einschuss Knochen betroffen, so tritt meist eine ausgedehnte Zersplitterung (Schussfraktur) ein.

Stets sind zwei Gruppen von Folgeschäden in unterschiedlichen Intervallen zu befürchten:

  1. direkte, meist akute:
    1. innere Blutungen durch Gefäß- oder Herzläsion, durch Verletzung parenchymatöser Organe wie Milz und Leber
    2. Atemnot durch Eröffnung des Brustkorbs, Verletzung der Lunge
    3. Funktionsausfall des Zentralnervensystems beispielsweise bei Kopfschuss
    4. Infektion oder Bauchfellentzündung durch Hohlorganperforationen
  2. verzögert: Infektion

Unbehandelte Schussverletzungen der Haut, des Weichgewebes, des Brustkorbs oder Bauchraums führen wie entsprechend ausgeprägte Stichverletzungen zu Entzündungen oder Blutvergiftung (Sepsis) und bedürfen meist einer antibiotischen Therapie.[1] Regelmäßig geformte metallene Geschosse können in den Körper einheilen, sofern das Metall nicht gewebetoxisch ist oder Gasbildung (Beryllium) verursacht. Eingedrungene Kleidungs- bzw. Holzstückchen oder aber auch sogenannte Sekundärgeschosse (z. B. Splitter von Deckungen), aber auch abgestorbene (avitale) Knochensplitter verursachen oft bedeutende Eiterungen. Bei Schusswunden sind außerdem die belastenden psychischen Auswirkungen (Panik, Depression und Demotivation) zu untersuchen.

Geschichte

Chirurgische Entfernung einer Gewehrkugel am rechten Beckenkamm (rechts, Fig. 1), Gewehrkugel-Impression an der Außenseite des rechten Darmbeins (links oben, Fig. 2) und an der Vorderseite des linken Schienbeins (links unten, Fig. 3). Farblithografie von Nicolas Henri Jacob, 1840

Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts (1460 bei Heinrich von Pfalzpaint, 1497 bei Hieronymus Brunschwig, 1517 bei Hans von Gersdorff)[2] ist in deutschsprachigen Texten die Behandlung von durch Feuerwaffen entstandene Schusswunden belegt.[3][4] Verschiedene konkurrierende Behandlungsmethoden waren verbreitet; so etwa das Ausgießen des Schusskanals mit heißem Öl[5] zur Behandlung der angenommenen Vergiftung durch das Schießpulver. So empfahl aus diesem Grund auch Giovanni da Vigo noch 1514, siedendheißes Holunderblütenöl (Oleum sambuci)[6][7] in die Schusswunde zu geben. In Frankreich setzte sich Ambroise Paré, der 1536 feststellte, dass die Anwendung einer aus Eigelb, Rosenöl und Terpentin bestehenden, weit milderen (nicht selbst eine Verbrennung verursachenden) Mischung die Wunde besser heilen[8] ließ, im 16. Jahrhundert intensiver mit Schusswunden auseinander.[9]

Der Chirurg Gustav Simon veröffentlichte 1851 ein Buch über Schusswunden, in dem er veralteten Vorstellungen widersprach, beispielsweise dem Gedanken, eine Schusswunde wäre einer Brandwunde vergleichbar, da Kugeln Gewebe erhitzen würden.[10] Er hatte 1849 über längere Zeit 148 durch Schusswunden verletzte Patienten behandelt und beobachtet, wobei 143 Soldaten durch Flintenkugeln verletzt worden waren. Von den 148 Verwundeten starben 5, die übrigen wurden geheilt entlassen.[10] Simon vertrat die Ansicht, dass viele Schussverletzungen röhrenförmigen Schnittverletzungen mit Substanzverlust vergleichbar seien.[10]

Bis ins späte 19. Jahrhundert wurden Schusswunden insbesondere im Kontext von kriegerischen Auseinandersetzungen großflächig versorgt. In der Regel untersuchte der Chirurg den Schusskanal im Feldlazarett mit den bloßen Fingern, bemühte sich um jeden Preis, das stecken gebliebene Projektil zu entfernen, vergrößerte so die Wunde und die Gefahr einer Sepsis. Bei Verletzungen der Extremitäten lief das meist auf eine Amputation hinaus, auch bedingt dadurch, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das Projektil aus Blei bestand, und erst mit dem 20. Jahrhundert Vollmantelpatronen im Kriegsgebrauch verpflichtend wurden. Das Pendel schlug Ende des 19. Jahrhunderts ins Gegenteil um: Es hieß, Schusswunden in Ruhe zu lassen, von außen gründlich zu desinfizieren und zu warten. Den Anlass dazu gaben zwei Entwicklungen: 1872 hatte Richard von Volkmann die antiseptische Wundbehandlung mit Karbol (nach Lister) bekannt gemacht, zudem wurden die Kaliber moderner Infanteriegewehre immer kleiner und Vollmantelgeschosse benutzt, die Schusskanäle also deutlich enger. In seinem Artikel Über Schußwunden aus dem modernen Infanteriegewehr, erschienen im Januar 1905 in der Zeitschrift Die Woche, bringt der auf Kriegsverletzungen spezialisierte Chirurg Ernst von Bergmann die dadurch neu entstandene Lage so auf den Punkt:

„Fort also mit dem Kugelsuchen und Kugelziehen! Die Beispiele über Einheilungen der Geschosse in allen Organen und Geweben mehren sich. Schon 1895 konnte ich über 24 bei Selbstmordversuchen ins Hirn eingedrungene 5 mm-Revolverkugeln berichten. 19 von ihnen heilten ohne weitere Störungen ein, ohne daß auch später die Patienten gelitten hätten.

