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Dekubitus

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Klassifikation nach ICD-10
L89 Dekubitalgeschwür
ICD-10 online (WHO-Version 2013)
Dekubitusgeschwür vierten Grades
Dekubitusgeschwür

Ein Dekubitus (zu lateinisch decumbere ‚sich niederlegen‘)[1] ist eine lokale Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes aufgrund von längerer Druckbelastung, die die Durchblutung der Haut stört. Weitere Bezeichnungen sind Dekubitalgeschwür, Druckgeschwür, Wundliegegeschwür (oder jeweils -ulkus).

Bei Dekubitalulzera handelt es sich um chronische Wunden, die vor allem bei Patienten mit verringerter Beweglichkeit auftreten, besonders wenn sie bettlägerig oder auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Sie können auf Pflegefehler hinweisen und werden deshalb auch als Gradmesser der Pflegequalität gewertet.

Offene Dekubitalulzera können zur Eintrittspforte für Erreger werden, die nicht nur lokale Infektionen verursachen. Eine Dekubitalläsion kann daher zum Beispiel durch Streuung von Eiterherden über die Blutbahn schwerwiegende und unter Umständen tödliche Folgeerkrankungen wie Lungenentzündung (Pneumonie) oder Blutvergiftung (Sepsis) nach sich ziehen.

Dekubitusklassifikation

Die Einordnung eines Dekubitus kann – je nach verwendeter Klassifikation – sehr unterschiedlich ausfallen; daher sollte aus der Pflegedokumentation klar ersichtlich sein, welches System verwendet wurde. Einige Klassifikationen haben eine Gradeinteilung, die nur eine Verschlechterung einer Krankheit anzeigen kann. Die meisten Klassifikationen teilen den Dekubitus nach Stadien ein, so dass auch eine Verbesserung der Erkrankung abgebildet werden kann.[2]

Fingertest nach Phillips

Mit dem Fingertest nach Phillips kann ein Dekubitus ersten Grades von einer Hautrötung anderer Ursache unterschieden werden:[3] Eine Rötung ist wegdrückbar, wenn beim Fingerdruck auf eine gerötete Hautregion ein weißer Umriss und der Fingerabdruck nach Loslassen für einen kurzen Moment weiß erscheint. Damit liegt kein Dekubitus vor; es handelt sich dann möglicherweise um ein allergisch oder entzündlich verursachtes Exanthem. Bleibt die Rötung dagegen nach dem Loslassen bestehen, liegt eine druckbedingte Hautschädigung vor.[4]

Nach Grad (Shea, 1975)

Vier Grade bei Dekubitus

Dekubitusgeschwüre werden nach J.D. Shea[5] in vier Grade unterteilt.

  • Grad 1: nicht wegdrückbare, umschriebene Hautrötung bei intakter Haut. Weitere klinische Zeichen können Ödembildung, Verhärtung und eine lokale Überwärmung sein.
  • Grad 2: Teilverlust der Haut; Epidermis bis hin zu Anteilen des Koriums sind geschädigt. Der Druckschaden ist oberflächlich und kann sich klinisch als Blase, Hautabschürfung oder flaches Geschwür darstellen.
  • Grad 3: Verlust aller Hautschichten einschließlich Schädigung oder Nekrose des subkutanen Gewebes, die bis auf, aber nicht unter, die darunterliegende Faszie reichen kann. Der Dekubitus zeigt sich klinisch als tiefes, offenes Geschwür.
  • Grad 4: Verlust aller Hautschichten mit ausgedehnter Zerstörung, Gewebsnekrose oder Schädigung von Muskeln, Knochen oder stützenden Strukturen wie Sehnen oder Gelenkkapseln, mit oder ohne Verlust aller Hautschichten.

