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Samuel Petschek

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Samuel Petschek, vollständig Samuel ben Josef Halevi Petschek, vormals Sanwel Josef Levi Obernitz (geb. 1746 vermutlich in Obernitz; gest. 21. Oktober 1822 in Kolin, Königreich Böhmen), gilt in der Namenforschung als Stammvater der deutschböhmischen Unternehmerdynastie Petschek, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu den reichsten jüdischen Familien Europas zählte.

Leben

Die Ahnenforschung führt Samuel ben Josef Halevi Petschek als ersten dokumentierten Pater familias und Träger des Nachnamens Petschek auf. Er wurde im Jahr 1746 geboren. Sein Geburtstag ist unbekannt. Nachweislich verstarb er am 21. Oktober 1822 im Alter von 76 Jahren in Kolin. Über seine Eltern ist lediglich bekannt, dass sie Josef Halevi und Sara hießen. Der Geschlechtername Halevi weist auf Nachkommen vom Stamme der Leviten hin und ist in männlicher Linie erblich. Vermutlich stammte Samuel aus Obernitz (Obrnitz) in Nordböhmen, da er bis zum Jahr 1788 Sanwel Josef Levi Obernitz („der Levit aus Obernitz“) genannt wurde.[1][2]

Die Familie wohnte spätestens ab dem Jahr 1780 in Petschek und gehörte der Jüdischen Gemeinde Kolin an, wo Samuel ben Josef Halevi als Schriftgelehrter wirkte.[3] Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Hausierer und war verheiratet mit Anna Channa Reichmann (1752–1834).[4] Gemeinsam hatten sie vier Kinder:

  • Moses (1788, Kindstod nach 7 Monaten)
  • Israel (1789–1852)
  • Rosel Sara (1792–?), heiratete Aron Schindelka (1788–1846), den Sohn des Koliner Rabbi Nathan Pinkas (später Adam Schindelka genannt)
  • Esther (1797–?)[5][6]

Im Zuge der Josephinischen Reformen erhielten die Juden in Böhmen im Oktober 1781 Religionsfreiheit und die Staatsbürgerschaft der Habsburgermonarchie. Grundsätzlich hatten Juden bis zu diesem Zeitpunkt keine Nachnamen und wurden in keiner Matrikel erfasst. Mit der Gleichstellung war der Eintrag in Gemeindebücher nebst dem Führen bürgerlicher Namen verbunden. In der Praxis erhielten sie, wenn nicht selbst ausgewählt, einen Nachnamen zugewiesen. Samuels Registrierung erfolgte im Jahr 1788 und verlief der Legende nach bei dem zuständigen Regionalbeamten in Kolin folgendermaßen:

„Also, er ist Jude, wie heißt er?“
„Weiß nicht?“
„Also wird er mir wenigstens sagen, wo er wohnt?“
„Petschek?“
„Sehen Sie, dann heißt er Petschek.“[7][8]

Das Gespräch erfolgte in deutscher Sprache. Die tschechische Schreibweise des Ortes war und ist Peček. Deutsch und jiddisch sprechende Einwohner nannten den Ort Petschek. Die Petscheks waren deutschsprachige Juden und galten als überzeugte Anhänger der österreich-ungarischen Monarchie. Auch später hielten sie an der deutschen Schreibweise ihres Familiennamens fest.[9] Hierbei ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich alle jüdischen Bewohner der cisleithanischen Kronländer primär als Deutsche der österreichischen Reichshälfte wahrgenommen wurden und sich selbst als solche sahen.[10]

