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Zentrum für Literatur- und Kulturforschung

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Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung
Kategorie: Forschungseinrichtung
Träger: Geisteswissenschaftliche Zentren Berlin
Rechtsform des Trägers: Eingetragener Verein
Sitz des Trägers: Berlin
Standort der Einrichtung: Berlin-Mitte
Art der Forschung: Grundlagenforschung
Fächer: Geisteswissenschaften
Fachgebiete: Kulturwissenschaft
Grundfinanzierung: BMBF, Land Berlin, Drittmittel
Leitung: Sigrid Weigel
Mitarbeiter: ca. 60
Homepage: www.zfl-berlin.org

Das Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung und betreibt Forschungen zur europäischen Kulturgeschichte, Wissensgeschichte und Wissenschaftsgeschichte auf der Basis philologisch-kulturwissenschaftlicher Methoden.

Geschichte

Das ZfL wurde 1996 – nach vierjährigem Vorlauf in der von der Max-Planck-Gesellschaft betreuten Fördergesellschaft Wissenschaftliche Neuvorhaben – gegründet. Seither bildet es zusammen mit dem Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) und dem Zentrum Moderner Orient (ZMO) die Geisteswissenschaftlichen Zentren Berlin e. V. (GWZ). Gründungsdirektor des ZfL war von 1996 bis 1999 der Germanist Eberhard Lämmert. Direktorin ist seitdem Sigrid Weigel, Professorin am Institut für Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte[1] der Technischen Universität Berlin.

Von 1996 bis 2007 wurden die GWZ Berlin durch das Land Berlin und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Zusätzlich wurden Drittmittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der VolkswagenStiftung, der Fritz Thyssen Stiftung, der Kulturstiftung des Bundes, dem Hauptstadtkulturfonds, der Stiftung Preußische Seehandlung, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. u. a. eingeworben. Nach einer positiven Evaluierung durch den Wissenschaftsrat wird das ZfL seit 2008 mit einem Jahresetat von knapp 2,5 Mio. Euro durch das Land Berlin und eine Projektförderung des BMBF getragen. Daneben werden weitere Einzelprojekte durch Drittmittel u. a. der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der VolkswagenStiftung sowie zusätzliche Fördergelder des BMBF ermöglicht.

Forschung

Kultur wird aus ihrem doppelten Ursprung aus Kult und téchnē verstanden, Literatur als Überlieferungsmedium von historisch und kulturell differentem Wissen und als Archiv des kulturellen Gedächtnisses. Im Mittelpunkt stehen die Prägung der Moderne durch vormoderne, insbesondere religiöse Begriffe, Praktiken und Deutungsmuster sowie die zumeist vergessene, aber fortwirkende Geschichte wissenschaftlicher Theoreme, Begriffe und Verfahren in der Gegenwart. Die Forschungen konzentrieren sich auf Probleme, die die Kompetenzen verschiedener Disziplinen erfordern, und auf Themen am Schnittpunkt von Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Künsten. Die Erprobung neuer Verfahren für interdisziplinäre Projekte zielt auf die Entwicklung einer kulturwissenschaftlichen Epistemologie und auf die Erarbeitung kultureller Expertisen für brisante Fragen der Wissensgesellschaft und der ‚Europäisierung Europas‘.

Forschungsschwerpunkte

Die Projekte am ZfL sind in den Forschungsschwerpunkten Europäische Kulturgeschichte und Kulturgeschichte des Wissens angesiedelt.

Europäische Kulturgeschichte

Europäische Kulturgeschichte wird im ZfL im Hinblick auf historische und topographische Ungleichzeitigkeiten von Säkularisierung und Modernisierung erforscht. Europa ist dabei keine feste, geographisch und zeitlich umrissene Größe. Vielmehr gilt das Interesse den Diskursen und kulturellen Praktiken, mit denen „ein solches Gebilde wie Europa“ (Auerbach) entstanden ist – unter Berücksichtigung unterschiedlicher historischer, topographischer und kultureller Schauplätze und seiner Begründung aus konkurrierenden Genealogien: der orientalisch-antiken, mediterranen oder jüdisch-christlichen Tradition.

Die interdisziplinäre Projektarbeit zielt auf die Entwicklung einer philologisch-kulturwissenschaftlichen Methodologie, die es vermag, komparatistische Verfahren dort zu überschreiten, wo letztere für ihren Vergleich auf die Konstitution nationaler, ethnischer, sprachlicher, religiöser und territorialer Entitäten angewiesen sind. Insofern sind in der Forschung des ZfL konstitutive Unterscheidungen wie die zwischen Sakralem und Profanem, Gesetz und Moral, Öffentlichem und Intimem, visueller und schriftlicher Kultur, Ost und West selbst Gegenstand historischer und theoretischer Analyse.

