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Polymethylmethacrylat

Aus Jewiki
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Strukturformel
Polymethylmethacrylat
Allgemeines
Name Polymethylmethacrylat
Andere Namen
  • PMMA
  • Poly(methyl-2-methylpropenoat)
  • Plexiglas (eingetr. Markenname)
  • Acrylglas (umgangssprachlich)
  • O-Glas (umgangssprachlich)
CAS-Nummer 9011-14-7
Monomer Methacrylsäuremethylester
Summenformel der Wiederholeinheit C5H8O2
Molare Masse der Wiederholeinheit 100,12 g·mol−1
Art des Polymers

Thermoplast

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest

Dichte

ca. 1,19 g·cm−3

Glastemperatur

ca. 105 °C

Löslichkeit

nur in wenigen Lösungsmitteln, z. B. Aceton

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Polymethylmethacrylat (Kurzzeichen PMMA, umgangssprachlich Acrylglas oder Plexiglas) ist ein synthetischer, transparenter, thermoplastischer Kunststoff.

Geschichte

Acrylglas wurde 1928 etwa zur selben Zeit in Deutschland, Großbritannien und Spanien entwickelt. In Deutschland war hieran der Chemiker Walter Bauer (1893-1968) beteiligt. Die ersten gegossenen Scheiben aus Acrylglas wurden im Jahre 1933 in Deutschland von Dr. Otto Röhm hergestellt und zur Marktreife gebracht. Es wird heute in großen Mengen für ein breites Spektrum von Anwendungen eingesetzt. Die ersten Kontaktlinsen aus Kunststoff wurden etwa 1939 durch Heinrich Wöhlk aus PMMA hergestellt. Eines der ersten Alltagsprodukte aus PMMA waren Deckel von Radio-Plattenspieler-Kombinationen (Braun SK 4 von 1956, der so genannte „Schneewittchensarg“). Außerdem findet der Stoff in der Medizin Einsatz als sog. Knochenzement zur Stabilisierung von Implantaten im Knochen.

Herstellung

PMMA wird routinemäßig radikalisch durch Emulsions-, Lösungs- und Substanzpolymerisation hergestellt (einschließlich Methoden der lebenden Polymerisation). Auf solche Weise produziertes PMMA ist ataktisch und völlig amorph. Eine anionische Polymerisation von PMMA ist ebenfalls möglich. Um 1 kg PMMA herzustellen, werden in etwa 2 kg Erdöl benötigt.

Synthetisierung durch radikalische Polymerisation

Folgender Mechanismus läuft ab (hier mit Dibenzoylperoxid als Reaktionspartner des Methacrylsäuremethylesters).[2]

1. Radikalbildung

Da organische Peroxide bei geringer Wärmezufuhr homolytisch zerfallen, eignen sie sich gut als Radikal-Bilder. Zunächst wird Dibenzoylperoxid gespalten, bevor sich von den entstehenden Radikalen CO₂ abtrennt.

Radikalbildung PMMA.svg

2. Kettenstart

Nun reagiert das entstandene Radikal mit Methacrylsäuremethylester (MMA) zu einem neuen, größeren Radikal.

Chain initiation PMMA.svg

3. Kettenwachstum

Beim Kettenwachstum reagiert das bei 2. entstandene Radikal erneut mit dem Methacrylsäuremethylester. Diese Reaktion passiert immer wieder, so dass immer größere Radikale entstehen.

Chain propagation PMMA.svg

4. Kettenabbruch

Das Kettenwachstum kann auf zwei Weisen abgebrochen werden: Erstens können zwei Radikale aufeinandertreffen, zweitens kann der MMA aufgebraucht sein. Hier ist die erste Möglichkeit dargestellt.

Chain termination PMMA.svg

Aufbau und Eigenschaften

Struktur von Polymethylmethacrylat

Druck, Temperaturverlauf und Dauer des Polymerisationsprozesses haben dabei Einfluss auf die mittlere Länge der entstehenden Polymerketten sowie der Vernetzung und Verschränkung der Polymerketten untereinander. Dies hat wiederum direkte Auswirkungen auf einige physikalische und chemische Eigenschaften, die je nach Produktionsverfahren leicht von den nachfolgend genannten Werten abweichen können.

PMMA verbrennt knisternd, mit gelblicher Flamme, süßlichem Geruch, tropfend und ohne Rückstände. Beim Beklopfen mit dem Fingernagel klingt PMMA im Vergleich zu transparentem Polystyrol wegen geringerer Härte nicht blechern.

PMMA ist jenseits von 100 °C plastisch verformbar und diese Verformung ist thermisch reversibel. Es ermöglicht eine gute spanabhebende Bearbeitung, lässt sich sehr gut mit CO2-Lasern schneiden oder gravieren und ist kratzunempfindlicher als andere Thermoplaste. Verbindungen durch Kleben oder Schweißen sind möglich. Es transmittiert Licht besser als Mineralglas, ist gut einfärbbar, witterungs- und alterungsbeständig, beständig gegen Säuren, Laugen mittlerer Konzentration, Benzin und Öl. Ethanol, Aceton und Benzol greifen PMMA jedoch an. Daher dürfen Acrylglasflächen auch nicht mit Alkohol oder Lösungsmitteln gereinigt werden, da sonst Spannungsrisskorrosion entsteht. Es absorbiert UV-Licht (abgesehen von speziellen UV-durchlässigen Varianten für den Einsatz in der Röntgenlithographie oder für Solarien).