Ein Dekubitusgrad kann sich nicht verbessern; auch bei Abheilung bleibt eine Schädigung bestehen, die durch Narbengewebe aufgefüllt ist. Ein abgeheilter Dekubitus Grad 3 wird als Dekubitus Grad 3 – geschlossen bezeichnet.[2] Weitere Klassifikationen, die eine Gradeinteilung nutzen, sind die Dekubitusklassifikation nach Campbell und die Schweregradeinteilung nach Daniel.

Grad/Stadium (Seiler, 1979)

Der Schweizer Mediziner Walter O. Seiler unterscheidet beim Dekubitus vier Grade in Hinblick auf die Infiltrationstiefe und drei Stadien der Wundkondition:[6]

Infiltrationstiefe:

  • Grad 1: Rötung
  • Grad 2: Rötung, Blasenbildung, Defekt der obersten Hautschichten
  • Grad 3: Defekt der Unterhaut und darunterliegender Gewebe (Muskeln, Sehnen, Bänder) bis zur Knochenhaut (Periost)
  • Grad 4: wie Grad 3, mit Entzündung des Knochens (Osteomyelitis)

Wundkondition:

  • Stadium A: saubere Wunde, Granulationsgewebe vorhanden, keine Nekrose
  • Stadium B: nekrotische Wunde, keine Infiltration der Umgebung
  • Stadium C: wie B, aber Infiltration der Wundumgebung, Wundinfektion

Eine Einteilung nach Stadien beschreibt anhand des Erscheinungsbildes den Verlauf einer Erkrankung und kann auch eine Verbesserung des Dekubitus abbilden.[2] Weitere Klassifikationen, die eine Stadieneinteilung nutzen, sind die Einteilung des Dekubitus nach Torrance (fünf Stadien), nach Surrey (vier Stadien) und nach Stirling (zwölf Stadien).

Kategorie (EPUAP und NPUAP, 2009 und 2014)

Die herkömmliche Unterteilung nach Schweregrad oder Stadium, z. B. nach Shea oder Seiler, impliziert eine fortschreitende Entwicklung der Erkrankung: Der Dekubitus schreitet von Grad zu Grad voran, bzw. ändert sein Stadium. Da ein Dekubitus nicht automatisch von einem Grad oder Stadium zum nächsten übergeht, wurde eine Einteilung in Kategorien entwickelt.[7] Das European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) entwickelte im Jahre 2009 eine Klassifikation, die vier Kategorien umfasst.[8]

  • Kategorie I: Nicht wegdrückbare Rötung bei intakter Haut
  • Kategorie II: Oberflächliches Druckgeschwür bei Teilverlust der Haut mit geschädigter Epidermis und/oder Dermis
  • Kategorie III: Verlust der Hautschichten und Schädigung (oder Nekrose) des subkutanen Gewebes
  • Kategorie IV: Vollständiger Haut- oder Gewebsverlust

Dennoch ist die Bezeichnung „Grad“ bzw. „Dekubitusgrad“ weiterhin gebräuchlich, unter anderem, da die ICD-Kodierung ebenfalls diesen Begriff nutzt.[7]

2014 kamen zwei neue Klassifizierungen hinzu:

  • Keiner Kategorie/keinem Stadium zuordenbar: Tiefe unbekannt: Dabei handelt es sich um einen vollständigen Gewebsverlust, bei dem der Wundgrund von Belägen oder Schorf bedeckt ist, so dass die tatsächliche Tiefe und daher die Kategorie erst nach Entfernung der Beläge festgestellt werden könnte. Intakter, trockener, festhaftender Schorf ohne Erythem und Flüssigkeit an den Fersen sollte nicht entfernt werden, da er als „natürlicher (biologischer) Schutz des Körpers“ fungiert.
  • Vermutete, tiefe Gewebeschädigung: Tiefe unbekannt: Hier liegt ein Bereich von verfärbter, aber intakter Haut oder eine blutgefüllte Blase vor, die sich durch Schädigung des darunterliegenden Weichgewebes durch Druck oder Scherkräfte gebildet hat. Bei Personen mit dunkler Hautfarbe kann es schwierig sein, eine solche Gewebeschädigung zu entdecken. Es kann zu einer dünnen Blase oder Schorf über einem dunklen Wundgrund kommen. Die Wunde kann sich darunter weiter verändern, und selbst unter optimaler Behandlung kann es zu einem rasanten Verlauf unter Freilegung weiterer Gewebeschichten kommen.

