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Dauerwelle

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Durch eine Dauerwelle modellierte Frisur
Historische Werbung für Dauerwellen

Der Begriff Dauerwelle (Abkürzung: DW) bezeichnet den chemischen Umformungsprozess, bei dem glatte Haare gewellt oder gelockt werden. Umgangssprachlich wird auch eine Frisur mit dauergewelltem Haar einfach als Dauerwelle bezeichnet. Eine Dauerwelle kann professionell von einem Friseur im Salon gearbeitet werden, es gibt aber auch Produkte zur Anwendung zu Hause.

Die Haarverformung erfolgt durch chemische Reaktion am Haarkeratin. Dabei werden die Cystinbindungen im Haarkeratin, die für die mechanische Festigkeit verantwortlich sind, durch Reduktion mit Thioglykolsäure aufgebrochen. Das erweichte Haar kann nun mittels Lockenwickler in die gewünschte Form gebracht werden. Durch Oxidation mit Wasserstoffperoxid können die Disulfidbindungen, die für die Stabilität sorgen, aus den reduzierten Sulfhydrylgruppen wiederhergestellt werden. Das Haar bleibt nun in der vorgegebenen Form.

Geschichte

Um 1872 erfand der Franzose Marcel Grateau das Ondulieren mit einem (schon vorher anders benutzten) Welleisen[1] (siehe dazu auch Frisiertechniken#Ondulation).

1906 erfand Karl Ludwig Nessler die erste Dauerondulation (Heisswelle) mittels chemischer und thermischer Behandlung, die Dauerwelle, die 1910 patentiert wurde.[2] Bei ihr wurden mit Borax getränkte Haarsträhnen auf Spiralwicklern vertikal aufgedreht und mittels einer Zange einzeln erhitzt. Am 8. Oktober 1906 wurde in London die erste elektrisch betriebene Dauerwellenapparatur vorgestellt.[3]

Dauerwellen-Apparat 1929

1924 entwickelte Josef Mayer (1881–1952) in Karlsbad die sogenannte Flachwicklung.[4] Die erste chemisch erzeugte Dauerwelle wurde von Clark und Speakman im Jahr 1932 eingeführt.[5] Mit Sulfit wurden die Disulfidbrücken der Haare gespalten, so dass es verformbar wurde. Anschließend erfolgte eine Wärmebehandlung zur Formgebung, wobei erneut Disulfidbrücken gebildet werden.

Im Jahr 1940 wurde die Thioglykolsäure zur Reduktion der Disulfidbindungen im Haarkeratin entdeckt.[5] Seit 1947 ist die Kalt-Dauerwelle bzw. Kaltwelle üblich, bei der das Keratin des Haares nur chemisch erweicht und neu geformt wird. In den 1970er Jahren war der Afro-Look mit extrem kleinen krausen Locken populär, das Haar wurde nicht geföhnt, sondern an der Luft getrocknet. In den 1990er Jahren wurde Dauerwelle zur Unterstützung der Fönfrisuren genutzt. Ein kurzes Hoch erlebte die luftgetrocknete Dauerwelle mit groben Locken bei langen Haaren Anfang der 2000er Jahre. Zurzeit ist die Dauerwelle wieder zur Unterstützung einer Fönfrisur oder im langen Haar gefragt, allerdings bei weitem nicht mehr so verbreitet wie noch in den 70er und 80er Jahren.

Kurzzeitige Formveränderung

Durch das Einwirken von Wasser werden die Wasserstoffbrücken des Haarkeratins gelöst. Das Haar wird dadurch dehn- und formbarer. Bei „Fönfrisuren“ bringt man das feuchte Haar zunächst in die gewünschte Form und lässt dann das Wasser verdampfen.[6] Die Haltbarkeit von Fönfrisuren ist jedoch gering. Durch Haarfestiger oder Haarlacke kann die Haltbarkeit leicht gesteigert werden.

Wichtige Reduktionsmittel[7]
Sodiumsalt of thioglycolic acid V.1.svg
Natriumsalz der Thioglykolsäure. (Hinweis: Die Präsentationen übereinander sind gleichwertig.)
Ammoniumsalt of thioglycolic acid V.1.svg
Ammoniumsalz der Thioglykolsäure. (Hinweis: Die Präsentationen übereinander sind gleichwertig.)
Cysteamine formula V.1.svg
Cysteamin, auch 2-Mercaptoethylamin genannt. (Hinweis: Die Präsentationen übereinander sind gleichwertig.)
Cysteine formula V.1.svg
Cystein ohne Stereochemie (oben), natürliches L-Cystein mit Angabe der (R)-Konfiguration (Mitte) und eine weitere Präsentationsform.

Dauerhafte Formveränderung

Die Dauerwelle wird in zwei Schritten durchgeführt. Für den ersten Schritt wird ein Reduktionsmittel, ein Dauerwellmittel, für den zweiten Schritt ein Oxidationsmittel, ein Fixiermittel, benötigt. Mitunter muss vorab eine genaue Prüfung des Haares vom Friseur vorgenommen werden. Dünnes Haar lässt sich schlechter in eine Dauerwelle bringen als dickes Haar.

