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Ein-Kind-Politik

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Bevölkerungsentwicklung der VR China seit 1950. Der Einfluss der Hungersnot infolge des Großen Sprungs nach vorn im Jahre 1959 und der Ein-Kind-Politik sind deutlich sichtbar.

Die Ein-Kind-Politik (chinesisch 一孩政策 Yīhái Zhèngcè) war eine Politik zur Kontrolle des Bevölkerungswachstums in der Volksrepublik China, nach der eine Familie nur ein Kind haben durfte, wobei es zu dieser Regel zahlreiche Ausnahmen gab. So durften beispielsweise Ehepaare, bei denen ein Partner Einzelkind ist, zwei Kinder bekommen (Neuerung ab Dezember 2013),[1] ebenso Paare ethnischer Minderheiten und Paare in ländlichen Gegenden. 2012 betrug die Geburtenziffer im Durchschnitt 1,55 Kinder pro Frau, damit steht die VR China weltweit an 181. Stelle (von 224).[2]

Mitte November 2013 wurde bekannt, dass weitere Lockerungen geplant sind.[3] Ende Oktober 2015 erklärte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei die Ein-Kind-Politik offiziell für beendet.[4] Künftig darf jedes Paar zwei Kinder haben. Die Regelung trat am 1. Januar 2016 in Kraft.[5]

Vorgeschichte

Hungersnöte, Naturkatastrophen und Kriege hielten jahrhundertelang die Zunahme der chinesischen Bevölkerung in Grenzen. Erst nach 1949 begann ein explosionsartiges Bevölkerungswachstum. Um dem entgegenzuwirken, wurde die Ein-Kind-Politik 1979 zunächst auf Provinzebene und 1980 auf nationaler Ebene eingeführt, um Hungersnöte zu verhindern und einen wirtschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen, nachdem schon vorher versucht worden war, die Zahl der Geburten auf zwei pro Familie zu begrenzen. Eheleuten, die sich nicht daran hielten, drohte eine Geldstrafe, Augenzeugen berichten außerdem von staatlich erzwungenen Schwangerschaftsabbrüchen und Zwangssterilisationen.

In der Praxis zeigte sich allerdings, dass die Ein-Kind-Politik nur in den Städten weitgehend durchgesetzt werden konnte, während sie in den ländlichen Regionen schon von Anfang an nur bedingt erfolgreich war. So gab es Ausnahmeregelungen, dass Bauernfamilien ein zweites Kind haben dürfen, wenn das Erstgeborene ein Mädchen war. Die nationalen Minderheiten waren gänzlich von den Einschränkungen der Bevölkerungspolitik ausgenommen. Die umstrittene Regelung hat nach Angaben der chinesischen Regierung in den Jahren von 1994 bis 2004 die Zahl der Geburten um 300 Millionen verringert. Das Ziel, die Bevölkerungszahl Chinas auf maximal 1,2 Mrd. Menschen zu begrenzen, wurde bis 2014 dennoch um etwa 155 Mio. überschritten. Das Bevölkerungswachstum ist zwar schwach, aber weiterhin positiv und wird für 2014 auf 0,44 Prozent geschätzt, was einem Zuwachs von über 5,9 Millionen Menschen entspricht.

Im April 2004 wurde die Regelung erneut gelockert: In Shanghai durften seitdem Geschiedene und wiederverheiratete Partner Nachwuchs bekommen, auch wenn sie schon ein Kind aus einer früheren Ehe hatten. Auch Paare, die selbst Einzelkinder sind, durften seitdem ein zweites Kind haben. Weitere Lockerungen der Ein-Kind-Politik wurden seit dem Jahr 2010 erwogen, da sich vermehrt in der Wirtschaft der Mangel an Nachwuchs niederschlug.[6]

Bevölkerungsentwicklung in China 1700 bis 2006

Jahr 1700 1800 1850 1935 1953 1964 1982 2006
Bevölkerung in Mio. ca. 100 ca. 300 ca. 413 460 – 480 594 695 1.008 1.314

Gemäß den Daten des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.[7] Zum Vergleich: 2005 lebten 82,4 Mio. Einwohner in Deutschland.