Gradeinteilung bei ICD-Kodierung

Die Grade der ICD-Kodierung für das „Dekubitalgeschwür und Druckzone“ (L89.-) orientieren sich an der Einteilung nach Shea:[9]

  • Dekubitus 1. Grades: Druckzone mit nicht wegdrückbarer Rötung bei intakter Haut
  • Dekubitus 2. Grades: Druckgeschwür mit Abschürfung, Blase, (Teil-)Verlust der Haut
  • Dekubitus 3. Grades: Druckgeschwür mit Verlust aller Hautschichten
  • Dekubitus 4. Grades: Druckgeschwür mit Nekrose von Muskeln, Knochen oder stützenden Strukturen
  • Dekubitus, Grad nicht näher bezeichnet: Druckgeschwür ohne Angabe eines Grades

Entstehung

Der Begriff Druckgeschwür weist auf die lokale Druckbelastung als maßgeblichen Entstehungsfaktor hin. Die Belastung lässt sich bewerten nach der Formel: Druck × Zeit. Überschreitet von außen auf Gefäße einwirkender Druck den Kapillardruck der Gefäße, so kommt es zu trophischen Störungen. Dieser Grenzwert wird in der Literatur oft auch als physiologischer Kapillardruck bezeichnet. In der Regel reicht bereits das Eigengewicht des jeweiligen (unbewegten) Körperteils aus, um den Kapillardruck zu überschreiten. Verschiedene Studien zu dessen Bestimmung (unter anderem von E. M. Landis, K.-D. Neander, Yamada und Burton) lieferten Werte zwischen 32 und 70 mmHg für eine Unterbrechung der Blut­zufuhr.

Dauert eine Druckbelastung oberhalb der Kapillardruckschwelle länger an, kommt es zu einer Unterversorgung der Zellen mit Sauerstoff (Hypoxie) und Nährstoffen. Der Sauerstoffpartialdruck sinkt auf 0 mmHg (Ischämie) und toxische (saure) Stoffwechselprodukte sammeln sich an. Das Gewebe nekrotisiert und Nervenzellen erleiden eine irreversible Schädigung. Die Zunahme saurer Stoffwechselprodukte löst bei gesunden Menschen einen Reflex zur Umlagerung und damit Entlastung gefährdeter Hautstellen aus, bevor bleibende Schädigungen eintreten. Bei älteren und kranken Personen sind diese Reflexe oft nur noch eingeschränkt oder gar nicht vorhanden, die erforderliche Entlastung des Gewebes unterbleibt. Als Folge der Übersäuerung des Gewebes stellt der Körper die Gefäße weit (Gefäßdilatation), sodass diese Hautareale stärker durchblutet werden – eine auch bei Druck bleibende Hautrötung – Dekubitus Grad I – ist die Folge. Als besonders gefährdet gelten Stellen mit geringer Weichteildeckung (Muskeln oder Fettgewebe) und nach außen gekrümmten (konvexen) knöchernen Widerlagern: die Kreuzbeinregion, die Dornfortsätze der Wirbelsäule, die Fersen, die Rollhügel der Oberschenkelknochen und die Knöchel. Der Auflagedruck trifft hier auf kleine Flächen und ist deshalb höher.

