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Nestorianismus

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Geschichtliche Entwicklung der traditionellen christlichen Gruppen

Nestorianismus ist die christologische Lehre, dass die göttliche und menschliche Natur in der Person Jesus Christus geteilt und unvermischt sei, und damit eine Form des Dyophysitismus. Sie ist nach Nestorius benannt, der von 428 bis 431 Patriarch von Konstantinopel war und sie maßgeblich vertreten hat. Insbesondere Kyrill von Alexandria hat sie heftig kritisiert, und auf dem Konzil von Ephesos 431 und dem Zweiten Konzil von Konstantinopel 553 wurden die Lehre und ihre Anhänger als Häresie verurteilt. Nur die Kirche des Ostens vertrat daraufhin noch die nestorianische Lehre, weshalb sie auch als Nestorianische Kirche bekannt ist.

Als Reaktion auf den Nestorianismus entstand der gegensätzlich ausgerichtete Monophysitismus (auch Miaphysitismus), nach dem Jesus vollkommen göttlich sei und nur eine göttliche Natur habe. Dieser wurde auf dem Konzil von Chalcedon 451 verworfen und die Zweinaturenlehre angenommen, nach der göttliche und menschliche Natur Christi unvermischt und ungetrennt nebeneinander stehen.

Maria wird nur als Christusgebärerin, aber nicht als Gottesgebärerin verehrt.

Inhalt der Lehre

Palmsonntagsprozession (?), Khocho, Nestorianischer Tempel, 683–770 n. Chr. Fresko, heute im Museum für Asiatische Kunst, Berlin-Dahlem.

In den christologischen Diskussionen des 5. Jahrhunderts nimmt der Nestorianismus die gegensätzliche Position zum Monophysitismus ein.

Definiert ist der Nestorianismus im Wesentlichen aus den Anathemata von Kyrill von Alexandria und des Konzils von Ephesos. Nach Kyrill besteht der Hauptpunkt des Nestorianismus in der Lehre, dass es in Jesus Christus eine Person mit einer göttlichen Natur und eine Person mit einer menschlichen Natur gegeben habe. Jedes zugeordnete Attribut und jede Handlung des inkarnierten Christus könne dabei einer dieser Personen zugeordnet werden. Beide Personen seien lediglich durch das Band der Liebe verbunden.

Jedoch haben weder Nestorius selbst noch die als seine Anhänger beschuldigten Vertreter der Antiochenischen Schule diese Dinge tatsächlich gelehrt. Vielmehr haben sie, wenn auch zum Teil in unglücklichen Formulierungen, Positionen vertreten, die schließlich im Konzil von Chalzedon 451 zum Tragen gekommen sind. Problematisch war, dass Nestorius den Gebrauch des Attributs Theotokos (Gottesgebärerin), ein Attribut paganer Göttinnen, in Bezug auf Maria, die Mutter Jesu, abgelehnt hat. Es sei besser, von einer Christusgebärerin oder Menschengebärerin[1] zu sprechen.

Auch die von der orthodoxen und römisch-katholischen Kirche oft als Nestorianer bezeichnete Assyrische Kirche des Ostens hat nie die vorgeworfenen Lehren vertreten, so dass man vom Nestorianismus lediglich als einem häresiologischen Konstrukt, nicht von einer historischen Bewegung, sprechen kann. Die monophysitischen Kirchen haben den Nestorianismusvorwurf auch auf die Chalzedonensier, also Orthodoxe und Katholiken, ausgedehnt.

Ausbreitung

Nestorius war bis 431 Patriarch von Konstantinopel, die von ihm vertretene Lehre wurde auf dem Konzil von Ephesos 431 verurteilt.

