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Hans A. Nikel

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Hans A. Nikel (eigentlich Johannes Nikel; * 23. Februar 1930 in Bielitz: † 27. Dezember 2018[1] in Bad Homburg vor der Höhe) war ein deutscher Verleger, Herausgeber und Künstler. Bekannt wurde er vor allem als Gründer der literarisch-satirischen Zeitschrift pardon.

Leben

Geboren 1930 in Bielitz (abwechselnd zu Polen oder Deutschland gehörend) war Nikel schon mit 13 Jahren als Zeitschriftengründer tätig. Er gab die einzige nicht-lizenzierte Schülerzeitung, welche den Namen Edelweiß trug, im Dritten Reich heraus, indem er sie über den Postversand verbreitete, den die Schulleitung nicht kontrollierte. Zeichnerische und satirische Elemente bestimmen das Blatt. Nebenbei schrieb Nikel zahlreiche Reportagen für die Oberschlesische Zeitung.

Mit noch nicht 15 Jahren, in der Endphase des Krieges, wurde er zum Einsatz bei den Nachrichtentruppen in die Slowakei (Polhora) abkommandiert. Traumatische Erfahrungen im Partisanengebiet und auf der Flucht durch das brennende Dresden mit seinen nachgeborenen Brüdern (einhalb und zweieinhalb Jahre) führten Nikel zu dem Entschluss, in Zukunft alles, was in seiner Macht stand, gegen Kriegstreiberei zu unternehmen. Nach einer journalistischen Ausbildung bei der Süddeutschen Zeitung war er ab 1949 Redakteur für Politik bzw. Kultur bei der Frankfurter Rundschau. Früh-, Spät- und Nachtarbeit als Redakteur ermöglichten es ihm, Volkswirtschaft und insgesamt neun Semester bei Horkheimer und Adorno Soziologie und Philosophie zu studieren, an deren Institut für Sozialforschung er Assistent war. Außerdem war er freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Hessischen Rundfunk.

Hans A. Nikel lebte zuletzt – zusammen mit seiner ebenfalls künstlerisch tätigen Frau – in Bad Homburg vor der Höhe.

Herausgeber- und Verlegertätigkeit

1951 gründete Nikel, unterstützt von seiner Volkswirtschaftprofessorin Charlotte von Reichenau und von seinem SZ-Kollegen Erich Bärmeier, die Deutsche Verbrauchervereinigung. In direkter Folge dieser Initiative entstanden die ersten deutschen Verbraucherzentralen. Mit viel Idealismus und wenig Geld gründeten Bärmeier und Nikel den 14-täglich erscheinenden Preisbeobachter. Sie recherchierten und schrieben ihn fast vollständig selbst, verbreiteten und verkauften ihn eigenhändig im Frankfurter Stadtgebiet. 1966 übernahmen Nikel und Bärmeier die in Konkurs gegangene Verbraucherzeitschrift DM und das zugehörige Testinstitut.

1954 gründeten beide den Verlag Bärmeier & Nikel (B&N) mit einem Startkapital von 600.- DM. Auf einem geliehenen Rotaprint-Vervielfältiger druckten sie die ersten Bücher. Nikel reiste – wegen Geldmangels per Anhalter – durch die Lande, um Redaktionen zu überzeugen, die Bücher zu rezensieren. Er gewann prominente Autoren wie Erich Kästner, Alexander Mitscherlich oder Gerhard Zwerenz, die Vorworte für die vorzugsweise grafischen und satirischen Bücher schrieben.

Als erstes Buch erschien eines mit Kurt Halbritters Zeichnungen zu dem vieldiskutierten Text von Werner Finck Disziplin ist alles, eine Stellungnahme gegen die Wiederaufrüstung in der Bundesrepublik. Dem folgte ein Kritischer Kalender von A. Paul Weber.

1955 erfand Nikel die Kleinen Schmunzelbücher (sechs mal sieben Zentimeter), die mit wenig Kapitaleinsatz und auf der Rotaprint realisiert werden konnten. Sie wurden zu Hunderttausenden verkauft. Loriot war einer der Autoren.

Es folgten Werke noch kaum bekannter Autoren wie Robert Gernhardt, Walter Hanel, Otto Köhler, Chlodwig Poth, Felix Rexhausen, Hans Traxler, F. K. Waechter sowie eine 33-bändige Jules-Verne-Ausgabe mit Neuübersetzungen durch bedeutende Jungautoren wie Wolf Wondratschek. Harry Rowohlt begann bei Bärmeier & Nikel seine Übersetzerkarriere. Der Verlag bestand bis 1971.

1955 war Nikel Mitinitiator der Organisation der Kriegsdienstverweigerung in der Bundesrepublik Deutschland. Er aktivierte Prominente, so den Kirchenpräsidenten Martin Niemöller, mit ihm zusammen auf Frankfurts Hauptwache als Redner aufzutreten. Hans-Jürgen Wischnewski (der spätere Mogadischu-Befreier) war bei seinem Verband dabei, ebenso Johannes Rau, Nikels Freunde Albert und Emil Mangelsdorff und der junge Musikmanager Fritz Rau.

1956 wurde auf der ersten eigenen Druckmaschine die Zeitschrift ZIVIL gedruckt, betreut von Willy Fleckhaus, dem Gestalter der Suhrkamp-Bücher. Beratungsstellen wurden eingerichtet. Schwierige, aber erfolgreiche Bemühungen folgen, den Zivildienst in eine absolut gleichberechtigte Position zum Wehrdienst zu bringen. Bertrand Russell und Jean Sibelius wurden Förderer.