Nachfahren

Die Petscheks waren ursprünglich orthodoxe Juden, die sich ab Beginn des 20. Jahrhunderts dem liberalen Judentum zuwandten. Gemäß der mosaischen Primogenitur hatte der erstgeborene Sohn (vgl. Pidjon ha-Ben) Anspruch auf den Doppelanteil am Erbe des Vaters sowie besondere Vorrechte gegenüber seinen Brüdern, aber auch Pflichten gegenüber der gesamten Familie. Dazu zählte vor allem, die Einheit der Familie zu erhalten, sowie die Sorge für die verwitwete Mutter und für die unmündigen Kinder.[11] Nach dem Säuglingstod von Samuel Petscheks Erstgeborenem gingen entsprechend der mosaischen Gesetze die Erstgeburtsrechte (hebr. „Bechor“) auf Israel Petschek über.[12] Als patrilineare Familienoberhäupter folgten nach Samuel Petscheks Tod:

Israel ben Samuel Petschek (1789–1852)
Moses ben Israel Petschek (1822–1888)
Isidor Petschek (1854–1919)
Otto Petschek (1882–1934)
Viktor Petschek (1914–2008)

Das erste größere Vermögen der Familie erwarb Samuel Petscheks Enkel Moses, der als Geldverleiher und Bodenspekulant den Grundstein des Familienimperiums legte und als eigentlicher Begründer der Unternehmerdynastie gilt.[12][13]

Literatur

  • Joseph C. Pick: The Economy. In: Guido Kisch, Hans Kohn u. a. (Hrsg.): The Jews of Czechoslovakia. Historical studies and surveys. Vol. 1. Jewish Publication Society of America (Philadelphia), 1968, S. 359–438.
  • Gustav Otruba: Der Anteil der Juden am Wirtschaftsleben der böhmischen Länder seit dem Beginn der Industrialisierung. in: Ferdinand Seibt (Hrsg.): Die Juden in den böhmischen Ländern. Oldenbourg, 1983, S. 209–268.
  • Ivana Ebelová (Hrsg.): Soupis židovských familiantů v Čechách z roku 1793 – Verzeichnis der Judenfamilianten in Böhmen von 1793. Band 1. Narodní Archiv, Praha, 2003, S. 247, 271.

Weblinks

 Commons: Familie Petschek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eduard Bass: Kázáníčka. Kentaur Polygrafia, 1993, S. 68.
  2. Weitere Angaben und Recherchen von Mark Petschek über Samuel Petschek, Halevi auch unter geni.com.
  3. The History of Jews in Kolín JewishGen by Museum of Jewish Heritage, abgerufen am 3. November 2020.
  4. Cesta od lichvářů po uhlobarony skončila pro Petschky za oceánem Mladá fronta Dnes vom 6. Februar 2018, abgerufen am 2. November 2020.
  5. Rusmir Mahmutćehajić: Jahrbücher der Gesellschaft für Geschichte der Juden in der Čechoslovakischen Republik 1929 bis 1936. I. Jahrgang, 1929. Textor Verlag, 2005, S. 364.
  6. Weitere Angaben und Recherchen von Mark Petschek über Samuel Petschek, Halevi auch unter geni.com.
  7. Kdo byli Petschkové? Český rozhlas vom 21. Mai 2015, abgerufen am 2. November 2020.
  8. Eduard Bass: Kázáníčka. Kentaur Polygrafia, 1993, S. 67 f.
  9. Norman Eisen: The Last Palace. Europe‘s Extraordinary Century Through Five Lives and One House in Prague. Hachette UK, 2018.
  10. Adrian von Arburg: Die Besiedlung der Grenzgebiete der böhmischen Länder 1945–1950: Forschungsstand, ausgewählte Probleme und Arbeitsbibliographie. Dissertation. GRIN Verlag, 2008, S. 13 f.
  11. Erstgeburtsrecht (mischpat habechora) Wörterbuch des Jüdischen Rechts, abgerufen am 2. November 2020.
  12. 12,0 12,1 Petschek & Co. Books Discovered Once Again, abgerufen am 2. November 2020.
  13. Peter Bayer: Mocná dynastie Petschků. Investum Osobní profesní stránka, 2010. Archiv Investum, abgerufen am 2. November 2020.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Samuel Petschek aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.