Diese Betrachtungsweise schließt an die erste Kulturwissenschaft an, die um 1900 aus dem Zusammenwirken von anthropologischen, religionshistorischen, physio-psychischen, philosophischen und philologischen Ansätzen entstanden ist und sich mit den Schriften von Wissenschaftlern wie Warburg, Freud, Simmel, Cassirer, Benjamin, Auerbach u. a. verbindet. Deren Arbeiten fokussieren die kultischen und rituellen Ursprünge der Kultur und deren Transformationen in symbolische, diskursive, künstlerische und systematische Formen des Wissens. Auf dieser Grundlage lässt sich das Nachleben archaischer, antiker oder religiöser Bedeutungsfiguren in der Geschichte der Säkularisierung und Modernisierung untersuchen.

Die Projekte verteilen sich auf drei Forschungsbereiche:

Archiv/Kulturwissenschaft: Durch die Historisierung insbesondere der ersten Kulturwissenschaften sowie die Sammlung und Edition von Quellen und Korrespondenzen wichtiger Kulturwissenschaftler zielt der Bereich auf eine Selbstreflexion der Kulturwissenschaft als Methode.

Projekte:

Religion/Repräsentation: Dieser Bereich erforscht den Umgang mit Momenten des Sakralen in der europäischen Kulturgeschichte und erarbeitet methodisch alternative Säkularisierungskonzepte.

Projekte:

  • Figurationen des Märtyrers in nahöstlichen und europäischen Kulturen[4]
  • Zeugenschaft[5]
  • Tragödie und Trauerspiel[6]

Europa/Osten: entwirft eine plurale Topographie des Europäischen als Transfer zwischen verschiedenen europäischen Kulturen und als komplexe Spiegelung Europas in seinem Anderen.

Projekte:

  • Das europäische Subjekt und der 'Homo sovieticus'[7]
  • Kulturelle Semantik Georgiens zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer[8]

Kulturgeschichte des Wissens

Die Forschungen zur Kulturgeschichte des Wissens gelten Begriffen, die sich im Fadenkreuz mehrerer Disziplinen befinden – wie Generation, Erbe, Genealogie, Bewusstsein, Gefühl/Affekt, Ausdruck. Deren Bedeutung ergibt sich aus dem Zusammenspiel von physischen, materiellen und biologischen Funktionen einerseits und semantischen und kulturellen Deutungsmustern andererseits. Die Genese ihrer wissenschaftlichen Erklärungen wird als Praxis untersucht, an der unterschiedliche Medien, Symbolsysteme und Instrumentarien mitwirken, deren Rolle in den Ergebnissen und der etablierten Nomenklatur oft unsichtbar bleibt. So können brisante Fragen der Wissensgesellschaft auf ihre – teils verborgenen – konzeptuellen, erkenntnistheoretischen und kulturgeschichtlichen Voraussetzungen hin untersucht werden.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Prägung wissenschaftlicher Tatsachen und Modelle durch die Geschichte der Trennung von Kunst und Wissenschaft sowie der Entgegensetzung von Natur- und Geisteswissenschaften. Letztere hat vor allem zur Ausdifferenzierung unterschiedlicher Methoden wie Erklären und Verstehen, Empirie und Interpretation, Messen und Deuten geführt. Um aber die Differenzen der ‚zwei Kulturen‘ produktiv zu machen, müssen die oft intuitiven und impliziten Transfers zwischen verschiedenen Feldern sichtbar gemacht und in ihren Wirkungen erforscht werden. In diesem Sinne werden beispielsweise rhetorische Verfahren in den (Natur-)Wissenschaften – wie der Einsatz von Metaphern bei der Erschließung noch unerforschter Gebiete – als kreative und innovative Praktiken betrachtet und zugleich auf die darin stets eingeschlossene „Vorläufigkeit des Wissens“ (Blumenberg) hin untersucht. Dies schließt die Wechselbeziehungen zwischen allgemein kulturellem, künstlerischem, literarischem und fachwissenschaftlichem Wissen ein.

Die Arbeit zielt auf die Entwicklung kulturwissenschaftlicher, begriffs-, text- und bildtheoretisch fundierter Beiträge zu den interdisziplinären Science Studies. Sie ist unter systematischen Aspekten in drei Forschungsbereichen gebündelt:

Lebenswissen: Die interdisziplinäre Wissensformation, deren Gegenstandsbereich selbst von materiellen, biologischen und symbolischen Übertragungen handelt, wird in historischer Perspektive auf Übertragungen zwischen natur- und kulturwissenschaftlichen Konzepten hin erforscht.