Risikofaktoren

Die Entstehung eines Dekubitus muss als multifaktorielles Geschehen als Folge intrinsischer und extrinsischer Risikofaktoren gesehen werden. Die intrinsischen Faktoren liegen „im Patienten selbst“ (unter anderen reduzierte Mobilität, hohes Alter/Altersschwäche, Austrocknung, Untergewicht, Infektionen, Diabetes mellitus, Harn- bzw. Stuhlinkontinenz, Sensibilitätsstörungen) begründet. Die extrinsischen Faktoren sind durch das Umfeld des Patienten bestimmt. Sie lassen sich – im günstigen Fall – durch Mobilisierung, geeignete Hilfsmittel und durch korrekte Umlagerung (siehe auch Dekubitusmatratze) sowie konsequent geplante Pflege des Betroffenen positiv beeinflussen.

Als weitere extrinsische Faktoren, die die Entstehung eines Dekubitus begünstigen, gelten:

  • Scherkräfte führen zu Verdrillungen der Blutgefäße; trophische Störungen sind die Folge. Gerade bei älteren Menschen, bei denen eine Abnahme des Wassergehaltes der Haut zu einem Elastizitätsverlust führt, kann es durch Scherkräfte auch zu einer Trennung ganzer Hautschichten voneinander kommen;
  • Reibung führt zu Verletzungen an der Hautoberfläche;
  • Temperatur im unphysiologischen Bereich durch Fieber oder von außen zugeführt (Wärmflasche, Heizkissen, Kühlpackung) kann die Durchblutung beeinflussen

Außerdem begünstigen folgende Faktoren die Entstehung eines Dekubitus beziehungsweise wirken sich nachteilig auf die Heilung aus:

Messbarkeit des Risikos

In der professionellen Pflege beziehungsweise Pflegewissenschaft wurden verschiedene Bewertungsinstrumente innerhalb des Pflegeassessment entwickelt. Diese Scoring-Systeme haben sich als günstig erwiesen, um das Dekubitusrisiko aufgrund intrinsischer Faktoren einzuschätzen und messbar zu machen. Dazu werden für verschiedene Kategorien (beispielsweise geistiger Zustand, körperlicher Zustand, Beweglichkeit, …) Punkte vergeben. Patienten unter einer bestimmten Punktzahl gelten dann als gefährdet.

Schon in den 1950er-Jahren entwickelte Doreen Norton die Norton-Skala. Die zunächst unzureichende und zum Teil schwammig formulierte Skala wurde 1985 zur modifizierten Norton-Skala erweitert. Neben der Medley- und Waterlow-Skala, die eher von spezifischen Patientenvorstellungen oder Pflegebereichen ausgehen, wird heute primär in den USA die Braden-Skala eingesetzt, die unter anderem die Kategorien „Reibung und Scherkräfte“ sowie „sensorisches Empfindungsvermögen“ einführt.

Der erste Nationale Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege in Deutschland empfahl 2004 die Anwendung von standardisierten Risikoskalen, strich diese Empfehlung 2010 in der ersten Aktualisierung aber wieder, da keine der Skalen alle möglichen Risikofaktoren berücksichtigt und ein deutlicher Effekt des Nutzens nicht nachgewiesen wurde. Eine erfahrene Pflegefachkraft kann auf der Basis ihrer Fachexpertise den Gesamtzustand des Patienten und somit dessen individuelles Dekubitusrisiko auch ohne Assessmentinstrumente beurteilen und die nötigen Maßnahmen daraus ableiten. Festgestellt wurde aber, dass Risikoskalen für Pflegefachpersonen mit wenig Berufserfahrung bei der Einschätzung hilfreich sein können.

Behandlung

Die Behandlung besteht vor allem in der vollständigen Druckentlastung der betroffenen Körperstelle durch regelmäßige Positionsänderungen, deren Frequenz individuell festgelegt werden muss. Wie bei der Dekubitusprophylaxe werden dazu haut- und gewebeschonende Bewegungs-, Positionierungs- und Transfertechniken angewandt. Zusätzlich wird der Dekubitus nach den Prinzipien der Wundbehandlung versorgt.[12] Ist eine Druckentlastung nicht oder nur unzureichend möglich, ist die Wundheilung verzögert oder ausgeschlossen. Hilfsmittel zur Druckreduzierung und Hautpflege unterstützen die Wundheilung, können aber eine vollständige Druckentlastung beziehungsweise (Anleitung zur) Eigenbewegung nicht ersetzen.[13]