Hierbei ist anzumerken, dass die Bevölkerungsdichte Chinas kleiner ist als die vieler europäischer Staaten. Da große Teile des Landes aber Wüsten oder Gebirge sind, ist die Bevölkerung in China auf einzelne Gebiete konzentriert.

Soziale Folgen

Parole in 丹山 Dānshān im ländlichen Sichuan, chinesisch 禁止歧视、虐待、遗弃女婴 Jìnzhǐ qíshì, nüèdài, yíqì nǚyīng ‚Es ist verboten, weibliche Säuglinge zu diskriminieren/zu benachteiligen, zu misshandeln oder auszusetzen.‘

Die Ein-Kind-Politik hat außer den Spannungen durch die Zwangsausführung auch andere soziale Probleme erzeugt. Das bekannteste Problem ist – vor allem in den Städten – die Entstehung einer Generation von Einzelkindern (chinesisch 小皇帝 xiǎo huángdì ‚kleiner Kaiser‘), die besonders von ihren Eltern und Großeltern verwöhnt werden und so wenig Sozialkompetenz entwickeln können. Das zweite Problem ist die Überalterung der Gesellschaft. Zusammen mit dem Umbruch, den die wirtschaftliche Dynamik erzeugt hat und der die sozialen Beziehungen der Menschen (Auflösung der Großfamilie) stark verändert hat, kann das in der Zukunft zu großen Problemen (zum Beispiel bei der Rente oder in der Gesundheitsversorgung) führen. Der demographische Wachstumsbonus durch wenige Kinder kehrt sich dann in das Gegenteil um. Allerdings gilt das in erster Linie für die Stadtbevölkerung. Die Bevölkerung der ländlichen Regionen setzte die Ein-Kind-Politik nicht annähernd so strikt um, so dass die Bevölkerungsstruktur dort weniger schnell überaltern wird.

Die Ein-Kind-Politik in Verbindung mit der konfuzianischen Tradition, die männliche Erblinie zu erhalten, hat zu einem Ungleichgewicht zwischen den Geburtenzahlen von Jungen und Mädchen geführt: Kamen 1982 bereits 108,5 geborene Jungen auf 100 geborene Mädchen, ist dieses Verhältnis 2009 auf gut 120 zu 100 gestiegen, weil häufig Schwangerschaften mit weiblichen Embryonen und Föten abgebrochen werden. Zeitweilig kamen auf 100 Lebendgeborene 30 bis 50 Abtreibungen.[8] Oft werden auch Mädchen in Waisenhäuser gegeben (in schlimmeren Fällen sind auch Tötungen durch die Eltern vorgekommen). In den 1990er Jahren wurde bekannt, dass die Kinder dort vernachlässigt werden und es dadurch zu zahlreichen Todesfällen kommt.[9] Daraus resultiert ein Mädchenmangel, der auf lange Sicht zu dem Problem führen wird, dass viele Männer keine Frau finden werden.[10] Die chinesische Regierung hat mit einem Verbot reagiert, welches untersagt, das Geschlecht des Ungeborenen zu bestimmen. So müssen Ärzte und auch Eltern mit hohen Geldstrafen in Höhe eines Jahresgehalts (bis zu 30.000 Yuan), manchmal auch mit Gefängnisstrafen rechnen, wenn sie das Geschlecht des Kindes per Ultraschall untersuchen.[11]

Eine weitere Folge der Ein-Kind-Politik ist die Zunahme von Menschenhandel, sowohl in China[12] als auch in angrenzenden Regionen.[13]

Ende Oktober 2015 wurde die Ein-Kind-Politik offiziell aufgehoben. Zuvor hatte die Chinesische Akademie der Wissenschaften laut Medienberichten eine Zwei-Kind-Lösung vorgeschlagen, um auf die Alterung der Gesellschaft und die fallende Geburtenrate zu reagieren. Statistisch gesehen bekommt jede Chinesin im Schnitt weniger als 1,6 Kinder, für eine stabile Bevölkerung ist jedoch eine Geburtenrate von 2,1 Kindern notwendig.

