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Als wär’s ein Stück von mir

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Als wär’s ein Stück von mir. Horen der Freundschaft ist der Titel der Autobiographie Carl Zuckmayers, die nach ihrem Erscheinen 1966 wochenlang die Bestsellerlisten anführte.

Der Haupttitel, eine Zeile aus dem Gedicht Der gute Kamerad von Ludwig Uhland, ist auch der Titel des vierten Kapitels, das die Jahre 1914-1918 und die Teilnahme Zuckmayers als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg beschreibt.

Der Untertitel Horen der Freundschaft spielt, wie diesbezügliche Zitate aus Meyers Konversations-Lexikon 1896 klar machen, die dem Buch vorangestellt sind, auf die griechische Mythologie, die Zeitschrift Schillers, vor allem aber auf die sieben Stundengebete des Christentums an, die den sieben Kapiteln des Buches entsprechen. Horen der Freundschaft heißt zugleich auch das fünfte Kapitel, in dem Zuckmayer über die Jahre 1918-1920, die Novemberrevolution, seine Studienzeit in Frankfurt und Heidelberg und seine Freundschaft mit Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Henry Goverts, Wolfgang Petzet, Max Krell und Hans Schiebelhuth schreibt.

Das folgende, sechste Kapitel schildert die Jahre 1920-1933, Zuckmayers mit der Übersiedlung nach Berlin beginnende Karriere als Dramatiker und seine Begegnungen mit allen bedeutenden Schriftstellern, Regisseuren und Schauspielern der Weimarer Republik. Überschrieben ist es "Warum denn weinen -".

"Warum denn weinen, wenn man auseinander geht,
Wenn an der nächsten Ecke schon ein andrer steht"-
hieß der populärste Schlager, man grölte ihn angeberisch in jeder 'Diele' (das war der Name für kleine Bars mit Vergnügungsbetrieb, die es an allen Straßenecken gab), man bibberte vor Hysterie, wenn der neue Dollarkurs herauskam, und schoß sich beim ersten Krach mit seiner Freundin eine Kugel durch den Kopf.
Trotzdem war bereits die unvergleichliche Intensität, der Hauch jenes stürmischen Aufschwungs zu spüren, der Berlin in wenigen Jahren zur interessantensten, erregendsten Stadt Europas machte. (Seite 313)

Der zitierte Schlager von Arthur Rebner (Musik: Hugo Hirsch) aus der Operette "Die Scheidungsreise" passt auch zu der keine zwei Jahre währenden, 1922 geschiedenen Ehe Zuckmayers mit seiner Mainzer Jugendliebe Annemarie Ganz und zu seiner anschließenden kurzen Verbindung mit Annemarie Seidel ("Mirl"). Andererseits erzählt das Kapitel auch davon, wie Zuckmayer 1925 Alice von Herdan heiratet, mit der er für den Rest seines Lebens zusammen bleiben wird.

Die Jahre 1934-1939, in denen Zuckmayer in Österreich eine Zuflucht vor den Nazis gefunden hatte, bis er mit dem Anschluss Österreichs erneut vor ihnen flüchten musste, beschreibt das zweite Kapitel "Austreibung". Es enthält die folgende bewegende Passage über den Beginn der Naziherrschaft in Österreich am 12. März 1938:

An diesem Abend brach die Hölle los. Die Unterwelt hatte ihre Pforten aufgetan und ihre niedrigsten, scheußlichsten, unreinsten Geister losgelassen. Die Stadt verwandelte sich in ein Alptraumgemälde des Hieronymus Bosch: Lemuren und Halbdämonen schienen aus Schmutzeiern gekrochen und aus versumpften Erdlöchern gestiegen. Die Luft war von einem unablässig gellenden, wüsten, hysterischen Gekreische erfüllt, aus Männer- und Weiberkehlen, das tage- und nächtelang weiterschrillte. Und alle Menschen verloren ihr Gesicht, glichen verzerrten Fratzen; die einen in Angst, die anderen in Lüge, die anderen in wildem, hasserfülltem Triumph. Ich hatte in meinem Leben einiges an menschlicher Entfesselung, Entsetzen oder Panik gesehen. Ich habe im Ersten Weltkrieg ein Dutzend Schlachten mitgemacht, das Trommelfeuer, den Gastod, die Sturmangriffe. Ich hatte die Unruhen der Nachkriegszeit miterlebt, die Niederschlagung von Aufständen, Straßenkämpfe, Saalschlachten. Ich war beim Münchener »Hitler-Putsch« von 1923 mitten unter den Leuten auf der Straße. Ich erlebte die erste Zeit der Naziherrschaft in Berlin. Nichts davon war mit den Tagen in Wien zu vergleichen. Was hier entfesselt wurde, hatte mit der »Machtergreifung« in Deutschland, die nach außen hin scheinbar legal vor sich ging und von einem Teil der Bevölkerung mit Befremden, mit Skepsis oder mit einem ahnungslosen, nationalen Idealismus aufgenommen wurde, nichts mehr zu tun. Was hier entfesselt wurde, war der Aufstand des Neids, der Missgunst, der Verbitterung, der blinden böswilligen Rachsucht – und alle anderen Stimmen waren zum Schweigen verurteilt. […] Hier war nichts losgelassen als die dumpfe Masse, die blinde Zerstörungswut, und ihr Haß richtete sich gegen alles durch die Natur oder Geist Veredelte. Es war ein Hexensabbat des Pöbels und ein Begräbnis aller menschlicher Würde. (Seite 71 f.)

Literatur

  • Als wär's ein Stück von mir. Horen der Freundschaft. Frankfurt am Main: S. Fischer 1966, 573 Seiten + 1 Blatt Text verso Werksregister + 5 Blatt Personen-Verzeichnis
  • Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Horen der Freundschaft. Sonderausgabe S.-Fischer-Jahrhundertwerke. S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, 692 S., ISBN 978-3-10-034112-9 oder ISBN 3-10-034112-0
  • Jang-Weon Seo: Die Darstellung der Rückkehr. Remigration in ausgewählten Autobiographien deutscher Exilautoren. Epistemata, Reihe Literaturwissenschaft (Band 470). Dissertationsschrift (Universität Mainz). Königshausen und Neumann, Würzburg 2004, 184 S., ISBN 3-8260-2598-9
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Als wär’s ein Stück von mir aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.