Vorbeugung

Alle Maßnahmen zur Vorbeugung eines Druckgeschwüres werden als Dekubitusprophylaxe bezeichnet. Für die professionelle Pflege in Deutschland gilt hierfür der Nationale Expertenstandard Dekubitusprophylaxe.[14]

Zur fachgerechten Prophylaxe werden zunächst der individuelle Gefährdungsgrad festgestellt („initiales Screening“) sowie entsprechende Risikofaktoren identifiziert und nach Möglichkeit ausgeschaltet. Der gefährdete Patient und die ihn Pflegenden (auch pflegende Angehörige) werden in die Information, Planung und Umsetzung der nötigen Maßnahmen einbezogen; außerdem muss der Patient oder sein gesetzlicher Vertreter mit dem Vorgehen einverstanden sein.

Die entscheidende praktische Maßnahme ist die Druckentlastung gefährdeter Körperstellen durch regelmäßiges Mobilisieren, Lageveränderungen bzw. Positionieren des bewegungseingeschränkten Patienten unter Vermeidung von Scherkräften und mit gezieltem Hilfsmitteleinsatz. Geeignete Hautpflege und angepasste Ernährungs- und Flüssigkeitszufuhr ergänzen eine wirkungsvolle Prophylaxe, können eine Druckentlastung aber nicht ersetzen.

Nicht zu vernachlässigen ist die psychische Situation von Betroffenen. Sie sind durch ein ganzheitliches Pflegekonzept zur eigenen Motivation, Ernährung, Mobilisation, Prophylaxe usw. anzuregen. Patienten und ihre Angehörigen erhalten die dazu nötigen Informationen und praktische Anleitung von den entsprechenden Pflegefachpersonen.

Individueller Bewegungsplan

Zur Planung individueller Mobilisationsmaßnahmen werden zunächst der Ist-Zustand, die Bewegungsressourcen und Bewegungsbeeinträchtigungen des Patienten erfasst, die sich aus der Pflegeanamnese ergeben und bei Durchführung pflegerischer Maßnahmen beobachtet werden. Dazu gehört eine Risikoeinschätzung für Kontrakturen und Stürze, Hinweise auf den Hautzustand, die Ernährungssituation und eine eventuelle Kontinenzproblematik, die für eine wirksame Prophylaxe relevanten Ressourcen (beispielsweise Freude an der Bewegung, Adherence), Beschreibung vorhandener Fähigkeiten ("setzt sich ohne Hilfe auf die Bettkante", "dreht sich im Liegen eigenständig auf die Seite") und die Akzeptanz oder Ablehnung bestimmter Lagen, Positionen und anderer Maßnahmen. Dabei können bestimmte Situationen oder Tageszeiten zur Akzeptanz oder Ablehnung von Maßnahmen führen, beispielsweise der Wunsch nach ungestörter Nachtruhe. Mögliche aktive oder passive Bewegungsübungen sowie Steh- und Balancetraining werden, gegebenenfalls mit Hilfe von Physiotherapie, in die Pflege miteinbezogen. Der Pflegeplan enthält eine nachvollziehbare Beschreibung des Transfers und führt die benötigten Hilfsmittel (beispielsweise Rutschbrett, Gleitmatte, Lifter), Schuhe oder Anti-Rutsch-Socken, auf. Abhängig vom Körpergewicht des Patienten und dessen Kooperationsmöglichkeiten sind für bestimmte Maßnahmen mehrere Pflegepersonen nötig.

