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Zeidlerei

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Zeidlerei – Historische Darstellung der Waldimkerei aus Adam Gottlob Schirachs Wald-Bienenzucht von 1774

Die Zeidlerei (auch Zedlerei) war im Mittelalter das gewerbsmäßige Sammeln von Honig wilder oder halbwilder Bienenvölker, das vom Zeidler ausgeübt wurde.

Wortherkunft

Das Wort kommt vom lateinischen „excidere“ („herausschneiden“) über das altdeutsche „zeideln“ („Honig schneiden“). Schneiden deshalb, weil hier – anders als heute – die gesamte Honigwabe entnommen (erbeutet) wurde; dabei war der Fortbestand des Bienenvolkes nachrangig. Honig und Wachs konnten sofort verwertet und weiterverarbeitet werden.

Tätigkeit

Waldzeidlerei an Bäumen
Eine Puppe verkleidet als Zeidler

Zwar sammelten bereits Steinzeit­völker – ebenso wie heutige Naturvölker – den Honig wilder Bienen; sie taten bzw. tun dies aber nicht gewerbsmäßig. Der Zeidler oder Zeitler, dessen Beruf sich bereits im Frühmittelalter nachweisen lässt, sammelte dagegen den Honig wilder Bienen in den Wäldern. Er hielt, anders als der Imker im heutigen Sinne, die Bienen nicht in gezimmerten Bienenstöcken oder Bienenkörben.

Man hieb alten Bäumen künstliche Höhlen (Beuten) in etwa sechs Meter Höhe ein und versah den Eingang mit einem Brett, in das ein Flugloch eingebracht war. Ob eine Beute von Bienen beflogen wurde oder nicht, hing ganz vom natürlichen Umfeld ab und wechselte jedes Jahr. Auch entwipfelte man die Bäume, um dem Windbruch vorzubeugen.

Verbreitung

Überaus günstig, wenn nicht sogar Voraussetzung für die Zeidlerei, waren Nadelholzgebiete. Wichtige Standorte der Zeidlerei waren im Mittelalter Gebiete im Fichtelgebirge und im Nürnberger Reichswald. In Bayern etwa ist eine Waldbienenhaltung bereits für das Jahr 959 in der Gegend von Grabenstätt nachgewiesen. Aber auch auf dem Gebiet des heutigen Berlin gab es ausgedehnte Zeidlerei, insbesondere im damals noch sehr viel größeren Grunewald.

Vor allem im Nürnberger Umland gibt es immer noch zahlreiche Hinweise auf das dort früher blühende Zeidlerwesen (wie das Zeidlerschloss in Feucht). Der Honig war wichtig für die Nürnberger Lebkuchen­produktion; der Nürnberger Reichswald („Des Heiligen Römischen Reiches Bienengarten“) lieferte genug davon.

Der deutsche Ortsname Zeidler des heutigen Brtníky in Tschechien geht auf die dortige historische Waldimkerei zurück. Zeidler heißt außerdem eine ehemalige Gemeinde im Ortsteil Fördergersdorf der sächsischen Stadt Tharandt am Tharandter Wald.

Privilegierung

Das Feuchter Wappen
Zeidler-Darstellung mit Armbrust am Sitz des Deutschen Imkerbundes in Villip

Die Zeidler bildeten Zünfte mit bestimmten Rechtsbräuchen, die in Form der „Zeidelweide“ Niederschlag in Zeidelordnungen (etwa bis ins 16. Jahrhundert in der Markgrafschaft Bayreuth)[1] fanden, und übten eine eigene niedere Gerichtsbarkeit (Zeidlergericht) aus. Bereits 1296 lässt sich für die Zeidler in Feucht die eigene Gerichtsbarkeit und ein eigener Zeidelmeister nachweisen.[2] Die eigene Gerichtsbarkeit wurde in der reichsunmittelbaren Privilegierung durch Kaiser Karl IV. in seinem „Zeidel Fryheit Brieff“ aus dem Jahre 1350 niedergeschrieben. Darin wurden die Zeidler mit der eigenen Gerichtsbarkeit belehnt. Als äußeres Zeichen dieser Privilegierung führten ihre Vorsteher (Starosten) einen weißen Stab, die Zeidler erhielten die (in den damaligen Wäldern durchaus nötige) Erlaubnis zur Führung einer Waffe (der Armbrust) und trugen eine spezifische grüne Tracht mit der typischen langen Zipfelmütze (siehe hierzu das Zeidlerwappen am Zeidelschloss in Feucht und verschiedene Lebkuchenpackungen). Dafür mussten die Zeidler den Kaiser sicher durch den Nürnberger Reichswald geleiten und einige Zentner Wachs pro Jahr an den Stephansdom in Wien liefern und noch einige Dinge mehr.