[Im Krieg] 1877/78 stammten die Verwundungen von zwei- und viermal größeren Geschossen als dem modernen Mantelgeschoß unserer Infanterie. Die reinen und glatten Wundkanäle der Nah- und Fernschüsse in den Weichteilen, die kleinen Ein- und Ausgangsöffnungen bei den Knochenbrüchen, wenn sie aus größerer Entfernung als 800 Meter zustande kommen, lassen heutzutage viel mehr hoffen als damals. […] In dieser Beziehung sind wir gespannt auf die Ergebnisse des russisch-japanischen Kriegs, in dem auf beiden Seiten sehr tüchtige Kriegschirurgen tätig sind und die Schußwunden aus Gewehren mit dem kleinsten bis jetzt verwandten Kaliber stammen.“

Ernst von Bergmann: Die Woche, 1905[11]

Siehe auch

Literatur

  • Bernd Brinkmann, Burkhard Madea (Hrsg.): Handbuch gerichtliche Medizin. Band 1, Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-00259-6.
  • Silke M. C. Brodbeck: Postmortale Computertomographie von Schussverletzungen im Vergleich zu Obduktionsbefunden. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-86676-039-4 (zugleich: Frankfurt am Main, Univ., Diss., 2005).
  • Vincent J. M. DiMaio: Gunshot Wounds. Practical Aspects of Firearms, Ballistics, and Forensic Techniques. 2. Auflage, CRC, Boca Raton 1999, ISBN 0-8493-8163-0.
  • Beat Kneubuehl (Hrsg.), Robin Coupland, Markus Rothschild, Michael Thali: Wundballistik. Grundlagen und Anwendungen. 3. Auflage, Springer, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-79008-2.
  • Ralf Vollmuth: „Von den geschosszenen Wunden“. Die Behandlung von Schußwunden in deutschsprachigen chirurgischen Werken des 15. Jahrhunderts. In: Orvostörténeti közlemények. Communicationes des historia artis medicinae 145–146, Band 40, 1994, Nr. 1 f., S. 5–28.
  • Otto Karl Schjerning et al.: Die Schußverletzungen. [Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Ergänzungsband 7]. Hamburg, Gräfe & Sillem, 1913, 2. Auflage.
  • Georg Hirth: Selbstbekenntnisse eines Schwerverwundeten. In: Die Gartenlaube. Nr. Heft 43, 1866 S. 672–674 (Volltext [Wikisource]).

Weblinks

 Commons: Schusswunde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 157.
  2. Franz Bäumer, Angelika Schaller, Hermann A. Henrich: Zur Geschichte der Chirurgie der Schußverletzungen. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 14, 1996, S. 449–458; hier: S. 449–451.
  3. Ralf Vollmuth: Anmerkungen zur Behandlung von Schußwunden durch Feuerwaffen in deutschsprachigen chirurgischen Werken des 15. Jahrhunderts: Drei Nachträge. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 17, 1998, S. 205–214.
  4. Vgl. auch Felix Croes: Schotwonden in de 16e eewu. Medizinischen Dissertation Amsterdam 1940.
  5. Gundolf Keil: Hans der Franzos. In: Burghart Wachinger u. a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 3. De Gruyter, Berlin / New York 1981, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 450 f.
  6. Ralf Vollmuth: Traumatologie und Feldchirurgie an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Steiner, 2001, ISBN 3-515-07742-1, S. 101.
  7. Münchener medizinische Wochenschrift. Band 67, Ausg. 3, 1920, S. 1071.
  8. Axel W. Bauer: Therapeutik, Therapiemethoden. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1388–1393; hier: S. 1389.
  9. Franz Bäumer, Angelika Schaller, Hermann A. Henrich: Zur Geschichte der Chirurgie der Schußverletzungen. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Bd. 14, 1996, S. 449–458; hier: S. 453 f.
  10. 10,0 10,1 10,2 Gustav Simon (Grossherzogl. Hessischer Militärarzt): Ueber Schusswunden. verbunden mit einem Berichte über die in Grossh. Militär-Lazareth zu Darmstadt behandelten Verwundeten vom Sommer 1849.. Ernst Heinemann, Heyer`s Universitäts-Buchhandlung, Giessen 1851, OCLC 916967625 (Angaben zur Zahl der Verwundeten auf Seite 2, Vergleich mit Brandwunden auf Seite 6 unten, Schusswunde entspricht Schnittwunde auf Seite 10, Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  11. Die Woche, Heft 2, 1905, S. 61.
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