Vermeidung von Druckstellen

  • Förderung der Eigenbewegung, frühzeitige Mobilisation
  • Freilagerung oder Abpolsterung von Prädilektionsstellen wie vorstehenden Knochenpunkten
  • Glattstreichen von Falten in Kleidung oder Unterlagen
  • Auflageflächen von Zu- und Ableitungen (zum Beispiel Blasenkatheterschlauch, Infusionsleitungen) sowie Kleinteilen freihalten (zum Beispiel Verschlussstöpsel, Kanülenhülsen)
  • Vermeidung von enger Kleidung und Schuhen
  • Abpolsterung von enganliegenden Orthesen und Arm-/Beinprothesen

Hilfsmittel

Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe sollten über nachgewiesene druckverteilende und -entlastende Eigenschaften verfügen. Dazu gehören Wechseldruck- oder Weichlagerungsmatratzen und Mikro-Stimulationssysteme. Daneben werden zahlreiche andere Hilfsmittel angeboten, u. a. Kissen verschiedenster Formen mit unterschiedlichen Füllungen, Gleitmatten, synthetische Felle oder natürliche Schaffelle aus Schurwolle, die neben der Druckentlastung die Scherkräfte auf die Haut reduzieren und Feuchtigkeit gut ableiten sollen. Der Nationale Expertenstandard Dekubitusprophylaxe von 2010 schätzt die Studienlage aber als nicht ausreichend ein, um die Verwendung von speziellen Schaffellen als geeignetes Hilfsmittel zu empfehlen. Dagegen gibt die internationale Leitlinie eine eingeschränkte Empfehlung für natürliche Schaffelle.[15] Hilfsmittel wie Rutschbrett oder Gleitmatte vermeiden Scherkräfte bei Positionswechseln. Ein Personenlifter ist hilfreich beim Transfer (Umsetzen) von immobilen und schwergewichtigen Patienten.

Um geeignete Hilfsmittel zu finden, muss zuvor überlegt werden, welche Pflege- und Therapieziele für den Patienten erreicht werden sollen, und welche davon an erster Stelle stehen: Für einen Patient mit regelmäßiger Eigenbewegung ist eine Superweichlagerung ungeeignet, bei einem geschwächten, sterbenden Patienten kann beispielsweise eine Schmerzreduktion wichtiger als die Förderung der Eigenbewegung sein. Der Allgemein- und Ernährungszustand spielt eine Rolle, sowie das Vorhandensein von Atmungsbeschwerden, Kontrakturen, Lähmungen, Spastiken und Wahrnehmungsstörungen. Außerdem sollte das Hilfsmittel einfach anzuwenden und hygienisch aufzubereiten sein.

Hautpflege

Zielsetzung der Hautpflege ist, insbesondere die Haut gefährdeter Körperregionen sauber, trocken und geschmeidig zu halten. Insbesondere bei harn- oder stuhlinkontinenten Patienten ist auf geeignete Inkontinenzhilfsmittel zu achten. Gefährdete Körperstellen, die häufig Feuchtigkeit ausgesetzt sind, können mit speziellen Produkten wie Barrierecreme oder transparentem Hautschutzfilm vor Nässe geschützt werden.[16] Ausscheidungen sollten sofort entfernt werden. Zur Reinigung wird ein pH-neutrales Hautreinigungsmittel empfohlen. Dabei sollte starkes Reiben vermieden werden; auch Massagen werden nicht empfohlen.[17]

Ernährung

Sowohl Mangelernährung als auch Untergewicht sind assoziiert mit der Dekubitusinzidenz.[18] Eine ausgewogene, eiweiß- und vitaminreiche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr allein hilft jedoch nicht, ein Druckgeschwür zu verhindern. Sie senkt aber die Risiken für Dehydratation, Mangelernährung und Unterernährung. Nahrungsergänzungsmittel sind bei ausgewogener Mischkost nicht notwendig. Hat der Patient Schwierigkeiten mit der Nahrungsaufnahme oder bestehen Unverträglichkeiten, können sie eingesetzt werden, um Mängel auszugleichen.