Nach Parteibeschluss 2016 wird die Zwei-Kind-Politik als Leitbild angesehen.[4]

Regeln

Die folgenden Regeln wurden 1979 mit der Ein-Kind-Politik eingeführt. Seit Oktober 2003 wurden diese teilweise aufgehoben. Eine Heirat ist weitgehend möglich.[14]

  1. Für die Heirat benötigt ein Paar eine Heiratserlaubnis. Die Frau muss außerdem einen Nachweis erbringen, dass sie mit Maßnahmen der Empfängnisverhütung vertraut ist.
  2. Das Mindest-Heiratsalter wurde für Frauen auf 20 Jahre, für Männer auf 22 Jahre festgesetzt.
  3. Es gibt ein eigenes Amt für Bevölkerungskontrolle. Wer ein Kind haben will, muss dies vorher beantragen.
  4. Betriebe, teilweise auch Wohngebiete, bekommen Geburtenquoten zugeteilt. Dabei haftet nicht nur der Einzelne, sondern der gesamte Betrieb für deren Einhaltung.

Vergünstigungen und Sanktionen

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Vergünstigungen für Ein-Kind-Familien Sanktionen bei mehr als einem Kind
kostenloser Kindergartenplatz Benachteiligung bei Kindergarten- und Schulplätzen
kostenlose Arztbesuche kein Zuschuss zu Arztkosten
Wohnungszuteilung eventuell Räumung der Wohnung oder des Hauses
Zuschläge zur Rente keine Zuschüsse, evtl. Rückzahlung alter Zuschläge
Gratisausbildung bis zum 14. Lebensjahr doppelte Kosten
Arbeitsplatzgarantie evtl. Arbeitsplatzverlust
mehr Urlaub normaler Urlaub
mehr Land für Bauern weniger Land für Bauern
Kindergeld kein Kindergeld

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Ein-Kind-Politik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Berliner Zeitung, dpa: China lockert formell die Ein-Kind-Politik. Berliner Verlag GmbH, 28. Dezember 2013, abgerufen am 23. Januar 2014.
  2. Aktueller Stand 2012 laut CIA World Factbook
  3. Reformpolitik: Chinas KP kündigt Abschaffung von Umerziehungslagern an. Spiegel Online, 15. November 2013, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  4. 4,0 4,1 Familienpolitik: China beendet Ein-Kind-Politik. Zeit Online, 29. Oktober 2015, abgerufen am 29. Oktober 2015.
  5. Kampf gegen Überalterung: China beendet offiziell seine Ein-Kind-Politik. Spiegel Online, 27. Dezember 2015, abgerufen am 27. Dezember 2015.
  6. China gibt die Ein-Kind-Politik auf. Zeit Online, 17. September 2010, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  7. Wolfgang Taubmann: Bevölkerungsentwicklung in China. (PDF; 223 KB) Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  8. Thomas Scharping: Bevölkerungspolitik und demographische Entwicklung in China. Presse- und Informationsstelle der Universität zu Köln, 7. Januar 1997, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  9. Der Spiegel 37/1995: Der Kinder-Gulag von Harbin
  10. Führt die Zwei-Kind-Politik ein – und zwar schnell!, Interview mit dem Präsidenten der Volksuniversität Peking, Ji Baocheng, Goethe-Institut China, Juli 2010 (Memento vom 13. Mai 2014 im Internet Archive)
  11. China in der demographischen Zwickmühle. (Nicht mehr online verfügbar.) nzz.ch, 2. Februar 2007, archiviert vom Original am 19. Dezember 2010; abgerufen am 31. Oktober 2015. i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nzz.ch
  12. In China werden Jungen entführt und verkauft. Die Welt Online, 19. April 2009, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  13. Zwangsehen: Vietnamesinnen werden nach China verschleppt. tagesspiegel.de, 2. Juli 2014, abgerufen am 31. Oktober 2015.
  14. Dr. Wilfried Korby: Infoblatt Ein-Kind-Politik Chinas, Ernst Klett Verlag, 30. Juli 2015
  15. Dem Volk war damit nicht gedient in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 2. Juni 2013, S. 59.
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