Projekte:

  • Kulturelle Faktoren der Vererbung[9]
  • Organismus und Kultur. Begriffliche Grundlagen und Grenzen der Biologie[10]
  • Hereditäre Chorea. Test - Diagnostik - Prognostik[11]

Visuelles Wissen: beschäftigt sich sowohl mit der spezifischen Erkenntnisfähigkeit und Methodik der Künste als auch mit bild-, zeichen- und medientheoretischen Analysen wissenschaftlicher Darstellungen.

Projekte:

  • Das Auge im Labor[12]
  • Das Gesicht als Artefakt in Kunst und Wissenschaft[13]
  • SchädelBasisWissen. Kulturelle Implikationen der plastischen Chirurgie des Schädels[14]

Wissensordnungen: widmet sich der Rolle diskursiver, rhetorischer und performativer Praktiken für die Generierung und Tradierung von Wissen, mit besonderem Blick auf die Dynamik von Wissen und Nicht-Wissen.

Projekte:

  • Theorie und Konzept einer interdisziplinären Begriffsgeschichte[15]
  • Prognostik und Literatur[16]
  • Synergie. Technik und Glaube in der Slavia Orthodoxa[17]
  • Übertragungswissen – Wissensübertragungen. Zur Geschichte und Aktualität des Transfers zwischen Lebens- und Geisteswissenschaften (1930/1970/2010)[18]
  • Narrative des Wahnsinns im großstädtischen Raum, 1900–1930[19]

Interdisziplinarität

Die Mitarbeiter des ZfL kommen aus unterschiedlichen Philologien (Komparatistik, Germanistik, Romanistik, Slavistik, Amerikanistik, Arabistik, Japanologie), Kultur-, Kunst-, Musik- und Theaterwissenschaften, Religions- und Islamwissenschaft, Wissenschaftsgeschichte, Philosophie und Psychologie.

Kooperationen

Über die aktuelle Projektarbeit hinaus unterhält das ZfL intensive Kooperationsbeziehungen zu Einrichtungen im In- und Ausland. Neben Berliner Universitäten und Forschungsinstituten gehören dazu u. a. das Zentrum Geschichte des Wissens an der ETH Zürich, das Franz-Rosenzweig-Zentrum der Hebräischen Universität Jerusalem, die Ilya-Chavchavadze-Universität Tblissi und die Stanford University. Daneben arbeitet das ZfL mit Kultureinrichtungen wie dem Literaturhaus Berlin, dem Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart und dem Museum für Kommunikation Berlin zusammen.

Gastwissenschaftler und Honorary Members

In- und ausländische Wissenschaftler, deren Forschungen sich mit den Projekten des ZfL berühren, werden als Gastwissenschaftler und Fellows zu kurzzeitigen Forschungsaufenthalten eingeladen. Aus dem Austausch mit einigen renommierten Wissenschaftlern hat sich eine so intensive Zusammenarbeit entwickelt, dass das ZfL sie zu Ehrenmitgliedern ernannt hat. Honorary members sind der Kunsthistoriker Hans Belting (Karlsruhe), der Kunstwissenschaftler und Philosoph Georges Didi-Huberman (Paris), der Historiker Carlo Ginzburg (Pisa), die Psychoanalytikerin, Literaturtheoretikerin und Schriftstellerin Julia Kristeva (Paris), der Bildwissenschaftler William J. T. Mitchell (Chicago), der Germanist Stéphane Mosès sel. A. (1931–2007), der Philosoph Michail Ryklin (Moskau) und die Germanistin Irina Schtscherbakowa (Moskau).

Publikationen

Für die Veröffentlichung der Forschungserträge unterhält das ZfL zwei Buchreihen: die Trajekte-Reihe im Wilhelm Fink Verlag (seit 2003) und die Reihe Literaturforschung im Kulturverlag Kadmos (seit 2006, zuvor Akademie Verlag). Zahlreiche Forschungsergebnisse sind zudem in anderen Verlagen publiziert (Fischer, Suhrkamp, de Gruyter u. a.). Zweimal im Jahr erscheint die Zeitschrift Trajekte.[20]

Bibliothek

Die Bibliothek des ZfL ist eine Spezialbibliothek für interdisziplinär ausgerichtete Literatur- und Kulturforschung mit der Aufgabe, die Arbeit der Wissenschaftler des ZfL zu unterstützen. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Bibliothek sind: Literaturen und Kulturen Europas, (eingeschränkt auch: Afrikas und Amerikas), Literaturtheorien und Geschichte der Literaturwissenschaften, Philosophie (besonders Ästhetik und ihre Geschichte), Kunst-, Medien- und Religionswissenschaften. Sie können sich je nach den aktuellen Forschungsprojekten des Zentrums etwas verschieben. Der Bestand umfasst insgesamt ca. 42.000 Bände (davon etwa 12.000 Bände Zeitschriften). Ca. 175 Zeitschriften und andere Periodika werden im Abonnement bezogen.

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Zentrum für Literatur- und Kulturforschung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.