Seit seiner Zeit bei der Süddeutschen hat Nikel am Konzept einer literarisch-satirischen Zeitschrift gearbeitet. Weil zu der Zeit noch niemand an einen Erfolg glaubte, mussten Bärmeier und Nikel einen hohen – persönlich verbürgten – Kredit aufnehmen, damit im September 1962 das erste Heft von pardon erscheinen konnte, unterstützt von Erich Kästner, Loriot, Werner Finck, Hans Magnus Enzensberger u. a. Im September 1970 schied Bärmeier, der sich um die kaufmännischen Angelegenheiten gekümmert hatte, als Mitherausgeber aus und übernahm die Zeitschrift DM. Bis 1980 war Nikel Verleger, Herausgeber und Chefredakteur. pardon entwickelte sich zu einem Kultblatt der jüngeren Intelligenz in Deutschland, Österreich und der Schweiz und erreichte eine Auflage von 320.000 Exemplaren mit 1,5 Millionen regelmäßigen Lesern. Nikel initiierte berühmt gewordene pardon-Aktionen, holte Alice Schwarzer, Günter Wallraff, Gerhard Kromschröder, Robert Jungk ins Blatt.

1972 bekam er die Goldmedaille des Art Directors Club und wurde Jury-Mitglied und Präsident verschiedener Grafik- und Cartoon-Biennalen bzw. Ausstellungen.

Philosophisch-künstlerische Tätigkeit

Nikel leitete pardon bis zum Herbst 1980 als Herausgeber, verkaufte es dann und nahm sein erstes Studium wieder auf. Er promovierte 1983 in Philosophie mit einer Arbeit über Meister Eckhart. „Nikel promovierte über den […] Mystiker Meister Eckhardt. Viele seiner Werke nahmen mystisch anmutende, spirituelle und religiöse Themen auf.“ [2]

Nach der Promotion wurde Nikel als Künstler und Bildhauer tätig. Es entstanden mehr als 120 Bronzeskulpturen und -plastiken. 1998 wurden seine Werke in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. Die Schirmherrschaft übernahm Hans Eichel, die Laudatio hielt der hessische Kultusminister; zahlreiche prominente Schriftsteller, Dichter, Philosophen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens fanden sich ein.

2001 begründete Nikel den Ehrenpreis der Fairness-Stiftung, zu dessen Gründungskuratoren er zusammen mit Prof. Rupert Lay SJ gehörte. Bei dieser Stiftung setzte er sich – „in Zeiten zunehmenden persönlichen und gesellschaftlichen Mobbings“ – engagiert für humanen Umgang im Privaten und in der Arbeitswelt ein.

Bibliografie

  • Annäherung an das ganz Andere : Analogien zwischen Ergebnissen naturwissenschaftliher Forschung und Erkenntnissen der Mystik. Dissertation Frankfurt am Main 1983. Bücher und Nachrichten, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-7619-0100-3. Neuausgabe als: Die Mystik der Physik : Annäherung an das ganz Andere : Entsprechungen zwischen Ergebnissen naturwissenschaftlicher Forschung und Erkenntnissen der Mystik. Ludwig, Kiel 2010, ISBN 978-3-86935-023-3.
  • Kunst will erzählen : Poetische Metallgrafiken und Fotografien. Anläßlich der Ausstellung in der noblen Englischen Kirche, dem Kulturzentrum der Hölderlin-Stadt Bad Homburg vor der Höhe. Mit 107 Reproduktionen. Mit Texten von Peter Härtling, Tschingis Aitmatow, Eva Demski, Walter Kempowski, Günter Kunert, Reiner Kunze, Peter Rühmkorf. Mit einem biografischen Nachwort von Rafik Schami. Bücher und Nachrichten, Bad Homburg 1998, ISBN 3-7619-0101-1.
  • Mondschaukeln. B und N, Bad Homburg 1999, ISBN 3-7619-0102-X.
  • Sag mir, wie lange wirst du mich lieben? : Geschichten, die der Mond erzählt. Poetisch begleitet von Frantz Wittkamp. Lappan, Oldenburg 2002, ISBN 3-8303-6027-4.
  • Vom Glück und Glanz der Goldnasen : Geschichten, die der Mond erzählt. Poetisch begleitet von Frantz Wittkamp. Lappan, Oldenburg 2003, ISBN 3-8303-6028-2.
  • mit Konstantin Wecker: Fliegen mit dir : Liebeslieder. Mit vielen Bildern und einer CD. Edition Büchergilde, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-940111-37-1.
  • Wie ein Weihnachtsmann und ein Engel die Welt in Ordnung bringen. Mit 26 Zeichungen des Autors. Kreuz, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7831-3191-8.
  • mit Stano Kochan und Edith Nikel-Ruppmann: Sylte : Die einzig wahre Geschichte von der wunderbaren Verwandlung der zauberhaften Meeresgöttin Sylte zur schönen Insel Sylt. B und N, Bad Homburg 2008, ISBN 978-3-7619-9999-8.
  • Willst du mit mir Tango tanzen? Das Bilderbuch der versteckten Geschichten : Zum Lesen und Selbst-Dichten. Mit einer Ermunterung von Peter Härtling. Ludwig, Kiel 2010, ISBN 978-3-86935-037-0.
als Herausgeber
  • Stano Kochan: Der Wahrheit die Ehre : Münchhausen: Das neueste von Münchhausen. B & N, Bad Homburg 2011, ISBN 978-3-7619-0098-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Pardon“-Gründer Hans A. Nikel mit 88 Jahren gestorben. In: welt.de. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
  2. Christoph Gunkel: „Pardon“-Erfinder Nikel: „Was für eine unsagbar spießige Zeit!“ In: einestages auf Spiegel Online. 23. Februar 2015, abgerufen am 1. Januar 2019: „Im Februar 2015 wurde er 85 – und noch immer ist er mit dem Teufel im Bund.“
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hans A. Nikel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.