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Wittgensteiner Land

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Wittgensteiner Land bei Wemlighausen
Bad Laasphe in Südwittgenstein

Das Wittgensteiner Land (geläufiger: Wittgenstein) ist eine Region im Kreis Siegen-Wittgenstein, zu kleinen Anteilen auch im Hochsauerlandkreis, in Nordrhein-Westfalen. Es umfasst nach heute gängiger Zuordnung das Kernland des ehemaligen Kreises Wittgenstein mit den heutigen Gemeinden Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück.

Die Höhendörfer Hoheleye, Langewiese, Neuastenberg und Mollseifen nordöstlich von Bad Berleburg, die heute Stadtteile von Winterberg (Hochsauerlandkreis) sind, waren zwar ebenfalls Teile des Altkreises Wittgenstein, werden heute jedoch eher dem Sauerland zugerechnet.

Naturräumliche Zuordnung

Der überwiegende Teil des Wittgensteiner Landes gehört zum Rothaargebirge, innerhalb dessen die Hochmulde Wittgensteiner Kammer um die Täler von Eder und Odeborn bis zu ihrem Zusammenfluss in Raumland sowie das sich südlich anschließende Wittgensteiner Bergland den Großteil der besiedelten Gebiete ausmachen.

An der Ostabdachung liegt das Tal der Eder ab Meckhausen im Hinterländer Ederbergland und das Tal der Lahn bei Laasphe im Naturraum Oberes Lahntal.

Geschichtliche Entwicklung

Erste Besiedlung in Wittgenstein

Im Bereich der heutigen Stadt Bad Berleburg konnten Heimatarchäologen anhand von Grabungsfunden mehr als 150 Siedlungsstellen einer ersten Besiedlung in der keltischen, also vorchristlichen Zeit (etwa 700 v. Chr.) nachweisen. Aus dieser Zeit sind drei Fliehburgen bekannt, die von den Kelten auf steilen Bergkuppen gebaut worden waren. Diese sollten vielleicht gegen eindringende Feinde schützen. Womöglich dienten diese Kuppen auch der regelmäßigen Kommunikation über Feuerzeichen, um die kultische Gemeinschaft mit den südöstlich und südwestlich gelegenen Wallburgen in Brauersdorf und in Rittershausen zu pflegen.[1] Die Wallburgen liegen in der Nähe der heutigen Ortschaften Aue, Dotzlar und Wemlighausen. Die weiteren Ortsteile von Bad Berleburg wurden zu unterschiedlichen Zeiten besiedelt. Diese drei mächtigen Ringwallanlagen sind zum Teil heute noch erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

Bodenfunde, die auf eine frühgeschichtliche Besiedlung hindeuten, existieren ferner aus dem Bereich des Bad Laaspher Ortsteils Banfe. Zu nennen sind hier das Steinbeil aus der „Wachtel“, einem Waldstück in Banfe, sowie Topf- und Schüsselfragmente aus dem „Auerbach“, der durch Banfe fließt.

Erste urkundliche Erwähnung

Erste urkundliche Erwähnungen der Ortschaften Laasphe, Arfeld, Raumland und Hesselbach liegen aus den Jahren 800 und 802 n. Chr. vor.[2] Der Bestand der Siedlungen Elsoff, Alertshausen, Beddelhausen und Schwarzenau ist durch eine Urkunde aus dem Jahre 1059 belegt.

Der Name Wittgenstein (Widechinstein) wurde erstmals im Jahre 1174 urkundlich erwähnt, seine Schreibweise lässt auf sächsischen Ursprung schließen. Der Graf von Battenberg nannte sich nach seinen beiden Burgen nun Werner von Battenberg und Wittgenstein.

Entstehung der Grafschaft Wittgenstein

Laasphe mit dem Schloss Wittgenstein.

Die Enkel des Grafen Werner I. von Battenberg und Wittgenstein teilten sich dessen Besitz. Im Jahre 1238 erhielt Siegfried I. das Land um den Oberlauf der Flüsse Lahn und Eder und nannte sich nun Siegfried von Wittgenstein. Damit begann die Geschichte der eigenständigen Grafschaft Wittgenstein.

Von ihrer oberhalb der Stadt Laasphe gelegenen Burg Wittgenstein aus sicherten und erweiterten die Grafen ihr Territorium. Berleburg, hoch über der Odeborn gelegen und durch Steilhänge zum Odeborntal und dem Berlebach vor Angriffen geschützt, bot sich als Stützpunkt für den Ausbau der Grafschaft an. Im Jahre 1258 wird die Ortschaft Berleburg (Berneborg-Berneborgh) zum ersten Mal in einer Urkunde des Klosters Grafschaft erwähnt. Siegfried I. erwarb vom Benediktinerkloster Grafschaft Eigentumsrechte an dem Berg, auf dem es neben einem Klosterhospiz bereits eine Ansiedlung oder eine Burg gab. Anfangs hatte der Grafschafter Klostervogt Adolf von Grafschaft Miteigentumsrechte an der Burg Berneborgh, diese ging dann aber 1322 in den Alleinbesitz von Siegfried II. von Wittgenstein über.

1361, nach dem Erlöschen der Wittgensteiner in männlicher Linie, erbten die Grafen Eberhardt und Heinrich von Sayn die Grafschaft. Ab diesen Zeitpunkt nannte sich das Geschlecht daher Sayn-Wittgenstein („... von Sayn, Graf zu Wittgenstein“). Im 15. Jahrhundert stellte sich das Grafenhaus unter den Schutz der Landgrafen von Hessen-Marburg, um Angriffe anderer Landesherren, insbesondere des Erzbistums Mainz, abzuwehren. Im Jahre 1605 erfolgte die Teilung in die Linien Sayn-Wittgenstein-Berleburg und Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein.