Vorab wird das Haar mit einem Shampoo gewaschen und mit einer Pflegelösung behandelt. Dann werden kleine Haarpartien auf Lockenwickler (bis zu 60 Stück) gewickelt. Anschließend wird mit der Wellmittellösung das Haar benetzt.

Dauerwellenpräparate sind als Lösungen, als Gele oder als Aerosolschäume im Handel. Sehr häufig werden mildalkalische Dauerwellpräparate (auch neutrale und stärker alkalische Präparate sind bekannt) eingesetzt, sie besitzen einen pH von 7,5 bis 9 – als pH-Puffer dient Ammoniumhydrogencarbonat – und enthalten ca. sechs bis elf Prozent Thioglykolsäure.[5] In einer solchen Lösung liegt die Thioglykolsäure als Ammoniumsalz vor. Auch Sulfite, Cystein oder Cystein-Derivate – wie Cysteamin – werden zur Reduktion mitunter eingesetzt. Durch die Öffnung der Disulfidbrücken wird die natürliche Proteinstruktur des Haares verändert („denaturiert“) und verformbar gemacht. Das Haar schrumpft in der Länge geringfügig, quillt dafür im Durchmesser (bis zu 100 %) und nimmt die Form des Wicklers an.

Ein Dauerwellmittel enthält noch Emulgatoren und Kämmbarkeitsverbesserer (kationische Polymere). Mitunter ist es ratsam durch Wärmezufuhr (durch Wärmehauben) die Umwandlung zu beschleunigen. Die Einwirkzeit der Wellmittellösung beträgt ca. 10–30 Minuten.[5]

Anschließend wird das Haar gründlich mit Wasser ausgewaschen und somit von der Thioglykollösung befreit. Um diese neue Formung der Haare zu fixieren, werden mit Hilfe eines Oxidationsmittels, meist Wasserstoffperoxid oder Luftsauerstoff, die Disulfidbrücken wieder geschlossen („renaturiert“). Das Fixiermittel wird als Schaum oder Flüssigkeit aufgegeben und nach einer Einwirkzeit von 10 Minuten mit Wasser ausgespült. Die Wasserstoffperoxid-Konzentration des Fixiermittels kann dabei zwischen ein bis zwölf Prozent liegen, ferner enthält es noch etwas Phosphorsäure, so dass der pH-Wert dabei zwischen 2 und 4 liegt.[5] Durch Wasserstoffperoxid kann jedoch auch das Haarpigment angegriffen und das Haar aufgehellt werden. Alkaliperoxoborate sollen das Haarpigment nicht angreifen.[8]

Weiterhin sind Emulgatoren und Kämmbarkeitsverbesserer im Fixiermittel enthalten.

Zum Schluss können die Locken noch mit einem pflegenden Präparat behandelt werden und dann werden die Haare getrocknet. Misserfolge bei Dauerwellen können auftreten, wenn die Einwirkzeit oder die Temperatur falsch gewählt wurden, die Wickler zu groß oder zu klein waren oder die Haare nicht gründlich genug ausgespült wurden.[5]

Da Locken unter einer innerlichen Spannung stehen, gehen sie durch häufiges Haarwaschen, durch Kämmen und Bürsten langsam wieder in die ursprüngliche ungelockte Form, da dieser Zustand für das Haar stabiler ist.

Mit einer sogenannten Gegenwelle ist auch die umgekehrte Wirkung möglich: Man kann so lockiges oder welliges Haar vorübergehend glätten. Die chemischen Mittel bei dieser Prozedur bleiben gleich, allerdings wird das Haar nicht um Wickler gewickelt, sondern glattgezogen (siehe auch Conk).

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Dauerwelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Dauerwelle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kaltwelle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Reinhard Welz: Die Technik der Haararbeiten und ihre Verwendung. Reinhard Welz Vermittler Verlag e.K., 2004, ISBN 978-3-937805-50-4, S. 215 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. Reinhard Welz: Die Technik der Haararbeiten und ihre Verwendung. Reinhard Welz Vermittler Verlag e.K., 2004, ISBN 978-3-937805-50-4, S. 224 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  3. Dermatokosmetik. Springer, 2009, ISBN 978-3-7985-1546-8, S. 201 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  4. Österreichische Nationalbibliothek: ANNO, Neue Wiener Friseur-Zeitung, 1941-02-01, Seite 18. In: anno.onb.ac.at. 1. Februar 1941, abgerufen am 13. Oktober 2016.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 Wilfried Umbach: Kosmetik – Entwicklung, Herstellung und Anwendung kosmetischer Mittel, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1995.
  6. Günter Vollmer, Manfred Franz: Chemische Produkte im Alltag, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1985.
  7. Wolfgang Legrum: Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft, Vieweg + Teubner Verlag (2011) S. 165, ISBN 978-3-8348-1245-2.
  8. Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Band 12, S. 442–443.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Dauerwelle aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.