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Richard Nimmerrichter

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Richard Nimmerrichter (1954)

Richard Nimmerrichter (* 31. Dezember 1920 in Wien; † 6. Februar 2022 in Neustift am Walde, Wien[1]) war ein österreichischer Journalist und Kolumnist.

Leben

Nimmerrichter war von 1940 bis 1944 Soldat der deutschen Wehrmacht, von 1944 bis 1946 Kriegsgefangener in der Sowjetunion. Nach seiner Rückkehr nach Wien begann er seine Karriere als Journalist beim Amerikanischen Nachrichtendienst (AND) der US-Besatzungsmacht. In der Folge wechselte er zur United Press, einer privaten Nachrichtenagentur. Nimmerrichter arbeitete auch für die Wiener Illustrierte. Weitere journalistische Stationen waren die Welt am Montag, bei der er bis 1962 den Posten des Sport- und Chefredakteurs bekleidete, und die Weltpresse. Im ORF hatte er 1959 die kleine Fernsehsendung Ein Wort zum Sport, die in der neunteiligen Sendereihe Déjà-vu zum Thema „45 Jahre Fernsehen in Österreich“ (2000 und 2001) ausgestrahlt wurde, verfasst. Zusammengestellt wurden alle Beiträge von Thaddäus Podgorski junior, moderiert vom ehemaligen Generalintendanten Thaddäus Podgorski senior und Studiogästen. Ab Beginn der sechziger Jahre schrieb Nimmerrichter für die Kronen-Zeitung.

Kolumnist der Kronen-Zeitung

Bekannt wurde Richard Nimmerrichter vor allem durch seine tägliche Kolumne in der Kronen-Zeitung, die unter dem Pseudonym Staberl, einer Figur aus dem Wiener Volkstheater des 19. Jahrhunderts, veröffentlicht wurde. Zwischen 1964 und 2001 erschien sie – von zwei Ausnahmen abgesehen – ohne Unterbrechung.[2] Ab Juli 2011 war Nimmerrichter wieder für das Blatt tätig.[3][4] Der damalige Ordinarius am Institut für Publizistik Maximilian Gottschlich sah dies sehr kritisch in einem Interview in Der Presse.[5] Kontrastierend war die Sichtweise, die Nimmerrichter als Eigenbild in einem Interview der deutschen Zeitung Junge Freiheit im Jahr 2000 gab.[6]

Mehrfach wurde Nimmerrichter aufgrund der Inhalte der Kolumnen verurteilt. So hatte er am 30. September 1992 über den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Paul Grosz, geschrieben: „Wer den Herrn Hitler überlebt hat, wird auch den Herrn Grosz überleben.“ Dies wurde vom Gericht als Beleidigung angesehen. Insgesamt wurde Nimmerrichter 58 Mal verurteilt, meist wegen übler Nachrede.[2]

2003 schrieb Florian Klenk in der taz: „In schlechter Erinnerung sind noch die antisemitischen Kolumnen des mittlerweile pensionierten Richard Nimmerrichter, der unter dem Decknamen Staberl gern auch mal den Holocaust kleinredete.“[7] In einem Prozess der Kronen-Zeitung gegen die Tageszeitung Der Standard im April 2004 sah das Wiener Landesgericht in einer Kolumne Nimmerrichters einen Wahrheitsbeweis dafür, dass „antisemitische und rassistische Untertöne“ in der Krone zu vernehmen seien, wie es der Standard behauptet hatte.[8] Diesen Artikel hatte Nimmerrichter im Rahmen der Waldheim-Affäre verfasst und darin den New-York-Times-Journalisten Abraham Rosenthal zwar einmal bei seinem richtigen Namen genannt, seinen Namen aber dann auch zu „Rosenbaum“ und „Rosenberg“ variiert. Darin sah die Richterin eine „klassische Methode, antisemitische Emotionen auszudrücken“.[9]

In zahlreichen Kolumnen Nimmerrichters kam seine Sympathie zum Land Kärnten sowie seine Freundschaft zu dessen Landeshauptmann Jörg Haider zum Ausdruck.

Eine Auswahl der Kolumnen Staberls wurde in Buchform veröffentlicht. 1997 erschien Unbotmäßige Gedanken: Texte aus der Kronen Zeitung und 2001 Oh, du mein Österreich. Staberl-Geschichten von Richard Nimmerrichter.

