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Salpetersieder

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Salpetergewinnung um 1580

Salpetersieder (auch Saliterer, Salvaiter[1] oder Salpeterer) ist die (historische) Bezeichnung eines Berufes, der mit der Einführung des Schwarzpulvers große militärische Bedeutung erlangte, weil Salpetersieder den zur Herstellung des Pulvers notwendigen Salpeter (den Saliter, genauer Kaliumnitrat bzw. das Ausgangsmaterial Kalksalpeter) sammelten und beschafften.

Darüber hinaus werden die Aufständischen der Salpetererunruhen im südbadischen Hotzenwald als „Salpeterer“ bezeichnet. Der Name leitet sich von deren Anführern her, die den Beruf einst ausgeübt hatten. Diese Namensgebung entstand allerdings erst durch die Geschichtsschreibung im frühen 19. Jahrhundert.

Salpetergewinnung

Der Mauersalpeter wurde aus dem Erdboden und von den Mauern von Ställen und Wohnhäusern gewonnen, weil er sich dort aus dem im Boden vorhandenen Kalk und den nitrathaltigen Exkrementen und Urin der Tiere und Menschen bildete.

Zur Kalisalpetergewinnung wurde der Boden ausgegraben, mit Pottasche versetzt und ausgewaschen, wobei Calciumcarbonat ausfiel und zurückblieb. Man erhielt eine salzhaltige Lösung mit Kalisalpeter. Dieser wurde durch Eindampfen bzw. Sieden als gesättigte Lösung erhalten. Da sich Kalisalpeter im Verhältnis zu vielen anderen Salzen in heißem Wasser deutlich besser löst als in kaltem, kristallisiert beim Abkühlen der gewünschte Salpeter zuerst aus. Durch Wiederholung dieses Umkristallisierens wurde die gewünschte Reinheit erhalten.

Häufig wurde der Mauersalpeter auch durch Abschaben an Lehmwänden von Gruben gewonnen, welche der Verrieselung von Urin dienten (siehe Komposttoilette).

Salpetersieder war ein nicht sesshafter Beruf. Der Salpeterer musste durchs Land von Dorf zu Dorf ziehen und mit Vollmacht der Landesherren die Anwesen der Bauern durchwühlen. Er durfte die Böden von Stuben und Kammern aufreißen, Mauerstücke herausbrechen, Balken absägen und die salpeterhaltigen Teile mitnehmen. In seiner Hütte verkochte er die salzhaltige Erde in einer Sudpfanne mit Pottasche und schied den Kalisalpeter ab. Dieser wurde in Säcke gefüllt, beim Pfleger abgeliefert und ging von dort in Sammelposten in die Residenzstadt.

Manche Salpetersieder (bzw. Salpetergräber) gewannen ihr Produkt auch in Salpetergärten, in denen, ähnlich wie bei den Guanolagerstätten am Meer, die Ausgangsstoffe für den Salpeter, also tierische Abfälle etc. sowie Kalk aufgehäuft wurden. Auch Massengräber auf historischen Schlachtfeldern wurden später von Salpetersiedern verwertet und können daher teilweise kaum mehr von der Archäologie untersucht werden.

Der Salpetersiederberuf verlor an Bedeutung, als 1820 große Naturvorkommen von Natronsalpeter in Chile und Guano an den Steilküsten des Südpazifik entdeckt wurden.

Im Heimatmuseum in Görwihl ist eine alte Salpetersiederei nachgebildet.

Salpeterer als Plage

Wegen ihrer Vorgehensweise wurden Salpetersieder als Plage angesehen. Ihrerseits jedoch waren sie vertraglich zur Ablieferung einer gewissen Mindestmenge von Salpeter an den Landesherren verpflichtet. Es gab für die Betroffenen keine Möglichkeit, sich vor dem Saliterer zu schützen, es sei denn, man hielt ihn sich durch Geldzuwendungen vom Leibe. Unzählige Beschwerden über das rücksichtslose Vorgehen der Saliterer führten im Kurfürstentum Bayern lediglich 1798 zu einer Verfügung, welche den Adeligen und Pfarrern Erleichterung verschaffte.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Lebrecht Rösling: Ueber Pottaschen- und Salpeter-Siedery. Zwey Abhandlungen, worin man theils verbesserte, theils ganz neue Anlagen findet, und Anleitung zur Berechnung der Anlagskosten und des Ertrags erhält. Palm, Erlangen 1806.
  • Heinrich Hansjakob: Die Salpeterer, eine politisch-religiöse Sekte auf dem südöstlichen Schwarzwald. Zimmermann, Waldshut 1867.
  • Otto Gruber: Deutsche Bauern- und Ackerbürgerhäuser. Eine bautechnische Quellenforschung zur Geschichte des deutschen Hauses. Braun, Karlsruhe 1926; Reprint: Gerstenberg, Hildesheim 1981, ISBN 3-8067-0865-7.
  • Günther Haselier: Geschichte des Hotzenwalds. Schauenburg, Lahr 1973 DNB 730096254.
  • Thomas Lehner (Hrsg.): Die Salpeterer. „freie, keiner Obrigkeit untertane Leut’ auf dem Hotzenwald“. Wagenbach, Berlin 1977, ISBN 3-8031-2036-5, 124 S., Ill., Notenbeispiele.
  • Emil Müller-Ettikon: Die Salpeterer. Geschichte eines Freiheitskampfes auf dem südlichen Schwarzwald. Schillinger, Freiburg im Breisgau 1979, ISBN 3-921340-42-X.
  • Rudolf Metz: Geologische Landeskunde des Hotzenwalds. Mit Exkursionen, besonders in dessen alten Bergbaugebieten. Schauenburg, Lahr 1980, ISBN 3-7946-0174-2.
  • A. R. Williams: The production of saltpetre in the middle ages. In: Ambix. Band 22, Nr. 2, 1975, S. 125–133.
  • Jens Soentgen: Die Bluttaufe des Salpetzers: Über die vorindustrielle Herstellung einer Machtsubstanz. In: Gerhard Ertl, Jens Soentgen: N. Stickstoff – Ein Element schreibt Weltgeschichte. München: oekom 2015, ISBN 978-3-86581-736-5, S. 79–100.
  • Jens Soentgen: Sprengstoff aus dem Schweinestall. Youtube-Video über die Herstellung von Salpeter https://www.youtube.com/watch?v=DxM64N58HVE

Einzelnachweise

  1. Hohenzollerische Heimat. Vierteljahresblätter für Schule und Haus. Nr. 2, Gammertingen 1964, S. 28.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Salpetersieder aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.