Literatur

  • Jennifer Anders et al.: Dekubitalgeschwüre – Pathophysiologie und Primärprävention. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 107, 2010, S. 371–382.
  • Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP, Hrsg.): Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. 2. Aktualisierung 2017 einschließlich Kommentierung und Literaturstudie. Schriftenreihe des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Osnabrück ISBN 978-3-00-009033-2
  • Waltraud Steigele: Bewegung, Mobilisation und Lagerungen in der Pflege. Praxistipps für Bewegungsübungen und Positionswechsel. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2016 ISBN 978-3-662-47270-5

Weblinks

 Commons: Dekubitus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Dekubitus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. http://dictionary.reference.com/search?q=decubitus (englisch)
  2. 2,0 2,1 2,2 Eva-Maria Panfil, Gerhard Schröder (Hrsg.): Pflege von Menschen mit chronischen Wunden. 3. Auflage. Verlag Hans Huber, Bern 2013, ISBN 978-3-456-85194-5, S. 201.
  3. Jenny Phillips: Pressure Sores. 1. Auflage. Churchill Livingston, New York 1997, ISBN 9780443055324.
  4. S.17 Projektgruppe 32 des MDS e.V.: Grundsatzstellungnahme Dekubitus. Auf mds-ev.de, Juni 2001; abgerufen am 24. Dezember 2018
  5. J. Darrell Shea: Pressure sores: classification and management. In: Clinical Orthopedics and Related Research 112, S. 89–100.
  6. Dirk J. Schaefer: Decubitus Diagnose und Klassifikation. 56. Basler Decubitusseminar 2014; abgerufen am 17. Dezember 2018
  7. 7,0 7,1 I care Pflege. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-165651-3, S. 401.
  8. Kerstin Protz: Moderne Wundversorgung, Urban & Fischer, München, 7. Auflage 2014, S. 76.
  9. ICD-Kodierung des Dekubutalgeschwürs
  10. Angelika Bischoff: Adipositas – Schwergewichtige Probleme im Fall einer Operation. In: Deutsches Ärzteblatt 2007; 104(22): A-1560 / B-1382 / C-1322
  11. Kerstin Protz: Moderne Wundversorgung. Praxiswissen, Standards und Dokumentation. 6. Auflage, Urban & Fischer, München 2011, S. 73. ISBN 978-3-437-27883-9
  12. Druckgeschwür (Dekubitus) – Behandlung auf gesundheitsinformation.de; abgerufen am 20. Dezember 2018
  13. Kerstin Protz: Moderne Wundversorgung. Praxiswissen, Standards und Dokumentation. 6. Auflage, Urban & Fischer, München 2011, S. 80. ISBN 978-3-437-27883-9
  14. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege: Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege; 2. Aktualisierung 2017. (PDF) DNQP, Juni 2017, abgerufen am 17. Dezember 2018.
  15. National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel and Pan Pacific Pressure Injury Alliance. Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide. Emily Haesler (Ed.). Cambridge Media: Osborne Park, Australia 2014; deutsche Übersetzung Prävention und Behandlung von Dekubitus: Kurzfassung der Leitlinie. S.32; abgerufen am 18. Dezember 2018
  16. Elke Kuno: Hautschutz bei Inkontinenz: Sauer hält gesund. Auf bibliomed-pflege.de vom 28. Oktober 2016; abgerufen am 18. Dezember 2018
  17. Kurzfassung Leitlinie NPUAP, EPUAP, PPPIA 2014; S.21; abgerufen am 18. Dezember 2018
  18. S. Eberhardt, A. Heinemann, W. Kulp, W. Greiner, C. Leffmann, M. Leutenegger, J. Anders, F. Pröfener, U. Balmaceda, O. Cordes, U. Zimmermann, J.-M. Graf von der Schulenburg: Dekubitusprophylaxe und -Therapie. Herausgeber: Deutsche Agentur für Health Technology Assessment des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information, Köln 2005, S. 133; abgerufen am 18. Dezember 2018
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