Rezeption

Die Autorin Elfriede Jelinek baute in ihrem Stück Stecken, Stab und Stangl zahlreiche Staberl-Zitate ein. Die aus ihrer Sicht verharmlosenden Aussagen Nimmerrichters über die Massenvernichtung in der Zeit des Nationalsozialismus wurden in das Textgewebe eingeflochten und mit dem zentralen Thema des Stückes in Verbindung gebracht: dem rechtsextremen Anschlag von Franz Fuchs in Oberwart von 1995, bei dem vier Bewohner einer Roma-Siedlung getötet wurden. Die Kronen-Zeitung hat lange Zeit Roma selbst der Tat verdächtigt und einen rassistischen Hintergrund ausgeschlossen.

In der von Richard Faber und Frank Unger 2008 herausgegebenen Studie Populismus in Geschichte und Gegenwart bezeichnen Franz Rest und Rudi Renger Nimmerrichters Beiträge in der Kronen-Zeitung als „sarkastische und mit Vorurteilen gespickte Kolumnen“, die „Tag für Tag das Prinzip der Rache des kleinen Mannes“ erfüllt hätten.[10]

Armin Thurnher, der langjährige Herausgeber der Wiener Wochenzeitung Falter, bezeichnete Nimmerrichter in seinem Nachruf als Zyniker, der dank seiner finanziellen Beteiligung an der Kronen-Zeitung zum Millionär wurde: "Die Krone tat, als wäre sie der Rächer aller rassistischen und xenophoben bonzenhassenden Hausmeister, aber sie wurde gemacht von zynischen Multimillionären. Nein, Staberl war kein Wutbürger. Er glich jenen Zynikern, die es auch heute gibt, die – allerdings weit weniger populär – nur zu ihrem eigenen Vorteil mit den Emotionen der degradierten Massen spielen.[11]

Kunstsammlung

Bekannt war Richard Nimmerrichter auch für seine Kunstsammlung, überwiegend Aquarelle des Biedermeiermalers Rudolf von Alt. Seine Sammlung hat er bereits zu Lebzeiten dem Niederösterreichischen Landesmuseum vermacht, einige seiner Bilder sind im St. Pöltner Museum zu besichtigen.

Weblinks

 Commons: Richard Nimmerrichter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ehemaliger „Krone"-Kolumnist Richard Nimmerrichter 101-jährig gestorben. In: Kurier.at. 6. Februar 2022, abgerufen am 7. Februar 2022.
  2. 2,0 2,1 Manfred Haider: „Manche Verhandlung glich einer Aufführung der Löwingerbühne“. (Nicht mehr online verfügbar.) In: WirtschaftsBlatt.at. 13. Mai 2011, archiviert vom Original am 3. April 2015; abgerufen am 7. Februar 2022.
  3. Kolumnist „Staberl“ schreibt wieder für die Krone. In: Wienerzeitung.at. 23. Juni 2011, abgerufen am 7. Februar 2022: „Der 90-Jährige kehrt nach zehn Jahren Pension zurück“
  4. „Hausmasters Voice“ schreibt wieder für „Krone“. In: derStandard.at. 21. Juni 2011, abgerufen am 7. Februar 2022.
  5. Isabella Wallnöfer: Gottschlich über Staberl: „Sein Metier war Häme“. In: DiePresse.com. 29. Juni 2011, abgerufen am 7. Februar 2022.
  6. „Wir sind niemandem verpflichtet“. In: jf-archiv.de. Junge Freiheit, 25. August 2000, abgerufen am 7. Februar 2022.
  7. Florian Klenk: „Negerhure! Negerhure!“ In: Taz.de. Die Tageszeitung, 26. Juli 2003, abgerufen am 7. Februar 2022.
  8. Für Richterin Frohner ist als „wahr erwiesen“, dass die Krone „antisemitische und rassistische Untertöne“ verbreitet. In: derStandard.at. 25. August 2004, abgerufen am 7. Februar 2022.
  9. Nahaufnahme: „Staberl ist tot“. In: ORF.at. 23. Jänner 2011, abgerufen am 7. Februar 2022.
  10. Franz Rest, Rudi Renger: Massenmediales Flaggschiff aller österreichischen Populismen. In: Richard Faber, Frank Unger: Populismus in Geschichte und Gegenwart. Würzburg 2008, S. 182.
  11. Staberl, der wirkungsstärkste Kolumnist der 2. Republik, ist tot. Er war kein Wutbürger. Schlimmer: er war Zyniker. Der Falter online, abgrufen am 7. Februar 2022
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Richard Nimmerrichter aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.