Die gute Witterungsstabilität der Methacrylatpolymere ist bedingt durch die rein aliphatische Struktur und die sterische Abschirmung der Polymerkette. Kommen bei der Polymerisation weitere Monomere (Alkyl- oder Arylmethacrylate) zum Einsatz, ist es möglich, die Eigenschaften des Mischpolymerisats den Produkterfordernissen anzupassen. So kann durch geeignete Wahl des Alkoholrests des monomeren Esters beispielsweise die Polymererweichungstemperatur beeinflusst werden: Langkettige Ester wie Lauryl- und Stearylmethacrylate zeigen bereits wachsartige Polymereigenschaften; Ester mit stark verzweigtem Alkoholrest liefern Polymere mit reduzierter Lösungsviskosität.

Copolymer-Kombinationen anionischer und kationischer PMMA ergeben Interpolyelektrolytkomplexe (IPEC).[3] Sie werden bevorzugt eingesetzt, Arzneistoffe zu ummanteln und sie in gut vorgegebener Weise freizusetzen.

Auch die Möglichkeiten der Formgebung sind sehr vielfältig. So kann es nicht nur als Glasersatz bei Fenstern eingesetzt werden, sondern auch für Haushaltsgegenstände, wie beispielsweise Schüsseln.

Technische Eigenschaften von PMMA:

Einsatzgebiete

Eine für Schau- und Lehrzwecke illustrativ und sicher in PMMA eingegossene Probe des giftigen und stark ätzenden chemischen Elementes Brom, das hierzu vorher in eine Glasampulle eingeschmolzen werden musste, weil es sonst mit dem umgebenden PMMA reagieren würde.

Aus Polymethylmethacrylat wird zum Einsatz in verschiedensten Bereichen eine Vielzahl von transparenten und nicht-transparenten Gegenständen, Waren, Bauteilen, Halbprodukten bzw. Halbzeugen gefertigt. PMMA ist z. B. unentbehrlich in der Zahnmedizin, wo es für Prothesen eingesetzt wird. Hierfür wird der Kunststoff mit Metallsalzen eingefärbt, so dass die typische rosa Farbe entsteht. In durchsichtiger Form wird er für Verbandsschienen eingesetzt. Der Kunststoff wird frei angemischt und härtet unter Hitze und Druck aus. Es können auch Aktivatoren zugesetzt werden.

Übersicht wichtiger Einsatzgebiete:

  • und weitere Gebiete bzw. Produkte
    • Bildende Kunst: Als Werkstoff und Bildträger
    • Fotografie: Direkter Fotodruck (meist nach CMYK-Farbmodell) auf die Rückseite des Acrylglases (Acrylglas-Foto)
    • Gartenbau: Beispielsweise für Bedachungen und Seitenteilen von Treibhäusern
    • Haushaltwaren: Schüsseln, Gehäuse, Behälter, Salatlöffel, Salz- und Pfeffermühlen
    • Klebstoffe: Methylmethacrylatklebstoff für Verbindungen von Metallen und Kunststoffen
    • Musikinstrumente: Schlagzeuge, Tastenbeläge von Klavieren
    • Raucherwaren: Zur Herstellung von Wasserpfeifen, sogenannte Acrylbongs
    • Schmuck: Sogenannte Plugs und anderer Schmuck für z. B. geweitete Piercings.

Marken- und Handelsnamen

Bekannt wurde PMMA unter dem Handelsnamen Plexiglas®, angemeldet 1933 von Otto Röhm.[5] In Europa und Asien ist dies ein eingetragener Markenname der Evonik Röhm GmbH[6], in den USA der Altuglas International (Arkema Gruppe).[7] Jedoch vertreibt auch Evonik unter dem Namen Acrylite® sein Acrylglas in den USA.

In Europa vermarktet die Altuglas International Gruppe PMMA unter dem Namen Altuglas; die Arkema Gruppe PMMA unter dem Namen Oroglas.[8]

In der DDR wurde der Markenname O-Glas (für „organisches Glas“) verwendet. Einziger Hersteller waren die Stickstoffwerke Piesteritz. Von „Piesteritz“ leitet sich der Handelsname Piacryl ab.

Es gibt eine Vielzahl von weiteren herstellerspezifischen Handelsnamen, darunter Biacryl, Conacryl, Deglas, Diakon, Friacryl, Hesaglas, Limacryl, PerClax und Vitroflex.

Acrylglas ist eine verallgemeinerte, herstellerunabhängige Bezeichnung für PMMA.

Recycling

Recycling-Code für Polymethylmethacrylat

Der Recycling-Code für Polymethylmethacrylat ist 07.

Literatur

  • Kai Buchholz: Plexiglas®. Werkstoff in Architektur und Design. Wienand, Köln 2007, ISBN 3-87909-925-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. Vgl.: Anna-Lena Eicke: Versuchsprotokoll. Herstellung von Plexiglas. Marburg 2009.
  3. Diego Gallardo, Brigitte Skalsky, Peter Kleinbudde: Characterization of combinations between anionic-cationic poly(methyl methacrylate) copolymers. In: Die Pharmazeutische Industrie, Band 73, Nr. 10, 2011, S. 1875-1884.
  4. 4,0 4,1 Degussa Röhm Plexiglas Produktbeschreibung, Kenn-Nr. 211-1, Feb. 2003.
  5. Geschichte auf www.plexiglas.de
  6. Eingetragen 2006-05 als Gemeinschaftsmarke unter der Nummer 003739505
  7. Altuglas International.
  8. Oroglas.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Polymethylmethacrylat aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.