Die Neuzeit

Wappen des Kreises Wittgenstein

Kurz vor dem Ende des Alten Reiches 1806 wurden die kaisertreuen Grafen Christian Heinrich zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1792) und Friedrich Karl zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1801) von Kaiser Franz II. in den Reichsfürstenstand erhoben.

Beide Fürstentümer wurden 1806 zunächst dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt angeschlossen, dann aber auf Beschluss des Wiener Kongresses von 1815 an Preußen abgegeben. Wiedervereinigt bildeten sie seit 1817 den Kreis Wittgenstein im südöstlichen Teil der Provinz Westfalen. Der Sitz des Kreises war Berleburg.

Am 1. Januar 1975 wurde aufgrund des Sauerland/Paderborn-Gesetzes der größte Teil des Kreises Wittgenstein mit dem bisherigen Kreis Siegen zum neuen Kreis Siegen vereinigt. Der nördlichste Teil des Kreises wurde dem Hochsauerlandkreis zugeschlagen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1984 wurde aufgrund der anhaltenden Proteste aus der Wittgensteiner Bevölkerung der Kreis Siegen in Kreis Siegen-Wittgenstein umbenannt. Erst 1999 wurde das Wappen des Kreises Siegen bzw. Siegen-Wittgenstein um das Wappenbild des Wittgensteiner Wappens ergänzt.

Sprache und kulturelle Besonderheiten

Das Wittgensteiner Platt wird von Sprachforschern zum oberhessischen Sprachraum gezählt. Nach Möhn und Weiershausen wird die Mundart in einen nördlichen und einen südlichen Sprachbereich eingeteilt, der jeweils durch die Einflüsse der angrenzenden Regionen Westfalens bzw. Hessens und Nassaus geprägt ist.[3]

Eine kulturelle Verbindung bestand historisch zu Oberhessen und den Siegerländer Gebieten, zum Teil auch zu den sauerländischen Nachbargebieten. Eine Verbindung zur historischen Landschaft Westfalen ergab sich insbesondere in den heute zum Hochsauerlandkreis gehörenden Wittgensteiner Höhendörfern, da sich dort seit der Gründung durch den Grafen Casimir zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg Menschen aus dem benachbarten Sauerland angesiedelt und ihre Sprache, katholische Konfession und Brauchtum mitgebracht und verbreitet haben.

Wirtschaft

Das Wittgensteiner Land ist mittelständisch geprägt. Einige Unternehmen mit Weltruf sind hier ansässig. So hat zum Beispiel die EJOT-Firmengruppe ihren Sitz in Bad Berleburg. Die 1875 gegründete Firma Sonor ist seit 1946 in Aue beheimatet. Die älteste ansässige Bierbrauerei ist die 1705 gegründete Brauerei Bosch in Bad Laasphe.

Bedeutende Persönlichkeiten

Eine herausragende Persönlichkeit aus dem Wittgensteiner Land ist der deutsche Komponist und Musikpädagoge Friedrich Kiel (* 8. Oktober 1821 in Puderbach; † 13. September 1885 in Berlin). Er war einer der angesehensten Kompositionslehrer seiner Zeit und gehörte zu den herausragenden Komponisten der Generation zwischen Robert Schumann und Johannes Brahms. Begraben wurde Kiel auf dem Alten Zwölf-Apostel-Kirchhof in Berlin-Schöneberg, seine letzte Ruhe fand er jedoch am 7. Oktober 1971 in seinem Geburtsort Puderbach.

Die österreichische Industriellen- und Intellektuellen-Familie Wittgenstein hat ihre Wurzeln im Wittgensteiner Land. Sie war ursprünglich eine früh assimilierte jüdische Familie in Laasphe. Einer der ältesten bekannteren Angehörigen der Familie war der Gutsverwalter Moses Meyer, der für die Grafen von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein arbeitete. Aufgrund der 1808 im Königreich Westphalen erlassenen Vorschrift, binnen drei Monaten einen Nachnamen anzunehmen, wählte Moses Meyer den herkunftsbezogenen Nachnamen Meyer-Wittgenstein. Der bekannteste Nachkomme dieser Familie ist der österreichisch-britische Philosoph Ludwig Wittgenstein.

Literatur

  • Günther Wrede: Territorialgeschichte der Grafschaft Wittgenstein. (Marburger Studien zur älteren deutschen Geschichte, Reihe 1, Bd. 3), Marburg 1927.
  • Eberhard Bauer: Der Separatismus in der Grafschaft Wittgenstein. In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 75 (1982), S. 167–183.
  • Gustav Bauer: Die Reformation in der Grafschaft Wittgenstein und ihre Durchführung bis zum Tode Graf Ludwig des Älteren. Laasphe/Lahn 1957.
  • Werner Wied: Die Entstehung der Grafschaft Wittgenstein. In: Wittgenstein 76 (1988), S. 78–94.

Einzelnachweise

  1. http://h-bensberg.de/html/uralte_wallburgen.html
  2. Schenkungsurkunde für das Kloster Fulda
  3. Dieter Möhn: Die Struktur der niederdeutsch-mitteldeutschen Sprachgrenze zwischen Siegerland und Eichsfeld, Marburg 1962

Siehe auch

 Portal:Siegerland und Wittgenstein – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Siegerland und Wittgenstein

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wittgensteiner Land aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.