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Diskussion:Arthur Ochs Sulzberger

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Nachruf tachles 30.9.2012:

Verleger Arthur Ochs Sulzberger gestorben

Am Samstag ist Arthur Ochs Sulzberger im Alter von 86 Jahren in seinem Haus auf Long Island gestorben. Als Verleger hat er die «New York Times» zu einer Zeitung von Weltgeltung gemacht. Eltern und Geschwister nannten ihn «Punch» (der englische Ausdruck für den Kasper im Puppentheater). Den Spitznamen verdiente sich Arthur Ochs Sulzberger als Kind durch seine Streiche und seine katastrophalen Leistungen in einer langen Reihe teurer Privatschulen. Wie er selbst später sagte, ist Ochs Sulzberger erst «aufgewacht», als er sich 1944 mit 17 Jahren freiwillig zu den Marines gemeldet hat. Er hat die Endphase des Pazifikkrieges miterlebt und wurde 1951 noch einmal für den Koreakrieg eingezogen. Danach erwies er sich als unerschrockener Kämpfer für die Pressefreiheit, aber auch als kreativer Geschäftsmann. «Punch» Sulzberger war über seine Mutter Iphigenie Enkel von Arthur Ochs, der die «New York Times» 1896 erworben hat. Ochs war der Sohn 1846 aus Bayern nach Tennessee eingewanderter Juden. Nach ihrem Umzug an die Ostküste stieg der Klan rasch in die deutsch-jüdische Elite New Yorks auf. Auch Punch Sulzberger hat die dortige Columbia University besucht, der seine Familie bis heute auch als Stifter eng verbunden ist. Nach seinem Englisch-Studium trat Sulzberger als Reporter bei der Times ein und stieg 1963 zum Verleger auf. Wie die Familie mitteilt, ist er am Samstag im Alter von 86 Jahren in seinem Haus in Southhampton auf Long Island gestorben. Der Altverleger litt lange Zeit an der Parkinsonschen Krankheit. Die Times war 1963 bereits eine der wichtigsten Zeitungen der USA, litt jedoch unter einer byzantinischen Organisation und schwachen Werbeeinnahmen. Das Blatt hatte zudem – wie die New Yorker Presse insgesamt – einen monatelangen Druckerstreik schwer angeschlagen überstanden. Sulzberger verwandelte die Times in eine landesweit verkaufte Zeitung von Weltgeltung und baute durch die Einführung zahlreicher Beilagen – etwa für Wissenschaft und Kulinarisches – nicht nur den Leserkreis, sondern auch die Werbeeinahmen aus. Die Gewinne investierte der Verleger nicht zuletzt in die Redaktion, die unter seiner Führung bis 1992 insgesamt 31 Pulitzer-Preise gewann, die höchste Auszeichnung im amerikanischen Journalismus. Zwischen 1963 und 1992 stieg die Auflage der Times von 714.000 auf 1,1 Millionen. Die Jahreseinnahmen vervielfachten sich dagegen von 100 auf 1,7 Milliarden Dollar. Dazu trugen auch von Sulzberger zugekaufte Regionalzeitungen in anderen Teilen der USA bei. 1992 trat er den Verlegerposten an seinen Sohn Arthur Jr. ab, der intern «Pinch» genannt wird, weil er angesichts der Printmedien-Krise seit Jahren einen harten Sparkurs fahren muss (pinch bedeutet Kneifen oder Sparen. Als Höhepunkt seiner verlegerischen Arbeit gilt die von Sulzberger persönlich gut geheissene Veröffentlichung der «Pentagon-Papiere» im Juni 1971. Dabei handelte es sich um eine interne Dokumentation der US-Regierung über den Vietnam-Krieg, die nachwies, wie die Regierung von Lyndon B. Johnson die Nation über den Konflikt getäuscht hatte. Präsident Richard Nixon wollte die Veröffentlichung verhindern und löste so einen Rechtsstreit aus, der bis zum Verfassungsgericht führte und mit einem Erfolg der Times ausging. Sulzbergers Zeit an der Spitze der Times war nicht ohne Schattenseiten. So mussten weibliche Times-Angestellte von 1969 an fast zehn Jahre lang kämpfen, ehe sie den Verleger und die Chefredaktion zwingen konnten, die bereits 1964 erlassenen Gleichberechtigungsgesetze auch bei der «Grey Lady» anzuwenden. Die Times war notorisch für die Benachteiligung weiblicher Angestellter bei Gehältern und Aufstiegschancen. Dafür steht der legendäre Ausspruch des Chefredakteurs Clifton Daniel aus dem Jahr 1961: «Niemals wird eine Frau in die Führungsebene der Times aufsteigen.» Drei Jahr später hatte der Kongress die Gleichstellung aller gesellschaftlicher Gruppen im Beruf zur Pflicht gemacht. Doch während Zeitungen wie die Washington Post Frauen allmählich Aufstiegschancen einräumten, blieb die Times eine Bastion des Chauvinismus. Dazu hat laut der ehemaligen Times-Redaktorin Elizabeth Wade die konservative Grundhaltung der Verlegerfamilie beigetragen. Auf Respektabilität und gesellschaftliches Prestige bedacht, habe die Familie nicht nur Frauen und Schwarzen benachteiligt, sondern auch jüdische Themen und Aspekte unterdrückt – dies vermutlich gerade deshalb, weil die Ochs Sulzbergers selbst deutsch-jüdischer und sephardischer Herkunft sind. So hat die Times nur zögerlich über den Holocaust berichtet. Anfang der 1970er Jahre beschäftigte das Blatt 40 weibliche gegenüber 385 männlichen Reportern. Unter den 33 Auslandskorrespondenten fanden sich drei Frauen. Die Führungsebene war dagegen eine Männerdomäne. 1969 wollten Wade und 50 weitere Frauen bei der Times ihre Benachteiligung nicht mehr hinnehmen. Zunächst mit Briefen an den Verleger, dann aber mit einer Gruppenklage kämpften die Frauen schliesslich zehn Jahre lang, bis «Punch» Sulzberger 1978 einen Vergleich mit den Klägerinnen und ihrer Anwältin Harriet Rabb einging, der für die 550 weiblichen Angestellten in allen Bereichen der Zeitung galt. Zu dieser Zeit schloss der Verlag auch einen ähnlichen Vergleich mit afroamerikanischen Angestellten. [AM]