Interessanterweise wurde dieses Privileg (das Zeidelrecht) nie eigens aufgehoben, auch nicht durch die rechtliche Neugestaltung der Weimarer Republik, theoretisch gilt es also heute noch. Ein rechtlicher Nachhall dieses Privilegs findet sich noch heute im Bürgerlichen Gesetzbuch mit seinen Bienenparagraphen.

Diese Privilegierung war im Nürnberger Reichswald notwendig geworden, da die intensive Nutzung des Waldes zu dessen Lasten ging: Die Anwohner trieben ihre Schweine zur Fütterung hinein, Nürnberg bezog sein Brennholz daraus usw. Diese Nutzung ging so weit, dass Kaiser Karl IV. sich nach seinem Satz „Mein Wald geht mir vor die Säue“ zu einer Regelung des Gebrauchs genötigt sah. Er legalisierte die Aufforstungsversuche der Nürnberger Familie Stromer (später „Waldstromer“ genannt; dies waren die Vorboten der heutigen Monokultur an Föhren im „Reichswald“ um Nürnberg) und übertrug dieser Familie „waldpolizeiliche“ Ordnungsaufgaben. Im Zuge dieser Neuorganisation versah Karl IV. die Zeidler mit dem umfassenden Privileg von 1350.

Im 10. Jahrhundert wurde der Honig aus Waldbienenwirtschaft gewonnen und stellte die einzige Quelle für Süßstoff dar. Das Bienenwesen hatte vor der Einführung des Rohrzuckers eine ganz zentrale Bedeutung. Die Bienen lieferten das einzige Süßmittel (Honig), eine verbesserte Grundlage zur Beleuchtung (Wachs) und Basisstoffe für die Medizin (Propolis, das Kittharz der Bienen; Honig; Gelée royale usw.).

Erst als der Bedarf an Bienenwachs für die Beleuchtung in Burgen, Kirchen, Klöstern und Städten stark anstieg, bekam die Imkerei Auftrieb. Es wurde vermehrt Wachs produziert, während Honig nun eher ein Nebenprodukt war.

Niedergang

Der schleichende Niedergang der Zeidlerei verlief in Europa von West nach Ost. Der Niedergang wurde eingeleitet durch die Einfuhr von Rohrzucker, der aber noch im 17. Jahrhundert so teuer war, dass ihn sich nur reichere Leute leisten konnten. Erst der Anbau von Zuckerrüben in Europa im 19. Jahrhundert änderte die Situation grundlegend.

In der Lausitz, dem Baltikum und Russland konnte sich die Waldimkerei bis ins 19. Jahrhundert als ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor erhalten. Heute ist die Zeidlerei, zumindest in Deutschland, als Wirtschaftsfaktor völlig bedeutungslos. Im Rahmen des Naturschutzes gibt es in Mitteleuropa vereinzelte Versuche, Bienenvölker im Wald anzusiedeln und die Zeidlerei wieder aufzunehmen.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Max Wagner: Das Zeidelwesen und seine Ordnung im Mittelalter und in der neueren zeit : ein Beitrag zur Geschichte der Waldbenutzung und Forstpolitik, München : Kellerer, 1895 (Digitalisiert in der ZB MED).
  • Eva Crane: The world history of beekeeping and honey hunting. Duckworth, London 2000, ISBN 0-7156-2827-5 (englisch).
  • Karl Hasel, Ekkehard Schwartz: Forstgeschichte. Ein Grundriss für Studium und Praxis. 2., aktualisierte Auflage. Kessel, Remagen 2002, ISBN 3-935638-26-4.
  • Richard B. Hilf: Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart – Erster Teil [Reprint]. Aula, Wiebelsheim 2003, ISBN 3-494-01331-4.
  • Klaus Baake: Das Zeidelprivileg von 1350. München 1990.
  • Adam Gottlob Schirach: Wald-Bienenzucht. Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1774 (Digitalisiert in der BSB München).
  • Johannes E Bischoff: Die Zeidelhuben und Bienenpflege im Sebalder Reichswald zwischen Erlangen und Nürnberg in siedlungs- und waldgeschichtlicher Sicht. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 1956.

Weblinks

 Commons: Zeidlerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Zeidler – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Max Döllner: Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. Ph. C. W. Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 1950. (Neuauflage 1978 anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Verlag Ph. C. W. Schmidt Neustadt an der Aisch 1828-1978.) S. 455.
  2. W. Schwemmer: Alt-Feucht. Feucht 1977, S. 9.
  3. http://www.freethebees.ch/bienenhaltung/zeidlerei/
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Zeidlerei aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.