Viele seiner Anhänger wanderten schließlich ins Sassanidenreich aus, wo es zu dieser Zeit bereits eine relativ große Anzahl von Christen gab (wenn sie auch nie die Mehrheit bildeten). Wichtige Informationen dazu enthält die so genannte Chronik von Seert. Die sich formierende Kirche in Persien wurde oft als nestorianische Kirche bezeichnet – sie hatte mit Nestorius jedoch wenig gemein und sollte deshalb besser als ostsyrische Kirche bzw. als assyrische Kirche des Ostens bezeichnet werden. Sie stand jedoch der römischen Reichskirche von nun an feindlich gegenüber, sodass die mit dem römischen Reich verfeindeten persischen Könige fortan den persischen Christen wesentlich wohlwollender gegenüberstanden, wenn es auch vereinzelt zu Übergriffen kam. Weil die alten Zentren Konstantinopel, Alexandria und Antiochia nicht erreichbar waren, wurde Edessa, das heutige Urfa (bzw. Şanlıurfa) im Südosten der Türkei, das „nestorianische“ Zentrum. Sitz des Katholikos war Ktesiphon. Trotz mancher Behinderung konnte sich über die Seidenstraße, deren Arm durch Edessa führte, eine Missionstätigkeit entfalten (Johannes de Plano Carpini). Die Händler nahmen nicht nur Waren, sondern auch ihre Religion und ihre Überzeugung mit nach Osten. Christliche Gemeinden entstanden unter den Turkvölkern in Mittelasien und in Xinjiang (heute im Nordwesten der Volksrepublik China). Teilweise wurden auch ganze Völker christlich. 779 wurde im westlichen China ein Denkmal errichtet, das von der Einführung der großen „leuchtenden Religion aus Ta-Ch’in (Rom)” berichtete. Spuren dieser Missionstätigkeit wurden auch in Japan (im 9. Jahrhundert dokumentiert) und auf Sumatra entdeckt.

Auf die Blütezeit dieser Kirche im 13. Jahrhundert folgte bald die nahezu vollständige Vernichtung durch Timur Lenk (bzw. Tamerlan) im 14. Jahrhundert. Der Jesuitenpater Matteo Ricci stieß im 16. Jahrhundert in China auf Reste des Christentums. Als man die oben genannte Stele 1625 in Sianfu (heute Xian 西安) fand, hatte man damit die Erklärung, wieso Matteo Ricci bei seiner Missionstätigkeit christliche Elemente vorfinden konnte. Aber zugleich entkräftete dieser Fund den Vorwurf der Chinesen, die Missionare brächten etwas ganz Neues, ganz Fremdes in das Reich der Mitte. Die Stele bewies, dass der christliche Glaube schon vor langer Zeit in China Wurzeln geschlagen hatte.

In der mongolischen Hauptstadt Karakorum befand sich um 1250 eine nestorianische Kirche. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das nestorianische Christentum im Mongolenreich bis um 1250 eine verbreitete Glaubensrichtung war.

Sonstiges

James Hilton thematisiert die Ausbreitung des Nestorianismus in Mittelasien in dem Roman Der verlorene Horizont.

In dem Film Ulzhan – Das vergessene Licht von Volker Schlöndorff aus dem Jahr 2007 werden die Nestorianer erwähnt. Die Frau Ulzhan fragt in der zweiten Hälfte des Films den Franzosen Charles, was er am Berg Khan Tengri suche, darauf sagt er: „Ich suche den Schatz der Nestorianer“, und führt entsprechende Zusammenhänge aus.

Siehe auch

Literatur

  • Wilhelm Baum, Dietmar W. Winkler: Die Apostolische Kirche des Ostens. Geschichte der sogenannten Nestorianer. Klagenfurt 2000.
  • Wolfgang Hage: Nestorianische Kirche. In: Theologische Realenzyklopädie. Bd 24 (1994), S. 264–276 (mit weiterer Literatur)
  • Wassilios Klein: Das nestorianische Christentum an den Handelswegen durch Kyrgyzstan bis zum 14. Jahrhundert; Silk Road Studies 3; Turnhout 2000

Weblinks

 Commons: Nestorianismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Ludwig Ott: Grundriss der katholischen Dogmatik, 11. Auflage, Bonn 2005, ISBN 3-936741-25-5

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